Samstag, 12. November 2016

Gewerberaum: Klauseln zur Instandhaltung und Verwaltungskosten und § 307 BGB

Die Parteien sind Vermieter und Mieter von Büroräumen. Mit seiner Klage fordert der Kläger als Mieter Betriebskostenzahlungen vom Beklagten zurück, die er nach seiner Ansicht zu Unrecht entrichtet habe. Streitig sind dabei die abgerechneten Positionen Instandhaltungskosten und Verwaltungskosten. Bei den Instandhaltungskosten war im Formularvertrag vorgesehen, dass der Mieter an Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten bis zu € 1,50/m²/Monat zu zahlen habe. Weiterhin war im Mietvertrag vorgesehen, dass die Kosten für die Betreuung/Verwaltung des Einkaufszentrums auf die Mieter umgelegt werden können.

Das Landgericht gab der Klage statt. Die Formularklauseln würden den Kläger benachteiligen und gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB verstoßen.

Zur Instandhaltungs- und Instandsetzungsklausel führte das Landgericht aus, dass diese grundsätzlich in einem Gewerberaummietvertrag zulässig wären. Allerdings müssten sie inhaltlich beschränkt sein. Zum einem beträfe dies die Beschränkung auf einen dem gebrauch oder jedenfalls der Risikosphäre des Mieters zuortenbare Bereiche. Wenn dem Mieter wie hier (auch)  nicht beherrschbare Risiken und damit verbundene Kosten zugewiesen würden, wäre jedenfalls eine Beschränkung der Höhe nach notwendig. Diese Höhe nimmt das Landgericht mit 10% der Jahresmiete an. Dies sei erforderlich, damit der Mieter kalkulieren könne, was auch im Rahmen des § 307 BGB zu berücksichtigen sei. Vorliegend ginge die formularmäßige Beschränkung von € 1,50/m²/Monat über die zehn Prozent hinaus, weshalb die Klausel nach § 307 BGB unwirksam sei und ein Kostenerstattungsanspruch  nicht besteht.

Auch erkannte das Landgericht an, dass in Gewerberaummietverträgen grundsätzlich Verwaltungskosten auf den Mieter umgelegt werden können. Allerdings entspräche hier die Klausel nicht dem Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Intransparenz ergäbe sich daraus, dass nicht ersichtlich sei, worin der Unterschied zwischen Verwaltung und Betreuung liegen soll, weshalb nicht ersichtlich sei, welche Leistungen und welche Kosten von den Begriffen umfasst würden.


LG Essen, Urteil vom 24.11.2015  - 8 O 82/15 -

Dienstag, 8. November 2016

Handelsvertreterausgleichsanspruch und Neukundenbegriff

Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten Handelsvertreterausgleichsansprüche geltend. Zwischen den Parteien war streitig, ob insoweit auch Kunden zu berücksichtigen sind, die zwar schon Kunden der Beklagten waren, aber erst von der Klägerin für die zu ihrem Vertriebsbereich gehörigen Brillenkollektionen zum Kauf veranlasst wurden.

Das Berufungsgericht hatte dies  bejaht. Neukunden seien grundsätzlich nur solche, die bisher noch keine Geschäfte mit dem Unternehmer getätigt hätten. Grundsätzlich sei der Begriff Neukunde branchenspezifisch zu verstehen. Dies käme allerdings vorliegend nicht in Betracht, da die Klägerin nicht die gesamte Produktpalette zum Vertrieb anvertraut wurde, sondern lediglich bestimmte Kollektionen. Damit habe die Klägerin die Optiker davon überzeugen müssen, als Neukunde für diese Kollektionen mit dem Unternehmer (Beklagte) Geschäfte zu tätigen. Damit sei die Klägerin in Konkurrenz zu anderen Handelsvertretern der Beklagten getreten. Dem Umstand, dass die Klägerin Kundenlisten von der Beklagten erhalten habe, sei durch einen Billigkeitsabschlag Rechnung zu tragen.

Dem folgt der BGH (so) nicht.

Er verweist darauf, dass nach § 89b HGB Neukunden diejenigen wären, mit denen der Unternehmer noch keine Geschäfte getätigt habe, sondern erstmals durch Vermittlung des Handelsvertreters solche tätige. So sei auch anerkannt, dass bei einer Produkterweiterung kein Neukundengeschäft vorläge, wenn der das gesamte Warensortiment bewerbende Handelsvertreter mit Bestandskunden Geschäfte über die neuen Produkte zum Abschluss bringe. Neben dem Neukunden käme als ausgleichspflichtiger Gesichtspunkt auch die wesentliche Erweiterung der Geschäftsverbindung mit einem vorhandenen Kunden in Betracht.

Nach der auf Vorlagebeschluss durch den BGH in diesem Rechtsstreit ergangenen Entscheidung des EuGH vom 07.04.2016 – C.315/14 - zur Auslegung von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 86/653/EWG ist als Neukunde auch derjenige anzusehen, der zwar wegen anderer Waren bereits Geschäftsverbindungen zum Unternehmer unterhielt, wenn der Verkauf durch den Handelsvertreter eine spezielle Geschäftsverbindung erfordert habe. Damit, so der BGH, habe die Beurteilung, ob es sich um einen Neukunden handele, an den Waren zu orientieren, mit deren Vertrieb der Handelsvertreter beauftragt wurde. Damit sei nicht ausgeschlossen, dass der Handelsvertreter in Bezug auf das ihm zugeteilte Warensortiment mit einem Bestandskunden durch seine Vermittlungsbemühungen und Verkaufsstrategie im Hinblick auf diese Waren eine spezielle Geschäftsverbindung begründet, weshalb dieser Kunde als Neukunde zu bewerten sei.

Entscheidend sei mithin, was vom Berufungsgericht bisher nicht geprüft wurde, ob  der Vertrieb der der Klägerin zugewiesenen Brillenmarken eine besondere Verkaufsstrategie im Hinblick auf die Begründung einer speziellen Geschäftsverbindung zu diesen Kunden erfordert. Vor diesem Hintergrund hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung an dieses zurückverwiesen.

Anmerkung: Hier hat der BGH den Parteien Steine statt Brot gegeben. Was soll eine „besondere Verkaufsstrategie“ sein und was versteht er unter einer „speziellen Geschäftsverbindung“ ?  Im vorliegenden Fall wurden vom Unternehmer Brillen vertrieben. Jeder Handelsvertreter erhielt bestimmte Marken zum Vertrieb. Geht nun der Handelsvertreter A zum Bestandkunden B um ihm vom Kauf „seiner“ Marke zu überzeugen, kann dies zur Konsequenz haben, dass der Bestandskunde B zwar über A die von diesem beworbene Marke kauft, dafür aber eine andere Marke des Unternehmers nicht mehr. Der Unternehmer hat dann durch diesen Verkauf keinen zusätzlichen Mehrwert. Das Kriterium der „wesentlichen Erweiterung der Geschäftsverbindung“, bisher für den Ausgleichsanspruch auch bei Bestandskunden anerkannt, würde entfallen.

BGH, Urteil vom 06.10.2016 – VII ZR 328/12 -

Löschung einer ausländischen Gesellschaft im Register und Folgen für deren inländisches Vermögen (Spalt-/Restgesellschaft)

Im Streitfall machte die Klägerin Ansprüche gegen eine Ltd. &  Co. KG geltend. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage beantragte sie zunächst festzustellen, dass die Beklagte noch parteifähig sei. Gegen das dies bejahende Zwischenurteil legte die Beklage Berufung ein, auf die die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen wurde. Das OLG hielt fest, dass die KG nicht parteifähig fortbestanden habe, sondern nicht mehr existiere, weshalb eine gegen sie gerichtete Klage von Anbeginn an unzulässig gewesen sei.

Die Berufung der Beklagten sei allerdings zulässig, da im Streit um die subjektive Prozessvoraussetzung die KG als parteifähig anzusehen ist. Andernfalls könnte sie sich (wie hier) nicht notwendig gegen eine Klage oder fehlerhafte Entscheidung verteidigen.

Allerdings habe das Landgericht das Erlöschen der KG verkannt, welches im Handelsregister gewahrt wurde. Die Gesellschaft wurde durch Ausscheiden ihres einzigen Gesellschafters, der KMD Ltd., aufgelöst. Eine Liquidation fand nicht statt und das Handelsgeschäft wäre von der einzigen Gesellschafterin, der KPL Ltd. Übernommen worden.  Durch den Austritt der einzigen Kommanditistin sei die Gesellschaft qua Gesetz in ein einzelkaufmännisches Unternehmen umgewandelt und das Vermögen der KG sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die einzig übrig gebliebene Gesellschafterin (KPL Ltd.) übergegangen, §§ 105, 131 HGB.

Damit erweist sich das Zwischenurteil des Landgerichts bereits als falsch. Für das weitere Verfahren vor dem Landgericht hielt das Oberlandesgericht in seinem Urteil fest:

Die im englischen Register gelöschte KPL Ltd. würde insoweit weiter als passiv fortbestehend gelten bzw. ihre Parteifähigkeit fingiert werden, soweit bei ihr als Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin noch Vermögen vorhanden sei.

Mit dem erlöschend er englischen Limited würde das sich in Deutschland befindliche Vermögen derselben nicht automatisch der britischen Krone zufallen. Vielmehr würde die Limited zum Zwecke der Liquidation als Rest- oder Spaltgesellschaft fortbestehen, solange sie Vermögen besitzt, welches einem anderen Rechtsträger nicht zugeordnet werden könne. Daraus folge eine aktive wie auch passive Parteifähigkeit. Auf der Grundlage der Entscheidung des BGH vom 06.10.1960 – VII ZR 136/59 – (ergangen nach ausländischer Konfiskation von Mitgliedschaftsrechten), geht das OLG zutreffend davon aus, dass diese Rest- bzw. Spaltgesellschaft als juristische Person fortbesteht, nicht als GbR oder oHG. Durch die Löschung der Limited in England würde es zwar zum Heimfall deren Vermögen auf die britische Krone kommen; allerdings gälte das sogen. Territorialprinzip mit der  Folge, dass vom Heimfall im Ausland (hier: Deutschland) belegendes vermögen ausgenommen ist.

Stellungnahme: Der Entscheidung ist vollumfänglich zuzustimmen. Die Rechtsproblematik trat in Deutschland nach Bildung der BRD auf der einen und der DDR auf der anderen Seite auf. Gesellschaften, deren Sitz in der DDR war, hatten häufig im Bereich der BRD Vermögenswerte. Diese Vermögenswerte wurden auf der Grundlage der Konstruktion der Spaltgesellschaft als selbständige juristische Personen anerkannt.

Ob nun, wie damals in Deutschland, der eigentliche Rechtsträger in einem anderen Staat umgewandelt wird, ein staatseigener Betrieb wird oder gelöscht wird, ist für die Fragestellung zum verbliebenen Vermögen im „Inland“ nicht von Bedeutung. Da eine Liquidation einer Gesellschaft stets die Gesamtabwicklung erfordert, ist die Behandlung der im ausländischen Register gelöschten Gesellschaft als parteifähige juristische Person in Form der Rest-/Spaltgesellschaft nur konsequent.



OLG Brandenburg, Urteil vom 27.07.2016 – 7 U 52/15 -

Montag, 7. November 2016

Werkvertrag: Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages

Der Beklagte hatte die Schuldnerin mit der Erstellung eines Mehrfamilienhauses zu  einem Pauschalpreis von €  1.985.000,00 beauftragt. 

Von Juni 2006 bis April 2007 erbrachte die Schuldnerin einen Großteil der vereinbarten Leistungen.  Im 03.04.2007 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag; das Verfahren wurde mit Beschluss vom 01.06.2007 eröffnet.

Bereits am 03.05.2007 hatten die Parteien eine mit „Bautenstandsbericht“ überschriebene Liste verfasst, bezüglich der die Parteien darüber streiten, ob die Liste den Bautenstand enthält oder eine Mängelliste darstellt. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin und hat am 21.06.2007 eine Schlussrechnung, am 17.09.2010 eine korrigierte Schlussrechnung erstellt, in der er die behaupteten Leistungen der Schuldnerin unter Abzug näher bezeichneten Mängel und einer von der Beklagten erbrachten Zahlung aufnahm und, wie auch mit der Klage, € 213.781,24 fordert. Der Klage wurde statt gegeben und die von dem Beklagten dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung an das OLG zurück.

Der BGH hielt in Übereinstimmung mit der Vorinstanz fest, dass der Beklagte in Ansehung der Insolvenz der Schuldnerin zur Kündigung des Werkvertrages berechtigt war, § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B. Festgehalten wird ferner, dass das OLG, ohne dass dies von der Revision angegriffen worden wäre, festgehalten habe, dass die Schlussrechnungsforderung schlüssig dargelegt sei. Allerdings sei das Bestreiten des Beklagten in Bezug auf die vom Kläger zur Abrechnungsgrundlage gemachte Kalkulation nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Der BGH hält fest, dass im Falle einer prüfbaren Abrechnung eines Pauschalpreisvertrages nach Kündigung durch den Auftragnehmer das Gericht in die Sachprüfung eintreten müsse, ob und in welcher Höhe der geltend gemachte Werklohnanspruch berechtigt ist. Bestreitet der Auftraggeber die Richtigkeit der Schlussrechnung substantiiert, muss das Gericht darüber Beweis erheben. Für eine substantiiertes Bestreiten sei entgegen der Annahme des Berufungsgerichts keine vollständige Gegenrechnung erforderlich.

Hier hatte der Beklagte für einzelne Leistungen aus dem erteilten Auftrag Angebote einzelner Handwerksunternehmer vorgelegt und damit die Überhöhung der vom Kläger in Ansatz gebrachten Einheitspreise behauptet. Mit diesem Vortrag habe der beklagte den Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten genügt.


BGH, Urteil vom 25.08.2016 – VII ZR 193/13 –

Freitag, 4. November 2016

Reisevertrag: Anzeige des Mangels auch bei Kenntnis des Veranstalters

§ 651d Abs. 2 BGB bestimmt, dass die Minderung des Reisepreises nicht eintritt, soweit der Reisende schuldhaft die Anzeige des Mangels unterlassen hat. Vorliegend minderte der Kläger den reisepreis wegen Bauarbeiten auf einem vom gebuchten Hotel benachbarten Grundstück. Die Minderung betraf den gesamten Reisezeitraum vom 12. Bis 25.09.2014; eine Beanstandung durch den Kläger gegenüber der Reiseleitung erfolgte erst am 22.09.2016. Während das Berufungsgericht in Ansehung der bestehenden Kenntnis des Reiseveranstalters von den beanstandeten Umständen eine Minderung für den gesamten Zeitraum bejahte, wurde dies vom BGH für die Zeit bis zur formalen Mängelmitteilung negiert.


Der BGH stellt auf den Wortlaut des § 651d Abs. 2 BGB ab. Dieser beinhalte eine Obliegenheit des reisenden zur Anzeige eines Reisemangels. Die Anzeige soll dem Veranstalter die Möglichkeit zur Abhilfe geben. Damit läge die Mängelrüge im Interesse des Reiseveranstalters, um Gewährleistungsansprüche zu vermeiden oder zu begrenzen. Es läge auch im wohlverstandenen Interesse des reisenden, der einen möglichst ungestörten Urlaub verbringen will, statt stillschweigend Mängel in Kauf zu nehmen um späterhin daraus Ansprüche herzuleiten.

Die Mängelanzeige sei nur entbehrlich, wenn dem Reiseveranstalter eine Abhilfe nicht möglich war oder er von vornherein unmissverständlich zu verstehen gibt, zur Abhilfe nicht bereit zu sein. Die reine Kenntnis des Reiseveranstalters sei aber für eine Anerkennung des Minderungsrechts ohne Rüge ausgeschlossen.

Dies folgert der BGH daraus, dass zwar der Reiseveranstalter bei Kenntnis auch ohne Rüge des Reisenden Abhilfe schaffen könne. Ein Unterlassen bedeute aber noch nicht, dass er nicht willens sei. § 536c BGB, wonach der Mieter einem Vermieter den diesen bekannten Mangel zur Wahrung seiner Rechte nicht anzeigen müsse, sei nicht übertragbar, da § 536c BGB bezwecke, die Mietsache vor Schäden zu bewahren. Demgegenüber sei Zielsetzung des § 651d Abs. 2 BGB nur darin, dem Reiseveranstalter die Möglichkeit der Prüfung und Feststellung zu geben, ob er den Mangel beheben oder auf andere Weise Abhilfe schaffen könne.

Anmerkung: Der Entscheidung kann nicht zugestimmt werden. Der BGH geht auf die Verschuldensproblematik des § 651d Abs. 2 BGB nicht ein. Wenn der Vermieter den Mangel (hier: Baustellenlärm) positiv kennt, gleichwohl weder etwas gegen den Lärm unternimmt noch auf sonstige Art Abhilfe schafft, darf wohl der Reisende von einem Unwillen des Reiseveranstalters ausgehen. Er muss nicht davon ausgehen, dass der Reiseveranstalter hier bei einem objektiven Mangel bis zu einer Rüge zuwartet, um erst dann tätig zu werden, da dies treuwidrig wäre. Letztlich bestätigt sich dies vorliegend auch dadurch, dass der Reiseveranstalter auch nach der Rüge untätig blieb, weshalb sein späteres Verhalten jedenfalls indiziell auch dahingehend gewürdigt werden könnte,, dass er keinesfalls eine Abhilfe vor hatte und sich deshalb nicht auf die Formalie des § 651d Abs. 2 BGB beziehen kann. Gleichwohl wird der Reisende die Rechtsprechung des BGH zu berücksichtigen haben und sollte mithin stets sofort mögliche Beeinträchtigungen rügen, wobei es zur Beweissicherung sinnvoll wäre, dies schriftlich zu tun und sich von der Reiseleitung vor Ort durch Unterschrift bestätigen zu lassen.


BGH, Urteil vom 19.07.2016 – X ZR 123/15 -

Donnerstag, 3. November 2016

Stille Gesellschaft mit Minderjährigen und zur steuerlich beachtlichen Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages

Die „& Still“ wird zu verschiedenen Zwecken eingesetzt, sei es, um sich außerhalb der eigentlichen Gesellschaft Finanzierungsmittel zu besorgen, sei es, um Steuern zu sparen. Vorliegend war (wohl) Hintergrund der Gründung der stillen Gesellschaft das Bestreben, Einkünfte auf Dritte (die minderjährigen Gesellschafter) zu verlagern und damit Steuern zu sparen.


Der Kläger ist Einzelunternehmer. Mit gleichlautenden Verträgen begründete er mit seinen damals zwei minderjährigen Kindern stille Gesellschaften. Die Haftung der stillen Gesellschafter (der Kinder) gegenüber Dritten war ausgeschlossen und im Innenverhältnis auf die Höhe der Beteiligung beschränkt, wobei der Kläger die Einlage seiner Kinder durch Schenkung derselben an diese (im Rahmen des steuerlichen Freibetrages für Schenkungen an Kinder) erbrachte.  Beide Verträge enthielten ein strafbewehrtes Wettbewerbsverbot, demzufolge den stillen Gesellschaftern untersagt wurde, sich während der Dauer des Gesellschaftsverhältnisses an einem Unternehmen zu beteiligen oder ein Konkurrenzunternehmen zu gründen oder zu erwerben. Die Gewinnbeteiligung wurde mit jeweils 12,5% vereinbart.

In den Streitjahren 2003 bis 2005 erzielte der Kläger gewerbliche Einnahmen. Das Finanzamt erkannte in Folge einer Betriebsprüfung die als Betriebsausgaben gebuchten Gewinnanteile der stillen Gesellschafter nicht an und berücksichtigte sie als Privatentnahmen des Klägers. Der gegen die Entscheidung des Finanzamtes erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt. Die Berufung des Finanzamtes führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung.

Der BFH wies darauf hin, dass es bei der steuerlich relevanten Vereinbarung von Familienangehörigen  auf die Ernsthaftigkeit und die Gewähr ihrer tatsächlichen Durchführung für die Dauer der Gültigkeit der Vereinbarung ankäme. Ein Beweiszeichen für die Ernsthaftigkeit wäre, dass keine Zweifel an der zivilrechtlichen Gültigkeit der Vereinbarung  aufkommen können. Die Nichtbeachtung bestimmter Formvorschriften würde hingegen ein Indiz für die fehlende Ernsthaftigkeit sein.

Vorliegend sei bedeutsam, dass eine Vereinbarung eines Elternteils mit seinen beschränkt geschäftsfähigen Kindern (§ 106 BGB) nach §§ 107, 108 Abs. 1 BGB der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedürfen. Das gesetzliche Sorgerecht der Eltern nach § 1629 Abs. 1 S. 1 BGB schließt Geschäfte aus, für die auch ein Vormund keine Vertretungsmacht hat, insbesondere Insichgeschäfte, §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB. In diesen Fällen ist die Einwilligung durch seinen vom Gericht zu bestellenden Ergänzungspfleger erforderlich, §   1909 Abs. 1 S. 1 BGB.

Allerdings gilt die benannte Regelung nur für den Fall, dass der Minderjährige aus dem Rechtsgeschäft nicht lediglich rechtliche Vorteile herleiten kann. Ob dies der Fall ist müsse unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 107 BGB festgestellt werden. Die Norm diene in erster Linie dem Schutz des Vermögens des Minderjährigen. Da wirtschaftliche Folgen aber schwer fassbar sein könnten, würde die Norm an das formale Kriterium des rechtlichen Nachteils anknüpfen, da dies in der Regel die Vermögensgefährdung indiziere.

Vorliegend wären insoweit jedenfalls die erheblichen rechtlichen Verpflichtungen der Minderjährigen zu berücksichtigen, die sich aus dem Verbot weiterer Beteiligungen und des Erwerbs von Konkurrenzgesellschaften bzw. deren Gründung ergäben. Mit diesen Wettbewerbsbeschränkungen würden die Minderjährigen erheblich in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt.

Da die Verträge damit an der formalen Voraussetzung der Einwilligung eines vom Gericht zu bestellenden Ergänzungspflegers leiden würden, wären sie schwebend unwirksam. Eine nachträgliche Genehmigung durch die zwischenzeitlich volljährigen Kinder für den Streitzeitraum nicht bewirken können, da die Genehmigung insoweit jedenfalls steuerlich nicht rückwirkend  zur Heilung des formalen Mangels führen könne.


BFH, Urteil vom 12.05.2016 – IV R 27/13 -

Mittwoch, 2. November 2016

§ 11 RVG: Prüfung der Kostenrechnung des eigenen Anwalts durch das Streitgericht

LG Köln
Wenn der Mandant ganz oder teilweise in einem Rechtsstreit unterliegt oder das Mandat vorzeitig gekündigt wird, ist er regelmäßig gehalten, die Kosten seines eigenen Anwalts zu tragen. Wie aber kann er feststellen, ob die Abrechnung ordnungsgemäß ist ?


In einem Verfahren vor dem LKG Köln  3 O 552/09 wurde die Antragstellerin von den Antragsgegnern anwaltlich vertreten. Zum Zeitpunkt der Mandatskündigung im Januar 2013 durch die Antragstellerin hatte diese an die Antragsgegner bereits eine Verfahrens- und Terminsgebühr aus einem Streitwert von € 13.600 gezahlt. Im August 2014 stellten die Antragsgegner der Antragstellerin weitere gebühren in Rechnung, und zwar nunmehr berechnet aus einem Streitwert von € 30.000,00, wobei sie zur Begründung ausführten, dass sie angesichts der immensen Verletzungen der Antragstellerin davon ausgehen würden, dass der Wert von € 13.600,00 zu niedrig angesetzt sei.

Die Antragstellerin legte die Rechnung im verfahren 5 O 552/09 vor und beantragte die Feststellung, dass nicht aus einem Wert von € 30.000,00 abgerechnet werden könne. Der Rechtspfleger lehnte dies mit Hinweis darauf ab, dass § 11 RVG lediglich der vereinfachten Festsetzung der Anwaltsgebühren gegen den eigenen Mandanten diene und nicht dazu, „irgendwelche Ansichten des Mandanten an sich beschlussmäßig festzustellen“. Auf die Beschwerde der Antragstellerin, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hatte, änderte das OLG den Beschluss ab und gab ihm statt.

Das OLG wies darauf hin, dass § 11 RVG auch den Weg öffne, den Vergütungsanspruch des Anwalts bzw. seine Honorarrechnung in einer schnellen und kostengünstigen Weise prüfen zu lassen. Dabei sei der Antrag darauf zu richten, dass dem Anwalt die von ihm berechnete Vergütung ganz oder teilweise nicht zustünde. Dies sei vorliegend erfolgt. Da das Landgericht im übrigen mit Urteil vom 31.03.2015 zwischenzeitlich den Streitwert endgültig auf € 13.600,00 festgesetzt hätte, sei dies auch hier bindend und könnten die Antragsgegner nicht weitergehende Gebühren aus einem Wert von € 30.000,00 begehren.


OLG Köln, Beschluss vom 15.06.2015 – 17 W 330/14 -