Montag, 19. März 2018

Haftung des gerichtlich bestellten Sachverständigen bei Bauteilöffnung (hier: Wasseraustritt)


Der Beklagte wurde als vom Gericht bestellter Sachverständiger im Rahmen eines Rechtsstreits tätig, in dem die Parteien über die Frage der Verlegereife für Teppichböden nach einem Wasserschaden im Jahre 2008 stritten. Im Rahmen seiner Tätigkeit fanden zwei Ortstermine statt. Bei dem zweiten Ortstermin ereignete sich ein weiterer Wasserschaden, der im Rahmen einer von dem Beklagten angeordneten Bauteilöffnung, mit der er einen Dritten beauftragt hatte, eintrat.

Die Klägerin war im Zusammenhang mit dem 1. Wasserschaden aus dem Jahr 2008 als auf die Sanierung von Brand- und Wasserschäden spezialisiertes Unternehmen beauftragt gewesen und Partei des Rechtsstreits gewesen, in welchem der Beklagte als Sachverständiger tätig wurde. Sie verlangte im vorliegenden Verfahren Ersatz ihrer Aufwendungen, die sie infolge der vom Beklagten veranlassten Bauteilöffnung und des eingetretenen Wasserschadens hatte.

Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen; das OLG wies die Berufung zurück.   

Eine Haftung des Beklagten nach § 839 BGB iVm. Art. 34 GG verneinte das OLG. Der daraus abzuleitende Amtshaftungsanspruch sei nur dann gegeben bei Schäden, die aus dem Gutachten selbst resultieren würden.  Schäden, die vom gerichtlich bestellten Sachverständigen aber anlässlich der Begutachtung verursacht würden, würden sich nicht als Amtspflichtverletzung darstellen (BGH, Urteil vom 05.10.1972 - III ZR 168/70 -).  

Zu prüfen war danach vom OLG ein Anspruch aus Aufwendungsersatz nach §§ 683, 670 BGB. Dies negierte das OLG. Damit kam es darauf an, ob der Beklagte Geschäftsherr war, was dann angenommen werden könne, wenn die Tätigkeit der Klägerin in die Rechts- und Interessenssphäre des Beklagten fiele. Entscheidend sei dabei, ob die Schädigung der Wasserleitung bei der Bauteilöffnung von ihm vorsätzlich oder fahrlässig verursacht wurde und er sich deshalb gegenüber dem Eigentümer der geschädigten Sache schadenersatzpflichtig gemacht habe. Nur in diesem Fall hätte die Klägerin ein Geschäft für des Beklagten in dessen Intereses  durchgeführt und ihn von Regressanspruch mit dem Anspruch auf eigenen Aufwendungsersatz befreit.

Da die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin allerdings nicht nachweisen könnte (was weiter ausgeführt wurde), dass der Beklagte die Rechtsgutsverletzung bei der Eigentümerin zu vertreten habe, wies das OLG die Berufung gegen das klageabweisende Urteil zurück.

OLG München, Urteil vom 20.12.2017 - 20 U 1102/17 -

Donnerstag, 15. März 2018

Mietminderung nach Beendigung des Mietverhältnisses in Bezug auf zu zahlende Nutzungsentschädigung


Die Kläger erhoben gegen die Beklagten Klage auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für ein spätestens durch fristlose Kündigung zum 22.10.2013 beendeten Mietverhältnis für den Zeitraum Januar bis September 2014; die Räumung erfolgte am 10.09.2014. Dabei vertreten die Beklagten die Ansicht, es dürfte nicht  - wie vom Amtsgericht angenommen - der volle Mietzins zu Grund gelegt werden, sondern ein wegen Mängeln geminderter Mietzins.

Gegen das der Klage vollumfänglich stattgebende Urteil legten die Beklagten Berufung ein. Diese wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Der Anspruch der Kläger sei nach §§ 546a Abs. 1, Abs. 2, 280 Abs. 2, 286 BGB begründet. Die Räumung am 10.09.2014 würde den Anspruch nach der Kläger nach §§ 546a Abs. 1 BGB, für die Zeit danach bis Ende September 2014 nach §§ 546a Abs. 2, 280 Abs. 2, 286 BGB begründet sein.

Gemäß § 546a BGB könne der Vermieter für die Zeit der Vorenthaltung der Mietsache die vereinbarte Miete verlangen. War die Mietsache bei Mietende mangelhaft und könne daher die Miete gemindert werden, stelle die geminderte Miete die „vereinbarte Miete“ dar. Vorliegend sei die Miete zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses nicht nach § 536 BGB gemindert gewesen.

Für bestimmte von den Beklagten gerügte Mängel (u.a. großflächige Schimmelbildung in Räumen im 1. OG, abblätternde Farnbe an bestimmten Rollläden, Scheiben im Keller seien gesprungen) würde es an einer einer Mietminderung vorherzugehenden Mängelanzeige ermangeln. Diese sei erst nach der Beendigung des Mietverhältnisses erfolgt (hier im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens). Die Beklagten könnten die Mängelanzeige nach Beendigung des Mietverhältnisses für vorher entstandene Mängel nicht mehr wirksam nachholen. Mit Beendigung des Mietverhältnisses bestünde kein vertraglicher Erfüllungsanspruch mehr. Selbst Mängel, die während der Zeit entstehen, für die Nutzungsentschädigung zu zahlen sei, würden nach der Entscheidung des BGH vom 27.05.2015 - XII ZR 66/13 - nicht eine Minderung begründen können.

Auch soweit die Beklagten äußere Mängel vorgetragen hätten (so eine Schädigung von Putz und Mauerwerk auf der Rückseite des Hauses, teilweises wegfaulen der Kellertür durch Regenwasser und Unansehnlichkeit der Klingel- und Briefkastenanlage) könne eine Minderung nicht geltend gemacht werden. Es würde sich um Zustände handeln, die den Gebrauchswert der Wohnung nicht unmittelbar beeinträchtigen würden, sondern um Äußerlichkeiten bzw. Unansehnlichkeiten und damit nur um unerhebliche Mängel, die eine Mietminderung gem. § 536 Abs. 1 S. 3 BGB nicht rechtfertigen würden.  

Für September könnte die Kläger auch Schadensersatz für die Zeit nach der Räumung bis zum Monatsende begehren. Zwar ende der Anspruch auf Nutzungsentschädigung taggenau mit der Räumung. Für den restlichen Zeitraum würde aber den Klägern ein Schadensersatzanspruch zustehen, da sie die das Objekt nicht sofort hätten weitervermieten können; angesichts des ungewissen Übergabetermins hätten sich die Kläger nicht um einen Nachmieter bemühen können..

LG Krefeld, Urteil vom 20.12.2017 - 2 S 65/16 -

Montag, 12. März 2018

Zwangsvollstreckung: Tritt mit Zahlung an den Gerichtsvollzieher Erfüllung ein ?


Es ist der alltägliche Fall einer Prozesskanzlei: Die Vollstreckung aus Titeln. Hier kommt es häufig zu Verzögerungen durch eine lange Bearbeitungsdauer bei einem beauftragten Gerichtsvollzieher. Und auch nicht selten werden (auch höhere) Beträge nicht unverzüglich nach Geldeingang beim Gerichtsvollzieher von diesem ausgezahlt, wie auch möglicherweise der Gerichtsvollzieher die Vollstreckungsunterlagen mit dem Vermögensverzeichnis zurückgibt, danach z.B. vom Gläubiger (-Vertreter) ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt wird, aber zwischenzeitlich der ursprünglich von Gerichtsvollzieher einzutreibende Betrag bei diesem eingeht und dann nach Beantragung des Pfändungs. Und Überweisungsbeschlusses von dem eingehend bei dem Gläubiger (-Vertreter) gezahlt wird. Es stellt sich stets die Frage, ob die Erfüllung der Zahlungspflicht des Schuldners aus dem Titel bereits mit Eingang des Betrages bei dem Gerichtsvollzieher oder erst bei dem /Gläubiger-) Vertreter eintritt. Gerichtsvollzieher, die bei sich eingehende Beträge nicht umgehend weiterleiten, wollen wegen offener Zinsdifferenzen häufig nicht (weiter) vollstrecken mit der Begründung, durch Zahlung an sie sei erfüllt, wie auch Schuldner weitere bei dem Gläubiger entstehende Kosten für ergänzende Vollstreckungsmaßnahmen mit dem Hinweis der Erfüllung durch Zahlung eingehend bei dem Gerichtsvollzieher nicht leisten wollen.  

In seinem Beschluss vom 29.01.2009 – III ZR 105/08 – hat der BGH darauf verwiesen, § 815 Abs. 3 ZPO sehe vor, dass die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher als Zahlung des Schuldners gelte. Daraus würde überwiegend eine Gefahrtragung nach § 270 BGB entnommen mit der Folge, dass, komme dem Gerichtsvollzieher vor einer Auszahlung desselben an den Gläubiger abhanden, dieser den Schuldner insoweit nicht mehr in Anspruch nehmen könne (so z.B. BGH, Urteil vom 30.01.1987 – V ZR 220/85 -).  In der Entscheidung vom 29.01.2009 konnte der BGH die Streitfrage offen lassen (a.A. z.B.  BGH in BGHZ 140, 391, 394).

Das LG Memmingen nimmt Bezug auf den Beschluss des BGH vom 29.02.2009 und führt aus, dass die Erfüllungswirkung der Zahlung des Schuldners erst mit Geldeingang bei dem Gläubiger eintrete. § 815 Ans. 3 ZPO stelle sich lediglich als eine Gefahrtragungsregelung dar. In seiner Entscheidung verweist das LG Memmingen darauf, dass der historische Gesetzgeber den Gerichtsvollzieher als privatrechtlichen Vertreter des Gläubigers behandelt habe, demgegenüber er nach den heutigen Regelungen hoheitlich tätig würde und von daher nicht als Vertreter des Gläubigers angesehen werden könne. Auch sei zu beachten, dass der Gerichtsvollzieher beauftragt werde, da der Schuldner nicht zeitgerecht geleistet habe. Käme es zu systemimmanenten Verzögerungen der Weiterleitung der Zahlung durch den Gerichtsvollzieher an den Gläubiger, sei der dadurch bedingte Verzögerungsschaden nicht dem Gläubiger, sondern dem Schuldner anzulasten.

LG Memmingen, Beschluss vom 27.10.2017 - 44 T 1289/17 -

Abzugsfähigkeit weiterer Schuldzinsen als Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung der Immobilie


Die Kläger (Eheleute) wenden sich gegen die Aberkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten in den Veranlagungszeiträumen 2009 bis 2011. Hintergrund sind Immobilien der Klägerin. So besaß sie in den Streitjahren die Immobilie B, bei der sie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Bis  2007 war die Klägerin auch Eigentümerin der Immobilie A, aus der sie auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hatte; diese Immobilie veräußerte sich in 2007 innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu € 5.225.000,00 bei einem Veräußerungsgewinn von € 37.766,00.

Für die Jahre 2007 bis 2009 fielen für beide Objekte, bis 2011 dann nur noch für das Objekt A Schuldzinsen für die für diese Objekte ehedem aufgenommene Darlehen an. Zum Juli 2009 tilgte die Klägerin die Schulzinsen für das Objekt B für zwei der dafür aufgenommenen Darlehen unter Verwendung eines Teils der erlöse aus dem Verkauf des Objekts A. Einen anderen Teil des Veräußerungserlöses verwandte sie zur teilweisen Tilgung von Darlehen für das Objekt A. Im übrigen machte die Klägerin die Schuldzinsen aus den zwei Darlehen für das Objekt A als Schuldzinsen für das Objekt B mit € 211.455,00 geltend, was vom Finanzamt zeitanteilig für eines der (insoweit umgewidmeten) Darlehen (Nr. 578) akzeptiert, im übrigen (Nr. 586) abgelehnt wurde. Ebenso 2010 machte die Klägerin die Darlehen für das ehemalige Objekt A als Werbungskosten für das Objekt B geltend und wiederum anerkannte das Finanzamt die Umwidmung für das eine Darlehen (Nr. 578) und lehnte dies bei dem anderen ab (Nr. 586). Gleiches erfolgte dann auch in 2011.

Der BFH hielt, mit der finanzgerichtlichen Entscheidung, fest, dass die Schuldzinsen für die Darlehen Nr. 578 und 586 (betreffend das ehemalige Objekt A) nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden können. Zwar entfalle ein wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht alleine deshalb, da die Immobilie veräußert würde. Nach der Surrogationsbetrachtung setze sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen Darlehen und Vermietung an dem Veräußerungspreis fort. Deshalb wären die nachträglichen Schuldzinsen nach einer Veräußerung weiterhin als nachträgliche Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn und soweit die Verbindlichkeit nicht durch den Veräußerungserlös getilgt werden konnte. Die Surrogation erfordert mithin, dass der Ersatz (Kaufpreis) zur Tilgung der Verbindlichkeit genutzt wird und nur insoweit weiterhin als Werbungskosten Berücksichtigung finden kann, als dies nicht ausreichend wäre. Ersatzweise könne aber der Steuerpflichtige auch statt das Darlehen für die Altimmobilie zu tilgen, ein neues Objekt (eine neue Einkunftsquelle) mit dem Erlös anschaffen, für die dann das ursprüngliche Darlehen steht. Eine dritte Möglichkeit bestünde darin, eine Umschuldung vorzunehmen, insoweit das Darlehen für das Objekt A für das Objekt B genommen wird und dort das Darlehen mit dem Erlös aus dem Objekt A abgelöst wird.

Entscheidend sei für die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als Werbungskosten sei der wirtschaftliche Zusammenhang mit dem konkreten Vermietungsobjekt zum Zeitpunkt ihres jeweiligen Entstehens. Rein gedankliche Zuweisungen würden nicht ausreichen. Soweit nicht vom Finanzamt angenommen sei vorliegend weder eine Umfinanzierung erfolgt noch wäre der Kaufpreiserlös zu einer Ersatzbeschaffung verwandt worden.

BFH, Urteil vom 11.01.2018 - IX R 4/17 -


Sonntag, 11. März 2018

Werkvertrag: Selbstvornahmekosten nach § 634 BGB können grds. erst nach Abnahme verlangt werden


Mit der Klage wurde eine Forderung aus einer 3. Abschlagsrechnung geltend gemacht. Die Beklagte , die fehlende Fälligkeit einwandte, hatte Widerklage auf Kostenvorschuss von € 2 Mio. für bestehende Mängel  erhoben.  Nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wurde über das Vermögen der Klägerin auf deren Eigenantrag hin das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Berufungsgericht hatte die Widerklage abgewiesen, wogegen sich die Beklagte mit der insoweit zugelassenen Revision wendet.

Die Revision wurde zurückgewiesen.

Bereits mit Urteil vom 19.01.2017 - VII ZR 301/13 - hat der BGH entschieden, dass der Besteller Mängelrechte aus § 634 BGB (wie hier den Kostenvorschuss) grundsätzlich erst nach Abnahme des Werkes geltend machen könne. Darauf verweist der Senat in seinem jetzigen Urteil. Allerdings könne der Besteller berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB ohne Abnahme geltend zu machen, wenn er die (Nach-) Erfüllung des Vertrages nicht mehr verlangen könne und das Vertragsverhältnis in ein Abwicklungsverhältnis übergegangen sei. Das Verlangen eines Vorschusses für die Beseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme sei aber nicht ausreichend. In diesem Fall würde ausnahmsweise ein Abrechnungsverhältnis entstehen, wenn der Besteller konkludent zum Ausdruck bringen würde, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten zu wollen, auch dann nicht, wenn die Selbstvornahme zu einer mangelfreien Herstellung des Werkes führe. Dies habe hier nicht vorgelegen.

Auch könne sich die Revision nicht erfolgreich darauf berufen, dass nach der letzten mündlichen Verhandlung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die ehemalige Klägerin Umstände eingetreten wären, die zu einem Abrechnungsverhältnis führen würden. Mit dem Eigeninsolvenzantrag habe die ehemalige Klägerin einen wichtigen Grund für eine Kündigung gesetzt. Der BGH anerkennt zwar, dass ein Eigeninsolvenzantrag des Unternehmers einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen könne, § 311 BGB (BGH, Urteil vom 07.04.2016 - VII ZR 56/15 -); ob dies hier vorläge, könne aber auf sich beruhen, da es an einem revisionsrechtlich zu beurteilenden Sachverhalt an einer Kündigung der Beklagten ermangele. Im Revisionsverfahren könne dies nicht mehr eingeführt werden; der jetzige Vortrag der Beklagten, die Klägerin (Schuldnerin) könne und wolle nicht mehr nachbessern, sei nicht unstreitig, was Voraussetzung für eine Beachtung des neuen Vortrages im Revisionsverfahren sei.

Anmerkung: Es lässt sich nicht erkennen, ob hier die Beklagte nach dem Eigeninsolvenzantrag der Schuldnerin noch die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hätte beantragen können. Richtig ist, dass jedenfalls der neue Sachvortrag, da er nicht unstreitig war, im Revisionsverfahren aus prozessualen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte. Die Beklagte kann allerdings, da die Entscheidung insoweit nicht in materieller Rechtskraft erwächst, auf dieser Grundlage erneut Ansprüche (gegen den Insolvenzverwalter, der im revisionsverfahren die Parteirolle der Klägerin übernommen hatte) geltend machen. Allerdings verwundert die Entscheidung des BGH vor dem Hintergrund der Entscheidung desselben Senats vom 07.04.2016, hatte er doch dort pauschal den Eigeninsolvenzantrag als wichtigen Grund für eine Kündigung angesehen.

BGH, Urteil vom 09.11.2017 - VII ZR 116/15 -

Donnerstag, 8. März 2018

WEG: Fehlende Beschlusskompetenz des Verbandes zum Verlangen auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung


In einem Vorprozess wurde die Kostenverteilungsregelung der Gemeinschaftsordnung des Wohnungseigentümergemeinschaft, der die Parteien angehören, als unwirksam eingestuft. Einige Miteigentümer haben daraufhin eine Vereinbarung notariell beurkunden lassen, nach der Umlagenschlüssel als auch Regelungen zu Sondernutzungsrechten, Instandhaltungspflichten u.a. geändert wurden. Sie forderten die übrigen Miteigentümer zur notariellen Zustimmung auf. Mit Ausnahme des Klägers waren diese dem nachgekommen. Im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung wurde dann der auf der Tagesordnung angekündigte Beschluss gefasst, die Hausverwaltung zu beauftragen und zu ermächtigen, außergerichtlich und nötigenfalls gerichtlich die noch fehlende Zustimmung des Klägers einzuholen und durchzusetzen. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Anfechtungsklage.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht gab ihr statt. Die zugelassene Revision der Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft habe keine Beschlusskompetenz gehabt. § 23 Abs. 1 WEG regele die Beschlussfassung zu Angelegenheiten, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder der Vereinbarung (Teilungserklärung / Gemeinschaftsordnung) qua Beschluss entschieden werden könne. Es fehle daher an der Beschlusskompetenz, wenn diese Voraussetzung nicht gegeben sei mit der Folge, dass ein dennoch gefasster Beschluss wegen absoluter Unzuständigkeit nichtig sei.

Vorliegend sei die Hausverwaltung beauftragt und ermächtigt worden, von dem Kläger die Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung  einzuholen und auch ggf. gerichtlich durchzusetzen. Der Beschluss sei so zu verstehen, dass eine alleinige Ausübungsbefugnis des Verbandes für die Individualansprüche der Wohnungseigentümer aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG begründet werden sollte. Nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung (Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung) verlangen, wenn ein Festhalten an der bisherigen Regelung aus besonderen Gründen im Einzelfall unbillig erscheint. Die mögliche Kompetenzgrundlage des § 10 Abs. 6 S. 3 WEG käme aber vorliegend nicht zum Tragen, da es sich bei § 10 Abs. 2 S. 3 WEG um einen Individualanspruch handele und für einen solchen die Kompetenz des Verbandes nicht begründet werden könne.

Der BGH weist darauf hin, dass § 10 Abs. 6 S. 3 WEG sich nur auf Rechte und Pflichten aus der Verwaltung beziehe, nicht aber auf das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer oder deren individuelle Mitgliedsrechte. Die Regelung in § 10 Abs. 2 S. 3 würde dem Einzelnen einen Anspruch im Einzelfall bei besonderen Umständen zuerkennen, der sich nicht auf das Gemeinschaftseigentum und dessen Veraltung bezöge, sondern ausschließlich auf die inhaltliche Ausgestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses. Zudem beträfe § 10 Abs. 2 S. 3 WEG den Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts, der generell der Vergemeinschaftung entzogen sei. Der Änderungsanspruch diene gerade dem individuellen Schutz des Einzelnen im Innerverhältnis der Wohnungseigentümer und dieser Schutz würde zur Disposition der Mehrheit gestellt, wenn die Wohnungseigentümer den Änderungsanspruch auf den Verband gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG übertragen könnten.

Die eine Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung wünschenden  Wohnungseigentümer könnten hier zwecks Vermeidung widerstreitender Entscheidungen gemeinsam klagen oder sich darauf verständigen, dass nur einer klagt. Im übrigen bliebe offen, ob hier überhaupt (gar insgesamt) die beabsichtigten Änderungen Inhalt des Individualanspruchs nach § 20 Abs. 2 S. 3 WEG sein könnten.

BGH, Urteil vom 13.10.2017 - V ZR 305/16 -

Montag, 5. März 2018

Gewerbliche Weitervermietung: Zur Frage der Gewerblichkeit und des Übergangs des Mietverhältnisses vom Hauptmieter auf Vermieter


Die Rechtsvorgängerin der Beklagte mietete in großen Rahmen Wohnungen, um diese an ihre Arbeitnehmer weiterzuvermieten. Dies war der Rechtsvorgängerin der Klägerin bekannt. U.a. wurde die streitgegenständliche Wohnung von ihr angenietet und an die Beklagten zu 2. und zu 3. weitervermietet. Der Beklagte zu 2. ist nach dem Sozialplan der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. berechtigt, die Wohnung auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Pensionär zu benutzen.

Die Klägerin, die die Liegenschaft erwarb, kündigte gegenüber der Beklagten zu 1. den Hauptmietvertrag und forderte die Beklagten zur Räumung und Herausgabe auf. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen und der Widerklage auf Feststellung eines Mietverhältnisses zwischen den Beklagten zu 2. und 3. und der Klägerin stattgegeben.

Der BGH stützt sich hier auf § 565 Abs. 1 S. 1 BGB, demzufolge der Mieter nach dem Mietvertrag eine von ihm angemietete Wohnung gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten solle. Die Bestimmung sähe vor, dass mit Beendigung des Hauptmietverhältnisses der Vermieter in dem zwischen dem Mieter und dem Dritten (Untermieter) abgeschlossenen Mietvertrag eintreten.  Diese gewerbliche Weitervermietung sei vorliegend gewahrt. Zwar habe vorliegend die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. die Wohnungen nicht mit der an sich für die Gewerblichkeit notwendigen Gewinnerzielungsabsicht an ihre Arbeitnehmer weitervermietet. Ausreichend sei aber, wenn die Weitervermietung jedenfalls auch eigenen wirtschaftlichen Interessen diese. Dies sei bei der Weitervermietung an die eigenen Arbeitnehmer der Fall, da damit die Arbeitnehmer an das Unternehmen gebunden würden und dem Unternehmen gegenüber anderen, keine Werkswohnung zur Verfügung stellenden Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil hätten. Damit handele die Gesellschaft nicht gemeinnützig, karitativ oder zu ähnlichen sozialen Zwecken, die der Gewerblichkeit entgegen stehen würden.  

BGH, Urteil vom 17.01.2018 - VIII ZR 241/16 -