In einem Vorprozess wurde die
Kostenverteilungsregelung der Gemeinschaftsordnung des Wohnungseigentümergemeinschaft,
der die Parteien angehören, als unwirksam eingestuft. Einige Miteigentümer
haben daraufhin eine Vereinbarung notariell beurkunden lassen, nach der
Umlagenschlüssel als auch Regelungen zu Sondernutzungsrechten,
Instandhaltungspflichten u.a. geändert wurden. Sie forderten die übrigen
Miteigentümer zur notariellen Zustimmung auf. Mit Ausnahme des Klägers waren
diese dem nachgekommen. Im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung wurde
dann der auf der Tagesordnung angekündigte Beschluss gefasst, die
Hausverwaltung zu beauftragen und zu ermächtigen, außergerichtlich und
nötigenfalls gerichtlich die noch fehlende Zustimmung des Klägers einzuholen
und durchzusetzen. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Anfechtungsklage.
Das Amtsgericht wies die Klage
ab, das Landgericht gab ihr statt. Die zugelassene Revision der Beklagten wurde
vom BGH zurückgewiesen.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft
habe keine Beschlusskompetenz gehabt. § 23 Abs. 1 WEG regele die Beschlussfassung
zu Angelegenheiten, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder der Vereinbarung
(Teilungserklärung / Gemeinschaftsordnung) qua Beschluss entschieden werden
könne. Es fehle daher an der Beschlusskompetenz, wenn diese Voraussetzung nicht
gegeben sei mit der Folge, dass ein dennoch gefasster Beschluss wegen absoluter
Unzuständigkeit nichtig sei.
Vorliegend sei die Hausverwaltung
beauftragt und ermächtigt worden, von dem Kläger die Zustimmung zur Änderung der
Teilungserklärung einzuholen und auch
ggf. gerichtlich durchzusetzen. Der Beschluss sei so zu verstehen, dass eine
alleinige Ausübungsbefugnis des Verbandes für die Individualansprüche der
Wohnungseigentümer aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG begründet werden sollte. Nach § 10
Abs. 2 S. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende
Vereinbarung (Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung) verlangen, wenn ein Festhalten
an der bisherigen Regelung aus besonderen Gründen im Einzelfall unbillig
erscheint. Die mögliche Kompetenzgrundlage des § 10 Abs. 6 S. 3 WEG käme aber
vorliegend nicht zum Tragen, da es sich bei § 10 Abs. 2 S. 3 WEG um einen
Individualanspruch handele und für einen solchen die Kompetenz des Verbandes
nicht begründet werden könne.
Der BGH weist darauf hin, dass §
10 Abs. 6 S. 3 WEG sich nur auf Rechte und Pflichten aus der Verwaltung
beziehe, nicht aber auf das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer oder deren
individuelle Mitgliedsrechte. Die Regelung in § 10 Abs. 2 S. 3 würde dem
Einzelnen einen Anspruch im Einzelfall bei besonderen Umständen zuerkennen, der
sich nicht auf das Gemeinschaftseigentum und dessen Veraltung bezöge, sondern
ausschließlich auf die inhaltliche Ausgestaltung des
Gemeinschaftsverhältnisses. Zudem beträfe § 10 Abs. 2 S. 3 WEG den Kernbereich
des Mitgliedschaftsrechts, der generell der Vergemeinschaftung entzogen sei.
Der Änderungsanspruch diene gerade dem individuellen Schutz des Einzelnen im
Innerverhältnis der Wohnungseigentümer und dieser Schutz würde zur Disposition
der Mehrheit gestellt, wenn die Wohnungseigentümer den Änderungsanspruch auf
den Verband gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG übertragen könnten.
Die eine Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung
wünschenden Wohnungseigentümer könnten
hier zwecks Vermeidung widerstreitender Entscheidungen gemeinsam klagen oder sich
darauf verständigen, dass nur einer klagt. Im übrigen bliebe offen, ob hier überhaupt
(gar insgesamt) die beabsichtigten Änderungen Inhalt des Individualanspruchs
nach § 20 Abs. 2 S. 3 WEG sein könnten.
BGH, Urteil vom 13.10.2017 - V ZR 305/16 -