Montag, 16. November 2015

Haftung des Waschanlagenbetreibers bei Schädigung eines PKW wegen dessen (serienmäßiger) Konstruktion

Bild: pixabay
Der Kläger fuhr mit seinem PKW in die Waschstraße der Beklagten. Dort kam es zur Schädigung des PKW, bei dem der serienmäßige Spoiler abgerissen wurde. In der Waschstraße der Beklagten erfolgte eine Videoaufzeichnung des Waschvorgangs, die von dem vom Landgericht beauftragten Sachverständigen ausgewertet wurde. Der Sachverständige stellte fest, wie es konkret zum Abriss kam und ferner, dass dieser Abriss konstruktionsbedingt nicht vermeidbar wäre. Zwar wären Vorrichtungen vorhanden um die Anlage unter bestimmten Umständen zu stoppen, um so mechanische Beeinträchtigungen des Fahrzeuges zu verhindern, doch würden diese in Ansehung der Geometrie des klägerischen Fahrzeuges nicht greifen.


Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers war im wesentlichen erfolgreich.

Der Senat verdeutlichte, dass es nicht darauf ankäme, ob man davon ausgehen wolle, dass das Fahrzeug konstruktiv für die Waschstraße oder diese konstruktiv nicht für das Fahrzeug geeignet wäre. Entscheidend wäre, dass Fahrzeuge wie das klägerische und die Waschstraße konstruktiv nicht zusammen passen würden. Da aber die Beklagte aufgrund des Waschanlagen-Vertrages verpflichtet wäre für einen schadensfreien Waschvorgang zu sorgen, ergäbe sich daraus eine Pflichtverletzung der beklagten als Betreiberin der Waschstraße. Ob dies auch geltend würde, wenn es sich bei dem Heckspoiler nicht um eine Serienausstattung handeln würde, könne hier auf sich beruhen.

Der Senat verweist darauf, dass es bei der beklagten läge, gegebenenfalls Fahrzeuge zurückzuweisen, die, wie das klägerische Fahrzeug, für die Waschanlage nicht geeignet wären.


OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.06.2015 – 9 U 29/14 -

Freitag, 13. November 2015

Zeitlicher Rahmen für Winterdienst durch Arbeitgeber als Grundstückseigentümer

Die Räum- und Streupflicht des Arbeitsgebers  kann entgegen gemeindlicher Satzung, die eine Beseitigungspflicht für 7.00 Uhr morgens vorsieht, schließt nicht notwendig eine Pflicht zu vorzeitigem Winterdienst aus. Der Arbeitgeber, der Grundstückseigentümer ist, ist nach Auffassung des OLG Koblenz zur früheren Beseitigung von Schnee und Glättebildung im öffentlichen Bereich verpflichtet, wenn auf Grund des konkreten Arbeitsbeginns bei dem Grundstückseigentümer bereits vor der in der Gemeindesatzung benannten Zeit mit Fußgängerverkehr von Betriebsangehörigen zu rechnen ist. Kommt ein Beschäftigter, dessen Arbeitsbeginn vor 7.00 Uhr liegt, auf Grund Unterlassens der Durchführung notwendiger Schnee- und Eisbeseitigungsmaß0nahmen zu Fall und dadurch zu Schaden, haftet der Arbeitgeber diesem gegenüber nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (und ist nicht das Arbeitsgericht, sondern das allgemeine Zivilgericht für die Entscheidung zuständig).

Im Falle der Verletzung von Betriebsangehörigen durch Unterlassen der erforderlichen Räum- und Streumaßnahmen kommt dem Arbeitgeber auch nicht das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 SGB VII zugute, da es sich um einen Wegunfall handelt, bei dem der Arbeitgeber unabhängig davon haftet, ob Vorsatz bei ihm vorliegt oder nicht.  

OLG Koblenz, Urteil vom 29.04.2015 – 5 U 1479/14 -

Freitag, 30. Oktober 2015

Asbest als offenbarungspflichtiger Mangel ?

Bild: Harald Weber auf Wikipedia
Die Verkäuferin einer Immobilie wies den Käufer nicht darauf hin, dass  die Dachplatten aus Asbestzement bestehen. Im Kaufvertrag wurde eine Haftung der Verkäuferin wegen Sachmängeln ausgeschlossen, soweit nicht Vorsatz oder Arglist bestünde.

Das OLG Koblenz führte zur Begründung aus, die Verkäuferin habe nicht ungefragt etwas zur Asbesthaltigkeit der Dachplatten erklären müssen. Nur wenn vom Asbest eine konkrete Gesundheitsgefährdung ausgehen würde, hätte eine Offenbarungspflicht bestanden. Nach Angaben eines vom Landgericht beauftragten Sachverständigen ergäben sich hier erst Risiken, wenn das Dach abgebrochen oder saniert würde, wobei dann allerdings darauf erfahrene Dachdeckerbetriebe berufen würden, die die erforderliche Sicherheit gewährleisten könnten.

Wenn allerdings  - was nach Zurückverweisung das Landgericht bei erneuter Beweiserhebung zu prüfen habe -  der Ehemann der Verkäuferin eine Asbestfreiheit erklärt haben sollte und dadurch den Käufer in die Irre geführt hätte, wäre ein Anspruch des Käufers auf Schadensersatz begründet.


OLG Koblenz, Urteil vom 04.03.2015 – 5 U 1216/14 -

Samstag, 24. Oktober 2015

„Kleinunternehmers“ rechtsmissbräuchliche Abmahnung, § 8 Abs. 4 UWG

Wettbewerber können sich wechselseitig abmahnen und auf Unterlassung in Anspruch nehmen, wenn ein wettbewerbswidriges Verhalten nach §§ 3, 7 UWG vorliegt. Allerdings seiht § 8 Abs. 4 UWG ausdrücklich vor, dass ein Missbrauch dieses Rechts auszuschließen ist.


Das Oberlandesgericht hat hier, unter Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung, den Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Beklagten im Hinblick auf fehlerhafte Widerrufsbelehrungen bei dessen Angeboten bei eBay abgewiesen. Der Beklagte wandte Rechtsmissbrauch des Klägers iSv. § 8 Abs. 4 UWG ein, da der Kläger über kein Ladengeschäft und keinen Onlineshop verfügte, lediglich sieben bewertete Verkäufe auf eBay innerhalb von fünf Monaten mit einem Umsatz von unter € 1.800,00  gehabt habe und nach eigener Angabe die Kleingewerberegelung nach § 19 Abs. 1 UStG greifen würde.

Dem folgte das OLG.

Ein Rechtsmissbrauch liege vor, wenn der Antragsteller überwiegend sachfremde Gesichtspunkte verfolge. Dies sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei allerdings auch der Antragsgegner für den Missbrauch darlegungs- und beweisbelastet ist. Vorliegend wurde vom Verfügungsbeklagten die Behauptung aufgestellt, die Indizien sprächen für den Vorrang eines Gebühreninteresses des Antragstellers und seines Prozessbevollmächtigten.

Auch wenn der Verfügungskläger höhere Umsätze auf eBay behauptete als durch die Verwertungen dort ausgewiesen, folgte dem das OLG nicht. Es geht von einer „gewissen Sorglosigkeit“ der Nutzer mit Daten um und nimmt deshalb an, dass ein großer teil der Nutzer von der Bewertungsmöglichkeit Gebrauch mache. Hinzu komme, dass der Verfügungskläger auch der Kleinunternehmerregelung des Umsatzsteuerrechts unterfalle, was bedeute, dass im vorangegangenen Kalenderjahr der Umsatz unter € 17.500,00 lag und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht € 50.000,00 übersteige. Dieser geringen wirtschaftlichen Betätigung stünde eine erhebliche Anzahl von Abmahnungen (15), die vom Verfügungsbeklagten namhaft gemacht worden waren, gegenüber.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2015 – I-20 U 187/14 -

Freitag, 23. Oktober 2015

Zweitwohnungssteuer nicht gegen eine GbR festsetzbar

Die Klägerin, der zusammen mit zwei Geschwistern im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) das Eigentum an einer Wohnung im Stadtgebiet von München zusteht, wendet sich gegen einen Bescheid der Stadt München, mit dem sie zur Zweitwohnungssteuer herangezogen wird.

Der VGH führt aus, dass eine Heranziehung der Klägerin zur Zweitwohnungssteuer nicht in Betracht käme, wenn  - wie hier -  die Wohnung im Eigentum einer GbR steht. Denn die Zweitwohnungssteuer unterlägen, wie § 3 Abs. 1 ZwStS zeigt, nur natürliche Personen, da es sich um eine Aufwandssteuer iSv. Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG handelt, bei der die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden soll (BVerfG, Urteil vom 06.12.1983 -2 BvR 1275/79 -).  Eine GbR, so weiter der VGH, befriedigt keinen persönlichen Wohnbedarf.

Ex könne auch in der Regel nicht ersatzweise auf einzelne Gesellschafter zurückgegriffen werden. Ein Innehalten im steuerlichen Sinne würde nicht nur eine tatsächliche (zeitweilige) Verfügungsmacht voraussetzen, sondern auch eine rechtlich gesicherte Verfügungsbefugnis. Das eigentumsabhängige Verfügungsrecht stünde der GbR zu; eine Zurechnung zum Gesellschafter käme allenfalls dann in Betracht, wenn dieser eine beherrschende Stellung in der GbR habe oder ihm ein (auch zeitlich befristetes) Nutzungsrecht eingeräumt wird und während dieser Zeit die Wohnung als Zweitwohnung genutzt würde.


BayVGH, Urteil vom 29.07.2015 -  4 B 15.877 -

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Kündigungsschutzklage hemmt nicht die Verjährung von Zahlungsansprüchen

Bild: Pixabay
Der klagende ehemalige Arbeitnehmer des Beklagten hatte sich zunächst mit einer Kündigungsschutzklage gegen seine Kündigung vom 29.03.2003 gewandt. Der Beklagte hatte außerordentlich fristlos und vorsorglich hilfsweise fristgemäß zum 31.12.2004 gekündigt. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab; auf seine Berufung hat das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 09.02.2007 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung nicht beendet worden sei. Das Arbeitsverhältnis endete zum 31.12.2004.


Der Beklagte erstattete der Bundesanstalt für Arbeit das von dieser dem Kläger gewährte Arbeitslosengeld. Zahlungen an den Kläger erfolgten nicht. Mit seiner Klage vom 10.10.2008  begehrt er die Vergütung für die Zeitraum vom 01.10.2003 bis 14.09.2004 (seit dem 15.09.2004 war er in einem anderen Arbeitsverhältnis tätig). Der Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.
Die Klage war in allen drei Instanzen erfolglos.

Das BAG weist darauf hin, dass der Vergütungsanspruch des Klägers wegen Annahmeverzugs des Beklagten in der Regelverjährungsfrist des § 195 (3 Jahre) verjährt. Die Verjährungsfrist beginn mit dem Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Während des Annahmeverzugs entsteht der Vergütungsanspruch sukzessive entsprechend dem ihm zugrundeliegenden Regelungen. Danach waren hier die Bezüge jeweils am letzten Tag eines Monats respektive an einem Werktag davor, wenn es sich bei dem letzten Tag des Monats um einen Samstag, Sonntag oder Feiertag handelte. Auch hatte der Kläger Kenntnis vom Gläubiger iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB; auf Grund der ihm bekannten Umstände konnte er gegen eine bestimmte Person eine Klage erheben, die bei verständiger Würdigung auch so viel Erfolgsaussichten hatte, dass sie ihm zumutbar war.


Die Kündigungsschutzklage hemmte auch nicht die Verjährung. Eine Hemmungswirkung setzt eine Klage auf Leistung oder Feststellung des Anspruchs voraus, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Mit dem Anspruch wird, so das BAG, auf das im Streit stehende Recht abgestellt, § 194 Abs. 1 BGB. Im Kündigungsschutzverfahren ging es aber nicht um den Vergütungsanspruch, der mithin gesondert hätte geltend gemacht werden müssen. 

BAG, Urteil vom 24.06.2015 – 5 AZR 509/13 -

Dienstag, 13. Oktober 2015

Skontoabzug: Ständige nicht gemahnte Unpünktlichkeit rechtfertigt keine Nachforderung ?

„Pünktlichkeit ist eine Zier, doch besser lebt man ohne ihr“.   An diese „Weisheit“ fühlt man sich in Ansehung der Entscheidung des 22. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 18.08.2015 erinnert: Die Beklagte hatte die Klägerin als Werkunternehmerin mit dem Neubau einer Halle beauftragt. Grundlage war eine von der Beklagten unterzeichnete Auftragsbestätigung der Klägerin, in der es zu den Zahlungsbedingungen u.a. hieß: „Nach Rechnungsdatum innerhalb 5 Tagen abzüglich 6,6 % Skonto.“ In der Summe ergab sich unter Berücksichtigung des Skontos ein Betrag, den die Beklagte maximal für das Bauwerk zahlen wollte. Bei den einzelnen Abschlagsrechnungen zog die Beklagte das Skonto auch regelmäßig, ersichtlich für die Klägerin ab, zahlte jedoch nicht innerhalb der Frist, sondern stets einige Tage verspätet. Mahnungen oder sonstige Hinweise der Klägerin erfolgten nicht. In der Schlussrechnung hat sie dann allerdings den Skontoabzug auf die jeweiligen Abschlagsrechnungen nicht anerkannt und verlangte insoweit den Differenzbetrag.


Während das Landgericht der Klage stattgegeben hatte, wurde dessen Urteil durch das OLG Frankfurt abgeändert und die Klage abgewiesen. Dies stützt der Senat auf verschiedene Überlegungen, wobei – folgt man den Urteilsgründen – jede für sich bereits zur Unbegründetheit der Klage führen müsse, da trotz der jeweils verspäteten Zahlung der Skontoabzug korrekt wäre und damit die Beklagte ihre Zahlungsverpflichtung erfüllt habe.

Zum Einen ergäbe sich dies aus der Art der Skontoabrede. Normalerweise würde der Unternehmer ein Skonto gewähren, um möglichst schnell liquide Mittel zu erhalten. Vorliegend wäre es allerdings anders gewesen. Der Skontoabzug war Gegenstand der Preisverhandlungen, da die Beklagte lediglich einen bestimmten Betrag pauschal bezahlen wollte und der Skontoabzug war so berechnet, dass dieser Betrag erreicht wird. Nach den Vereinbarungen der Parteien, wie sie der Senat aus der Beweisaufnahme herleitet, war der Skontoabzug hier kein Entgegenkommen der Klägerin, sondern ein Preisnachlass der eingeräumt wurde, um den Auftrag zu erhalten.

Zum Anderen aber würde auch § 242 BGB („dolo facit qui petit, quod statim redditurus est“) der Forderung der Klägerin entgegenstehen. Die Klägerin hätte ohne weiteres erkennen können, dass hier die Beklagte den Skontoabzug nutzen wollte. War sie nicht bereit, den verspäteten Skontoabzug zu akzeptieren, hätte sie die Beklagte darauf aufmerksam machen müssen, da der Skontoabzug wesentlicher Bestandteil der Vereinbarung der Parteien und für das Zustandekommen des Vertrages war. Die Klägerin hätte mithin hier die Beklagte mahnen und auf die Folgen unpünktlicher Zahlungen hinweisen müssen. Das Unterlassen führt dazu, dass die beklagte einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens habe der dadurch entstanden sei, dass sie sich in Bezug auf die enge zeitliche Begrenzung der Skontoabrede in einem Irrtum, befand, § 280 BGB. Es wäre auch, da die Beklagte unstreitig zahlungskräftig war und ist, davon auszugehen, dass sich die Beklagte bei einem Hinweis aufklärungsrichtig verhalten hätte (dazu BGH vom 08.05.2012 – XI ZR 262/10 -).

Eine Aufrechnungserklärung der beklagten sei nicht erforderlich; es reiche der Einwand nach § 242 BGB.


OLG Frankfurt, Urteil vom 18.08.2015 – 22 U 147/13 -