Montag, 6. April 2015

Architektenrecht: Zum Beginn der Verjährung bei Architektenhaftung

Wann verjährt ein Anspruch gegenüber einem Architekten ? Im konkreten Fall war er u.a. als Planer und Objektbetreuer tätig.  Zum Zeitpunkt des Einzugs der Auftraggeber 1995 waren noch nicht alle Arbeiten erledigt. In der Folge zeigten sich immer wieder Mängel. Eine förmliche Abnahme fand nicht statt. Nachdem 2011 ein massiver Insektenbefall auftrat und ein von den Auftraggebern beauftragter Sachverständiger eklatante Planungs- und Bauüberwachungsfehler feststellte, verlangten die Auftraggeber vom Architekten Schadensersatz. Dieser erhob die Einrede der Verjährung.

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Das Landgericht und in der Folge das OLG Brandenburg gaben der Klage statt. Voraussetzung für die Verjährung wäre, dass eine Abnahme erfolgt wäre. Denn die Verjährungsfrist laufe erst ab der Abnahme.

Weder sei etwas für eine ausdrückliche Abnahme noch eine konkludenten Abnahme ersichtlich. Der Einzug als solcher könne eine konkludente Abnahme deshalb nicht darstellen, da (unstreitig) zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Maßnahmen des Baus erfolgt waren. Zur Abnahmefähigkeit gehöre regelmäßig die Vollendung aller vertraglich geschuldeten Leistungen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestand.

Auch wenn nach dem Einzug der Architekt alle Leistungen erbracht hat, ließe sich daraus nicht auf eine konkludente Abnahme schließen. Neben der Erbringung der Leistung sei nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20.02.2014 – VII ZR 26/12 -) ein Verhalten des Auftraggebers erforderlich, aus dem sich ergäbe, dass er die erbrachten Leistungen als im Wesentlichen vertragsgemäß billige.  Alleine der Umstand, dass die Auftraggeber hier über einen Zeitraum von 20 Jahren keine Ansprüche gegen den Architekten geltend gemacht hatten. Ließe sich dies nicht entnehmen.

Die Verjährungsfrist habe hier auch nicht ohne Abnahme zu laufen begonnen. Zwar könnte dies in Bezug auf die Pflichten aus dem Architektenvertrag „Objektbegehung zur Mängelfeststellung“ und „Überwachung der Beseitigung von Mängeln“ der Fall sein, wenn die Gewährleistungsansprüche gegenüber den bauausführenden Formen abgelaufen wären. Dieser Ablauf wäre allerdings vom Architekten darzulegen und zu beweisen, wobei auch für sie gelte, dass die Frist erst mit der Abnahme zu laufen beginnt.


Aber auch wenn die Gewährleistungsfristen abgelaufen wären, könne sich der Architekt wegen seiner Sekundärhaftung im Rahmen seiner Betreuungsaufgabe nicht berufen. Diese Verjährungsfrist beginne erst mit Ende der Verjährungsfrist gegen den bauausführenden Unternehmer.

Brandenburgisches OLG, Urteil vom 03.12.2014 - 4 U 40/14 -

Mittwoch, 1. April 2015

Ordnungsgeld gegen Vorstand bei Nichterscheinen zum Termin

Regelmäßig werden die Parteien bei einem Prozess zu einem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung geladen, und zwar standardmäßig zum Zwecke einer gütlichen Einigung und zur Sachverhaltsaufklärung. Zwar können sie von vornherein mitteilen, dass sie sich nicht gütlich einigen werden; in diesem Fall kann das persönliche Erscheinen nur verlangt werden, wenn eine Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist und die geladene Partei dazu auch in der Lage ist. Vor diesem Hintergrund verwundert es, wenn Gerichte ernsthaft Vorstände größerer Unternehmen, wie z.B. Versicherungsgesellschaften laden. Würden die Vorstände solcher Unternehmen versuchen, alle derartigen Termine wahrzunehmen, könnten sie ihrer eigentlichen Funktion der Unternehmensführung nicht mehr nachkommen. Dem wird regelmäßig mit dem Argument begegnet, der geladene Vorstand könne sich auch durch eine zum Vergleichsschluss ermächtigten und in der Sache informierte Person vertreten lassen, § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Dazu ist aber die Partei (und damit der geladene gesetzliche Vertreter) nicht verpflichtet.

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Das OLG Köln hat die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen geladenen und zum Termin nicht erschienenen Vorstand einer Versicherungsgesellschaft bestätigt. Durch das Nichterscheinen wäre die Sachaufklärung erschwert worden. Hintergrund war, dass der Anwalt zu behaupteten Zahlungseingängen keine Auskunft erteilen konnte.

Die Entscheidung ist grob fehlerhaft. Es wäre verwunderlich, wenn der geladene Vorstandsvorsitzende zu Zahlungseingängen im Termin konkrete Auskünfte hätte geben können. Es handelte sich hier um Krankenversicherungsbeiträge. Regelmäßig wird sich ein Vorstand einer Versicherung nicht mit den Beitragseingängen beschäftigen und Kenntnisse zu diesen haben. Er wäre nach der Lebenserfahrung also nicht in der Lage, in einem Termin dazu Angaben zu machen. Wenn das Gericht es als erforderlich ansehen sollte, dass noch bestimmte Angaben zu Zahlungsvorgängen gemacht werden, so wäre es im Sinne einer ordnungsgemäßen Terminvorbereitung durch das Gericht erforderlich, dass die Parteien darauf hingewiesen werden. § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO sieht vor, dass das Gericht dahin wirken muss, dass sich die Parteien „rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären“; nach § 139 Abs. 4 ZPO sind die Hinweise so früh wie möglich zu erteilen. Sieht es das Gericht also für erforderlich an, dass die Versicherung sich zu Zahlungseingängen erklärt, müsste dies dem Gericht bereits bei der Terminvorbereitung auffallen und könnte es (muss es, § 139 Abs. 4 ZPO) darauf noch vor dem Termin hinweisen. Keinesfalls kann es bei einer größeren Gesellschaft (wie hier Versicherung) davon ausgehen, dass deren gesetzlicher Vertreter in der mündlichen Verhandlung dazu Angaben machen könnte. Ob sich der Vorstand vor einem Termin vorbereiten muss, sich also in einen ihn in der Regel völlig unbekannten Vorgang einarbeiten muss, kann auf sich beruhen, da er sicherlich nicht letztlich alle Aktenvorgänge (bzw. gespeicherten Daten wie Zahlungsvorgänge) nachlesen kann und muss, um für eventuelle Fragen gewappnet zu sein.  

OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.11.2014 - 7 W 63/14 -

Tierhalterhaftung und Mitverschulden

Die Tierhalterhaftung ist als sogen. Gefährdungshaftung ausgebildet, d.h. der Halter eines Tieres haftet grundsätzlich für einen von seinem Tier verursachten Schaden, ohne dass es auf sein Verschulden ankommt. Allerdings kann er dem Geschädigten ein Mitverschulden entgegenhalten. Eine Haftung ist auch dann anzunehmen, wenn nicht das Tier des Schädigers selbst den Schaden des Verletzten verursacht, sondern ein drittes (eventuell das eigene) Tier.

Entsprechend entschied das OLG Naumburg mit Urteil vom 23.04.2014: Der Hund des Beklagten hatte sich losgerissen und es kam zu einer Rauferei mit dem Hund der Ehefrau des Beklagten, bei der dieser verletzt wurde. Als sich der Beklagte zu dem Hund seiner Ehefrau im Nachgang begab, wurde er von ihm gebissen.

Das Landgericht hatte eine Haftungsverteilung von 50:50 vorgenommen und dem Kläger die Tierhalterhaftung seiner Ehefrau für deren Hund zugerechnet. Diese Rechtsauffassung wurde vom OLG zutreffend nicht geteilt. Es wies darauf hin, dass dem Ehemann die Tierhalterhaftung seiner Ehefrau nicht gem. § 833 BGB zugerechnet werden kann und damit lediglich noch ein Eigenverschulden insoweit bleibt, als er sich unvorsichtig dem verletzten Hund seiner Ehefrau näherte. Dies bewerte das OLG mit 25%. 

OLG Naumburg, Urteil vom 23.04.2014 - 1 U 115/13 -

Sonntag, 29. März 2015

Kostenvorschuss für Mängelbeseitigung vor Abnahme

Der Auftragnehmer sah sein Werk als erbracht an und verweigerte eine vom Auftraggeber angenommene Mängelbeseitigung; dem Vertrag lagen die VOB/B zugrunde. Er hatte zunächst versucht, einen behaupteten Mangel zu beseitigen, dann aber, nachdem dies nicht als fachgerecht anerkannt wurde,  verweigerte er die weitere Nachbesserung. Im Prozess des Auftraggebers auf Zahlung von Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung wurden die behaupteten Mängel bestätigt und der Auftragnehmer zur Zahlung von Kostenvorschuss verurteilt. Das OLG Hamm sah es als sinnwidrig an, wenn man vom Auftragnehmer zunächst die Abnahme des mangelbehafteten Werkes verlangen würde, bevor er den Kostenvorschuss für Mängelbeseitigungen geltend machen könne. 

OLG Hamm, Urteil vom 19.08.2014 - 24 U 41/14 -


Fehlbeladener Mietanhänger und Vollkaskoversicherung

Bild: Hartmut910/pixelio.de
Der Beklagte mietete einen PKW-Anhänger und verunfallte mit diesem. Die Klage auf Schadensersatz des vermietenden Klägers hatte Erfolg. Eine Berufung des Beklagten auf eine Vollkaskoversicherung blieb erfolglos. Der BGH wies darauf hin, dass der Mieter nur die Erwartungshaltung zu einer Vollkaskoversicherung haben könne, die sich auch aus den AKB ergäben. Damit wären nur von außen wirkende Ereignisse, die plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirken, versichert. Brems- oder Betriebsvorgänge oder reine Bruchschäden wären nicht versichert. Vorliegend sei es zu dem Unfall durch ungesicherte Ladung, einem nicht versicherten Risiko, gekommen.

BGH, Urteil vom 14.01.2015 - XII ZR 176/13 -

Freitag, 20. März 2015

Mietrecht: Nebenkosten und Wirtschaftlichkeitsgebot

Der Vermieter ist verpflichtet, wirtschaftlich zu agieren. Er darf nicht unnötige oder überhöhte
Kosten umlegen.  Dagegen ist der Mieter durch das sogenannte Wirtschaftlichkeitsgebot geschützt.  Dies ergibt sich für die Wohnraummiete aus § 556 Abs. 3 Satz 1 HS 2, für Gewerberaum aus § 242 BGB (Trau und Glauben. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH. Verletzt er das Wirtschaftlichkeitsgebot, kann er insoweit den Mieter nicht belasten.


Allerdings trifft den Vermieter nur die Pflicht darzulegen und nachzuweisen, dass die Kosten angefallen sind und von der vertraglichen Vereinbarung zur Umlegung abgedeckt sind. Aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (als vertragliche Nebenpflicht) folgt die Darlegungs- und Beweislast des Mieters. Er muss, z.B. durch einen Preisvergleich, nachweisen, daß die geltend gemachten Kosten überhöht sind. Eine sekundäre Darlegungslast des Vermieters besteht nicht, auch im Hinblick darauf, dass der Mieter Einsicht in die Abrechnungsunterlagen nehmen kann (ob sich Besonderheiten bei der Anmietung eines Wohnungseigentums ergeben, geht der BGH nicht ein). 

BGH, Urteil vom 17.12.2014 - XII ZR 170/13 -

Donnerstag, 19. März 2015

Steuern: Eine strafbefreiende Erklärung ist bei fehlender Steuerhinterziehung unwirksam

Der Kläger hatte Vermögen auf eine liechtensteinische Stiftung übertragen und, wohl um einem möglichen Steuerstrafverfahren zu entgehen, dieses dann als Schenkungssteuer deklariert.  Nachdem der BFH festgestellt hat, dass Schenkungssteuer nicht anfallen könne, wenn die Stiftung nach den getroffenen Vereinbarungen im Innenverhältnis nicht frei über das Vermögen verfügen könne, beantragte er  die Änderung der strafbefreienden Erklärung gem. §§ 173 AO bzw. 10 Abs. 3 StraBEG. Das Finanzamt lehnte ab. Die Klage vor dem Finanzgericht war teilweise erfolgreich. Beide Parteien, der steuerpflichtige Kläger und das Finanzamt legten Revision ein. Nur die Revision des Klägers war erfolgreich. Der BFH hielt fest, dass eine strafbefreiende Erklärung bei fehlender Steuerhinterziehung bzw. Steuerordnungswidrigkeit unwirksam sei und von daher vom Steuerpflichtigen insoweit erfolgte Steuerzahlungen zu erstatten sind. 

BFH, Urteil vom 01.10.2014 - II R 6/13 -