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Dienstag, 12. September 2023

Haftung Zugfahrzeug- oder Anhängerversicherer bei Unfall beim Entladen des Anhängers ?

Beim Entladen des zugelassenen Anhängers kam es  durch Herabfallen von Ladegut zu einem Schaden an einem Pkw, den die klagende Haftpflichtversicherung nach Inanspruchnahme ausglich. Sie verklagte die beklagte Haftpflichtversicherung auf Ersatz ihrer Aufwendungen. Das Landgericht gab der Klage auf der Grundlage des § 19 Ab. 4 S. 2 StVG statt. Dagegen wandte sich die Beklagte mit der Begründung, es läge eine Ausnahme nach § 19 Abs. 4 S. 3 StVG vor, da alleine die Ladung des Anhängers unfallursächlich sei. In seinem Hinweisbeschluss wies das OLG die Beklagte darauf hin, dass es beabsichtige, die Berufung nach § 522 ZPO zurückzuweisen.

§ 19 StVG regelt die Haftung des Halters bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen und lautet:

„Ist in den Fällen der Absätze 2 und 3 der Halter des Zugfahrzeugs oder des Anhängers zum Ersatz des Schadens verpflichtet, kann er nach § 426 des Bürgerlichen Gesetzbuchs von dem Halter des zu dem Gespann verbundenen anderen Fahrzeugs Ausgleich verlangen. Im Verhältnis dieser Halter zueinander ist nur der Halter des Zugfahrzeugs verpflichtet. Satz 2 gilt nicht, soweit sich durch den Anhänger eine höhere Gefahr verwirklicht hat als durch das Zugfahrzeug allein; in diesem Fall hängt die Verpflichtung zum Ausgleich davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem Zugfahrzeug oder dem Anhänger verursacht worden ist. Das Ziehen des Anhängers allein verwirklicht im Regelfall keine höhere Gefahr. Der Ersatz für Schäden der Halter des Zugfahrzeugs und des Anhängers richtet sich im Verhältnis zueinander nach den allgemeinen Vorschriften.“

Das OLG geht zutreffend mit dem Landgericht davon aus, dass eine Mehrfachversicherung vorläge. Diese entstünde, wenn das Zugfahrzeug und der Anhänger bei verschiedenen Versicherungen haftpflichtversichert seien. In diesen Fällen könnten zwar von dem Geschädigten sowohl der Halter/Versicherer des Zugfahrzeugs wie auch der Halter/Versicherer des Anhängers in Anspruch genommen werden, doch würde in deren Innenverhältnis gem. § 78 Abs. 3 VVG iVm. § 19 Abs. 4 S. 2 StVG der Halter und Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs alleine zur Zahlung verpflichtet sein. Ein Ausnahmefall nach § 19 Abs. 4 S. 3 StVG läge nicht vor.

Voraussetzung für die Ausnahme wäre, dass sich durch den Anhänger eine höhere Gefahr verwirklicht habe als durch das Zugfahrzeug alleine, wobei das Ziehen des Anhängers als solches diese höhere Gefahr nicht verwirkliche. Vorliegend seien Zugfahrzeug und Anhänger ordnungsgemäß am Rand der Straße abgestellt gewesen und auch beim Entladen habe sich keine besondere Betriebsgefahr des Anhängers verwirklicht. Das Entladen des Anhängers als solches stelle keine Gefahrerhöhung dar und es sei auch nicht ersichtlich, dass das Entladen des Anhängers gefährlicher wäre als das Entladen des Zugfahrzeugs.

Auch die Entstehungsgeschichte der §§ 78 Abs. 3 VVG und 19 Abs. 4 StVG zeige, dass eine weite Auslegung der Ausnahmevorschrift des § 19 Abs. 4 S. 3 StVG nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche. Erstmals sei die Halterhaftung für Anhänger im Gesetz vom 19.07.2003 in § 7 StVO eingefügt worden. Dies nicht nur im Hinblick auf eine Erhöhung der von einem Gespann ausgehenden Betriebsgefahr, sondern auch vor dem Hintergrund, dass Geschädigten häufig nur das Kennzeichen des Anhängers, nicht des Zugfahrzeugs bekannt sei. In der Gesetzesbegründung sei ausgeführt worden, dass dies denn Halter des Anhängers nicht unverhältnismäßig belaste, würde ihm doch durch die insoweit ergänzten §§ 17 Abs. 2 und 18 Abs. 3 StVG ein Rückgriffsrecht im Innenverhältnis auf den Halter/Versicherer des Zugfahrzeugs zustehen. Allerdings sei dann „entgegen dieser Erwartung“ vom BGH mit Urteil vom 27.10.2010 - IV ZR 279/08 - entschieden, dass im Regelfall bei einem durch ein Gespann verursachten Schaden die Haftpflichtversicherer von Zugfahrzeug und Anhänger im Innenverhältnis je zur Hälfte haften würden (das Verfahren für den Versicherer des Zugfahrzeugs wurde damals von unserer Kanzlei betrieben). Die dadurch bedingte Steigerung der Versicherungsprämien für die Anhängerhaftpflichtversicherung und Probleme mit Anhängerhaltern und ihren Versicherern aus Staaten, die keine Pflichtversicherung für Anhänger vorsähen, hätten den Gesetzgeber zur Neureglung in den heutigen §§ 78 Abs. 3 VVG, § 19 Abs. 4 StVG veranlasst (BT-Drucks. 19/17964). In der Gesetzesbegründung der Bundesregierung sei ausgeführt, dass sich der mit dem Zugfahrzeug verbundene Anhänger im Regelfall nicht auf die Schadensentstehung auswirke. Eine Ausnahme läge vor, wenn der verbundene Anhänger ausnahmsweise zu einer Erhöhung der Betriebsgefahr führe, was z.B. bei einem technischen Defekt des Anhängers der Fall sein könne.

Eine entsprechende Ausnahme läge hier nicht vor. Weder habe ein technischer Defekt vorgelegen noch eine außergewöhnliche Beschaffenheit (Überlänge, Überbreite, Schwertransport etc., vgl. BT-Drucks. aaO. S. 17). Dass sich der Unfall beim Entladen ereignet habe genüge für die Ausnahme ebenso wenig wie der Umstand, dass der Führer der Zugmaschine, dem das Missgeschick unterlaufen sei, zugleich Führer des Anhängers gewesen sei. Damit verbleibe es bei dem Regelfall der (im Innenverhältnis) alleinigen Haftung des Halters und Versicherers der Zugmaschine.

OLG München, Hinweisbeschluss vom 15.05.2023 - 24 U 721/23 e -

Mittwoch, 26. Juli 2023

Der nach Anstoß wegrollende Anhänger und Haftung wegen Verwirklichung der Betriebsgefahr

Der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Anhänger war in der H-Gasse ordnungsgemäß abgestellt gewesen. Gegen 22.45 Uhr kam ein Pkw due H-Gasse in der dortigen Linkskurve von der Fahrbahn ab und stieß gegen das Gebäude H-Gasse 12 sowie gegen den Anhänger. Durch den Anstoß rollte der Anhänger nach vorne stieß gegen das Gebäude H-Gasse 10 und beschädigte dieses. Für das Gebäude H-Gasse 10 bestand bei der Klägerin eine Wohngebäudeversicherung, die in Anspruch genommen wurde und nunmehr den Schadensersatzanspruch des Eigentümers gegen den Versicherer des Anhängers geltend machte. Das Amtsgericht gab der Klage statt; auf die Berufung hob das Landgericht dessen Urteil auf und wies die Klage ab. Die zugelassene Revision der Klägerin führte zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und Zurückverweisung.

Anders als das Landgericht bejahte der BGH die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG in der damaligen Fassung (heute: § 19 Abs. 1 S. 1 StVG), derzufolge Voraussetzung der Haftung bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers, der dazu bestimmt sei, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, eine Verletzung oder Schädigung der in der Norm genannten Rechtsgüter vorliegen müsse. Entscheidend sei daher, ob sich der Anhänger „im Betrieb“ befunden habe.  Der hier verwandte Betriebsbegriff sei weit auszulegen, weshalb ausreichend sei, wenn sich in dem Schaden die von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr verwirklicht habe, d.h. wenn bei einer insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug geprägt oder mitgeprägt worden sei. Der BGH wiederholte die Grundlagen dafür, wie er sie in ständiger Rechtsprechung  festhält: Es müsse sich bei dem Schaden um die Auswirkung der Gefahren handeln, hinsichtlich derer der Verkehr nach Sinn der Haftungsnorm schadlos gehalten werden soll und die Schadensfolge muss in den Bereich fallen, um derentwegen die Norm geschaffen wurde. Dabei sei erforderlich, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang einer bestimmten Betriebseinrichtung des Fahrzeugs stünde (z.B. Urteile des BGH vom 03.07.1962 - VI ZR 184/61 - und vom 20.10.2020 - VI ZR 319/18 -). Der betrieb daure fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belasse und dadurch die durch ein Fahrzeug allgemein geschaffene Gefahrenlage (die Grund und „Preis“ für die Haftungsnorm sei) fortbestünde.

Dies sei entsprechend auch auf den Betrieb von Anhängern anzuwenden, die dazu bestimmt seien, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden (Hinweis: Dies ist in § 19 Abs. 1 S. 1 StVG benannt).

Damit sei hier der Gebäudeschaden bei dem Betrieb des bei der Beklagten versicherten Anhängers entstanden, der zum Mitführen durch ein Kraftfahrzeug bestimmt gewesen sei (wenn er auch abgekoppelt von einem Kraftfahrzeug stand). Auch wenn der Fahrer des Pkw, der die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte und gegen den Anhänger stieß und damit maßgeblich den Unfallablauf bestimmte habe, wurde der Schadensfall durch den Anhänger mitgeprägt und sei auch seinem Betrieb zuzurechnen: Der Anhänger sei auf der Straße abgestellt gewesen und infolge des Anstoßes durch dne Pkw gegen das Gebäude gerollt. Damit habe sich die aus seiner Konstruktion bedingte Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Fremdkraft verwirklicht, die durch das Abstellen im öffentlichen Raum noch nicht beseitigt gewesen sei. Diese Gefahr falle nach den benannten Grundsätzen unter den Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG a.F. / § 19 Abs. 1 S. 1 StVG n.F.

Eine Zurechnung sei (entgegen der Annahme des Berufungsgerichts) nicht deshalb zu verneine, da der Pkw-Fahrer die Ursache gesetzt und damit das Unfallgeschehen maßgeblich bestimmt habe. Dies könne lediglich im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs gem. §§ 426 Abs. 1, 254 Abs. 1 BGB Bedeutung haben, ändere aber nichts am Zurechnungszusammenhang im Rahmen der Gefährdungshaftung des Anhängers.

BGH, Urteil vom 07.02.2023 - VI ZR 87/22 -

Sonntag, 29. März 2015

Fehlbeladener Mietanhänger und Vollkaskoversicherung

Bild: Hartmut910/pixelio.de
Der Beklagte mietete einen PKW-Anhänger und verunfallte mit diesem. Die Klage auf Schadensersatz des vermietenden Klägers hatte Erfolg. Eine Berufung des Beklagten auf eine Vollkaskoversicherung blieb erfolglos. Der BGH wies darauf hin, dass der Mieter nur die Erwartungshaltung zu einer Vollkaskoversicherung haben könne, die sich auch aus den AKB ergäben. Damit wären nur von außen wirkende Ereignisse, die plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirken, versichert. Brems- oder Betriebsvorgänge oder reine Bruchschäden wären nicht versichert. Vorliegend sei es zu dem Unfall durch ungesicherte Ladung, einem nicht versicherten Risiko, gekommen.

BGH, Urteil vom 14.01.2015 - XII ZR 176/13 -