Die Klägerin stürzte auf dem
Gehweg vor dem Grundstück des Beklagten (dem die Räum- und Streupflicht oblag)
infolge von Glatteis und zog sich dabei einen Außenknöchelbruch links vom Typ
Weber B zu. Der Bruch wurde operativ im Rahmen eines zweiwöchigen
Krankenhausaufenthaltes versorgt. U.a.
verlangte sie ein Schmerzensgeld von mindestens € 50.000,00. Das Landgericht sprach
ein Schmerzensgeld von € 12.500,00 zu. Im Berufungsverfahren verlangte sie ein
weiteres Schmerzensgeld nicht unter € 37.500,00. Die Berufung wurde
zurückgewiesen. Der BGH hob insoweit das Urteil des OLG auf und verwies den
Rechtsstreit an dieses zurück.
Bei seiner Entscheidung stellte
das OLG darauf ab, das zuerkannte Schmerzensgeld einen angemessenen Ausgleich
für den bisher erlittenen immateriellen Schaden darstelle. Dabei ging das OLG davon aus, dass die
Gebrauchstauglichkeit des linken Beines deutlich eingeschränkt sei und die
Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk links weitestgehend aufgehoben
sei, sich das Gangbild als hinkend darstelle und die Klägerin weitgehend nicht
in die Hocke gehen und hinknien könne. Neben persistierenden Schmerzen,
Schlafstörungen und der Bewegungseinschränkung habe das Landgericht die Schwellung
im Bereich der Knöchel und die Narbe berücksichtigt sowie eine MdE von 20%.
Allerdings könne, wie ein vom Gericht eingeholtes Gutachten ausgeführt habe, derzeit
nicht abschließend geklärt werden, ob und wie sich der bestehende Zustand
weiter entwickle.
Der BGH wies in seiner
Entscheidung darauf hin, dass Streitgegenstand ein einheitlicher Anspruch der
Klägerin auf Schmerzensgeld sei. Das Berufungsgericht habe nicht beachtet, dass
dabei eine ganzheitliche Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände
unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes
erforderlich sei (BGH, Beschluss des Großen Senats vom 06.07.1955 - GSZ 1/55 -,
BGHZ 18. 149, 151ff). Verlange der Geschädigte wie vorliegend für eine
erlittene Körperverletzung uneingeschränkt Schmerzensgeld, so wären alle
entweder bereits eingetretenen und objektiv erkennbaren Verletzungsfolgen
erfasst wie auch jene, deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen werden könnten.
Lediglich Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt (Tag der letzten
mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz) noch nicht eingetreten wären
und deren Eintritt nicht objektiv vorherbar wären (mit denen also nicht
ernsthaft gerechnet werden müsse) und die deshalb bei der Bemessung des
Schmerzensgeldes zwangsläufig unberücksichtigt bleiben müssten, würden von dem
Klageanspruch nicht erfasst werden und könnten nur Gegenstand eines Feststellungsantrages
sein (BGH, Urteil vom 14.02.2006 - VI ZR 322/04 -).
Nicht geklärt habe das
Berufungsgericht, worauf die behauptete fortdauernde Schmerzsymptomatik beruhe
und wie sich diese auf den Schmerzensgeldanspruch auswirke, da lediglich hinsichtlich
der Schmerzsymptomatik die Verletzungsfolgen berücksichtigt worden seien, die
bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestanden hätten. So habe
bereits die Klägerin in der Berufungsbegründung darauf verwiesen, dass das
Landgericht nicht Dauerschäden schmerzensgelderhöhend berücksichtigt habe. Der
Sachverständige sei nach den Feststellungen des OLG davon ausgegangen, dass die
Schmerzsymptomatik weiterer Abklärung zugänglich sei; hierfür kämen sowohl unfallbedingt
entstandene Knochenmarködeme als auch eine auf dem Unfallgeschehen fußende psychosomatische Erkrankung in Betracht. Hier wären weitere Untersuchungen zu
veranlassen.
BGH, Urteil vom 10.07.2018 - VI ZR 259/15 -