Bei Klageerhebung ist stets die
örtliche und sachliche Zuständigkeit eines Gerichts zu prüfen. Arbeitssachen,
d.h. Verfahren aus dem Arbeitsrecht, gehören grundsätzlich vor das
Arbeitsgericht. Teilweise kann aber der Kläger auch die Wahl treffen, ob er die
Klage vor dem Arbeits- oder ordentlichem Gericht (Amts-/Landgericht) erhebt. So kann der Kläger bei einem
möglichen Anspruch auf Schadensersatz gegen seinen (ehemaligen) Arbeitnehmer
und einem Dritten (bei behaupteter gesamtschuldnerischer Haft) zwar den Arbeitnehmer nur vor de, Arbeitsgericht
verklagen, den Dritten aber sowohl gesondert vor dem Zivilgericht als auch dem
Arbeitsgericht. Dies hat das BAG in einem Beschluss bekräftigt, mit dem das
zuständige Gericht nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu bestimmen war, festgehalten:
Die beklagte GmbH stellte der
klagenden GmbH insgesamt drei Rechnungen, die von dem ehemaligen Arbeitnehmer
H. der Klägerin für diese zur Zahlung freigegeben wurden. Die Klägerin machte
geltend, dass diesen Rechnungen keine Leistungen der Beklagten zugrunde lagen
und forderte von der Beklagten als auch ihrem ehemaligen Arbeitnehmer H. als
Gesamtschuldner die Rückzahlung. Während die Klägerin gegen ihren ehemaligen
Arbeitnehmer Klage zum zuständigen Arbeitsgericht erhob, erwirkte sie gegen die
Beklagte einen Mahnbescheid; nach Widerspruch wurde das Verfahren an das im
Mahnbescheid benannte LG Ingolstadt abgegeben. Auf Antrag der Klägerin und im
Einverständnis mit der Beklagten hat das Landgericht die zu den ordentlichen
Gerichten erhobene für unzulässig erklärt und „zur gemeinsamen Verhandlung mit
dem Verfahren gegen Herrn H.“ an das Arbeitsgericht verwiesen mit Hinweis
darauf, dieses sei nach § 2 Abs. 3 ArbGG zuständig. Das Arbeitsgericht hat die
Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt und den Rechtstreit dem BAG zur Bestimmung
des zuständigen Gerichts mit der Begründung vorgelegt, der Verweisungsbeschluss
des Landgerichts sei offensichtlich unhaltbar und entfalte daher keine
Bindungswirkung.
Das BAG folgte der Auffassung des
Arbeitsgerichts nicht. Das entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu bestimmende
Gericht sei das Arbeitsgericht; seine Zuständigkeit ergäbe sich aus dem bindenden
Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts. Grundsätzlich sei ein (wie hier) rechtskräftiger
Verweisungsbeschluss gem. §§ 17a Abs. 2 S. 3 GVG, 48 Abs. 1 ArbGG bindend; in
enstprechender Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO habe die Bestimmung des
zuständigen Gerichts zu erfolgen, wenn dies zur Wahrung einer funktionierenden
Rechtspflege und Rechtssicherheit erforderlich sei, was dann der Fall sei, wenn
Zweifel über die Bindungswirkung aufkämen und keines der infrage kommenden
Gerichte bereit sei, die Sache zu übernehmen oder die Annahme gerechtfertigt
sei, dass trotz Anhängigkeit bei einem Gericht gem. § 17b Abs. 1 GVG die Sache
nicht prozessordnungsgemäß betrieben würde.
Grundsätzlich entfalte auch ein
rechtskräftiger Verweisungsbeschluss Bindungswirkung, wenn er nicht
schlechterdings als im Rahmen des § 17a Abs. 2 Nr. 1 GVG nicht hätte ergehen
dürfen (Verletzung rechtliches Gehör, nicht durch den gesetzlichen Richter
erlassen oder jeder Grundlage entbehrt und von daher willkürlich sei). Danach
sei aber der Beschluss des Landgerichts nicht offensichtlich unhaltbar.
Auszugehen sei von den Umständen zum Zeitpunkt des Eintritts der
Rechtshängigkeit; nachträgliche Veränderungen würden nicht zum Verlust eines einmal
gegebenen Rechtsweges führen. Entscheidend sei danach der Zeitpunkt des Eingangs
der Akte bei dem Landgericht nach Abgabe durch das Mahngericht. Zu diesem
Zeitpunkt sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gem. § 143 GVG
eröffnet gewesen, da der Natur nach der gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch
eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit beträfe, die nicht in die ausschließliche
Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 ArbGG falle. Alleine die Möglichkeit
einer sogen. Zusammenhangsklage nach § 2 Abs. 3 ArbGG berühre die Zuständigkeit
der ordentlichen Gerichte nicht; sie begründet nur die fakultative Zuständigkeit,
die erst durch entsprechende Klageerhebung entstünde. Es bliebe mithin der
klagenden Partei überlassen, ob sie ihren Anspruch vor dem ordentlichen Gericht
oder in Ansehung des als Gesamtschuldner mit in Anspruch genommenen
Arbeitsnehmers, gegen den Klage vor dem Arbeitsgericht zu erheben war, verbinden
und den Dritten (Beklagte) dort ebenfalls verklage. Von diesem Wahlrecht habe
die Klägerin durch Angabe im Mahnbescheid (§ 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) gegen die
Beklagte Gebrauch gemacht, indem sie als streitiges Gericht das Landgericht
benannt habe. Die einmal getroffene Wahl entfalte wie beim Wahlrecht nach § 35
ZPO Bindungswirkung und könne nicht widerrufen werden.
Zwar habe hier das Landgericht
die eigene Zuständigkeit erkannt, da es in dem Beschluss von einer „auch“
gegebenen Zuständigkeit des Arbeitsgerichts spricht. Offenbar sei das Landgericht
allerdings davon ausgegangen, es könne trotz der Zulässigkeit des Rechtswegs
zum ordentlichen Gericht auf Antrag den Rechtsstreit an ein anderes Gericht
eines anderen Rechtswegs verweisen. Dabei
habe es die Bindungswirkung des § 17a Abs. 2 S. 2 GVG verkannt.
Allerdings sei dies nicht willkürlich gewesen, da das Landgericht die Zuständigkeit
des Arbeitsgerichts kraft Sachzusammenhangs gem. § 2 Abs. 3 ArbGG ausführlich
geprüft habe und mit dem Verweisungsbeschluss letztlich lediglich einem
einvernehmlichen Verlangen beider Parteien nachgekommen sei (es sei der aus
eigenem Antrieb der Klägerin gestellte Antrag gewesen, zu dem die Beklagte erklärt
habe, keine Einwände dagegen zu haben). Damit läge keine willkürliche
Behandlung durch das Landgericht vor. Nicht das Gericht, an welches verwiesen
würde, solle vor willkürlichen oder sonst jeder gesetzlichen Grundlage
entbehrenden Entscheidung geschützt werden, mit der ihr Streitfall dem
zuständigen Gericht und damit gesetzlichen Richter entzogen würde (BGH,
Beschluss vom 29.04.2014 - X AZR 172/14 -).
Anmerkung: Will der Kläger einen (ehemaligen) Arbeitnehmer
und einen Dritten im gleichen Sachzusammenhang verklagen, kann er sich
entscheiden, ob er beide vor dem Arbeitsgericht verklagt (die Klage gegen den
Arbeitnehmer wäre zwingend vor dem Arbeitsgericht zu führen) oder vor getrennten
Gerichten in unterschiedlichen Rechtswegen. Für die gemeinsame Klage gem. § 2
Abs. 3 ArbGG könnte sprechen, zu verhindern, dass die jeweiligen Beklagten bei
unterschiedlichen Rechtswegen jeweils dem Anderen als Zeuge zur Verfügung
stünden. Gegen eine Verbindung vor dem Arbeitsgericht könnte aber auch die
unterschiedliche prozessuale Situation im Übrigen sprechen, insbesondere die
unterschiedliche Bewertung einer Arbeitnehmerhaftung gegenüber einer Haftung eines
Dritten, die beim Arbeitsgericht leicht aus den Augen verloren werden könnte.
BAG, Beschluss vom 05.09.2018 - 9 AS 3/18 -