Montag, 3. Dezember 2018

Yogakurs für Gruppen (Schwangere): Kein Behandlungsvertrag nach § 630a BGB – Zur Haftung für gesundheitliche Risiken


Die Beklagte, die von Beruf im Krankenhaus angestellte Hebamme war, bot freiberuflich auf eigene Rechnung Yoga für Schwangere an. Die Klägerin war schwanger. Sie belegte den Kurs bei der Beklagten. Gleich in der ersten Kursstunde, bei Übungen im Stehen, stürzte die Klägerin und zog sich eine Commotio cerebri mit Ansomie zu; dies war auf einer Vorerkrankung der Klägerin zurückzuführen, die (so ihr Vorwurf) von der Beklagten hätte festgestellt und beachtet werden müssen. Sie verklagte die Beklagte auf materiellen und immateriellen (auch zukünftigen) Schadensersatz.

Klage und Berufung wurde zurückgewiesen. Eine Haftung der Beklagten für die Folgen des Sturzes während der Yogastunde käme nicht in Betracht.

Das OLG musste abgrenzen, ob es sich vorliegend um einen Behandlungsvertrag iSv. § 630a BGB handeln würde, um einem den Fitnessstudioverträgen angepassten Vertrag oder um einen Dienstvertrag. Das Landgericht hatte einen Behandlungsvertrag mit der Begründung negiert, Gegenstand des Vertrages seien Sport- und Fitnesstätigkeiten. Dem wollte das OLG so nicht folgen. Allerdings sei ein Behandlungsvertrag auf eine medizinische Behandlung eines Menschen ausgerichtet, welches physisches oder psychisches Leid lindern solle. Typisch seien Diagnose und Therapie, wobei als Behandler nicht nur Ärzte sondern auch Angehörige anderer Heilberufe in Betracht kämen, wie auch u.a. Hebammen. Letztlich käme es für die Vertragsart aber nicht auf den Beruf des Behandlers an, sondern auf den Inhalt des Vertrages, seine Ausrichtung.

Auch wenn sich nicht generell sagen ließe, bei Yoga würde es sich generell um keine medizinische Behandlung, sondern um Sport- und Fitnesstätigkeit handeln, läge hier kein Behandlungsvertrag vor. Die Einordnung von Yoga sei eine Frage des Einzelfalls. So seien Fälle denkbar, in denen ein Yogalehrer ähnlich einem Physiotherapeuten eine auf Heilung und Linderung gerichtete Tätigkeit ausübe. Allerdings könne dies hier bereits deshalb ausgeschlossen werden, da es sich um einen Gruppenkurs und nicht eine Einzel-Behandlungsmaßnahme gehandelt habe.

Damit stünde nicht eine medizinische Behandlung sondern die Durchführung von Übungen nach Vorgabe des Kursleiters im Vordergrund. Eine anamnestische, diagnostische oder einzeltherapeutische Vorgehensweise sei der Kursunterrichtung nicht immanent. Der Vorfall, der sich auf Grund gesundheitlicher Schwächen der Klägerin ereignet haben soll, wäre daher nicht der Beklagten anzulasten, da es nicht Sache des Kursleiters sei, ungefragt eine Risiko- und Eignungsprüfung durchzuführen, auch nicht, wenn (wie hier) der Kurs speziell auf schwangere ausgelegt sei und der Kurs mit Bezug auf den Beruf der Beklagten als Hebamme beworben worden sei.  

Ein Anspruch der Klägerin würde sich auch nicht aus § 280 BGB iVm. einem Dienstvertrag bzw. typengemischtem Vertrag mit dienstvertraglichem Schwerpunkt ableiten lassen, da auch hier Anamnese, Befunderhebung, Diagnose pp. nicht geschuldet seien und das entsprechende Unterlassen daher kein Verschulden darstellen könne. Dass die von der beklagten abverlangten Übungen generell für Schwangere ungeeignet seien, sei von der Klägerin nicht geltend gemacht worden.

OLG Zweibrücken, Urteil vom 26.06.2018 - 5 U 22/18 -

Mittwoch, 28. November 2018

Arglistiges Verschweigen eines Rechtsmangels und Kausalität für einen Kaufvertragsabschluss


In dem notariellem Kaufvertrag war aufgenommen, dass Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Wohnungseigentums ausgeschlossen seien. Die gelte auch (/mit Ausnahme bei Vorsatz) für Ansprüche auf Schadensersatz. Da die Beklagte als Verkäuferin ihn als Käufer nicht darüber aufgeklärt habe, dass es sich bei der Wohnung um öffentlich geförderten Wohnraum handele und Mieter einen Berechtigungsschein benötigen würden, verlanget der Kläger im Rahmen des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Klage und Berufung blieben der Erfolg versagt. Auf die (zugelassene) Revision erfolgte durch den BGH eine Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits.

Das Berufungsgericht hatte es auf sich beruhen lassen, ob die benannten Umstände einen Mangel der Wohnung darstellen würden und bejahendenfalls, ob (was zwischen den Parteien streitig war) Kenntnis des Klägers bei Kaufvertragsabschluss bestand. Einen die Klage rechtfertigenden Schadensersatzanspruch habe der Kläger bereits deshalb nicht, da er nicht geltend gemacht habe, dass er bei Kenntnis die Wohnung nicht gekauft hätte und es von daher an einer Kausalität zwischen einer behaupteten fehlenden Aufklärung und dem Kaufentschluss ermangele.

Dem folgt der BGH nicht. Für den Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB wegen der bestehenden Sozialbindung der Wohnung käme es auf die Frage der Kausalität für den Kaufentschluss nicht an.

Die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob die Sozialbindung einen Rechtsmangel darstelle, bejahte der BGH. Die Bindung würde eine Einschränkung der rechtlichen Befugnisse des Eigentümers sowohl zur Eigen- als auch Fremdnutzung bedeuten.

Ansprüche des Klägers könnten nicht mit der Begründung der fehlenden Kausalität verneint werden. Offen bleiben könne, ob der vertragliche Haftungsausschluss auch Rechtsmängel erfasse. Wolle man davon ausgehen, dass die Haftung für Rechtsmängel nicht ausgeschlossen sei, käme es von vornherein nicht darauf an, ob sich die Beklagte arglistig verhalten habe, da die die Beklagte dann ohne weiteres für Rechtsmängel gem. §§ 433 Abs. 1 S. 2, 435 S. 1, 437 BGB einzustehen habe. Aber auch dann, wenn der vertragliche Haftungsausschluss Rechtsmängel erfasse, käme es auf eine Kausalität der behaupteten unterlassenen Aufklärung für den Kaufentschluss nicht an. Auf den Haftungsausschluss könne sich die Beklagte nach § 444 BGB nicht berufen, wenn sie dem Kläger den in der Sozialbindung liegenden Rechtsmangel arglistig verschwiegen habe. § 444 BGB solle den Käufer alleine vor einer unredlichen Freizeichnung des Verkäufers von der Mängelhaftung schützen. Eine unredliche Freizeichnung  läge aber vor, wenn der Verkäufer arglistig handle. Weitere Voraussetzungen seien nicht benannt, namentlich nicht die Ursächlichkeit für den Kaufentschluss (BGH, Urteil vom 15.07.2011 - V ZR 171/10 -, BGHZ 190, 272).

BGH, Urteil vom 14.09.2018 - V ZR 165/17 -

Donnerstag, 22. November 2018

Mieters Pflicht zur Fensterreinigung (innen und außen)


Die Loft-Wohnung der Kläger verfügte über eine Fensterfront mit Fenstersegmenten vor den einzelnen Räumen in der Größe von je 1,3m x 1,25m, die sich nur mittig in einem Bereich von 0,6m x 1,25m öffnen ließen. Eine Reinigung der äußeren Fläche der Fenster erfolgte durch die beklagte Vermieterin, wobei die Kläger eine häufigere Reinigung erwarten.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Auf die Berufung änderte das Landgericht das Urteil dahingehend unter Zurückweisung im Übrigen ab, dass es die Beklagte zu einer Reinigung der nicht zu öffnenden Bereiche der Fenster 1x im Jahr verpflichtete. Begründet wurde die teilweise Klagestattgabe damit, die Reinigung sei hier deshalb Vermietersache, da eine eigenhändige Reinigung durch die Kläger nicht in zumutbarer Weise durchführbar sei.

Die Kläger legten eine vom Landgericht zugelassene Revision ein. Nach dem Hinweisbeschluss des BGH wurde die Revision zurückgenommen. Der BGH negierte einen Anspruch der Kläger auf eine Fensterreinigung durch die beklagte Vermieterin.

Nach Ansicht des BGH gehört die Reinigung der Mietwohnung grundsätzlich zu den Pflichten des Mieters zähle, wozu auch die Außenflächen der Fenster, einschließlich nicht zu öffnender Glasbestandteile und Fensterrahmen gehören würden, soweit vertraglich nichts anderes vereinbart worden sei. Dies beruhe darauf, dass der Vermieter dem Mieter keine Erhaltung der Mietsache in einem jeweils gereinigten Zustand schulde und von daher Reinigungsmaßnahmen nicht Bestandteil der Instandhaltungs- oder Instandsetzungspflicht des Vermieters seien. Auf dem vom Landgericht benannten Umstand, ob die Reinigung der Fensterflächen vorliegend von den Mietern persönlich geleistet werden könne, käme es nicht an, da sich der Mieter auch professioneller Hilfe bedienen könne.

Hinweis: Vorliegend wurde nur von den Klägern Revision eingelegt. Soweit die Beklagte teilweise zur Reinigung verurteilt wurde, erwuchs dieses Urteil in Rechtskraft, obwohl sich aus den Entscheidungsgründen des BGH ergibt, dass auch insoweit die Klage abzuweisen gewesen wäre.

BGH, Hinweisbeschluss vom 21.08.2018 - VIII ZR 188/16 -

Sonntag, 18. November 2018

Kostenentscheidung bei beidseitiger Erledigungserklärung und Eintritt der Erledigung vor Rechtshängigkeit


Der Kläger hatte außergerichtlich bei der beklagten Deckungsschutz für eine Klage gegen einen Unfallversicherer begehrt. Nachdem dies nicht erfolgte, erhob er, nach Versagung mit Schreiben vom 01.10.2014, mit Klageschrift vom 08.12.2016  gegen die Beklagte Feststellungsklage auf Rechtsschutz für die 1. Instanz zu gewähren habe. Mit Schreiben vom 19.12.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie gewähre den Rechtsschutz. Die Klage wurde der Beklagten am 03.02.2017 zugestellt. Beide Parteien hatten sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Beschluss gem. § 91a Abs. 1 ZPO erlegte das Landgericht der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf. Die dagegen von der Beklagten erhobene sofortige Beschwerde wurde zurückgewiesen.

Das OLG verwies darauf, dass bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung die Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO nach billigen Ermessen erfolge. Entscheidend für eine Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO sei nur, dass die Parteien übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklären. Es käme nicht darauf an, ob und wann das erledigende Ereignis eingetreten sei; dies sei nur bei der einseitigen Erledigungserklärung (der Klägerseite) zu prüfen.

 Nur um Hinblick auf den Feststellungsantrag im Schriftsatz vom 08.12.2016 sei mit der Zustellung der Klage Rechtshängigkeit eingetreten und insoweit ein Prozessrechtsverhältnis entstanden. Damit sei im Rahmen der nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO vorzunehmenden Billigkeitsentscheidung auch nur zu prüfen, ob und inwieweit der geltend gemachte Anspruch bestand, bzw. inwieweit Ermessensausübungen in Bezug auf den Feststellungsantrag zugunsten der einen oder anderen Seite sprächen. Soweit zwischen den Parteien auch andere Fragen streitig gewesen wären, würden diese weder für den Streitgegenstand noch den Streitwert relevant sein. Von daher käme es auch nicht darauf an, ob der Kläger über den Feststellungsantrag hinausgehenden Deckungsschutz verlangen könne. Auch sei eine der Beklagten nicht zugestellte Klageerweiterung (die Zustellung unterblieb mangels Zahlung des Kostenvorschusses) nicht Gegenstand des Prozessrechtsverhältnisses geworden und von daher nicht zu beachten (Anm.: In Ansehung der Entscheidung des OLG Oldenburg vom 13.07.2018 - 3 W 52/18 -, wonach auch die Anhängigkeit bereits streitwerterhöhend wirkt, könnte diese Einschätzung jedenfalls als fraglich angesehen werden).

Auch wenn bei § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO in der Regel die Frage im Vordergrund stünde, wie der Rechtsstreit ohne Erledigung ausgegangen wäre, schließe dies nicht die Berücksichtigung materiell-rechtlicher Gesichtspunkte aus. Wenn feststünde, dass - unabhängig von prozessualen Fragen - eine Kostenerstattungspflicht nach materiellem Recht aus Schadensersatzgesichtspunkten bestünde, erscheine es billig, diese materielle Rechtslage der Kostenentscheidung zugrunde zu legen.  

Diese Schadensersatzpflicht ergäbe sich hier aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte sei zur Gewährung von Rechtsschutz verpflichtet gewesen und hatte auch zuletzt im Prozess keine Einwendungen dagegen erhoben. Damit war das Ablehnungsschreiben vom 01.10.2014 rechtlich fehlerhaft gewesen und stelle sich als eine Verletzung von Vertragspflichten dar. Dies sei ursächlich für die Prozesskosten für die die Klage vom 08.12.2016 gewesen. Damit seien die Prozesskosten Gegenstand eines materiellen Schadensersatzanspruchs, der für die Entscheidung gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO ausschlaggebend sei.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.12.2017 - 9 W 36/17 -

Donnerstag, 15. November 2018

Zur Haftung zwischen Mietern bei einem Wasserschaden


Die Parteien waren Mieter in einem Mehrfamilienhaus. Der Kläger machte gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche geltend, nachdem im Mai 2015 nach seiner Behauptung Wasser nach einer unsachgemäßen Reparatur unkontrolliert aus einem Wasserhahn in der Wohnung des Beklagten auf den Boden gelaufen sei und von dort über Decken und Wände in die Wohnung des Klägers eingedrungen sei. Dadurch seien Schäden an den Tapeten verursacht worden, wofür der Kläger Schadensersatz begehrte.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Unabhängig von dem bestrittenen tatsächlichen Vortrag des Klägers und der Frage, wer überhaupt Eigentümer der Tapete sei, fehle es an einer Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten.

Der Mietvertrag zwischen dem Vermieter und dem Beklagten würde sich nicht als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (hier des Klägers) darstellen. Selbst ein  Untermieter wäre nach anerkannter Rechtsprechung nicht in den Schutzbereich des Hauptmietvertrages einbezogen und könne von daher nicht daraus Ansprüche wegen vom Vermieter verursachter Schäden gegen diesen erheben. Der Untermieter sei auch nicht schutzbedürftig, da ihm Ansprüche gegen den Hauptmieter zustünden (BGH, Urteil vom 15.02.1978 - VIII ZR 47/77 -). Das müsse dann auch im Verhältnis mehrerer Mieter im selben Gebäude untereinander gelten; der Kläger habe eigene Ansprüche aus dem Mietverhältnis gegenüber dem Vermieter und sei dadurch ausreichend geschützt (BGH, Urteil vom 12.12.2003 - V ZR 180/03 -).

Auch sei kein Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB anzuerkennen (BGH, Urteil vom 12.12.2003 aaO.). Dieser habe seine Grundlage in einem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis als Teil des Interessenausgleichs, der für eine sachgerechte Nutzung von Grundstücken im nachbarlichen Raum unerlässlich sei. § 906 BGB knüpfe an die Beschränkung des Eigentumsrechts nach § 903 BGB an, welches im Mietrecht nicht greife; dies stelle auch keine planwidrige Regelungslücke dar, da nicht davon ausgegangen werden könne, dem Gesetzgeber sei die Möglichkeit des Streits von Mietern über beeinträchtigende Immissionen verborgen geblieben, zumal es hier keiner spezifischen Regelung bedürfe, da jeder Mieter vom Vermieter eine von Mitmietern ungestörte Gebrauchsgewährung verlangen könne (BGH, Urteil vom 12.12.2003 – V ZR 180/03 -).

Der Kläger habe sich in erster Linie gegen die landgerichtliche Entscheidung gesandt, da dieses einen deliktischen Anspruch des Mieters deshalb verneinte, dieser habe das Eigentum an der Tapete nicht dargetan. Ist aber (wovon hier auszugehen sei) eine Tapete ohne Zerstörung nicht von der Wand zu trennen und damit nicht Gegenstand besonderer Rechte, § 93 BGB, würde sie nach § 94 Abs. 2 BGB zu den wesentlichen Bestandteilen zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen gehören und im Eigentum des Grundstückseigentümers.

Auch ein Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Störung des Besitzes sei nicht gegeben. Grundsätzlich sei zwar ein Haftungsschaden des Besitzers ersatzfähig, wenn dieser wegen der Beschädigung der Mietsache durch Dritte selbst Ansprüchen ausgesetzt sei (BGH, Urteil vom 09.04.1984 - III ZR 234/83 -). Derartige Ansprüche würden sich aber aus der Beschädigung der Tapete hier nicht ergeben, da der Vermieter insoweit gegen den geschädigten Mieter keinen Anspruch habe.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.09.2018 - 10 U 8/18 -

Dienstag, 13. November 2018

Keine Berücksichtigung von Elternurlaub bei dem bezahlten Jahresurlaub


Der EuGH musste sich aufgrund einer Vorlagefrage eines nationalen Gerichts mit der Frage auseinandersetzen, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG dahingehend auszulegen ist, dass diese einer nationalen Bestimmung entgegensteht, derzufolge bei der Berechnung des einem Arbeitnehmer  zustehenden bezahlten Jahresurlaubs im Bezugszeitraum die Dauer des vom Arbeitnehmer in diesem Zeitraum genommenen Elternurlaubs nicht als Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung angesehenen wird.  

Der EuGH verweist darauf, dass der bezahlte Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach ständiger Rechtsprechung ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts in der Union sei. Zwar dürften die Mitgliedsstaaten nicht bereits die Entstehung des Anspruchs auf einen bezahlten Jahresurlaub von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen; vorliegend beträfe aber die Frage, ob bei der Berechnung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaubein Zeitraum des Elternurlaubs einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung gleichzustellen sei.

Der EuGH weist auf den Zweck des bezahlten Jahresurlaubs zur Erholung und Zeit zur Entspannung und Freizeit hin. Er beruhe auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer gearbeitet habe, weshalb die Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub grundsätzlich anhand der auf der Grundlage des Arbeitsvertrages tatsächlich geleisteten Arbeitszeiträume zu berechnen sei.

Die Mitgliedsstaaten seien aber gehindert den bezahlten Jahresurlaub von der Voraussetzung der tatsächlich geleisteten Arbeit abhängig zu machen und damit z.B. einem Arbeitnehmer den bezahlten Jahresurlaub wegen einer ordnungsgemäß belegten Erkrankung zu versagen. Der erkrankte Arbeitnehmer sei dem tätigen Arbeitnehmer gleich zu stellen. Gleiches gelte auch für Arbeitnehmerinnen in Bezug auf den Mutterschaftsurlaub, da dieser dem Schutz der körperlichen Verfassung der Frau während und nach der Schwangerschaft und zum anderen dem Schutz der besonderen Beziehung der Mutter und ihrem Kind während der Zeit, die an die Schwangerschaft und Entbindung anschließe, diene (EuGH, Urteil vom 18.03.2004 - C-342/01 -).

Anders sei dies allerdings bei dem Elternurlaub. Der sich im Elternurlaub befindliche Arbeitnehmer leide nicht unter durch eine Erkrankung hervorgerufenen psychischen oder physischen Beschwerden und befände sich in einer anderen Lage als jener, der wegen seines Gesundheitszustandes arbeitsunfähig sei. Auch unterscheide sich der im Elternurlaub befindliche Arbeitnehmer von jenen Arbeitnehmerinnen, die ihr Recht auf Mutterschaftsurlaub in Anspruch nehmen würden, die die dafür benannten Umstände nicht vorliegen würden. Zwar bleibe der Arbeitnehmer im Elternurlaub Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts, auch wenn Rechte und Pflichten suspendiert würden.

Damit könne die Zeit des Elternurlaubs nicht mit einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung gleichgestellt werden. Damit sei die Zeit des Elternurlaubs bei der Berechnung der Gewährung von bezahlten Jahresurlaub nicht zu berücksichtigen.

EuGH, Urteil vom 04.10.2018 - C-12/17 -

Montag, 12. November 2018

Abfindungszahlung bei Aufhebungsvertrag und ermäßigter Steuersatz


Der Eheleute wenden sich gegen einen Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes (FA) für 2013. In diesem Jahr hatte der klagende Ehemann zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis eine Abfindung in Höhe von € 36.250,00 erhalten. Im Vertrag über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses war u.a. geregelt,  dass mit dem Ausscheiden am 31.03.2013 alle gegenseitigen Ansprüche erlöschen und der Kläger keine rechtlichen Schritte in Bezug auf Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren unternehmen werde. Im Rahmen der gemeinsamen Steuererklärung der klagenden Eheleute beantragte der Kläger den Abfindungsbetrag dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1, Abs 2 EStG zu unterwerfen. Dem folgte das beklagte FA nicht. Der Einspruch der Kläger wurde zurückgewiesen. Das Finanzgericht (FG) unterwarf die Abfindung antragsgemäß dem ermäßigten Steuersatz nach §§ 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm 24 Nr. 1a EStG. Die gegen das Urteil eingelegte Revision wurde betreffend dem Kläger zurückgewiesen und führte hinsichtlich der Klägerin (kostenmäßig) zu einer Abänderung zu deren Lasten.

Der BFH folgt der Annahme des FG, dass die Abfindung eine außerordentliche Einkunft des Klägers nach § 24 Abs. 1a EStG darstelle, die nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG ermäßigt zu besteuern sie. Entscheidend sei, dass es sich um eine Leistung handele, die als Ersatz für entgangenen oder entgehende Einnahmen gewährt würde und mithin unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt sei und dazu bestimmt sei, diesen Schaden auszugleichen. Ferner sei Voraussetzung, dass dieser Ausfall von dritter Seite veranlasst sei oder aber der Steuerpflichtige unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck steht und deshalb zustimmt; der Steuerpflichtige dürfe jedenfalls das Ereignis selbst nicht aus eigenen Antrieb herbeiführen. Diese Entschädigung gehöre dann zu den tarifbegünstigten Einkünften, wenn eine Zusammenballung von Einkünften bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses dazu führe, dass der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum mehr erhalte als bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

Die Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. So sollte nach nicht zu beanstandender Würdigung durch das FG der Kläger einen Ausgleichsanspruch für den durch den Verdienstausfall entstehenden Schaden erhalten, und dafür mit dem Vertrag eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werden. Im Übrigen habe der Kläger bei Abschluss des Vertrages auch unter Druck gestanden, wobei der BFH offen lässt, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Drucksituation festhalten werde. Wenn, wie hier, der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer im Zuge einer (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses  eine Abfindung zahle, sei regelmäßig davon auszugehen,  dass der Arbeitnehmer die Auflösung nicht alleine aus eigenem Antrieb herbeigeführt habe, da dann der Arbeitgeber keinen Anlass habe, eine Abfindung zu zahlen.

Die Revision des FA hatte betreffend der Klägerin Erfolg. Der Einspruch wurde nur von dem klagenden Ehemann eingelegt, der nicht deutlich gemacht habe, dass er auch für seine Ehefrau den Einspruch erhebe.

BFH, Urteil vom 13.03.2018 - IX R 16/17 -