Der EuGH musste sich aufgrund
einer Vorlagefrage eines nationalen Gerichts mit der Frage auseinandersetzen,
ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG dahingehend auszulegen ist, dass diese
einer nationalen Bestimmung entgegensteht, derzufolge bei der Berechnung des einem
Arbeitnehmer zustehenden bezahlten Jahresurlaubs
im Bezugszeitraum die Dauer des vom Arbeitnehmer in diesem Zeitraum genommenen
Elternurlaubs nicht als Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung angesehenen
wird.
Der EuGH verweist darauf, dass
der bezahlte Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach ständiger Rechtsprechung ein
besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts in der Union sei. Zwar dürften
die Mitgliedsstaaten nicht bereits die Entstehung des Anspruchs auf einen
bezahlten Jahresurlaub von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen; vorliegend
beträfe aber die Frage, ob bei der Berechnung der Ansprüche auf bezahlten
Jahresurlaubein Zeitraum des Elternurlaubs einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung
gleichzustellen sei.
Der EuGH weist auf den Zweck des bezahlten
Jahresurlaubs zur Erholung und Zeit zur Entspannung und Freizeit hin. Er beruhe
auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer gearbeitet habe, weshalb die Ansprüche
auf bezahlten Jahresurlaub grundsätzlich anhand der auf der Grundlage des
Arbeitsvertrages tatsächlich geleisteten Arbeitszeiträume zu berechnen sei.
Die Mitgliedsstaaten seien aber
gehindert den bezahlten Jahresurlaub von der Voraussetzung der tatsächlich
geleisteten Arbeit abhängig zu machen und damit z.B. einem Arbeitnehmer den
bezahlten Jahresurlaub wegen einer ordnungsgemäß belegten Erkrankung zu
versagen. Der erkrankte Arbeitnehmer sei dem tätigen Arbeitnehmer gleich zu
stellen. Gleiches gelte auch für Arbeitnehmerinnen in Bezug auf den
Mutterschaftsurlaub, da dieser dem Schutz der körperlichen Verfassung der Frau
während und nach der Schwangerschaft und zum anderen dem Schutz der besonderen
Beziehung der Mutter und ihrem Kind während der Zeit, die an die
Schwangerschaft und Entbindung anschließe, diene (EuGH, Urteil vom 18.03.2004 -
C-342/01 -).
Anders sei dies allerdings bei
dem Elternurlaub. Der sich im Elternurlaub befindliche Arbeitnehmer leide nicht
unter durch eine Erkrankung hervorgerufenen psychischen oder physischen Beschwerden
und befände sich in einer anderen Lage als jener, der wegen seines
Gesundheitszustandes arbeitsunfähig sei. Auch unterscheide sich der im
Elternurlaub befindliche Arbeitnehmer von jenen Arbeitnehmerinnen, die ihr
Recht auf Mutterschaftsurlaub in Anspruch nehmen würden, die die dafür benannten
Umstände nicht vorliegen würden. Zwar bleibe der Arbeitnehmer im Elternurlaub
Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts, auch wenn Rechte und Pflichten
suspendiert würden.
Damit könne die Zeit des
Elternurlaubs nicht mit einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung
gleichgestellt werden. Damit sei die Zeit des Elternurlaubs bei der Berechnung
der Gewährung von bezahlten Jahresurlaub nicht zu berücksichtigen.
EuGH, Urteil vom 04.10.2018 - C-12/17 -