Der Kläger hatte bei der
Beklagten eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Nach einem Unfallschaden
mit Totalschaden des versicherten Fahrzeuges begehrt er von der Beklagten
Zahlung von € 9.579,83 (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert und abzüglich
Selbstbeteiligung). Tatsächlich hatte der Kläger Wiederbeschaffung Kosten mit
netto € 64.500,00 oberhalb der Brutto-Wiederbeschaffungskosten aufgewandt.
Die Parteien streiten darum, ob
der Kläger den mit Umsatzsteuer berechneten Wiederbeschaffungswert zugrunde legen
kann, wenn er für die Wiederbeschaffung (wie hier) keine Umsatzsteuer gezahlt
hat, obwohl die Wiederbeschaffungskosten insgesamt höher waren als der zugrunde
gelegte Bruttowert. Der diesen Erstattungsanspruch auf Bruttobasis negierenden Beklagten
Versicherung folgte das Landgericht. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG
allerdings der Klage statt.
Das OLG sah einen Erstattungsanspruch
auf Grund der dem versicherungsvertrag zugrundeliegenden AKB [hier: A.2.6.1.a),
e) AKB 2013] als begründet an. Dabei verwies es auf eine eine ähnliche Klausel
eines Versicherers (dort § 13 AKB) betreffende Entscheidung des Saarländischen
OLG vom 28.01.2009 - 5 U 278/08 -, in der das Saarl. OLG zutreffend darauf hingewiesen
habe, dass (wie vorliegend auch) die Klausel mit ausreichender Klarheit zum
Ausdruck bringen würde, dass ebenso wie im Schadensrecht der tatsächlich
aufgewandte Betrag bis zur Höhe des Bruttowiderbeschaffungswertes ersetzt
werde, und zwar unabhängig davon, ob im Kaufpreis eine Regelumsatzsteuert, eine
Differenzsteuer oder gar keine Umsatzsteuer enthalten sei. Der
durchschnittliche Versicherungsnehmer würde die Formulierung auf die fiktive
Abrechnung beziehen, also den Fall, dass eine Ersatzbeschaffung oder Reparatur
nach Vorlage eines Gutachtens doch nicht erfolge. Er käme nicht auf den
Gedanken, dass im Falle eines Kaufs von Privat (ohne Anfall der Umsatzsteuer)
dies von der Regelung in den AKB erfasst werde.
Ferner, so das OLG, müsse man auch
den Fall bedenken, dass der Versicherungsnehmer ein Ersatzfahrzeug exakt zu dem
Kaufpreis des ermittelten Wertes für das beschädigte Fahrzeug erwerbe, nur eben
ohne Umsatzsteuerausweis sondern, da von Privat, auf Nettobasis. Er würde nicht
auf den Gedanken kommen, dass ihm die Kosten nicht in voller Höhe erstattet
würden, sondern die nach Gutachten ermittelte Umsatzsteuer fiktiv abgesetzt
würde.
Darüber hinaus spräche auch der
Zweck einer Kaskoversicherung für die Auslegung zu einen Gleichlauf mit der
schadensrechtlichen Regelung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB. Der Versicherungsnehmer
erstrebe mit dieser Versicherung regelmäßig nicht nur Schutz vor wirtschaftlich
nachteiligen Folgen hinsichtlich des eigenen Fahrzeugschadens, sondern auch Befreiung
vom Risiko der Durchsetzung beim Gegner bei unklarer Haftungslage. Er könne der
an § 249 Abs. 2 S. 2 BGB angelehnten Klausel nicht entnehmen, dass der Umfang
des Anspruchs gegen den Versicherer generell gegenüber dem Anspruch gegen den
(alleine haftenden) Schädiger zurückbleibe.
OLG Celle, Urteil vom 06.10.2016 - 8 U 111/16 -