Der Kläger hatte die beklagten Rechtsanwälte mit der Wahrnehmung seiner Interessen anlässlich eines Verkehrsunfalls mit einem vom ihm geführten Motorrad mit einem Pkw, der bei der X-Versicherung versichert war, beauftragt. Bei dem Verkehrsunfall zog sich der Kläger schwere Verletzungen zu. Bei der gegnerischen Kfz-Versicherung, der X-Versicherung, unterhielt er selbst eine Unfallversicherung. Bei dieser hatte er selbst im Rahmen seiner Unfallversicherung den Schaden gemeldet du wurde von ihr (mehrfach) darauf hingewiesen, dass Leistungen aus der Unfallversicherung ausgeschlossen seien, wenn keine ärztliche Feststellung seiner Invalidität innerhalb bestimmter Frist erfolge. Diese Schreiben sandte der Kläger den Beklagten, ohne dass sie tätig wurden. Später lehnte die Unfallversicherung eine Leistung wegen Fristversäumung ab.
Der Kläger ist der Annahme, die Beklagten seien ihm wegen fehlerhafter Beratung bei der Abwicklung des Unfallschadens schadensersatzpflichtig. Sie Klage wurde vom Landgericht abgewiesen, die Berufung wurde zurückgewiesen.
Der Anspruch hatte deshalb keinen Erfolg, da nicht feststehen würde, dass sich das Mandat der Beklagten auch auf Ansprüche des Klägers gegen die X-Versicherung als Unfallversicherer des Klägers bezog. Weder läge ein ausdrücklicher Auftrag noch ein schlüssiger Auftrag vor. Dem Kläger träfe die Darlegungs- und Beweislast.
Die Vollmachtsurkunde, die der Kläger den Beklagten unterzeichnet habe, ergäbe nichts für ein entsprechendes Mandat. Zwar sei danach die Vollmacht „wegen Verkehrsunfall“ erteilt worden. Der Wortlaut als solcher würde zwar dafür sprechen dass auch die Vertretung gegenüber dem Unfallversicherer dazu gehöre. Würde man aber den Wortlaut derart weit auslegen, dass alles, was irgendwie mit dem Verkehrsunfall im Zusammenhang stünde, von dem Mandat umfasst wäre, würde der Mandatsgegenstand kaum eingrenzbar sein und eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen erfassen (so z.B. mögliche Auseinandersetzungen mit dem Krankenversicherer, mit der Werkstatt, einem eigenen Vollkaskoversicherer. Im Vordergrund würde bei solchen Mandaten aber die Auseinandersetzung mit dem Unfallgegner stehen; weitergehende Mandate würden auch jeweils Rechtsanwaltsgebühren anfallen lassen, die nicht vom Unfallgegner oder dem eigenen Kfz-Versicherer zu tragen seien. Zudem bedürfe es (zumindest zunächst) nicht eines anwaltlichen Vertreters, wenn der Versicherungsnehmer bei seinem Unfallversicherer Ansprüche geltend macht, weshalb im Falle eines tatsächliche Mandats auch anzunehmen wäre, dass ein gesonderter Auftrag erteilt wird.
Auch wenn im Hinblick auf die Unfallversicherung ein Mandatsverhältnis nicht begründet wurde, käme nach Ansicht des OLG gleichwohl noch eine Verletzung von Hinweis- und Warnpflichten in Betracht. Denn selbst bei einem eingeschränkten Auftrag wie hier vom OLG angenommen bestünde eine Nebenpflicht, den Auftraggeber auf mögliche Fristversäumnisse hinzuweisen (die nicht den eigentlichen Beratungsauftrag betreffen), so auf die Versäumung einer Ausschlussfrist bei einer Unfallversicherung. Der Anwalt habe auch grundsätzlich von einer Belehrungsbedürftigkeit des Mandanten auszugehen. Dies gelte aber dann nicht, wenn dem Mandanten die Risiken bereits deutlich gemacht wurden. Den den Beklagten überlassenen Schreiben des Unfallversicherers hätten diese entnehmen können, dass der Kläger den Unfall diesem gemeldet hatte und zudem vom Unfallversicherer über die Ausschlussfrist belehrt worden sei. Die Beklagten hätten keinen Grund gehabt anzunehmen, der Kläger habe dies nicht verstanden oder vor Fristablauf wieder vergessen.
Schleswig-Holsteinisches OLG,
Urteil vom 10.02.2022 - 11 U 73/21 -