Montag, 16. Februar 2015

Mietrecht: Umlage von Warmwasserkosten und teilweiser Leerstand

Der Mieter zahlte die Betriebskostenabrechnung mit der Begründung nicht, wegen des hohen Leerstandes im Haus hätte der klagende Vermieter die Warmwasserkosten nicht nach Verbrauch, sondern nach der Wohnfläche abrechnen müssen. Das Landgericht hat die Klage des Vermieters abgewiesen; auf die zugelassene Revision gab ihr der BGH statt.

Der BGH stellte auf §§ 6ff HeizkostenV ab, die eine bestimmte Umlegung der Warmwasserkosten bei einer zentrale Warmwasserversorgungsanlage vorsehen. Die Rechtsansicht des Landgerichts, dass die Umlegung gemäß der Verordnung dann nicht greife, wenn dies zu unzumutbaren Belastungen der verbliebenen Mieter/Nutzer führe, teilte es nicht. Die Sinnhaftigkeit der Verordnung und die Frage, ob die Abrechnung im Einzelfall als billig und gerecht empfunden wird, läge auf verschiedenen Beurteilungsebenen. Der Unzulänglichkeit der Norm könne mit anderen Mitteln entgegengewirkt werden. Dem könne aus einer dem Prinzip von Treu und Glauben abzuleitenden Anspruchsbegrenzung entsprochen werden. Vom Amtsgericht sei korrekt ausgeführt worden, dass in Gebäuden mit hohen Leerständen sowohl Mieter als auch Vermieter Nachteile haben. Bei einer Aufteilung der Kosten 50% nach Verbrauch, 50% nach Wohnflächenanteil wären Mieter und Vermieter gemeinsam nicht unbillig an den leerstandsbedingten Mehrkosten beteiligt. 

BGH, Urteil vom 10.12.2014 – VIII ZR 9/14 -

Kaufvertrag: Notarielle Vollstreckungsunterwerfung muss konkret sein

Es handelt sich um eine häufig geübte Praxis, in notariellen Kaufverträgen über Immobilien eine Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung des Inhalts aufzunehmen, dass sich der Erwerber „wegen der in dieser Urkunde eingegangenen Zahlungsverpflichtungen, die eine bestimmte Geldsumme zum Gegenstand haben“, der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft. Der BGH hat nunmehr mit Urteil vom 19.12.2014 – V ZR 82/13 – entschieden, dass diese Unterwerfungserklärung mit dem Konkretisierungsgebot des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht vereinbar wäre und der Verstoß zur Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung führt. Diese Unwirksamkeit kann vom Käufer mit der Titelgegenklage analog § 767 ZPO als auch mit der Herausgabeklage analog § 372 BGB geltend gemacht werden. Konkretisierung ist mehr als Bestimmtheit und stellt sich als zusätzliche formelle Voraussetzung für die Erteilung der Vollstreckungsklausel dar.

Dem Rechtsstreit lag ein notarieller Kaufvertrag mit benannter Unterwerfungserklärung zugrunde. Der Verkäufer hatte auf Grund dieser Unterwerfungserklärung gegen den Käufer nicht wegen des (bezahlten) Kaufpreises vollstreckt, sondern machte Pachtzinsforderungen, die auch mit in dem Vertrag geregelt waren, geltend. Die Vorinstanzen haben die Vollstreckungsgegenklage (als gestaltungsklage analog § 767 ZPO) und Herausgabeklage des Titels durch den Käufer abgewiesen; mit der Revision wurde die Klage vom BGH aus den o.g. Gründen positiv verbeschieden.


BGH, Urteil vom 19.12.2014 – V ZR 82/13 -

Donnerstag, 5. Februar 2015

Umsatzsteuer: Pensionspferdehaltung des Landwirts (hier: Gnadenbrot)

Ein Landwirt kann bekanntlich zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 14 UStG optieren. Allerdings gilt dies nicht für Umsätze aus dem Einstellen, Füttern und Betreuen von nicht zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken gehaltenen Pferden; diese sind der Regelbesteuerung zu unterwerfen. In seiner Entscheidung vom 10.09.2014 – XI R 33/13 – wurde vom Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass dies nicht nur für Pferde gilt, die dem Reitsport dienen, sondern auch für sogenannte „Gnadenbrotpferde“, mithin für Pferde, die nicht mehr für den Reitsport geeignet sind und mithin auch dann, wenn keine Reithalle  oder Reitbahn vorhanden ist. Entscheidend ist alleine, dass die Haltung als Pensionspferd nicht dem land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieb dient. Bon daher käme es auch nicht darauf an, ob es sich bei den Einstellern um Landwirte oder Privatpersonen handelt. Bei der Pensionstierhaltung fehle es von vornherein an der gebotenen Nutzung zu den begünstigten Zwecken nach § 24 UStG. 

BFH, Urteil vom 10.09.2014 - XI R 33/13 -

Sonntag, 1. Februar 2015

Steuerrecht: Fall der Verwirkung eines weiteren Einspruchsrechts gegen einen Steuerbescheid

Die Frist für einen Einspruch gegen einen Steuerbescheid beträgt einen Monat. Doch kann die Frist in einem Ausnahmefall kürzer sein, Dies ist dann der Fall, wenn innerhalb der Frist zwar Einspruch eingelegt wird, dieser sich aber nur gegen eine Position der Verbescheidung richtet. Erlässt das Finanzamt dann noch während der laufenden einmonatigen Einspruchsfrist einen Einspruchsentscheid dazu, kann der Steuerpflichtige nicht neuerlich gegen den ursprünglichen Bescheid (auch wenn die Monatsfrist noch nicht abgelaufen ist) Einspruch einlegen.

Der BFH (Urteil vom 18.09.2014 – VI R 80/13 -) begründet dies mit der verfahrensrechtlichen Einheit zwischen ursprünglichen Steuerbescheid und der Einspruchsentscheidung: Der ursprüngliche Bescheid sei mit dem Inhalt (in der Gestalt) zu beurteilen, den er durch die Entscheidung über den Rechtsbehelf gefunden habe. Damit könne der ursprüngliche Bescheid nicht noch einmal  in seiner ursprünglichen Gestalt zum Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens gemacht werden.

Auch könnte der unstatthafte Einspruch nicht als beim Finanzamt angebrachte Klage (Anm.: Die Klage gegen eine Einspruchsentscheidung kann auch über das Finanzamt selbst zum Finanzgericht erhoben werden, § 47 Abs. 2 FGO) gewertet werden, da der Kläger fachkundig vertreten war und von daher sich eine solche Auslegung verbiete. Im Hinblick auf die Rechtsbehelfsbelehrung und darauf, dass hier ein „Einspruch“ erklärt wurde und das Schriftstück nicht als „Klage“ bezeichnet wurde, verbiete sich eine rechtsschutzgewährende Auslegung als Klage.


Hinweis: Es ist nicht notwendig, einen Einspruch ausdrücklich nur auf einen Punkt des Bescheides einzulegen. Der Einspruch kann auch dann umfassend eingelegt werden, wenn sich der Einspruchsführer nur gegen einen Punkt wendet. Im übrigen wäre hier jedenfalls nach der Einspruchsentscheidung, wollte (wie vorliegend) der Einspruchsführer noch weitere Grundlagen des Bescheides angreifen, die Klage gegen die Einspruchsentscheidung notwendig gewesen. 

BFH, Urteil vom 18.09.2014 - VI R 80/13 -

Donnerstag, 15. Januar 2015

Wohnungseigentum: Stimmrecht und daraus resultierend eine Schadensersatzpflicht

Der vom BGH mit seinem Urteil vom 17.10.2014 behandelte Fall betrifft einen Vorgang, wie er in Wohnungseigentümergemeinschaften immer wieder anzutreffen ist.  Ein Eigentümer verlangte, da im konkreten Fall sein Sondereigentum durch Feuchtigkeit tangiert war, Maßnahmen  zur Sanierung. Einige Eigentümer stimmten weder Sanierung noch einer dafür erforderlichen Sonderumlage zu, weshalb der Antrag des beeinträchtigten Eigentümers nicht angenommen wurde und dieser auf Zustimmung klagte. Der BGH gab schließlich der Klage statt (wobei sich das Gericht mit der Frage der sogen. Opfergrenze auseinandersetzen musste).

Weiterhin aber hatte der beeinträchtigte Kläger auch Schadensersatzansprüche aufgrund verzögerter Sanierung nach §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2 BGB  iVm. 286 BGB, 21 Abs. 4 WEG geltend gemacht. Der BGH gab der Klage auch insoweit statt. Dabei musste er nunmehr klären, ob der Schadensersatzanspruch den rechtsfähigen Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft oder die Wohnungseigentümer selbst trifft. Er sieht eine Schadensersatzpflicht der Wohnungseigentümer selbst, und zwar derjenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft untätig geblieben sind bzw. gegen die erforderliche Maßnahme stimmten oder sich enthielten. Dies, so der BGH, folgt aus § 21 Abs. 4 WEG. Zwar handelt es sich hier um eine gemeinschaftsbezogene Pflicht nach § 10 Abs. 6 WEG; doch behandelt diese Norm nur das Außenverhältnis und nicht die innere Willensbildung des Verbandes. Diese wiederum obliegt nach §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 WEG den einzelnen Wohnungseigentümern. Diese sind zur ordnungsgemäßen Verwaltung berufen. Unterlassen sie eine notwendige Mitwirkung, richtet sich der daraus resultierende Schadensersatzanspruch gegen sie.

Wenn in der Vergangenheit häufig aus Kostengründen gegen (notwendige) Maßnahmen gestimmt wurde oder aber (eventuell aus optischen Gründen) Stimmenthaltung geübt wurde, dürfte sich dies künftighin ändern (müssen), da die latente Gefahr droht, sich mit der Gegenstimme bzw. Stimmenthaltung schadensersatzpflichtig zu machen. 

BGH, Urteil vom 17.10.2014 - V ZR 9/14 -

Mietrecht: Konkludente Änderung der Betriebkosten

Sieht der Mietvertrag bestimmte Betriebskosten nicht als Nebenkosten vor, können sie an sich auch vom Vermieter nicht abgerechnet werden. Grundsätzlich kann also der Mieter mit solchen Kosten nicht belastet werden. Allerdings können die Mietvertragsparteien eine Änderung, auch zu Lasten des Mieters, vereinbaren. Eine derartige Vereinbarung liegt schon dann vor, wenn der Vermieter schriftlich oder auch nur mündlich eine Änderung der Abrechnung und Aufnahme weiterer bestimmter Betriebskosten ankündigt und im Nachgang eine entsprechende Betriebskostenabrechnung mit den weiteren Positionen überlässt. Damit, so der BGH, würde dem Mieter bewusst, dass der Vermieter ein Angebot zur Abänderung des Mietvertrages unterbreitet. Ein solches Angebot würde durch Zahlung der darauf beruhenden Abrechnung  resp. der darauf angepassten erhöhten Vorauszahlungen angenommen. 

BGH, Urteil vom 09.07.2014 - VIII ZR 36/14 - 

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Handelsvertreter: Selbständig und doch abhängig - Zuständigkeit der Arbeitsgerichte

Der Handelsvertreter ist seiner Natur nach selbständiger Kaufmann.  Allerdings sind die Grenzen zu einer Scheinselbständigkeit häufig verwaschen.  Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um einen sogenannten Einfirmenvertreter handelt, also einen Handelsvertreter, dem eine Tätigkeit für andere Unternehmen tätig zu werden, untersagt wird. Damit nähert sich seine Stellung der des Angestellten an. Dies gilt selbst dann, wenn seitens des Geschäftsherrn in dem Vertrag formuliert wird, dass der Handelsvertreter „hauptberuflich“ ausschließlich für ihn tätig werden müsse, da dies zwar eine „nebenberufliche“ Tätigkeit für Dritte (die nicht mit dem Geschäftsherrn konkurrieren) ermöglicht, aber doch den Handelsvertreter wie einen Angestellten zwingen, seine Arbeitskraft vollumfänglich de Geschäftsherrn zu widmen.

Vor diesem Hintergrund hat der BGH mit seinem Beschluss vom 16.10.2014 – VII ZB 16/14 -  auf die Rechtsbeschwerde entgegen der Vorinstanz in einem Vorabverfahren gem. § 17a GVG die Zuständigkeit des von der Klägerin (Geschäftsherrn) beschrittenen Rechtsweges zu den Gerichten der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit negiert und die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte angenommen.  Dabei ist Grundlage § 92a Abs. 1 S. 1 1. Alt. HGB. Da es auf die Vertragswirklichkeit ankäme, so der BGH, ist hier nicht mehr von der Selbständigkeit auszugehen, sondern bei notwendig typisierender Betrachtung von einer Abhängigkeit zu Unternehmen (Geschäftsherrn). 

BGH, Beschluss vom 16.10.2014 - VII ZB 16/14 -