Der Streit der Parteien basierte
auf einem Bauwerkvertrag, aus dem die Beklagte zwei Leistungen nicht abgerufen
habe, die aber von der Klägerin abgerechnet wurden. Das Landgericht gab der
Klage statt. Im Rahmen der Berufung der Beklagten wies das OLG darauf hin, dass
es beabsichtige die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 ZPO
zurückzuweisen, worauf die Beklagte die Berufung zurücknahm (vgl. auch Kostenbeschluss
des OLG München vom 06.05.2019 – 28 I 413/19 Bau -).
Das OLG verwies darauf, dass in
Literatur und Rechtsprechung streitig sei, wie sich der vollständige Verzicht auf
Einzelpositionen bei einem Einheitspreisvertrag auswirke.
Nach dem BGH (Urteil vom
26.01.2012 - VII ZR 19/11 -) sei der Weg über § 2 VOB/B nur gegeben, wenn es sich um einen Fall der vom
dortigen Regelungsumfang erfassten Äquivalenzstörung handele. Danach sei ein
interessengerechter Ausgleich für Mengenänderungen vorzunehmen, erweise sich die
anfängliche Schätzung als unzutreffend. Dies deshalb, da der zu erwartende
Aufwand bei Einheitspreisverträgen geschätzt würde und diese Schätzung
Grundlage der Kalkulation sei. Weiche die Schätzung von den tatsächlichen Umständen
ab, sei die Geschäftsgrundlage betroffen und der Preis sei anzupassen.
Vorstehendes würde aber nicht den
Fall umfassen, dass der Auftraggeber auf eine bestimmte Position aus dem Leistungsverzeichnis
verzichte, da der Verzicht nicht mit der Ungenauigkeit einer Prognose zum
Umfang/zur Menge vergleichbar sei. Da die Beklagte verzichtet habe, läge keine
Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne der Wertung nach § 2 VOB/B vor.
Im Hinblick auf von der Beklagten
eingewandte Ergänzungsaufträge wies der Senat darauf hin, dass die Klägerin
dadurch nichts erspart habe. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B gehe (ähnlich der Wertung
des § 8 Abs. 2 VOB/B) von einer Erfassung von Baustelleneinrichtung, Baustellengemeinkosten
und allgemeinen Geschäftskosten im Einheitspreis aus, die auch bei Wegfall von
Teilleistungen verblieben und nicht nun auf den Unternehmer überwälzt werden
könnten. Eine Umlage dieser Kosten über die Einheitspreise für entfallene
Leistungen sei aber nicht notwendig, wenn sie durch andere Positionen oder Zusatzaufträge
gedeckt werden sollten. Anders verhalte es sich mit dem Gewinn, der über § 2
VOB/B mit eingepreist sei; eine Kompensation sei durch Zusatzaufträge nicht
möglich.
Offen bleiben könne, ob im
Hinblick auf die nicht abgerufenen Leistungen von einer Teilkündigung auszugehen
sei. Für die Abrechnung dieser „Nullpositionen“ käme nur § 8 VOB/B (bzw. § 648
BGB) direkt oder indirekt in Betracht. Eine
Formunwirksamkeit der (Teil-) Kündigung (wie im Verfahren gerügt wurde) läge
nicht vor, da es hier um die nicht im Streit stehende grundsätzliche
Vergütungspflicht ginge, wenn die Beklagte entgegen der Vereinbarung einseitig
auf Vertragsleistungen verzichte. Damit würde dem Umstand Rechnung getragen,
dass die Kalkulationsgrundlage der Klägerin der Gesamtauftrag war, wobei der
Unternehmer idR. zur Steigerung der Attraktivität des Angebots bestimmte
Positionen günstig anbieten würde und seinen Gewinn über andere Positionen (bei
denen er z.B. günstige Produktions- oder Beschaffungskosten habe) sichern. Bei
einer Teilkündigung oder teilweise fehlenden Abruf von Leistungen wäre das
Berechnungssystem nicht mehr gesichert.
Damit stünde dem Unternehmer die
vereinbare Vergütung zu, allerdings unter Herausrechnung ersparter Kosten.
Deshalb müsse er (wie hier geschehen) für seine entsprechende Abrechnung seine
Urkalkulation offen legen und die ersparten Lohn- und Materialkosten
herausrechnen. Im Rahmen des § 8 VOB/B seien Zusatzaufträge, die nach Ansicht
der Beklagten eine Kompensation darstellen würden, unbeachtlich.
Anmerkung: Problematisch
kann sich für den Unternehmer die Erhöhung nach § 2 VOB/B bei Mengenänderungen
darstellen, wenn er das Angebot / den Leistungsumfang selbst ermittelt hat. Der
Auftraggeber kann sich sowohl in diesem Fall als auch im Falle des Nichtabrufs
von Leistungen von einer weitergehenden Zahlungspflicht dann befreien, wenn er
mit dem Unternehmer für den Fall der Mengenänderungen vereinbart, dass dies in
die Risikosphäre des Unternehmers fällt und eine Nachberechnung nicht möglich
ist, und für den Fall des Nichtabrufs von Leistungen oder jedenfalls zum Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses für die vom Auftraggeber noch nicht als gesichert
abzurufenden Leistungen vereinbart, dass diese ersatzlos entfallen können.
OLG München, Hinweisbeschluss vom 02.04.2019 - 28 U 413/19 Bau -