Die Klägerin hatte ihren Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt in K. und arbeitete in München, wo sie eine Wohnung angemietet hatte. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2018 machte sie u.a. Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 1.480,00 sowie die von ihr der Landeshauptstadt München zu zahlende Zweitwohnungssteuer in Höhe von € 896,00 bei den sonstigen Aufwendungen für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. In der Einkommensteuererklärung für 2019 begehrte sie neben Unterkunftskosten am Tätigkeitsort in Höhe von € 15.880,00 die Zweiwohnungssteuer mit € 1.157,00 geltend. Das beklagte FA erkannte für beide Jahre jeweils € 12.000,00 der Kosten für die Unterkunft in München an, die Zweiwohnungssteuer berücksichtigte es bei den sonstigen Aufwendungen nicht. Nach erfolglosen Einspruch der Klägerin gegen die Einkommensteuerbescheide erhob sie Klage zum Finanzgericht, der dieses stattgab. Das beklagte Finanzamt legte Revision ein und rügte – erfolgreich – die Verletzung von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG.
Der BFH wies darauf hin, dass, anders als das Finanzgericht angenommen habe, die Zweiwohnungssteuer nicht zu den beschränkt abzugsfähigen Unterkunftskosten iSv. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG zähle.
Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG seien notwendige Mehrkosten einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung, die hier vorläge, da die Klägerin außerhalb des Ortes ihrer ersten Tätigkeitsstätte einen Haushalt unterhalte und dort wohne, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG. Zu den notwendigen als Werbungskosten berücksichtigungsfähigen Mehraufwendungen würden u.a. die notwendigen Unterkunftskosten am Beschäftigungsort zählen. Allerdings seien die im Inland nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG auf € 1.000,00/Monat begrenzt. Von diesem Höchstbetrag seien alle Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Nutzung der Wohnung umfasst, soweit sie dieser zuzuordnen seien (so die Kaltmiete, bei einer Eigentumswohnung die Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie Zinsen für Fremdkapital, die Betriebskosten einschließlich von Stromkosten), da sie durch den Gebrauch der Unterkunft oder durch den Gebrauch das ihre Nutzung ermöglichende Eigentum des Steuerpflichtigen an der Unterkunft entstehen würden (BFH, Urteil vom 04.04.2019 - VI R 18/17 -).
Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände einschließlich darauf beruhender AfA würden nicht darunter fallen, unabhängig davon, dass der Steuerpflichtige sie in der Unterkunft nutze, da deren Nutzung nicht mit der Nutzung der Unterkunft gleichzusetzen sei (BFH, Urteil vom04.04.2019 aaO.).
Bei der Zweiwohnungssteuer handele es sich entgegen der Annahme des Finanzgerichts um Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung, die deshalb nicht ohne die Beschränkung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG in voller Höhe zum Abzug zugelassene seien. Hier handele es sich um einen tatsächlichen Aufwand für die Nutzung der Unterkunft.
Zweitwohnung sei nach der Satzung der Landeshauptstadt München das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet (§ 2 Abs, 1 S. 1 ZwStS), die melderechtlich als Nebenwohnung (also einer Wohnung, die ein Einwohner neben der Hauptwohnung, § 21 Abs. 3 BMG) innehabe. Es handele sich bei der Steuer um eine örtliche Aufwandssteuer iSv. Art. 105 Abs. 2a GG (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -). Die Zweitwohnungssteuer berechne sich nach dem jährlichen Mietaufwand, der Steuerpflichtige für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand der Entstehung der Steuerpflicht für ein Jahr als Nettokaltmiete zu entrichten habe (§ 4 Abs. 1 S. 1 ZwStS); bei Eigentumswohnungen und unentgeltlich oder unterhalb der ortüblichen Miete überlassener Unterkunft sei die ortsübliche Miete als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (§ 4 Abs. 1 S. 1 ZwStS). Damit stelle sich die Steuer als eine unmittelbar mit dem Mietaufwand verbundene zusätzliche finanzielle Belastung für das Innehaben der Zweitwohnung dar. Zudem handele es sich – anders als bei Haushaltsartikeln und Einrichtungsgegenständen – um eine ratierlich anfallende Ausgabe, die von dem Höchstbetrag von € 1.000,00/Monat erfasst werden soll (BFH, Urteil vom 04.04.2019 aaO.).
Anmerkung: Die satzungsrechtlichen Regelungen, wie sie hier in der Entscheidung zugrunde liegen, sind ähnlich auch in den Satzungen anderer Gemeinden mit einer Zweitwohnungssteuer.
BFH, Urteil vom 13.12.2023
- VI R 30/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das
Urteil des Finanzgerichts München vom 26.11.2021 - 8 K 2143/21 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin
und Revisionsbeklagte (Klägerin) hat ihren Haupthausstand und Lebensmittelpunkt
in K. In den Streitjahren (2018 und 2019) erzielte sie Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit in München, wo sie seit dem Jahr 2012 eine Wohnung
angemietet hat.
In ihrer
Einkommensteuererklärung für 2018 machte die Klägerin bei den Werbungskosten
aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für die Unterkunft am Ort der ersten
Tätigkeitsstätte in Höhe von 12.480 € sowie eine Zweitwohnungsteuer der
Landeshauptstadt München in Höhe von 896 € bei den sonstigen Aufwendungen
für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. In der Einkommensteuererklärung für
2019 begehrte sie neben den Kosten für die Unterkunft am Ort der ersten
Tätigkeitsstätte in Höhe von 15.880 € die Berücksichtigung gezahlter
Zweitwohnungsteuer in Höhe von 1.157 €.
Der Beklagte
und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) erkannte für die Streitjahre die Kosten
der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in München jeweils mit dem
gesetzlichen Höchstbetrag von 12.000 € an. Die Zweitwohnungsteuer bei den
sonstigen Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigte
das FA nicht.
Der nach
erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in
Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2022, 322 veröffentlichten Gründen
statt.
Mit der
Revision rügt das FA die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 3
Nr. 5 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Es beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das
Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten. Einen Antrag hat
es nicht gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision
des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung
der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass
die von der Klägerin in den Streitjahren gezahlte Zweitwohnungsteuer nicht zu
den nur beschränkt abzugsfähigen Unterkunftskosten im Sinne des § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG zählt.
1. Gemäß
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind
Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen
einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine
doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des
Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch
am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3
Nr. 5 Satz 2 EStG).
Die
Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung sind im
Streitfall erfüllt; dies steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht in
Streit. Der Senat sieht daher insoweit von einer weiteren Begründung ab.
2. Zu
den notwendigen Mehraufwendungen, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3
Nr. 5 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, zählen unter
anderem die notwendigen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort. Als
Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können nach § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG im Inland die tatsächlichen
Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens
1.000 € im Monat.
a) Zu
den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft im Sinne von § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG, die (nur) mit dem
Höchstbetrag von 1.000 € pro Monat abgezogen werden können, zählen alle
Aufwendungen, die der Steuerpflichtige getragen hat, um die Unterkunft zu
nutzen, soweit sie ihr einzeln zugeordnet werden können. Hat der
Steuerpflichtige eine Wohnung angemietet, gehört zu diesen Aufwendungen
zunächst die Bruttokaltmiete; bei einer Eigentumswohnung die Absetzung für Abnutzung
(AfA) auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die Zinsen für
Fremdkapital, soweit sie auf den Zeitraum der Nutzung entfallen. Aber auch die
(warmen und kalten) Betriebskosten einschließlich der Stromkosten gehören zu
diesen Unterkunftskosten (so bereits Senatsbeschluss vom 12.07.2017 -
VI R 42/15, BFHE 258, 439, BStBl II 2018, 13, Rz 8, zu § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG a.F.; vgl. auch BTDrucks 17/10774,
S. 13), da sie durch den Gebrauch der Unterkunft oder durch das ihre
Nutzung ermöglichende Eigentum des Steuerpflichtigen an der Unterkunft
entstehen (ausführlich Senatsurteil vom 04.04.2019 - VI R 18/17,
BFHE 264, 6, BStBl II 2019, 449, Rz 24).
b)
Dagegen gehören die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Haushaltsartikel und
Einrichtungsgegenstände einschließlich AfA nicht zu den Aufwendungen für die
Nutzung der Unterkunft im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5
Satz 4 EStG. Diese Aufwendungen trägt der Steuerpflichtige für die
Anschaffung bestimmter Wirtschaftsgüter oder sie dienen, wie die AfA, der
Verteilung der Anschaffungskosten auf die Nutzungsdauer der entsprechenden
Wirtschaftsgüter (s. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs vom 05.12.1985 -
IV R 112/85, BFHE 145, 537, BStBl II 1986, 390). Daran ändert auch
der Umstand nichts, dass der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter in der
Unterkunft nutzt. Die Nutzung der Einrichtungsgegenstände und der
Haushaltsartikel ist nicht mit der Nutzung der Unterkunft als solcher
gleichzusetzen (Senatsurteil vom 04.04.2019 - VI R 18/17, BFHE
264, 6, BStBl II 2019, 449, Rz 26).
3. Nach
diesen Maßstäben hat das FG die Zweitwohnungsteuer zu Unrecht als sonstige
notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung angesehen und sie
ohne die Beschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5
Satz 4 EStG in voller Höhe zum Abzug zugelassen. Bei der (von der Stadt
München erhobenen) Zweitwohnungsteuer handelt es sich vielmehr um
Unterkunftskosten im Sinne der Norm (ebenso Brandis/Heuermann/Thürmer, § 9
EStG Rz 402; Fuhrmann in Korn, § 9 EStG Rz 111.5; Hillmoth in
Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, Stand [140. Lfg. 10.2023]
§ 9 EStG Rz 542; Wackerbeck, EFG 2022, 324; a.A. Kreft und Bergkemper
in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 498
"Unterkunftskosten"). Denn die Zweitwohnungsteuer stellt einen
tatsächlichen Aufwand für die Nutzung der Unterkunft dar.
a) Gemäß
§ 1 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der
Landeshauptstadt München vom 22.12.2006 (Zweitwohnungsteuersatzung --ZwStS--)
erhebt die Stadt München eine Zweitwohnungsteuer für das Innehaben einer
Zweitwohnung im Stadtgebiet. Zweitwohnung ist nach § 2 Abs. 2
Satz 1 ZwStS jede Wohnung, die melderechtlich als Nebenwohnung erfasst
ist. Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung, die ein Einwohner neben der
Hauptwohnung hat (§ 21 Abs. 3 des Bundesmeldegesetzes).
Danach knüpft
das Entstehen der Zweitwohnungsteuer maßgeblich an das Innehaben einer weiteren
Wohnung in München neben der Hauptwohnung und damit an die damit regelmäßig
einhergehende Nutzung dieser Wohnung an. Die Steuer findet als örtliche
Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes
(Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 06.12.1983 -
2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, BStBl II 1984, 72) ihre
Rechtfertigung darin, dass das Innehaben einer weiteren Wohnung für den
persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ein Zustand
ist, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln (Einkommen)
erfordert und damit regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des
Wohnungsinhabers zum Ausdruck bringt (vgl. BVerfG-Beschluss vom
06.12.1983 - 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, BStBl II 1984, 72,
unter B.I.3.c).
b) Zudem
berechnet sich die Zweitwohnungsteuer nach dem jährlichen Mietaufwand (§ 4
Abs. 1 Satz 1 ZwStS). Dies ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2
ZwStS die Nettokaltmiete, die der Steuerpflichtige für die Benutzung der
Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Zeitpunkt der
Entstehung der Steuerpflicht für ein Jahr zu entrichten hätte
(Jahresnettokaltmiete). Für Wohnungen, die im Eigentum des Steuerpflichtigen
stehen oder die dem Steuerpflichtigen unentgeltlich oder zu einem Entgelt
unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen sind, ist die Nettokaltmiete in der
ortsüblichen Höhe anzusetzen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 ZwStS). Die
Zweitwohnungsteuer stellt somit eine unmittelbar mit dem tatsächlichen
Mietaufwand für die Zweitwohnung verbundene zusätzliche finanzielle Belastung
für das Innehaben der Zweitwohnung dar.
c) Auch
handelt es sich bei der Zweitwohnungsteuer --anders als insbesondere bei
Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Haushaltsartikel und
Einrichtungsgegenstände-- um eine ratierlich anfallende Ausgabe, die von dem
Höchstbetrag von 1.000 € pro Monat erfasst werden soll (hierzu
Senatsurteil vom 04.04.2019 - VI R 18/17, BFHE 264, 6, BStBl II
2019, 449, Rz 28).
4. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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