Zunächst verkaufte der Erblasser des Beklagten mit einem notariellen Kaufvertrag einen hälftigen notariellen Miteigentumsanteil in März 2017 zum Preis von € 40.000,00 an eine GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger war. Der Kläger zahlte unter Angabe der UR-Nummer des Notars an den Erblasser per Überweisung in April 2017 € 70.000,00, sodann im Mai mit derselben Angabe und unter Hinzufügung des Wortes „Restzahlung“ weitere € 10.000,00. Im März 2018 schlossen der Erblasser und der Kläger einen Vertrag über die weitere Miteigentumshälfte zum Kaufpreis von € 40.000,00. Daraufhin übertrug die GmbH ihren Miteigentumsanteil auf den Kläger. Dieser erhob Klage auf Übertragung des zweiten Miteigentumsanteils und begründete dies damit, der Kaufpreis für die zweite Miteigentumshälfte sei im Zusammenhang mit der Zahlung für die erste Miteigentumshälfte sei bereits als Vorauszahlung erfolgt. Der Klage gab das Landgericht statt; auf die Berufung wurde die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision beantragte der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies den Rechtstreit an dieses zurück.
Das Oberlandesgericht hatte die Klage abgewiesen, da eine vom Kläger behauptete Vorauszahlung nicht dem Formerfordernis entsprochen habe, § 311b Abs. 1 S. 1 BGB iVm. § 125 S. 1 BGB. Zwar, so der BGH, sei vom Ausgangspunkt zutreffend, dass die behauptete Vorauszahlungsabrede des Kaufpreises für die zweite Miteigentumshälfte nicht wäre, da sie nicht notariell beurkundet worden sei. Auch eine Vorauszahlungsabrede sei beurkundungsbedürftig, da die Kaufpreisforderung noch nicht bestünde und die Vorauszahlung ohne dahingehende Vereinbarung nicht von Rechts wegen zu einer Teilerfüllung der Kaufpreisschuld führen könne (BGH, Urteil vom 20.09.1985 - V ZR 148/84 -). In Ermangelung der Beurkundung sei daher eine Vorauszahlungsabrede nichtig.
Allerdings würde sich daraus nicht ergeben, dass damit der gesamte Vertrag aus 2018 nichtig sei, § 139 BGB. Zwar sei dies nach der Auslegungsregel des § 319 BGB zu vermuten, doch könne dies bei Vorliegen besonderer Umstände widerlegt werden (BGH, Urteil vom 10.12.1993 - V ZR 108/92 -). Widerlegt sei dies, wenn der Käufer die im Voraus geleistete Zahlung auf den Kaufpreis zu beweisen vermag (BGH, Urteil vom 19.11.1982 - V ZR 161/81 -), da für den Käufer von untergeordneter Bedeutung si, ob eine Kaufpreisschuld zu, Zeitpunkt ihrer Entstehung erlösche oder ob die Schuld nach von weiteren Rechtshandlungen abhängig sei (BGH, Urteil vom 11.11.1983 - V ZR 150/82 -).
Weise der Käufer seine Zahlung auf die noch nicht bestehende Kaufpreisforderung nach, sei die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass sich die Parteien auch ohne die Abrechnungsabrede auf den beurkundeten Teil des Rechtsgeschäfts eingelassen hätten (BGH, Urteil vom 10.12.1993 - V ZR 108/92 -). Dies sei insbesondere bei einer Quittungserteilung durch den Verkäufer der Fall. Allerdings sei dies auch dann der Fall, wenn der Käufer aus seiner Sicht zweifelsfrei nachweisen könne, vor Vertragsabschluss auf die noch nicht bestehende Kaufpreisschuld gezahlt zu haben. Das Fehlen eines Hinweises in dem Kaufvertrag über eine Vorauszahlung stehe der Vermutung einer solchen nicht entgegen, da die Nichtigkeit des Kaufvertrages gerade durch die fehlende Beurkundung folge und es keines Beweises zur Widerlegung der Vermutung des § 139 BGB bedürfe, wenn die Vorauszahlungsabrede mit beurkundet worden wäre. Entscheidend sie damit der Nachweis der Zahlung auf die noch nicht bestehende Schuld und könne (anders als vom Oberlandesgericht angenommen) nicht verlangt werden, dass der Käufer den Abschluss einer entsprechenden Vorauszahlungsabrede und deren Fortbestehen bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages beweise.
Allerdings seien die Überweisungsträger selbst kein Beleg für die Kaufpreiszahlung in Form einer Vorauszahlung. Zwar könnten dies grundsätzlich auch Überweisungsträger sein, doch hier sei stets auf den protokolierten Kaufvertrag für die erste Miteigentumsanteil verwiesen worden. Eine Tilgungsbestimmung für den noch nicht abgeschlossenen Kaufvertrag ließe sich damit daraus nicht entnehmen. Allerdings könne das „Immobilien-Übergabeprotokoll vom 15.05.2017 aus Sicht des Klägers geeignet sein, die Vorauszahlung auf den Kaufpreis nachzuweisen. Hier sei aufgenommen worden, dass der Kläger € 80.000,00 zahlte, wobei € 40.000,00 als „Vorschuss für den Rest des Gebäudes“ darstellen sollten und die Parteien anerkennen, „dass sie keine weiteren Ansprüche haben“.
Auch wies der BGH darauf hin, dass bei einer angenommenen Unwirksamkeit der Vorauszahlungsabrede die Vorauszahlung wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) vom Kläger zurückgefordert und mit dem Bereicherungsanspruch gegenüber der offenen Kaufpreisforderung Aufrechnung erklärt werden könnte, was auch hilfsweise erfolgt sei.
BGH, Urteil vom 14.06.2024 -
V ZR 8/23 -
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. Dezember 2022
aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der - während
des Berufungsverfahrens verstorbene - Vater der Beklagten (im Folgenden:
Erblasser) verkaufte mit notariellem Vertrag (UR-Nr. 975) vom
23. März 2017 einen hälftigen Miteigentumsanteil an seinem Grundstück an
eine GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger war, zu einem Kaufpreis von 40.000
€. Am 6. April 2017 zahlte der Kläger an den Erblasser 70.000 € per Überweisung
unter Angabe des Verwendungszwecks „975/23.3.2017“ sowie am 15. Mai 2017
weitere 10.000 € mit dem Verwendungszweck „Restzahlung 975/23.3.2017“. Der
Kaufvertrag wurde vollzogen. Am 8. November 2018 schlossen der Erblasser und
der Kläger einen notariellen Kaufvertrag über die - weitere -
Miteigentumshälfte des Erblassers an dem Grundstück zu einem Kaufpreis von
ebenfalls 40.000 €. Anschließend übertrug die GmbH ihren von dem Erblasser
erworbenen Miteigentumsanteil auf den Kläger.
Der auf
Übertragung des verbliebenen (zweiten) Miteigentumsanteils gerichteten Klage
hat das Landgericht stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit
der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die jetzigen
Beklagten beantragen, will der Kläger die Wiederherstellung des
landgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Auffassung
des Berufungsgerichts hat der Kläger gegen die Beklagten keinen Anspruch auf
Übereignung des zweiten Miteigentumsanteils. Der notarielle Kaufvertrag vom 8.
November 2018 sei formunwirksam und damit nichtig. Soweit der Kläger behaupte,
die mittels der beiden Überweisungen geleistete Gesamtzahlung von 80.000 €
hätte in Höhe von 40.000 € vereinbarungsgemäß auf den Kaufpreis aus dem erst
nachfolgend geschlossenen Kaufvertrag vom 8. November 2018 verrechnet
werden sollen, handele es sich um eine beurkundungsbedürftige
Vorauszahlungsabrede, die mangels Beurkundung nichtig sei. Nach der
Auslegungsregel des § 139 BGB ziehe die Nichtigkeit dieses Vertragsteils
die Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrages nach sich. Zwar könne insoweit eine
Einschränkung geboten sein, wenn der Käufer die Vorauszahlung zu belegen
vermöge. Dies sei aber hier nicht der Fall. Für den Kläger als Käufer sei die
Vorauszahlung bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages nicht belegbar
gewesen. Dagegen spreche zunächst der Inhalt des notariellen Kaufvertrages
selbst, der die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich habe und
keine Anhaltspunkte für die Vorauszahlungsvereinbarung enthalte. Auch ein
weiterer, nicht in Vollzug gesetzter Vertrag zwischen dem Kläger und dem Erblasser
vom 5. September 2018 über eine andere Immobilie (Eigentumswohnung) enthalte
keine Hinweise auf die Vorauszahlung. Die Überweisungen des Klägers könnten als
Beleg nicht dienen, da es sich um einseitige Handlungen und nicht um Quittungen
des Erblassers handele. Der neue Vortrag des Klägers zu einem sog.
Immobilien-Übergabeprotokoll vom 15. Mai 2017 sei schon nicht zuzulassen. Es
handele sich um ein neues Angriffsmittel i.S.v. § 531 ZPO. Selbst wenn man
die Vereinbarung aber berücksichtige, habe der Kläger aus seiner Sicht nicht
von einer hinreichenden Belegbarkeit ausgehen können, denn eine entsprechende
Vereinbarung wäre durch den nicht vollzogenen Vertrag vom 5. September
2018 und den notariellen Kaufvertrag vom 8. November 2018 zumindest in Frage gestellt
worden.
II.
Das hält der
rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen
Begründung kann ein Anspruch des Klägers auf Übereignung des zweiten
Miteigentumsanteils gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht verneint
werden. Ein solcher Anspruch kann sich aus dem zwischen dem Kläger und dem
Erblasser geschlossenen Kaufvertrag vom 8. November 2018 über den zweiten
Miteigentumsanteil ergeben; dass dieser Vertrag insgesamt unwirksam ist, ergibt
sich aus den bisherigen Feststellungen nicht.
1. Im
Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings, dass die von dem Kläger behauptete
Vereinbarung über die Vorauszahlung des Kaufpreises für den zweiten
Miteigentumsanteil gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m.
§ 125 Satz 1 BGB nichtig wäre, weil sie nicht notariell beurkundet
wurde. Eine solche Vereinbarung ist beurkundungsbedürftig. Es entspricht der
ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Einigung über die Anrechnung
einer Vorauszahlung auf die Kaufpreisforderung dem Beurkundungszwang nach
§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB unterliegt, weil sie konstitutive
rechtliche Bedeutung hat (vgl. Senat, Urteil vom 20. September 1985
- V ZR 148/84, NJW 1986, 248; Urteil vom
10. Dezember 1993 - V ZR 108/92, NJW 1994, 720, 721;
Urteil vom 19. Juni 1998 - V ZR 133/97, NJW-RR 1998,
1470; Urteil vom 17. März 2000 - V ZR 362/98, DNotZ 2000, 931, 932).
Das ergibt sich insbesondere daraus, dass im Zeitpunkt der Vorauszahlung die
Kaufpreisforderung noch nicht besteht und die Vorauszahlung daher - ohne eine
dahingehende Vereinbarung - nicht schon von Rechts wegen zu einer Teilerfüllung
der Kaufpreisschuld führen könnte (grundlegend Senat, Urteil vom
11. November 1983 - V ZR 150/82, NJW 1984, 974, 975). Danach wäre die
Vorauszahlungsvereinbarung beurkundungsbedürftig und - mangels
Beurkundung - nichtig.
2. Damit
steht aber nicht fest, dass der notarielle Kaufvertrag vom 8. November 2018
gemäß § 139 BGB insgesamt nichtig ist. Zwar ist dies nach der
Auslegungsregel des § 139 BGB zu vermuten; doch kann diese Vermutung
gerade im Falle einer Kaufpreisvorauszahlung bei Vorliegen besonderer Umstände
widerlegt sein (vgl. Senat, Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR 108/92, NJW
1994, 720, 721). Das kommt, anders als das Berufungsgericht meint, auch hier in
Betracht.
a) Nach
der ständigen Rechtsprechung des Senats, von der auch das Berufungsgericht
ausgeht, ist die wegen des Formmangels einer Vorauszahlungsabrede zur
Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrages führende Vermutung des § 139 BGB dann
widerlegt, wenn der Käufer die im Voraus geleistete Zahlung auf den Kaufpreis
zu beweisen vermag (vgl. Senat, Urteil vom 19. November 1982 - V ZR
161/81, NJW 1983, 563, 564; Urteil vom 11. November 1983 - V ZR 150/82, NJW
1984, 974, 975; Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR 108/92, NJW 1994, 720, 721;
Urteil vom 17. März 2000 - V ZR 362/98, DNotZ 2000, 931, 933). Denn dann
kann es für ihn von untergeordneter Bedeutung sein, ob seine Kaufpreisschuld
schon im Zeitpunkt ihrer Entstehung erlischt oder ob die Tilgung der Schuld
noch von weiteren Rechtshandlungen abhängt (vgl. Senat, Urteil vom
11. November 1983 - V ZR 150/82, aaO; Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR
108/92, aaO).
b)
Entscheidend ist danach der Nachweis der Zahlung auf die noch nicht bestehende
Schuld; dagegen kann, anders als das Berufungsgericht meint, nicht verlangt
werden, dass der Käufer den Abschluss einer entsprechenden Vorauszahlungsabrede
und deren Fortbestehen bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages beweist.
aa)
Weist der Käufer seine Zahlung auf die noch nicht bestehende Kaufpreisforderung
nach, ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass sich die Parteien auch ohne
die Anrechnungsabrede auf den beurkundeten Teil des Rechtsgeschäfts eingelassen
hätten (vgl. Senat, Urteil vom 10. Dezember 1993
- V ZR 108/92, NJW 1994, 720, 721; Urteil vom 17. März 2000 - V
ZR 362/98, DNotZ 2000, 931, 933). Das kann insbesondere dann der Fall sein,
wenn der Verkäufer eine Quittung über die Zahlung erteilt hat. Die Widerlegung
der Vermutung kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Verkäufer die Zahlung
quittiert hat; entscheidend ist, dass der Käufer aus seiner Sicht zweifelsfrei
nachweisen kann, vor Vertragsschluss auf die noch nicht bestehende
Kaufpreisschuld gezahlt zu haben.
bb)
Dagegen steht der von dem Berufungsgericht herangezogene Umstand, dass in dem
Kaufvertrag kein Hinweis auf die Vorauszahlungsvereinbarung enthalten ist, der
Widerlegung der Vermutung nicht entgegen. Denn die Nichtigkeit des
Kaufvertrages folgt gerade daraus, dass die Vorauszahlungsabrede nicht
beurkundet wurde. Wäre die Vorauszahlungsabrede in dem Kaufvertrag enthalten
gewesen, so bedürfte es keines Beweises zur Widerlegung der Vermutung nach
§ 139 BGB. Das Fehlen der Beurkundung der Vorauszahlungsabrede kann daher
denklogisch nicht dazu führen, dass der Käufer seine Leistung nicht zu beweisen
vermag.
c) Daran
gemessen ist es möglich, dass der Kläger die Vermutung der Gesamtnichtigkeit
des Kaufvertrages vom 8. November 2018 durch einen entsprechenden
Zahlungsnachweis widerlegen kann.
aa) Ein
Beleg der Kaufpreiszahlung ergibt sich allerdings nicht aus den von dem Kläger
vorgelegten Überweisungen. Zwar könnten Überweisungsträger grundsätzlich
ausreichen. Hier fehlt es aber an einer entsprechenden Tilgungsbestimmung. Die
Überweisungsnachweise vom 6. April 2017 mit dem Verwendungszweck
„…975/23.03.2017“ und vom 15. Mai 2017 mit dem Verwendungszweck „RESTZAHLUNG
975/23.03.2017“ beziehen sich ausdrücklich auf den Kaufvertrag vom 23. März
2017 über den ersten Miteigentumsanteil. Diese Belege enthalten damit auch aus
Sicht des Klägers keine Tilgungsbestimmung, die sich auf den zu diesem
Zeitpunkt noch nicht abgeschlossenen Kaufvertrag über den zweiten
Miteigentumsanteil bezieht.
bb)
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann aber die als
„Immobilien-Übergabeprotokoll“ bezeichnete Erklärung der Parteien vom 15. Mai
2017 aus Sicht des Klägers geeignet sein, die Vorauszahlung auf den Kaufpreis
für den zweiten Miteigentumsanteil nachzuweisen.
(1) Das
Berufungsgericht hat den klägerischen Vortrag zu dem
„Immobilien-Übergabeprotokoll“ in verfahrensfehlerhafter Weise nicht
berücksichtigt. Die auf die Verletzung von § 139 Abs. 2 Satz 1
und § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge
hat Erfolg.
(a) Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf eine in erster Instanz
siegreiche Partei darauf vertrauen, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen
Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu erhalten, wenn dieses -
wie hier - in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der
Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine
Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (vgl.
Senat, Beschluss vom 9. Februar 2023 - V ZR 93/22, BeckRS 2023, 5946 Rn. 10
mwN). Der auf einen solchen Hinweis gehaltene Vortrag ist gemäß § 531
Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu berücksichtigen. Die Pflicht, auf eine von der
ersten Instanz abweichende Beurteilung hinzuweisen, liefe nämlich leer, wenn
ein von dem Berufungsbeklagten darauf vorgebrachtes entscheidungserhebliches
Vorbringen bei der Entscheidung über das Rechtsmittel unberücksichtigt bliebe
(vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juni 2024 - V ZR 201/23, BeckRS 2024, 17757 Rn.
10 mwN).
(b)
Daran gemessen war der in der Berufungsverhandlung erfolgte Vortrag des Klägers
zu dem „Immobilien-Übergabeprotokoll“ zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht
ist von der rechtlichen Würdigung des Landgerichts in einem
entscheidungserheblichen Punkt abgewichen. Hierauf hat es in der
Ladungsverfügung zu der Berufungsverhandlung hingewiesen. Der als Reaktion
darauf gehaltene Vortrag des Klägers zu dem „Immobilien-Übergabeprotokoll“
musste gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zugelassen und
berücksichtigt werden.
(2) Das
„Immobilien-Übergabeprotokoll“ vom 15. Mai 2017 kann aus Sicht des Klägers den
erforderlichen Nachweis über die Zahlung auf die zu diesem Zeitpunkt noch nicht
bestehende Kaufpreisforderung aus dem Kaufvertrag vom 8. November 2018
darstellen. Darin haben die Parteien gemeinsam erklärt, der Kläger habe 80.000
€ des Kaufpreises für die Immobilie gezahlt, wobei 40.000 € als „Vorschuss für
den Rest des Gebäudes“ darstellten, und die Parteien anerkennen, „dass sie
keine weiteren Ansprüche haben“. Die Echtheit der Urkunde ist mangels
gegenteiliger Feststellungen im Revisionsverfahren zugunsten des Klägers zu
unterstellen.
Entgegen der
Ansicht des Berufungsgerichts folgt nichts anderes aus dem Umstand, dass die
Vertragsparteien später über die Erhöhung des Kaufpreises für den zweiten
Miteigentumsanteil verhandelten und der Kläger dem Beklagten eine
Eigentumswohnung als Gegenstand eines weiteren Vertrages vom 5. September
2018 angeboten haben soll. Denn zum einen ist es schon nicht zum Abschluss des
Vertrages über die Eigentumswohnung gekommen; abgesehen davon kann die Zahlung
des Klägers über 40.000 € damit ohnehin nicht in Zusammenhang stehen, weil es
nach den in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts der Kläger war,
der diese Wohnung an den Erblasser verkaufen sollte. Zum anderen ist die
Vorauszahlungsabrede mangels Beurkundung ohnehin unwirksam. Infolgedessen könnte
der Kläger die geleistete Vorauszahlung mangels Rechtsgrundes wegen
ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) von dem Verkäufer
zurückfordern und mit dem Bereicherungsanspruch gegenüber der offenen
Kaufpreisforderung die Aufrechnung erklären. Dies hat der Kläger nach den
Ausführungen der Revision in der Berufungsinstanz hilfsweise getan.
III.
Das
Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der
Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen, da er nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563
Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Dabei wird das Berufungsgericht die
Echtheit des „Immobilien-Übergabeprotokolls“ zu klären haben und auf dieser
Grundlage würdigen müssen, ob der Kläger aus seiner Sicht davon ausgehen
konnte, dass er die Zahlung auf die noch nicht bestehende Forderung nachweisen
kann.
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