Dienstag, 17. September 2013

Werkvertragsrecht: Verjährung des Werklohnanspruchs

Werklohnansprüche verjähren in der Regelverjährung des § 195 BGB, also binnen drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Vergütungsanspruch fällig wird. Nach § 641 BGB ist die Vergütung bei Abnahme zu entrichten. Dies bedeutet aber nicht, dass die Verjährung erst mit einer Abnahme und dadurch bedingten Fälligkeit zu laufen beginnen würde. Entscheidend ist, wann eine Abnahmefähigkeit vorlag, § 640 BGB. Verweigert der Auftraggeber die Zahlung unter Hinweis auf eine mangelnde Abnahmefähigkeit die Zahlung, kann das dann die Verjährung nicht hemmen, wenn die Abnahmefähigkeit doch gegeben war.

Üblicherweise erhebt der Werkunternehmer bei verweigerter Abnahme und Zahlung eine Zahlungsklage, in deren Rahmen die Abnahmefähigkeit als Voraussetzung der Fälligkeit inzident zu prüfen ist. In einem vom BGH zu beurteilenden Fall (VII ZR 135/11, Beschluss vom 9.2.2011) hatte der Werkunternehmer allerdings nicht Zahlungsklage erhoben, sondern ein selbständiges Beweisverfahren angestrengt, um so die Mangelfreiheit und Abnahmefähigkeit feststellen zu lassen. Im Rahmen einer im Anschluss erhobenen Zahlungsklage hatte der Auftraggeber die Einrede der Verjährung erhoben. Der BGH bestätigte die Vorentscheidung, dass Verjährung nicht eingetreten sei. Das von dem Werkunternehmer eingeleitete Beweisverfahren habe nach § 204 BGB zur Hemmung der Verjährung geführt, da der Werkunternehmer mit dem Beweisverfahren die Mängelfreiheit habe prüfen lassen, um so seinen Vergütungsanspruch durchzusetzen, nicht um Mängelrechte des Auftraggebers abzuwenden. Nur wenn er das Beweisverfahren zur Abwendung von Mängelrechten durchgeführt hätte, wäre die Verjährungshemmung des Vergütungsanspruchs nicht eingetreten.
Leitsatz des BGH: Die Verjährung des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers wird gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt, wenn der Auftragnehmer zur Aufklärung von Werkmängeln ein selbständiges Beweisverfahren einleitet, um die Abnahmereife seiner Werkleistungen und die tatsächlichen Voraussetzungen für die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs nachweisen zu können.
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - VII ZR 135/11 -
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Anwaltsrat kann teuer werden




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Da hat man ein rechtliches Problem, z.B. mit seinem Mieter, und geht zu einem Anwalt um sich zu erkundigen, was man machen könne. Der Mieter kommt seinen Zahlungspflichten nicht nach. Der Anwalt rät zur möglichen fristlosen Kündigung und nimmt diese dann auch im Auftrag vor. Der Vermieter wundert sich später nicht schlecht, wenn er die Erstattungsfähigkeit der bei ihm angefallenen Anwaltsgebühren aberkannt bekommt. 

Es mutierte bereits zur Unsitte, stets gleich einen Anwalt einzuschalten. Schon im Vorfeld wird immer häufiger der Satz „Dann gehe ich zu meinem Anwalt“ als Drohung ausgesprochen. Ob dies das Resultat der Absicherung durch Rechtsschutzversicherungen ist, mag gesondert untersucht werden. Jedenfalls schränkt die Rechtsprechung zunehmend die Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Anwaltsgebühren ein, wenn es sich um Sachverhalte handelt, bei denen erwartet werden darf, dass ein betroffener  - jedenfalls zunächst -  selbst tätig werden kann und tätig wird. So auch bei dem vorgenannten Beispielsfall. So führte der BGH in seinem Beschluss vom 31.1.2012 – VIII ZR 277/11 –  aus:

„In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Schädiger nicht schlechthin alle durch ein Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen hat, sondern nur solche Kosten, die aus der ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person in der Situation des Geschädigten nach den Umständen des Falles zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteile vom 6. April 1976 - VI ZR 246/74, BGHZ 66, 182, 192; vom 30. April 1986 - VIII ZR 112/85, WM 1986, 1056 unter IV; vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 f.; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 271/09, aaO Rn. 9). Ob die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der ergriffenen Maßnahme gegeben ist, entzieht sich dabei einer generalisierenden Betrachtung; dies ist vielmehr vom Tatrichter aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen (BGH, Urteile vom 6. April 1976 - VI ZR 246/74, aaO S. 193; vom 9. März 2011 - VIII ZR 132/10, WuM 2011, 214 Rn. 23). Dabei gilt - und zwar auch hinsichtlich der Anforderungen an die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Mietzahlungsverzugs (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 271/09, aaO Rn. 10) -, dass in einfach gelagerten Fällen, bei denen mit rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten nicht zu rechnen ist, der Geschädigte eine erstmalige Geltendmachung seiner Rechte grundsätzlich selbst vornehmen kann, und dass es unter diesen Umständen zur sofortigen Einschaltung eines Rechtsanwalts zusätzlicher Voraussetzungen in der Person des Geschädigten wie etwa eines Mangels an geschäftlicher Gewandtheit oder einer Verhinderung zur Wahrnehmung seiner Rechte bedarf (BGH, Urteil vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, aaO S. 352 mwN).“

Ob es sich um den Fall einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs handelt oder um einen Verkehrsunfall, bei dem jedenfalls auf dem ersten Blick die Frage der Haftung dem Grunde und der Höhe nach unproblematisch erscheint,  ist gleich zu behandeln (BGHZ 127, 348).

Soweit der Anwalt im Zusammenhang mit einem (teils) streitigen Vorgang im Auftrag seines Mandanten die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers einholt, wird auch hier eine dafür vom Anwalt geltend gemachte Gebühr in der Rechtsprechung im Regelfall als nicht erstattungsfähig angesehen. Dabei wird teils auf die fehlende Erforderlichkeit abgestellt (BGH vom 9.3.2011 – VIII ZR 132/10 -), teils mit einem fehlenden adäquaten Zusammenhang (LG Ellwangen vom 27.11.2009 – 9 O 1029/09 -) begründet.

Festzuhalten bleibt, dass jedenfalls bei Nichtbestehen einer eintrittspflichtigen Rechtsschutzversicherung (wobei sich der Kunde aus finanziellen Gründen zunächst selbst um eine Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung bemühen sollte, da diese Kosten grundsätzlich vom Rechtsschutzversicherer nicht zu erstatten sind) zunächst ein möglicher Anspruch, wenn er offenkundig erscheint, selbst geltend gemacht wird.

Allerdings birgt die vorgenannte Rechtsprechung auch ein Haftungsrisiko für den Anwalt. Er muss nämlich bereits im Rahmen der sogenannten Erstberatung den Mandanten über das Kostenrisiko selbst für den Fall eines Obsiegens hinweisen; unterlässt er dies, könnte das u.U. einen Schadensersatzanspruch des Mandanten gegen ihn begründen.

BGH, Beschluss vom 31.01.2012 - VIII ZR 277/11 -

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Private Universität: Rückzahlung von Kosten bei Immatrikulation ohne Vorliegen der Voraussetzungen

Der Kläger, der nicht über die Voraussetzungen für eine nach dem Hochschulgesetz notwendige Voraussetzung für den Studiengang verfügte, wurde gleichwohl von der privaten Hochschule immatrikuliert. Nach Ablauf der vertraglichen vereinbarten Wochenfrist für einen Widerruf der Immatrikulation widerrief die private Hochschule die Immatrikulation mit der Begründung, eine Gleichwertigkeitsanerkennung des vom Kläger vorgelegten Abschlusses sei nicht möglich. Der Aufforderung des Klägers, ihm die entstandenen Aufwendungen zu erstatten, kam die private Hochschule mit der Begründung nicht nach, der Kläger sei informiert gewesen, welche Voraussetzungen vorliegen müssten und sie habe nicht zu vertreten, dass die Gleichwertigkeitserklärung nicht erfolgte.
Das Landgericht Wiesbaden hat der auf Zahlung gerichteten Klage  mit Urteil vom 08.05.2013  - 8 O 21/13 -  den Grunde nach vollumfänglich, der Höhe nach teilweise stattgegeben. Das Überschreiten der Wochenfrist durch die Hochschule sei irrelevant, da sich ansonsten die Hochschule durch eigene Pflichtwidrigkeit von ihrer Rückzahlungsverpflichtung befreien könne.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Der Kläger wurde von Niehus Rechtsanwälte, Frankfurt am Main, vertreten.
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Tierhalterhaftung: Hundebiss auf fremden Grundstück - Pech gehabt

Der Besuch eines Pferdehofes kann schmerzhaft und teuer werden. Dies musste die Klägerin erkennen, die mit ihrem angeleinten Hund und u.a. ihrer Tochter, die bei dem Vorbesitzer auf dem Hof Reitunterricht genommen hatte,  auf den Hof über einen nicht verschlossenen und nicht verschließbaren Zufahrtweg (beschildert mit dem Hinweisen „Warnung vor dem Hunde !“ und „Privatgrundstück – Unbefugten ist der Zutritt verboten !“)  ging. Sie wollten sich dort eigenen Bekundungen zufolge Pferde ansehen. In Höhe der Stallungen wurde der Hund der Klägerin von einem der zwei freilaufenden Hofhunde angegriffen und erheblich verletzt. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin als Schadensersatz u.a. die Kosten der tierärztlichen Behandlung.
Die klagende "Besucherin" hatte letztlich Pech gehabt. Es gab keinen Schadensersatzanspruch.

Das AG Speyer hatte der Klage stattgegeben. Es ging von der Tierhalterhaftung des Hofbesitzers aus, der seine Hunde nicht angeleint gehalten hätte. Der Klägerin sei nur wegen des verbotswidrigen Betretens eine Mithaftung von 1/3 anzulasten. Die dagegen von dem Hofbesitzer eingelegte Berufung war erfolgreich. Mit dem Urteil vom 14.08.2013 änderte das LG Frankenthal (2 S 433/12) die amtsgerichtliche Entscheidung ab und wies die Klage vollumfänglich ab. Zwar, so die mündlichen Ausführungen der Kammer in der Verhandlung vom 14.08.2013, treffe den Hofbesitzer die Tierhalterhaftung. Zu berücksichtigen wäre aber auch die Mithaftung der Klägerin selbst aus dem Rechtsgrund der Tiergefahr nach § 833 BGB, da offensichtlich der Hund des Hofbesitzers in diesem eine Gefahr sah und ihn deswegen angriff. Die Tiergefahr wäre hier für die Klägerin nicht deswegen ausgeschlossen, da der Hund angeleint gewesen wäre; sie wäre sogar schwerwiegend, da er der Eindringling in dem fremden, offenkundig ein Privatgrundstück darstellendes Revier sei.  Hinzu käme das Verschulden der Klägerin selbst, die nicht nur wissentlich und willentlich ohne Erlaubnis auf ein fremdes Grundstück ging, sondern auch aufgrund der Beschilderung wusste, dass sich dort Hunde aufhalten. Wären die Hunde weggesperrt, hätten die Schilder für sich keinen Sinn gegeben, weshalb sie auch von freilaufenden Hunden ausgehen musste. Während dem Beklagten kein Verschulden zur Last falle, da er nicht mit Publikumsverkehr zu dieser Zeit rechnen musste, läge ein derart hohes Verschulden im Zusammenhang mit erhöhter Tiergefahr bei der Klägerin vor, dass demgegenüber die vom Hofbesitzer für seinen Hund zu tragende Tiergefahr völlig zurücktreten würde.

LG Frankenthal, Urteil vom 14.08.2013 - 2 S 433/12

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Sonntag, 15. September 2013

Steuern: Fehlerhafter Steuerbescheid darf vom Steuerpflichtigen genutzt werden

Ausgangspunkt der Entscheidung des BFH, Urteil vom 04.12.2012  - VIII R 50/10 waren Steuererklärungen des freiberuflich als Arzt tätigen Steuerpflichtigen, bei denen das Finanzamt (FA) die für das Kalenderjahr 1999 positiv erklärten Einkünfte von rund DM 200.000,00 irrtümlich als negative Einkünfte in Höhe von rund DM 1 Mio. erfasste.  Es kam daraufhin zu einer gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags.  In der Folge nutzte der Steuerpflichtige diesen Verlustvortrag. In 2004 ordnete das FA eine Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 an. Vor Beginn der Prüfung gab der Steuerpflichtige eine „strafbefreiende Erklärung“ für die Jahre 2000 und 2001 ab, wobei er auch auf den „zu Unrecht in Anspruch genommenen“ Verlustvortrag verwies. In der Folge nahm er dann aber die Erklärung für das Jahr 2000 zurück.  Die Erklärung für 2001 wurde mit der Begründung zurückgewiesen, mangels Straftat könne er eine solche Erklärung nicht abgeben. Seine Klage blieb vor dem Bundesfinanzhof  erfolglos.
 
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Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG wurden negiert. Falsche Angaben wären nicht vorhanden gewesen, da der bestandkräftige Bescheid über den verbleibenden Verlustvortrag verbindlich gewesen sei. Der BFH sprach sich hier zu Recht gegen die Annahme eines Steuerdelikts aus, da der Steuerpflichtige nur die sachliche unrichtige >Angabe im Feststellungsbescheid wiedergab und eine materiell-rechtliche Prüfung wegen des Bindungskraft im Rahmen der Einkommensveranlagung nicht vorgesehen ist. Da das Finanzamt den fehlerhaften Feststellungsbescheid nicht in Unkenntnis der tatsächlichen Umstände erließ, hat der Steuerpflichtige dieses auch nicht über erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (vgl. auch BGH vom 20.05.1981 – 2 StR 666/80 -).  Der Steuerpflichtige sei auch nicht gezwungen, das FA auf den Fehler hinzuweisen. Eine Garantenstellung, die eine Mitwirkung zur Korrektur begründen könnt, würde ein pflichtwidriges gefährdendes Vorverhalten voraussetzen, dass in Ansehung der korrekten Steuererklärung nicht gegeben war. Der BFH verweist insoweit auf § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, der eine Erklärungspflicht im Anschluss an abgegebene Steuererklärungen nur vorsieht, wenn diese unrichtig oder unvollständig waren.
 
Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen. Der Steuerpflichtige ist zur Prüfung von Steuerbescheiden nicht verpflichtet und auch nicht verpflichtet, bei Prüfung zu seinem Vorteil getroffene Feststellungen des FA (die von ihm nicht zu vertreten sind) zu korrigieren.
BFH, Urteil vom 04.12.2012  - VIII R 50/10
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Steuern: Pflicht des Steuerpflichtigen zur Auskunft contra Steuerfahnfung

Immer häufiger kommt es zu steuerstrafrechtlichen Ermittlungen auch anlässlich von Außenprüfungen (im Regelfall sogen. Betriebsprüfungen).  Im Rahmen der zeitgleichen Betriebsprüfungen verlangt das Finanzamt dann dezidierte Auskünfte von den Steuerpflichtigen. Verweigert er diese, könnte das Finanzamt  - wäre nicht bereits ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet -  die Mitwirkung erzwingen und Zwangsgeld bei fehlender Mitwirkung verhängen. Da dem § 393 Abs. 3 AO nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens entgegenstand versuchte das hier gerichtlich in auf Unterlassung in Anspruch genommene Finanzamt hatte den Steuerpflichtigen unter Androhung eines Verzögerungsgeldes gem.  § 146 Abs. 2b AO zur Überlassung von Unterlagen (Datenträgern) zu bewegen. Der Steuerpflichtige wehrte sich dagegen und vertrat die Auffassung, auch dies wäre ein illegales Druckmittel. Ob der Gesetzgeber bewusst oder unbewusst das Verzögerungsgeld nicht als Zwangsmittel in § 393 AO aufnahm, sei bei der Entscheidung bedeutungslos, da nach Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention jede Art der Ausübung mittelbaren oder unmittelbaren Zwangs auf einen Beschuldigten zu unterlassen ist; die Androhung eines Zwangsgeldes stelle sich aber als entsprechender Verstoß gegen die strafprozessualen Grundsätze dar.
Mit seinem Beschluss vom 10.06.2011 gab das Hessische Finanzgericht - 9 V 2523/09 - dem Steuerpflichtigen Recht und untersagte eine Verwertung einer Daten-CD, die unter Androhung eines Verzögerungsgeldes herausverlangt wurde.

Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 10.06.2011 -9 V 2523/09 -

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Arbeitsrecht: Betriebsübergang und Weiterbeschäftigungsanspruch

Im Rahmen eines Betriebsübergangs kann der Arbeitnehmer entscheiden, ob er weiter bei dem bisherigen Betriebsinhaber verbleiben will oder wechseln will, § 613a BGB. War einem Arbeitnehmer vor dem Betriebsübergang betriebsbedingt gekündigt gewesen, läuft aber zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs die Kündigungsfrist noch, so kann er trotz der ausgesprochenen Kündigung nunmehr Weiterbeschäftigung durch den neuen Betriebsinhaber begehren und von diesem eine Wiedereinstellung verlangen (BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07). 
Doch was ist ein Betriebsübergang ? In seiner Entscheidung vom 15.12.2011 – 8 AZR 197/11 – stellt das Bundesarbeitsgericht (BAG) klar, dass eine reine Funktionsnachfolge keinen Betriebsübergang darstellt. Nur bei betriebsmittelarmer Tätigkeit kann die Übernahme des Hauptgeschäfts einen Betriebsübergang darstellen.   
Konkret zu entscheiden hatte das BAG den Fall eines Bewachungsunternehmens, bei dem Wachlokal und Büroausstattung (PC, Drucker, Telefax) und zehn der Angestellten übergingen. Das BAG negierte einen Wiedereinstellungsantrag mangels Betriebsübergangs. Die bloße Fortführung der bisherigen Tätigkeit stelle ebenso wenig wie eine Funktionsnachfolge einen Betriebsübergang dar. Bei den Betriebsmitteln handele es sich nicht um wesentliche, die Identität prägende Betriebsmittel. Soweit Personal mit überging, handele  es sich (mit einer Ausnahme) nur um nach Art und Sachkunde leicht erlernbare Tätigkeiten, weshalb hier auch keine prägende Identität angenommen werden könne.
BAG, Urteil vom 15.12.2011 - 8 AZR 197/11 -
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