Dienstag, 23. Januar 2018

Schadensersatz: Verweis auf freie Werkstatt bei nicht regelmäßiger Wartung des Kfz in markengebundener Fachwerkstatt

Der Kläger rechnete nach einem Verkehrsunfall gegenüber der beklagten Haftpflichtversicherung den Schaden an seinem Fahrzeug auf Basis der Nettoreparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt ab. Vor seinem Erwerb des Fahrzeuges in 2013 als Gebrauchtwagen sei dieses in 2011, 2012 und 2013 bei einer Markenwerkstatt gewartet worden und habe er selbst in 2015 und 2016 bei einer Markenwerkstatt Servicearbeiten durchführen lassen.

Klage und Berufung blieben erfolglos.

Grundsätzlich habe zwar der Geschädigte einen Anspruch auf Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt (BGH, Urteil vom 20.10.2009 - VI ZR 53/09 -). Allerdings könne der Geschädigte den Schädiger aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht mach § 254 BGB auf eine freie und preislich günstigere Werkstatt verweisen, wenn er darlegt und nachweist, dass diese qualitativ gleichwertige Arbeiten erbringt und ggf. vom Geschädigten vorgebrachte Umstände widerlegt, die gegen eine Zumutbarkeit der Nutzung einer freien Werkstatt sprechen. Vorliegend hatte die beklagte Versicherung den Kläger auf eine günstigere Werkstatt verwiesen, die qualitativ gleichwertig und für den Kläger auch ohne weiteres zu erreichen sei.

Vorliegend würde dem Verweis auch nicht entgegenstehen, dass der Kläger nach seiner Behauptung bisher sein Fahrzeug stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt habe reparieren lassen. Dies würde zwar auch bei älteren Fahrzeugen (bei diesem schon in Ansehung auf einen möglichen Weiterverkauf) bedeutsam sein und zu einer Unzumutbarkeit des Verweises führen. Auch sei der geschädigte grundsätzlich im Rahmen des § 254 BGB darlegungs- und beweisbelastet. Allerdings treffe vorliegend den Geschädigten die sekundäre Darlegungslast, innerhalb der der Geschädigte darlegen müsse, dass ihm der Verweis auf eine freie Werkstatt nicht zuzumuten sei (BGH vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 -). Die Darlegungen des Klägers ließen aber einen Rückschluss auf eine regelmäßige vorrausgehende Wartung in einer markengebundenen Werkstatt nicht zu. Erstinstanzlich wären nur zwei Inspektionen (Juli 2015 und August 2016) behauptet worden, wobei der Kläger nur pauschal behauptete, dass weitere Inspektionen nicht erforderlich gewesen seien, ohne die Inspektionsintervalle darzulegen. Selbst der zweitinstanzliche Vortrag würde nicht die Annahme rechtfertigen, der Kläger würde sein Fahrzeug stets in einer Markenwerkstatt warten lassen. Der BGH würde in Ansehung einer „Scheckheftpflege“ verlangen, dass das Fahrzeug regelmäßig gewartet würde (BGH, Urteil vom 07.02.2017 - VI ZR 182/16 -). Dies aber sei hier nicht der Fall gewesen, wie schon der Umstand verdeutliche, dass in 2014 keine Wartung stattfand und danach über 410 Tage das Fahrzeug ohne Wartung gewesen sei, obwohl eine jährliche Wartung vorgesehen sei. Damit aber sei es dem Kläger auch zumutbar eine Reparatur in einer freien Werkstatt durchzuführen.


LG Freiburg, Urteil vom 09.05.2017 - 9 S 6/17 -

Freitag, 19. Januar 2018

Mietrecht: Kündigung wegen Zahlungsverzugs und nicht vollständige Ausgleichung zum Zeitpunkt des Zugangs

Die Beklagte war mit der Zahlung von Miete im Rückstand (Verzug). Die Miete belief sich auf € 479,96/Monat. Für Oktober 2914 zahlte sie € 383,96, für November und Dezember 2014 und Januar 2015 jeweils € 287,96. Am 09.01.2015 nahm sie eine Teilzahlung von € 456,00 auf die Rückstände vor. Auf die Februarmiete zahlte sie eine Teilzahlung von € 407,96. Der Teilbetrag für März 2015 von € 402,96 wurde der Klägerin am 16.03.2015 gutgeschrieben. Mit einem am 17.03.2015 der Beklagten zugegangenen Schreiben der Klägerin vom 16.03.2015 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis u.a. fristlos wegen Zahlungsverzugs. Eine vollständige Ausgleichung des Zahlungsrückstands für Februar und März 2015 erfolgte nachfolgend weder innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 BGB noch danach.

Im vorliegenden Verfahren machte die Klägerin u.a. ein Räumungs- und Herausgabebegehren auf Grund der fristlosen Kündigung geltend. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung wies das Landgericht die Klage ab. Mit der zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin das Räumungs- und Herausgabebegehren weiter. Die Revision war erfolgreich.

Das Landgericht habe nach Auffassung des BGH verkannt, dass die Klägerin ein Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 a) BGB gehabt habe. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2a BGB stelle als wichtigen Grund auf einen Rückstand mit zwei aufeinanderfolgen Mieten oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete ab. Nicht unerheblich sei der Teil, wenn er die Miete für einen Monat übersteige. Der Wirksamkeit dieser Kündigung würde nicht entgegen stehen, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung der Zahlungsverzug einen Monat nicht mehr übersteige. Sei durch den Rückstand in Höhe nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a oder b) BGB ein Kündigungsrecht des Vermieters entstanden, könne dieses nach § 543 Abs. 2 S. 2 BGB nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor dem Zugang der Kündigungserklärung ausgeschlossen werden; würde, wie hier, der Rückstand nicht vollständig ausgeglichen, verbleibe es bei dem Recht.

Vorliegend war zu berücksichtigen, dass die Beklagte zur Mietminderung berechtigt war und das Landgericht eine Miete von € 455,96 nach Minderung (im Revisionsverfahren unstreitig) annahm. Statt dessen zahlte die Beklagte im Februar 2015 nur € 407,96; auf die Märzmiete zahlte sie erst am 16.03.2015 € 402,96. Damit habe sich die Beklagte zu diesem Zeitpunkt mit einem Gesamtbetrag von € 503,96 in Verzug befunden. Allerdings könne (anders als das Landgericht annahm) nicht für die Feststellung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a, 569 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 BGB auf die (berechtigterweise) geminderte Miete abgestellt werden; Bezugsgröße bleibe die im Mietvertrag vereinbarte Miete. Dies würde sich hier aber nicht auswirken.


BGH, Urteil vom 27.09.2017 - VIII ZR193/16 -

Donnerstag, 18. Januar 2018

Reparaturaufwendungen für Schäden am geerbten Gebäude sind keine Nachlassverbindlichkeiten


Der Erblasser hatte zu Lebzeiten Heizöl bezogen, welches eine geänderte Qualität aufwies. Wegen der geänderten Qualität war ein Großteil des Heizöls ohne Störmeldung ausgelaufen. Dies musste beseitigt werden und die Tanks mussten ausgetauscht werden. Dem Kläger als Erben sind für diese Arbeiten Kosten in Höhe von € 3.782,54 entstanden, die er als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigen wollte. Dem folgte das Finanzamt nicht. Klage und die Revision gegen das klageabweisende Urteil blieben erfolglos.

Der BFH stellte fest, dass Aufwendungen des Erben zur Beseitigung von Schäden an geerbeten Gegenständen, wie Grundstücken und Gebäuden, deren Irsache (wie hier) der Erblasser gesetzt hatte die aber erst nach seinem Tod in Erscheinung treten, keine Nachlassverbindlichkeiten iSv. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG seien.  

Unter Verweis auf seine Entscheidung z.B. BFH/NV 1991, 97 wies der BFH darauf hin, dass grundsätzlich Schäden oder Mängel an geerbten Gebäuden unter dem Gesichtspunkt des Reparaturbedarfs keine Erblasserschulden iSv. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG darstellen würden. Etwas anderes würde nur gelten wenn eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verpflichtung (so gegenüber dem Mieter nach § 535 BGB) zur Schadensbeseitigung bestünde.  Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung setze den Bestand einer rechtsverbindlichen, behördlichen Anordnung voraus. Im übrigen käme eine Berücksichtigung (z.B. bei einem Reparaturstau) allenfalls bei der Grundstücksbewertung (und nicht bei der Erbschaftsteuerfestsetzung) in Betracht.

Diese Grundsätze würden erst recht für Mängel und Schäden gelten, die erst nach dem Tod des Erblassers in Erscheinung treten würden. Stichtag für die Berechnung der Bereicherung des Erben sei der der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, § 11 ErbStG. Dies ist grundsätzlich der Tag des Todes des Erblassers, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Spätere Ereignisse, die den Wert erhöhen oder ermäßigen, würden sich nach diesem Stichtagsprinzip grundsätzlich nicht auswirken.


BFH, Urteil vom 26.07.2017 - II R 33/15 -

Donnerstag, 11. Januar 2018

Betriebskosten: Darlegungs- und Beweislast des Mieters zum Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot

Der Mieter machte Rückforderungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereichen (§ 812 BGB) an gezahlten Betriebskostennachforderungen geltend. Die Klage wurde vom Amtsgericht abgewiesen. Das Landgericht erteilte den Hinweis dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.

Die beabsichtigte Zurückweisung erfolgte nicht aus dem Grund des § 814 BGB: Sollte der Mieter die Nachzahlung in Kenntnis der Nichtschuld vorgenommen haben, wäre er nach dieser Norm mit einer Rückforderung ausgeschlossen. Aber hier erfolgte (wohl) die Zahlung unter Vorbehalt, weshalb die Norm des § 814 BGB nicht greifen würde.

Das Landgericht verwies darauf, dass für den Kondiktionsanspruch wegen rechtsgrundlos erbrachter Betriebskostennachzahlung der diesen Anspruch geltend machende Mieter die Darlegungs- und Beweislast für den fehlenden Rechtsgrund trägt, auch dann, wenn er unter Vorbehalt leisten würde. Dies würde auch für den vorliegenden Fall gelten, dass der Mieter einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot geltend macht. Insoweit würde den Mieter sogar eine „nochmals gesteigerte“ Darlegungslast treffen. Insoweit bezieht sich das Landgericht auf Entscheidungen des BGH vom 06.07.2011 - VIII ZR 340/10 - und 17.12.2014 - XII ZR 170/13 -.  Der BGH hat festgehalten, dass bei dem Vorwurf des Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot bei den Betriebskosten der Mieter die volle Darlegungs- und Beweislast treffe und eine pauschale Angabe, der Kostenansatz in der Abrechnung übersteige den überregional ermittelten Kostenansatz für Wohnungen gleicher Größe genüge nicht. Dies folge aus dem Grundsatz, dass es sich bei der Beachtung der Wirtschaftlichkeit durch den Vermieter um eine diesen treffende Nebenpflicht handele.

Auch treffe den Vermieter keine subsidiäre Darlegungslast. Dies auch dann nicht, wenn die Steigerung gegenüber dem Vorjahr mehr als 10% betrage. Insoweit beruft sich das Landgericht auch auf den BGH, der in der Entscheidung vom 17.12.2014 aaO., wonach der Vermieter grundsätzlich keine näheren Tatsachen (z.B. Preisvergleich) vortragen müsse.


LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 17.08.2017 - 67 S 190/17 -

Dienstag, 9. Januar 2018

Eigenbedarfskündigung: „Benötigen“ nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB einer Zweitwohnung und unbillige Härte mangels geregelten Einkommens nach § 574 Abs. 1 S.1 BGB

Die Klägerin, die die Eigenbedarfskündigung aussprach, wollte die gekündigte Wohnung als Zweitwohnung (berufliche Gründe) nutzen. Von der verklagten Mieterin wurde geltend gemacht, sie verfüge derzeit über kein regelmäßiges Einkommen und lebe von ihren Ersparnissen, wobei sie erst nach Verbrauch der Ersparnisse staatliche Transferleistungen erhalte; in Ansehung dessen würde sie keinen angemessenen Ersatzwohnraum finden.

Der Klage wurde stattgegeben. Das LG Berlin (Berufungsgericht) hat die Revision zugelassen. Mit seinem vorliegenden Hinweisbeschluss wies der BGH die Beklagte darauf hin, dass er beabsichtige, die Revision im Beschlusswege zurückzuweisen, was danach auch erfolgte.

Die Frage, ob eine Zweitwohnung (deren Gebrauch von der Klägerin damit geltend gemacht wurde, dass sie in Berlin arbeiten würde)  eine Eigenbedarfskündigung rechtfertige, hielt der BGH nicht für klärungsbedürftig. Es würde um den Begriff des „Benötigens“ gehen, § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dazu seit bereits höchstrichterlich geklärt, dass ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe erforderlich seien, die Wohnung selbst oder durch Verwandte zu nutzen. Dies gelte auch für die Zweitwohnung.  Die benannten beruflichen Gründe seien ausreichend.

Rechtsfehlerhaft habe das Berufungsgericht auch die klägerseits angegebenen Gründe als wahr angenommen, soweit es sich auf klägerseits benannte Indizien und die persönliche Anhörung der Klägerin bezog.

Für die Beklagte läge auch keine unzumutbare Härte vor, § 574 Abs. 1 S. 1 BGB. Aus den von der Beklagten benannten Umständen ergäbe sich noch nicht, dass die Beklagte mangels Nachweises von regelmäßigen Einkommen keinen angemessenen Wohnraum finden könne. Es handele sich lediglich um eine Schlussfolgerung der Klägerin, die einer Grundlage entbehre.


BGH, Hinweisbeschluss vom 22.08.2017 - VIII ZR 19/17 -

Freitag, 22. Dezember 2017

Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB: Nachweis des dem Vermieter entstehenden erheblichen Nachteils

Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis über Wohnraum gegenüber den Beklagten  und begründete die Kündigung damit, dass das Gebäude abgerissen werden solle, eine Abrissgenehmigung auch bereits vorläge. Auf dem Gelände solle ein Objekt mit Gewerberäumen zur Erweiterung eines Modegeschäfts, deren Geschäftsführerin die Klägerin sei, errichtet werden. Nur der Abriss mit der Neuerrichtung von Gewerberaum würde eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks ermöglichen.

Der auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage wurde in den Vorinstanzen stattgegeben. Der BGH hat auf die zugelassene Revision der Beklagten das Urteil aufgehoben  und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.

Der BGH wies darauf hin, dass die von der Klägerin geltend gemachten Gründe eine Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht rechtfertigen könne. Es ermangele hier an dem erheblichen Nachteil, der ohne die Verwertungskündigung drohe. Die Frage des Nachteil sei vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und dem damit einhergehenden Bestandsinteresse des Mieters zu prüfen. Das Eigentum gewähre dem Vermieter vor diesem Hintergrund keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung oder Nutzung mit größtmöglichen Vorteil. Die Nachteile des Vermieters bei Versagung einer Verwertungskündigung dürften aber auch keinen Umfang annehmen, der die Nachteile des Mieters bei Verlust der Wohnung wesentlich übersteige. Eine Generalisierung sei nicht möglich, sondern auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es handele sich dabei um eine tatrichterliche Frage, die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt geprüft werden könne.

Weder seien von dem Berufungsgericht tatsächliche Umstände festgestellt worden, die begründen könnten, dass die Klägerin mit der Verwertung langfristig Pachteinnahmen aus allen ihren Grundstücken zu sichern noch dafür, dass es sich bei der Erweiterung des Modegeschäfts um eine „existentielle Frage“ handele, noch sei von der Klägerin dazu etwas vorgetragen worden. Es würden insbesondere Feststellungen zu konkreten Nachteilen für die wirtschaftliche Situation der Klägerin fehlen. Eine vom Berufungsgericht vorgenommene pauschale Betrachtungsweise sei verfehlt, da dies letztlich dazu führe, dass der Vermieter zur bloßen Gewinnoptimierung nach Belieben verfahren könne.

Auch soweit seitens der Klägerin die Sicherung einer Schwestergesellschaft benannt worden sei, würde dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen können. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB stelle auf den Vermieter ab, nicht auf ein mögliches Interesse eines Dritten. Damit unterscheide sich dieser Kündigungsgrund von der Eigenbedarfskündigung, mit der auch zugunsten eines bestimmten Personenkreises die Kündigung ausgesprochen werden könne.

Im Rahmen des Gerichtsverfahrens könnten nur solche Gründe berücksichtigt werden, die der Vermieter in der Kündigungserklärung mitteilt. Die Interessen der Schwestergesellschaft seien nicht einmal in dem Kündigungsschreiben benannt worden.

Eine Zurückverweisung erfolgte, da sich das Landgericht mit anderen Kündigungsgründen (aus seiner Warte richtig) nicht auseinandergesetzt hat und dies nun nachzuholen hat.


BGH, Urteil vom 27.09.2017 - VIII ZR 243/16 -

Donnerstag, 21. Dezember 2017

Rechtliches Gehör: Die Folgen des Übergehens des Bestreitens einer Zinsforderung im Berufungsverfahren

Die Nebenintervenientin zu 2. hatte zunächst Klage gegen fünf Beklagte im unterschiedlichen Umfang auf Honorar für Architektenleistungen erhoben. Die Forderung wurde zuzüglich Zinsen von 13% mit der Begründung der Inanspruchnahme von Bankkredit in entsprechender Höhe zu dem benannten Zinssatz geltend gemacht. Diese Behauptung blieb erstinstanzlich unstreitig. . Nach Insolvenz der Nebenintervenientin führte der Insolvenzverwalter als Kläger das Verfahren weiter.  Das Landgericht hatte die Beklagten mit Urteil vom 26.01.2001 in unterschiedlicher Höhe zuzüglich der Zinsen verurteilt. Während des Berufungsverfahrens wurde über das Vermögen der Nebenintervenientin zu 2. am 15.04.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Insolvenzverwalter nahm das Verfahren auf. Die Berufung (hier der Beklagten) wurde zurückgewiesen. Im Berufungsverfahren wurde von den Beklagten die behauptete Inanspruchnahme von Bankkredit zu dem Zinssatz bestritten.

Das OLG wies diese Berufung zurück. Zu den Zinsen führte es aus, es sei unwahrscheinlich, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch weiter mit einem Zinssatz von 13% ein Verzugsschaden vorläge. Dies müsse aufgeklärt werden.

Der BGH hat auf die Revision der Beklagten das Urteil zum Zinsausspruch teilweise aufgehoben und den Rechtsstreit an das OLG zurückverwiesen. Es läge ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) vor, soweit das OLG für einen Zeitraum vom 06.03.2000 bis 15.04.2003 Zinsen in Höhe von 13% zugesprochen habe. Insoweit sei das OLG nicht auf das Bestreiten der Beklagten eingegangen.

Anmerkung: Aus den Entscheidungsgründen erschließt sich, dass die Beklagten erst im Berufungsverfahren den behaupteten Bankkredit (jedenfalls) zu dem benannten Zinssatz) bestritten haben. Der BGH geht nicht auf § § 531 ZPO (Zurückweisung von neuen Angriffs- und Verteidigungsmitteln) ein. Zwar ist neues Verteidigungsvorbringen in der Berufung nach § 531 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen. Ob diese Voraussetzungen vorlagen, ergibt sich aus dem Urteil nicht. Der BGH geht darauf auch nicht ein. Er konnte auch darauf nicht eingehen, da das Berufungsgericht gar nicht auf das Bestreiten einging und es auch nicht nach § 531 ZPO zurückgewiesen hatte. Geht aber das Gericht auf Vortrag nicht ein, so auch auf neuen erheblichen (Verteidigungs-) Vortrag in der zweiten Instanz, liegt ohne weiteres die Verletzung rechtlichen Gehörs vor. Denn es kann vom Revisionsgericht (BGH) nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht  bei Beachtung des Bestreitens zu einem für die Beklagten günstigeren Ergebnis gelangt wäre.


BGH, Beschluss vom 03.08.2017 - VII ZR 233/13 -