Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Besitzer und Halter des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs, nicht aber dessen Eigentümer und machte gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche (fiktive Reparaturkosten, Wertminderung, Sachverständigenkosten und Schadenspauschale) geltend. Während das Landgericht der Klage stattgab, wies sie das OLG ab. Die (teilweise) zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.
Der Kläger hatte (in seinem der Revision zugrundeliegendem Hauptantrag) den Anspruch auf eigenes Recht gestützt. Unklar sei, auf welcher Grundlage der Kläger den Besitz des sicherungshalber an eine Bank (Darlehensnehmerin die Schwester des Klägers) innehalte und es könne zudem nicht beurteilt werden, welche Rechte und Pflichten er in diesem Zusammenhang habe.
Der berechtigte unmittelbare Besitz an einer Sache sei nach § 823 Abs. 1 BGB geschützt. Das entsprechende Recht könne auch vom Besitzer der Sache geltend gemacht werden. Auch könne sich ein Anspruch des Besitzers aus § 7 StVG ergeben BGH, Urteil vom 29.01.2019 - VI ZR 481/17 -). Jedenfalls könne der in seinem unmittelbaren Besitz Verletzte Ersatz des Haftungs- und Nutzungsschadens verlangen; ob er auch den Substanzschaden begehren könne, könne auch im vorliegenden Fall auf sich beruhen.
Das OLG habe den begehrten Schadenersatz zutreffend mit der Begründung abgewiesen, es läge ein Haftungsschaden des Klägers mangels einer Instandsetzungsverpflichtung des Klägers nicht vor. Insoweit besteht die Möglichkeit, dass der Schaden des Besitzers in seiner Verpflichtung zu einer Reparatur gegenüber der Person besteht, von der er sein Recht zum Besitz ableite (BGH aaO.). Hier ergäbe sich nach den Feststellungen des OLG nicht, ob, wie und wem gegenüber er zur Instandsetzung verpflichtet gewesen wäre. Der Verweis auf die Finanzierungsbedingungen und den Sicherungsübereignungsvertrag , demgemäß das Fahrzeug instand zu setzen sei, trage nicht, da Kreditnehmerin die Schwester des Klägers sei. Die träfe die Pflicht zur Reparatur. Eine an die Haltereigenschaft anknüpfende Wertung, der Kreditvertrag sei zugunsten des Klägers geschlossen worden, finde im Vortrag des Klägers keine Grundlage.
Einen Anspruch auf den Substanzschaden habe der Kläger auch nicht, unabhängig davon, welche Voraussetzungen für die Geltendmachung durch den unmittelbaren Besitzer dafür ggf. vorliegen müssten und auf welche Weise eine etwaige Anspruchskonkurrenz aufzulösen wäre (zum Schaden des Leasingnehmers BGH aaO.). Es sei kein Vortrag dazu erfolgt, welche Rechte dem Kläger zum Unfallzeitpunkt durch den Besitz verschafft werden sollten, so zu der Rechtsbeziehung bezüglich des Fahrzeugs zwischen ihm und seiner Schwester bestanden hätten. Ein Recht zum Besitz könne aber der Kläger allenfalls von bzw. über seine Schwester, die das Darlehen aufgenommen und die Sicherungsübereignung vorgenommen habe, erworben haben.
BGH, Urteil vom 24.05.2022
- VI ZR 1215/20 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 18.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. August 2020 wird als unbegründet
zurückgewiesen, soweit die Klage auf einen Anspruch aus eigenem Recht gestützt
wird. Die Revision wird als unzulässig verworfen, soweit die Klage hilfsweise
auf einen Anspruch aus abgetretenem Recht gestützt wird.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Nach einem
Verkehrsunfall nimmt der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Besitzer und Halter eines Fahrzeugs, das
durch einen bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW beschädigt wurde. Das
vom Kläger gefahrene Fahrzeug war an ein Kreditunternehmen
sicherungsübereignet, das den Erwerb finanziert hatte. Darlehensnehmerin war
die Schwester des Klägers.
Das Landgericht
hat die Beklagte verurteilt, an die für den Kläger vorprozessual tätigen
Sachverständigen 1.378,85 € und an den Kläger persönlich 12.325,95 € zu zahlen,
jeweils nebst Zinsen, ferner den Kläger freizustellen von Kosten der
außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 526,58 €. Das Oberlandesgericht
hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts abgeändert und
die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.
Entscheidungsgründe
Die nur
teilweise zulässige Revision ist nicht begründet.
A.
Das
Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der
von ihm geltend gemachten fiktiven Reparaturkosten, der Wertminderung, der
Sachverständigengebühren und der Auslagenpauschale wegen Verletzung seines
Besitzrechtes habe. Zwar könne sich eine Haftung wegen Verletzung des
berechtigten unmittelbaren Besitzes aus § 7 StVG ergeben. Der- einem
Kreditnehmer insoweit vergleichbare - Leasingnehmer könne als berechtigter
Besitzer aus eigenem Recht den Ersatz des Substanzschadens in Form der
Herstellungskosten allenfalls dann verlangen, wenn er die Pflicht zur
Instandsetzung gegenüber dem Eigentümer übernommen und dieser - bei
Nichterfüllung der Instandsetzungspflicht - zugestimmt habe, dass der
Leasingnehmer die fiktiven Herstellungskosten statt des Eigentümers verlangen
könne (Hinweis auf Senat, Urteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 481/17, NJW 2019,
1669). Der Kläger, der nicht einmal Kreditnehmer sei, habe weder dargelegt,
dass das finanzierende Unternehmen als Sicherungseigentümer ihm diese
Ersetzungsbefugnis übertragen habe, noch treffe ihn eine Instandsetzungspflicht
aus dem Autokreditvertrag, dessen Vertragspartnerin die Schwester des Klägers
als Kreditnehmerin sei. Daher könne der Kläger als Besitzer auch keinen Ersatz der
Wertminderung verlangen. Diese Wertdifferenz stelle einen unmittelbaren
Sachschaden dar und sei damit Teil des grundsätzlich nur dem Eigentümer
zustehenden Substanzschadens. Mangels Instandsetzungspflicht des Klägers
gegenüber dem Sicherungseigentümer scheide auch ein Haftungsschaden des
Klägers, also ein Schaden, der dem Besitzer durch seine Ersatzpflicht gegenüber
dem Eigentümer entstanden sei, aus. Der Kläger könne mangels Anspruchs auf
Erstattung des Substanzschadens auch keinen Ersatz der Sachverständigengebühren,
der Auslagenpauschale und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wegen
Verletzung seines Besitzrechts verlangen.
Der Kläger habe
wegen der geltend gemachten Schadenspositionen auch keinen durchsetzbaren
Anspruch wegen Verletzung des Eigentums aus abgetretenem Recht. Soweit er in
der Berufungsinstanz sein Klagebegehren erstmals hilfsweise auf Ansprüche aus
abgetretenem Recht aus einer Vereinbarung mit dem Kreditunternehmen und seiner
Schwester stütze, stehe dem Anspruch die von der Beklagten erhobene Einrede der
Verjährung entgegen. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei der Kläger nicht zur
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Eigentumsverletzung befugt
gewesen.
B.
Die Abweisung
der im Hauptantrag auf einen Anspruch aus eigenem Recht gestützten Klage hält
rechtlicher Prüfung stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte unter
Zugrundelegung des revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalts keinen Anspruch
auf Ersatz des geltend gemachten Schadens (fiktive Reparaturkosten,
Wertminderung, Sachverständigenkosten und Schadenspauschale). Denn weder ist
festgestellt noch legt die Revision Instanzvortrag dazu dar, auf welcher
Grundlage der Kläger den Besitz über das Fahrzeug ausübte. Insbesondere kann
nicht beurteilt werden, welche Rechte und Pflichten er in diesem Zusammenhang
hatte.
I. Der
berechtigte unmittelbare Besitz an einer Sache wird durch § 823
Abs. 1 BGB als sonstiges Recht geschützt. Dieses Recht kann auch durch
eine Beschädigung der Sache verletzt werden (vgl. Senat, Urteil vom 29. Januar
2019 - VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669 Rn. 13; MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl., BGB
§ 823 Rn. 324; jew. mwN). Eine Haftung wegen Verletzung des berechtigten
unmittelbaren Besitzes kann sich weiter aus § 7 StVG ergeben. Diese
Vorschrift bezieht neben dem Eigentum und anderen dinglichen Rechten auch den
berechtigten unmittelbaren Besitz an einer Sache in seinen Schutzbereich ein
(vgl. Senat, Urteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669 Rn. 14
mwN). Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der in
seinem berechtigten unmittelbaren Besitz Verletzte jedenfalls Ersatz des
Haftungs- und des Nutzungsschadens verlangen. Ob der Verletzte darüber hinaus
Ersatz des Substanzschadens verlangen kann, bedarf auch im vorliegenden Fall
keiner Entscheidung.
1. Die
Annahme des Berufungsgerichts, ein Haftungsschaden scheide mangels
Instandsetzungspflicht des Klägers aus, ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden. Bei der Beschädigung eines Fahrzeugs kann der Schaden des
Besitzers in einem Haftungsschaden, das heißt in einer durch den Schadensfall
ausgelösten Verpflichtung des Besitzers zu einer Reparatur gegenüber der
Person, von der er sein Recht zum Besitz ableitet, bestehen (vgl. nur Senat,
Urteile vom 13. Juli 1976 - VI ZR 78/85, VersR 1976, 943, 944; vom 29. Januar
2019 - VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669 Rn. 15, 25 f.; MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl.,
BGB § 823 Rn. 325). Den Feststellungen ist nur zu entnehmen, dass der
Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls Besitzer des Fahrzeugs war. Daraus ergibt sich
nicht, ob, wie und wem gegenüber er zur Instandsetzung verpflichtet war. Fehl
geht der Hinweis der Revision auf Instanzvortrag des Klägers, als
Fahrzeughalter habe er nach den Finanzierungsbedingungen das Fahrzeug
instandsetzen zu lassen, und auf eine Verpflichtung im
Sicherungsübereignungsvertrag. Denn Kreditnehmerin und Sicherungsgeberin war
die Schwester des Klägers. Diese traf die von der Revision angesprochene
Reparaturverpflichtung im Sicherungsübereignungsvertrag. Die an die
Haltereigenschaft anknüpfende Wertung der Revision, der Kreditvertrag sei
"mithin wirtschaftlich zugunsten des Klägers getroffen" worden,
"so dass ihn letztlich jedenfalls indirekt auch die Pflichten aus dem
Vertrag [träfen]", hat weder in den Feststellungen noch in dem in der
Revisionsbegründung angeführten Instanzvortrag eine Grundlage. Entsprechendes
gilt für die weitere Erwägung der Revision, es sei "mithin ebenso denkbar,
dass die Bank an den Kläger übereignet [habe]", und deren Auffassung, die
Verpflichtung des Klägers zur Instandsetzung habe jedenfalls gegenüber seiner
Schwester bestanden.
2. Einen
Ersatz des Nutzungsschadens, das heißt Ausgleich für Nachteile, die durch einen
etwaigen zeitweiligen Ausfall des Fahrzeugs infolge der Beschädigung entstanden
sind (vgl. zum Nutzungs- bzw. Besitzschaden MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl.,
§ 823 Rn. 325 mwN), macht der Kläger nicht geltend.
3. Der
Kläger kann die vom ihm geltend gemachten Schadenspositionen auch nicht als
Substanzschaden ersetzt verlangen. Im Streitfall bedarf keiner Entscheidung, ob
bzw. unter welchen Voraussetzungen der berechtigte unmittelbare Besitzer
aufgrund der Verletzung seines Besitzrechts durch die Beschädigung der
besessenen Sache wie der Eigentümer aus eigenem Recht den Ersatz des
Substanzschadens verlangen kann und auf welche Weise eine etwaige
Anspruchskonkurrenz aufzulösen wäre (vgl. - zum Schaden des Leasingnehmers -
Senat, Urteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669 Rn. 15 ff.;
siehe weiter MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl., BGB § 823 Rn. 326). Denn aus den
Feststellungen ergibt sich schon nicht und die Revision zeigt keinen
übergangenen Vortrag dazu auf, welches Recht dem Kläger zum Unfallzeitpunkt
durch den Besitz verschafft werden sollte. Es fehlt mithin seitens des Klägers,
der erst in der Berufungsinstanz eingeräumt hat, dass Vertragspartnerin der
finanzierenden Bank seine Schwester gewesen ist, an Vortrag dazu, welche
Rechtsbeziehungen bezüglich des Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt zwischen seiner
Schwester und ihm bestanden haben. Ein Recht zum Besitz zum Unfallzeitpunkt
konnte der Kläger, der nicht Partei des Kredit- und
Sicherungsübereignungsvertrags war, aber nur von seiner bzw. über seine
Schwester erwerben.
II.
Soweit die Revision der Auffassung ist, auch der bloße Besitzer erleide einen
Vermögensverlust, weil sich die Wertigkeit seines Anwartschaftsrechts
verringere, erschließt sich schon nicht, auf welcher Grundlage der Kläger ein
solches erlangt haben sollte.
C.
Die Revision
des Klägers ist nicht statthaft und daher unzulässig, soweit sie sich gegen die
Abweisung der hilfsweise auf abgetretenes Recht gestützten Klage richtet. Denn
insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen.
I. Wenn
der Entscheidungsformel eines Berufungsurteils keine Beschränkung der
Revisionszulassung zu entnehmen ist, kann sich diese aus den
Entscheidungsgründen ergeben. Der Tenor ist im Lichte der Entscheidungsgründe
auszulegen und es ist deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung
auszugehen, wenn sich die Beschränkung aus den Gründen klar ergibt. Das ist regelmäßig
dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant
angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des
Streitstoffs stellt (vgl. Senat, Urteil vom 30. Juli 2019 - VI ZR 486/18,
NJW-RR 2019, 1524 Rn. 15; BGH, Urteil vom 13. April 2022 - IV ZR 60/20, juris
Rn. 21; jew. mwN).
Die Wirksamkeit
einer Beschränkung der Revisionszulassung setzt voraus, dass sie einen
tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs betrifft,
der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst
seine Revision beschränken kann. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne
von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken
(vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar 2022 - VI ZR 1175/20, juris Rn. 15 mwN).
II. Zwar
enthält die Zulassung der Revision im Tenor des Berufungsurteils keine
Beschränkung. Allerdings ist in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die
Revision werde zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob der berechtigte
unmittelbare Besitzer zum Ersatz des Substanzschadens berechtigt sei, wenn
seine Nutzung beeinträchtigt sei, noch nicht höchstrichterlich geklärt sei.
Diese Frage ist für die Beurteilung, ob dem Kläger ein Anspruch aus
abgetretenem Recht zusteht, nicht relevant.
Diese
Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Denn die Geltendmachung eines
Anspruchs aus abgetretenem Recht stellt auch bei einheitlichem Klageziel einen
anderen Streitgegenstand dar als die Geltendmachung aus eigenem Recht, weil der
der Klage zugrunde gelegte Lebenssachverhalt im Kern geändert wird, wenn die
Klage statt auf eigenes auf fremdes Recht gestützt wird (vgl. Senat, Urteile
vom 29. Juni 2021 - VI ZR 566/19, VersR 2021, 1251 Rn. 9; vom 29. Januar 2019 -
VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669 Rn. 9; jew. mwN).
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