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Mittwoch, 6. November 2024

Zweitwohnungssteuer und steuerliche Abzugsfähigkeit

Die Klägerin hatte ihren Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt in K. und arbeitete in München, wo sie eine Wohnung angemietet hatte. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2018 machte sie u.a. Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 1.480,00 sowie die von ihr der Landeshauptstadt München zu zahlende Zweitwohnungssteuer in Höhe von € 896,00 bei den sonstigen Aufwendungen für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. In der Einkommensteuererklärung für 2019 begehrte sie neben Unterkunftskosten am Tätigkeitsort in Höhe von € 15.880,00 die Zweiwohnungssteuer mit € 1.157,00 geltend. Das beklagte FA erkannte für beide Jahre jeweils € 12.000,00 der Kosten für die Unterkunft in München an, die Zweiwohnungssteuer berücksichtigte es bei den sonstigen Aufwendungen nicht. Nach erfolglosen Einspruch der Klägerin gegen die Einkommensteuerbescheide erhob sie Klage zum Finanzgericht, der dieses stattgab. Das beklagte Finanzamt legte Revision ein und rügte – erfolgreich – die Verletzung von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG.

Der BFH wies darauf hin, dass, anders als das Finanzgericht angenommen habe, die Zweiwohnungssteuer nicht zu den beschränkt abzugsfähigen Unterkunftskosten iSv. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG zähle.

Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG seien notwendige Mehrkosten einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung, die hier vorläge, da die Klägerin außerhalb des Ortes ihrer ersten Tätigkeitsstätte einen Haushalt unterhalte und dort wohne, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG. Zu den notwendigen als Werbungskosten berücksichtigungsfähigen Mehraufwendungen würden u.a. die notwendigen Unterkunftskosten am Beschäftigungsort zählen. Allerdings seien die im Inland nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG auf € 1.000,00/Monat begrenzt. Von diesem Höchstbetrag seien alle Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Nutzung der Wohnung umfasst, soweit sie dieser zuzuordnen seien (so die Kaltmiete, bei einer Eigentumswohnung die Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie Zinsen für Fremdkapital, die Betriebskosten einschließlich von Stromkosten), da sie durch den Gebrauch der Unterkunft oder durch den Gebrauch das ihre Nutzung ermöglichende Eigentum des Steuerpflichtigen an der Unterkunft entstehen würden (BFH, Urteil vom 04.04.2019 - VI R 18/17 -).

Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände einschließlich darauf beruhender AfA würden nicht darunter fallen, unabhängig davon, dass der Steuerpflichtige sie in der Unterkunft nutze, da deren Nutzung nicht mit der Nutzung der Unterkunft gleichzusetzen sei (BFH, Urteil vom04.04.2019 aaO.).

Bei der Zweiwohnungssteuer handele es sich entgegen der Annahme des Finanzgerichts um Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung, die deshalb nicht ohne die Beschränkung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG in voller Höhe zum Abzug zugelassene seien. Hier handele es sich um einen tatsächlichen Aufwand für die Nutzung der Unterkunft.

Zweitwohnung sei nach der Satzung der Landeshauptstadt München das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet (§ 2 Abs, 1 S. 1 ZwStS), die melderechtlich als Nebenwohnung (also einer Wohnung, die ein Einwohner neben der Hauptwohnung, § 21 Abs. 3 BMG) innehabe.  Es handele sich bei der Steuer um eine örtliche Aufwandssteuer iSv. Art. 105 Abs. 2a GG (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -).  Die Zweitwohnungssteuer berechne sich nach dem jährlichen Mietaufwand, der Steuerpflichtige für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand der Entstehung der Steuerpflicht für ein Jahr als Nettokaltmiete zu entrichten habe (§ 4 Abs. 1 S. 1 ZwStS); bei Eigentumswohnungen und unentgeltlich oder unterhalb der ortüblichen Miete überlassener Unterkunft sei die ortsübliche Miete als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (§ 4 Abs. 1 S. 1 ZwStS). Damit stelle sich die Steuer als eine unmittelbar mit dem Mietaufwand verbundene zusätzliche finanzielle Belastung für das Innehaben der Zweitwohnung dar. Zudem handele es sich – anders als bei Haushaltsartikeln und Einrichtungsgegenständen – um eine ratierlich anfallende Ausgabe, die von dem Höchstbetrag von € 1.000,00/Monat erfasst werden soll (BFH, Urteil vom 04.04.2019 aaO.).

Anmerkung: Die satzungsrechtlichen Regelungen, wie sie hier in der Entscheidung zugrunde liegen, sind ähnlich auch in den Satzungen anderer Gemeinden mit einer Zweitwohnungssteuer.

BFH, Urteil vom 13.12.2023 - VI R 30/21 -

Montag, 15. Mai 2023

Die virtuelle Mitgliederversammlung des (eingetragenen) Vereins und deren Regelung in der Satzung

Das Vereinsregister hatte die Anmeldung der (einstimmig beschlossenen) satzungsändernden Regelung zur Ausübung von Mitgliedschaftsrechten in einer Mitgliederversammlung im Wege elektronischer Kommunikation des beschwerdeführenden Vereins als zu unbestimmt und daher unzulässig angesehen. Die Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen.

Das OLG wies darauf hin, dass eine Vereinssatzung sehr wohl die Möglichkeit einer virtuellen Versammlung begründet, auch, dass sie alternativ eine reale und eine virtuelle Versammlung vorsehen würde, ebenso wie Mischformen (Teilnahme physisch oder nach Wahl virtuell) denkbar seien. Dies könne mit Begründung des verein sind ei Satzung aufgenommen werden, aber auch nachträglich.

Das OLG stellte auf die Notwendigkeit einer konkreten Fassung der Satzungsregelung ab. Es müssten zwar nicht sämtliche Einzelheiten der virtuellen Durchführung geregelt werden (wie sie der Entscheidung des OLG Hamm vom 27.09.2022 - 27 W 106/11 - zugrunde gelegen hätten), aber es müsse der Satzung der grundsätzliche Durchführungsweg einer virtuellen Mitgliederversammlung entnommen werden können. Dies gelte insbesondere dann, wenn eine Mischform aus realer und virtueller Mitgliederversammlung zugelassen würde, da sichergestellt werden müsse, dass die virtuell anwesenden ebenso wie die physisch anwesenden Mitgliedre partizipieren können.

Die neue Satzungsregelung, dass ein teil der Mitglieder oder alle ihre Mitgliedsrechte im Wege elektronischer Kommunikation und ohne Anwesenheit am Versammlungsort ausüben könnten, sei dahin auszulegen, dass auch eine rein virtuelle Mitgliederversammlung durchgeführt werden könne und sei nicht unbestimmt. Nicht geregelt sei aber, ob es im Rahmen einer virtuellen Mitgliederversammlung erforderlich sei, dass sämtliche Mitgliedre gleichzeitig unter Nutzung der elektronischen Kommunikationsmittel virtuell anwesend sein müssen, oder ob es ausreichend sei, dass diese auf elektronischen Weg Fragen und Anträge stellen und ihre Stimme abgeben könnten, sie aber nicht gleichzeitig virtuell anwesend sein müssten und auch nicht die Möglichkeit einer Diskussion bestehen müsse. Wegen der Wesentlichkeit sei dies aber in der Satzung zu regeln und könne nicht in das Ermessen des Vorstandes gestellt werden.

Weiterhin enthalte die neue Satzungsregelung keine Regelung dazu, wie die vorgesehene Möglichkeit der Wahrnehmung der Mitgliedsrechte auf elektronischen Weg durch den dies nutzenden Teil der Mitglieder umgesetzt werden soll. Letztlich könne es sich entsprechend der Videoverhandlung nach § 128a ZPO nur um eine reale Mitgliederversammlung handeln, bei der den Mitgliedern freigestellt würde, an dieser virtuell teilzunehmen. In diesem Fall der Mischform müsse aber eine vergleichbare Partizipation der virtuell und physisch anwesenden Mitglieder gewährleistet sein. Wie vorliegend die virtuell teilnehmenden Mitglieder ihre Mitgliedschaftsrechte wahrnehmen können, sei aber nicht geregelt. Es würden insbesondere Regelungen dazu fehlen, dass den virtuell Teilnehmenden wie den real Teilnehmenden die Verfolgung der Mitgliederversammlung ermöglicht werden muss und sie Fragen und Anträge stellen und sich an Abstimmungen beteiligen können. Auch das führe zur Unzulässigkeit der Satzungsregelung.

OLG Hamm, Beschluss vom 04.08.2022 - I-27 W 58/22 -

Montag, 4. Juni 2018

Zur Räum- und Streupflicht des Vermieters im öffentlichen Bereich


Der Kläger ist der Lebensgefährte des Mieters der Beklagten und wohnte mit dem Mieter in einer Wohnung der Beklagten in München. Nach der Satzung der Stadt München (der Streithelferin der Beklagten) oblag dieser im fraglichen Bereich die Räum- und Streupflicht.

Der Kläger machte gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend, da er anlässlich von Schneeglätte beim Verlassen des Hauses in dem nicht geräumten Bereich des öffentlichen Gehweges vor der Hauseingangstür am 17.01.2010 gegen 9.10 Uhr stürzte. Die Stadt München hatte zwar den Gehweg (häufiger) geräumt, aber nicht auf der ganzen Breite und nicht bis zur Schwelle des unmittelbar an den Gehweg angrenzenden Anwesens der Beklagten.

Die Klage und die Berufung des Klägers blieben erfolglos. Der BGH wies die Revision als  unbegründet zurück.

Grundsätzlich richtig sei die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger in den Schutzbereich des zwischen der Beklagten und seiner Lebensgefährtin abgeschlossenen Mietvertrages miteinbezogen worden sei. Allerdings würden vertragliche und auch deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte scheitern, da eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vorläge. Zwar sei der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zu dieser zu ermöglichen. Dazu gehöre auch die Erhaltungspflicht von Zugängen ebenso wie die Pflicht, diese in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten. Vor diesem Hintergrund sei der Vermieter verpflichtet, Wege auf dem Grundstück bis zum öffentlichen Straßenraum in den Wintermonaten zu räumen und zu streuen. Diese Verpflichtung würde den Eigentümer auch im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht dem Mieter gegenüber wie auch gegenüber anderen Personen, wie Besuchern und Lieferanten, obliegen.

Allerdings stürzte der Kläger im öffentlichen Bereich. Die Pflichten des Vermieters würden sich aber grundsätzlich nur auf das eigene Grundstück erstrecken. Dies würde auch für die allgemeine Verkehrssicherungspflicht gelten, wenn (wie hier) die Räum- und Streupflicht von der Gemeidne nicht auf den Eigentümer übertragen worden sei.

Die von der Revision vertretene Rechtsauffassung, die Räum- und Streupflicht würde selbst bei fehlender Übertragung derselben für den öffentlichen Bereich dem Eigentümer/Vermieter obliegen, und er müsse für einen ungehinderten Zugang zu dem geräumten Teil des Gehweges sorgen, teilt der BGH nicht. Der Vermieter habe für den öffentlichen Weg keine vertragliche Schutzpflicht übernommen noch eine Gefahrenquelle geschaffen. Der öffentliche Bereich sei einzig Sache der Gemeinde, die dies nicht an die Anlieger (Eigentümer) delegiert habe. Vergleichbar sei dies auch nicht mit dem Fall RGZ 165, 155; dort sei das vermietete Gebäude auf einem nicht erschlossenen Grundstück errichtet worden, und mangels eines (behelfsmäßigen) Zugangs vom Grundstück zur nächstbelegenen Straße habe eine besondere Gefahrensituation bestanden. Diese besondere Gefahrensituation läge hier nicht vor.

Im Übrigen würde die Revision verkennen, dass der Winterdienst auf öffentlichen Gehwegen nicht uneingeschränkt daran auszurichten sei, jedwede Gefahr des Ausgleitens von Fußgängern unter allen Umständen völlig auszuschließen. Der Fußgänger sei bei winterlichen Witterungsverhältnissen weiterhin verpflichtet, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen. Es sei anerkannt, dass auf Gehwegen nur eine Breite von 1 bis 1,20m zu räumen, wenn nicht (bei Haltestellen u.ä.) besonders stark frequentierte Bereiche vorliegen. Es sei auch nicht erforderlich, den Gehweg bis zum Gehwegrand zu (und damit zur Grenze des anschließenden Grundstücks) zu räumen. Der Fußgänger müsse sich darauf einstellen, ggf. einen gewissen Bereich ungeräumten Weges zu passieren. Lässt er dabei nicht die erforderliche Sorgfalt obwalten, verwirkliche sich das allgemeine Lebensrisiko.  

BGH, Urteil vom 21.02.2018 - VIII ZR 255/16 -