In der Regel wird sich der Kunde
keine Gedanken über die Rechtsnatur eines Vertrages machen, mit dem er die
Anlieferung und Montage einer als Einbauküche bezeichneten Küche bestellt. Kommt
es dann allerdings zur Frage, ob und welche Gewährleistungsansprüche (noch)
bestehen, wird die Frage des Vertragstyps bedeutsam.
Das LG hatte die Klage abgewiesen
mit der Begründung, es könne auf sich beruhen, ob ein von der Klägerin
behaupteter Mangel bestünde, da die Klägerin die Küche jedenfalls in Kenntnis
dieses Mangels (Farbe der Arbeitsplatte) vorbehaltlos abgenommen habe, § 640 Abs. 2
BGB. Das LG ließ die Revision gegen
seine Entscheidung zu. Der BGH hob diese auf und verwies den Rechtsstreit an das LG zurück.
Nach Ansicht des BGH könne nicht
aufgrund der vorinstanzlichen Feststellungen beurteilt werden, ob der Vertrag als
Werkvertrag (so das LG) oder als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§ 433
Abs. 2 BGB) einzuordnen sei. Entscheidend sei, wenn sich der Unternehmer zur
Lieferung und Montage einer Sache verpflichte, auf welcher Leistung der
Schwerpunkt liege. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von
Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im
Vordergrund stünde und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die
geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses
prägen würden, desto eher sei die Annahme eines Kaufvertrages mit
Montageverpflichtung geboten. Läge allerdings der Schwerpunkt auf der Montage-
und Bauleistung, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die
Räumlichkeiten, und den damit verbundenen individuellen Erfolg, läge ein
Werkvertrag vor.
Der BGH verweist darauf, dass
diese Grundsätze zur rechtlichen Einordnung von Verträgen über die Lieferung und
Montage einer Sache im Einklang mit der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des
Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter stünden, die bei der
Auslegung zu berücksichtigen seien.
Das Amtsgericht sei von einem
Kaufvertrag ausgegangen (wofür einiges spräche), das Landgericht von einem
Werkvertrag, bei dem entscheidend die Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB sei, die im
Kaufrecht keine Entsprechung fände.
Anmerkung: Wird eine Küchenzeile bestellt, die aufgebaut
werden soll, kann man nach der vorliegenden Entscheidung des BGH dann von einem
Kaufvertrag ausgehen, wenn der Aufbau ohne sonstige bauliche Anpassungen
erfolgen soll. Ist aber die Küchenzeile an die örtlichen Verhältnisse anzupassen,
so insbesondere Freiräume zu Wandabständen seitlich und/oder zur Decke hin zu
verblenden, läge darin eine bauliche Maßnahme, die für die Anwendung des
Werkvertragsrechts sprechen würde.
BGH, Urteil vom 19.07.2018 - VII ZR 19/18 -
Aus den Gründen:
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 15. Dezember 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage in Höhe von 3.800 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 413,65 € zurückgewiesen worden ist.
- Im Übrigen wird die Revision verworfen.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen
Tatbestand
- Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von insgesamt 4.309 € wegen Mängeln einer Küche.
- Mit Vertrag vom 12. März 2014 bestellte die Klägerin für ihre Wohnung bei der Beklagten eine Küche einschließlich Lieferung und Montage zu einem Gesamtpreis von 10.020 €.
- Am 28. April 2014 wurde die Küche geliefert und montiert. Im Anschluss daran unterzeichnete die Klägerin ein als "Übergabeprotokoll Einbauküche" bezeichnetes Formular der Beklagten. In dem Formular ist unter anderem angekreuzt, dass die Arbeitsplatte in Ordnung ist; ferner enthält es die handschriftliche Bemerkung "falsche Griffe?".
- Am 29. April 2014 setzte sich die Klägerin mit der Beklagten in Verbindung, wobei der Inhalt des Gesprächs streitig ist. Im Mai und Juni 2014 führte die Beklagte diverse Mangelbeseitigungsmaßnahmen durch.
- Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe eine Arbeitsplatte und Griffe geliefert, die nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprächen. Sie hat unter Beifügung eines Angebots eines Drittunternehmens Schadensersatz in Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten begehrt. Die Beklagte hat eine fehlerhafte Lieferung bestritten und sich hinsichtlich der Arbeitsplatte zudem auf eine vorbehaltlose Abnahme durch die Klägerin berufen.
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs wegen des Mangels der Arbeitsplatte zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren in der Berufungsinstanz gestellten Antrag in vollem Umfang weiter. Sie stellt klar, dass von der Klagesumme in Höhe von 4.309 € ein Betrag in Höhe von 3.800 € auf die Mangelbeseitigungskosten für die Arbeitsplatte entfällt.
Entscheidungsgründe
- I.
- Die Revision der Klägerin ist gemäß § 543 Abs. 1 ZPO unzulässig, soweit mit ihr das Ziel verfolgt wird, Schadensersatz in Höhe von 509 € nebst Zinsen und anteiliger vorgerichtlicher Kosten wegen der behaupteten fehlerhaften Lieferung der Griffe zu erlangen. Das Berufungsgericht hat die Revision ausweislich des Tenors und der Urteilsgründe nur beschränkt auf den Schadensersatzanspruch wegen des behaupteten Mangels der Arbeitsplatte zugelassen. Die Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam, da es sich insoweit um einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs handelt, auf den die Klägerin selbst ihre Revision hätte begrenzen können (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - VII ZR 49/15 Rn. 13, BGHZ 209, 128; Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09 Rn. 18, MDR 2011, 1494, jeweils m.w.N.).
- Im Übrigen ist die Revision der Klägerin zulässig und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils im tenorierten Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- II.
- Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, Folgendes ausgeführt:
- Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB wegen der nach ihrer Darstellung nicht vertragsgerechten Arbeitsplatte. Es könne dahinstehen, ob die gelieferte Arbeitsplatte tatsächlich aus dem seitens der Klägerin ausgewählten Stein bestehe. Selbst bei Unterstellung des klägerischen Vortrags sei der Anspruch nicht gegeben. Denn die Klägerin sei gemäß § 640 Abs. 2 BGB mit dem Schadensersatzanspruch ausgeschlossen, da sie die Küche in Kenntnis des von ihr vorgetragenen Mangels abgenommen habe. Das Berufungsgericht schließe sich der von dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (Urteil vom 18. Dezember 2015 - 1 U 145/14) vertretenen Auffassung an, wonach dem Besteller, der ein mangelhaftes Werk in Kenntnis des Mangels vorbehaltlos abnehme, kein Anspruch auf Schadensersatz in Form der Mangelbeseitigungskosten zustehe.
- Der Klägerin sei der Umstand, dass die Arbeitsplatte nicht durchgehend schwarz-weiß-grau gewesen sei, bei Abnahme positiv bekannt gewesen. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Fotos. Es sei augenfällig, dass die das Erscheinungsbild der Küche prägende Arbeitsplatte in nicht unerheblichen Bereichen eine beige, rote und braune Färbung aufweise. Dies könne der Klägerin auch bei künstlichem Licht nicht verborgen geblieben sein.
- Aus dem Übergabeprotokoll ergebe sich, dass die Klägerin die Leistung der Beklagten abgenommen habe. Das Übergabeprotokoll gehe über eine bloße Quittierung der Übergabe hinaus, da nach der Ordnungsgemäßheit der aufgeführten Teile gefragt werde. Hinsichtlich der Arbeitsplatte sei kein Mangel vermerkt.
- III.
- Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 1. Allerdings ist die Klage nach Klarstellung der Klägerin, wie sich die Klagesumme in Höhe von insgesamt 4.309 € auf den Schadensersatzanspruch wegen des behaupteten Mangels der Arbeitsplatte einerseits und des behaupteten Mangels der Griffe andererseits verteilt, hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit zulässig.
- Ein Klageantrag, der auf mehrere selbständige prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) gestützt wird, genügt grundsätzlich nur dann den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn die einzelnen Ansprüche hinreichend voneinander abgegrenzt sind. Dazu ist erforderlich, dass ein Kläger entweder die Klagesumme auf die einzelnen Ansprüche betragsmäßig aufteilt oder die Ansprüche in eine bestimmte Reihenfolge als Haupt- und Hilfsantrag bringt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 174/88, juris Rn. 16, NJW 1990, 2068; Urteil vom 8. April 1981 - IVb ZR 559/80, juris Rn. 5, NJW 1981, 2462; Urteil vom 16. Juni 1959 - V ZR 156/58, MDR 1959, 743). Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei Mängelansprüchen wegen verschiedener Mängel um verschiedene selbständige prozessuale Ansprüche (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05 Rn. 45, BGHZ 172, 42; Urteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, juris Rn. 7, BGHZ 120, 329, jeweils m.w.N.), so dass im Streitfall gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine entsprechende Aufteilung auf die Mängel betreffend Arbeitsplatte und Griffe erforderlich war.
- Ist eine Klage nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, liegt ein Verfahrensmangel vor, der in jeder Lage des Rechtsstreits von Amts wegen zu beachten ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 174/88 Rn. 17, NJW 1990, 2068; Urteil vom 8. April 1981 - IVb ZR 559/80, juris Rn. 6, NJW 1981, 2462; Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, juris Rn. 3, BGHZ 11, 192).
- Die Klägerin hat auf Anregung des Senats ihr Klagebegehren inzwischen klargestellt und die Klagesumme betragsmäßig auf die einzelnen prozessualen Ansprüche verteilt. Eine solche Klarstellung ist auch im Revisionsverfahren noch möglich (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1996 - VIII ZR 311/95, juris Rn. 13, NJW-RR 1997, 441; Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 174/88, juris Rn. 18, NJW 1990, 2068; Urteil vom 8. April 1981 - IVb ZR 559/80, juris Rn. 6, NJW 1981, 2462).
- 2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Klage auf Schadensersatz in Höhe von 3.800 € wegen des behaupteten Mangels der Arbeitsplatte nicht abgewiesen werden. Auf der Grundlage der vorinstanzlichen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag über die Lieferung und Montage einer Küche nach Kauf- oder nach Werkvertragsrecht zu beurteilen ist.
- a) Verpflichtet sich ein Unternehmer zur Lieferung und Montage einer Sache, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses als Werkvertrag oder als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§ 434 Abs. 2 BGB) darauf an, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu montierenden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund steht und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrags mit Montageverpflichtung geboten. Liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Montage- und Bauleistung, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die Räumlichkeit, und dem damit verbundenen individuellen Erfolg, liegt ein Werkvertrag vor (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2016 - VII ZR 348/13 Rn. 11, BauR 2016, 1478 = NZBau 2016, 558; Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 162/12 Rn. 18, BauR 2013, 946 = NZBau 2013, 297; Urteil vom 22. Dezember 2005 - VII ZR 183/04, juris Rn. 12, BGHZ 165, 325; Urteil vom 3. März 2004 - VIII ZR 76/03, juris Rn. 10, BauR 2004, 995 = NZBau 2004, 326, jeweils m.w.N.).
- Diese Grundsätze zur rechtlichen Einordnung von Verträgen über die Lieferung und Montage einer Sache stehen im Einklang mit der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG L 171 vom 7. Juli 1999, S. 12), die im Streitfall bei der Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen ist, und mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Danach liegt ein Kaufvertrag im Sinne der Richtlinie vor, wenn der Vertrag die Dienstleistung der Montage des verkauften Gutes im Verbund mit dem Kaufabschluss vorsieht und die Dienstleistung den Verkauf lediglich ergänzt, nicht jedoch wenn die Dienstleistung als Hauptgegenstand des Vertrags anzusehen ist (vgl. EuGH, NZBau 2018, 283 Rn. 37, 38, 44 - Schottelius).
- b) Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen, die eine rechtliche Einordnung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags nach diesen Maßstäben ermöglichen. Das Amtsgericht ist ausweislich des Tatbestands von einem Kaufvertrag zwischen den Parteien ausgegangen, der Lieferung und Montage der Küche beinhaltete, wofür viel spricht. Das Berufungsgericht hat demgegenüber Werkvertragsrecht angewandt und seine Entscheidung hinsichtlich des beanstandeten Mangels der Arbeitsplatte auf die Vorschrift des § 640 Abs. 2 BGB gestützt, die im Kaufrecht keine Entsprechung hat. Es hat jedoch weder Ausführungen zur rechtlichen Einordnung des Vertrags als Werkvertrag gemacht noch die diesbezüglich erforderlichen Feststellungen getroffen.
- IV.
- Die Sache ist daher im tenorierten Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Ich verstehe die Abgrenzung der Vertragstypen nach ihrem Schwerpunkt. Aber warum wurde der Nacherfüllungsanspruch für Einbauküchen (§ 439 III 1 ) im Kaufrecht normiert, wenn diese doch das Paradebeispiel für einen werkvertraglichen Schwerpunkt der Leistung darstellen (natürlich unter der Prämisse, dass es sich um Maßanfertigungen handelt?
AntwortenLöschenWäre eine analoge Anwendung von § 439 III bei Werkverträgen denkbar?