Montag, 13. Dezember 2021

Wann kann der Zweitschuldner für die Gerichtskosten in Anspruch genommen werden ?

Der Kläger hatte im Prozess gegen die Beklagten, denen Prozesskostenhilfe (PKH) gewährt worden war, obsiegt und das Amtsgericht hatte den Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Kurz darauf hob es den Beschluss über die Bewilligung von PKH gegenüber dem Beklagten zu 1. auf, der amtsbekannt unpfändbar war. Sodann setzte das AG Gerichtskosten in Höhe von € 610,10 gegen den Kläger fest. Auf die Erinnerung des Klägers hob das AG die Kostenrechnung mit Beschluss vom 02.07.2020 auf. Die gegen diesen Beschluss von der Beschwerdeführerin eingelegte Beschwerde wies das Landgericht zurück. Die zugelassene sofortige weitere Beschwerde wurde vom OLG als unbegründet zurückgewiesen.

Das AG habe die Kostenrecht zu Recht aufgehoben, da der dortige Kostenansatz zu Unrecht ergangen sei. Der Kläger würde als sog. Veranlassungsschuldner zwar für die Gerichtskosten haften, § 22 Abs. 1 S. 1 GKG. Allerdings würde dem hier § 31 Abs. 2 S. 1 GKG entgegenstehen:

Hafte ein Kostenschuldner nach § 29 Nr. 1 oder 2 GKG (sog. Erstschuldner) soll die Haftung eines anderen Kostenschuldners (sog. Zweischuldner) nur geltend gemacht werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners erfolglos geblieben sei oder aussichtslos erscheine. Es handle sich bei dieser Ordnungsvorschrift um solche, die eine Amtspflicht der Staatskasse begründe, weshalb der Zweitschuldner nur bei deren Vorliegen in Anspruch genommen werden könne. Anm.: Erstschuldner ist derjenige, dem im Urteil die Kosten auferlegt werde, Zweitschuldner z.B. der Kläger, wenn er obsiegte.

§ 31 Abs. 2 S. 1 GKG sei hier einschlägig. Mit den Beklagten zu 1. und 2. gäbe es zwei Kostenschuldner, die nach § 29 Nr. 1 1. Var. GKG haften würden.

In der Person des Beklagten zu 1. erscheine die Zwangsvollstreckung in dessen bewegliches Vermögen in Ansehung der amtsbekannten Pfandlosigkeit aussichtslos, weshalb die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 S. 1 GKG vorlägen. Gleichwohl sei in diesem Fall entgegen dem Wortlaut hier eine Inanspruchnahme des Klägers nicht möglich. Letztlich sei § 31 Abs. 2 S. 1 GKG im Hinblick auf § 31 Abs. 3 S. 1 1. Hs. GKG so auszulegen, dass die Haftung eines anderen Kostenschuldners solange nicht geltend gemacht werden könne, soweit einem Kostenschuldner (der nach § 29 Nr. 1 GKG hafte) PKH bewilligt worden sei. Auch wenn hier nur (noch) der Beklagten zu 2. PKH gewährt ist, nicht dem mit ihm für die Kosten haftenden Beklagten zu 1., würden sie doch gesamtschuldnerisch für die Kosten einzustehen haben, § 31 Abs. 1 GKG, was bedeute, dass der Kostenansatz gegen den Kläger als Zweitschuldner und dessen Zahlung an die Gerichtskasse, auch für den Erstschuldner, dem PKH gewährt wurde, Tilgungswirkung zukäme, §§ 267, 422 BGB. Der Zweitschuldner würde mithin in diesem Fall für sämtliche Erstschuldner in Anspruch genommen.

Aus diesem Umstand sei zu folgern, dass die Gerichtskosten nur dann gem., § 31 Abs. 2 S. 1 GKG gegen den Zweischuldner festgesetzt werden können, wenn eine Zwangsvollstreckung auch in das bewegliche Vermögen der Beklagten zu 2. erfolglos geblieben sei oder aussichtslos erscheine. Dies sei hier nicht der Fall da einer Geltendmachung bei der Beklagten zu 2. § 122 Abs. 1 Nr. 1 a) ZPO entgegenstünde, weshalb eine Zwangsvollstreckung gegen die Beklagte zu 2. nicht in Betracht käme (Begünstigung durch PKH). Von daher könne der Erstschuldner in diesem Fall nicht in Anspruch genommen werden.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.08.2021 - 18 W 44/21 -

Freitag, 10. Dezember 2021

Erbvertrag nichtehelicher Partner bei nachfolgender Heirat und späterer Scheidung

Am 02.05.2000 errichteten der Erblasser und die Beteiligte zu 2. einen notariellen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und die Tochter der Beteiligten zu 2. sowie den Beteiligten zu 1. zu Erben des Letztversterbenden bestimmten. Der Erblasser und die Beteiligte zu 2. heirateten am 26.10.2001; die Ehe wurde mit Rechtskraft vom 06.04.2006 geschieden. Der Erblasser verstarb am 07.06.2017.

Das Gericht musste klären, wer Erbe nach dem verstorbenen Erblasser wurde. Ließ sich dies aus dem vor Eheschließung abgeschlossenen Erbvertrag entnehmen ?

Der Beteiligte zu 1., der einen Erbscheinsantrag stellte, kann diesen, so zutreffend das OLG, nur beanspruchen, , wenn die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Das erfordere, dass der Erblasser keine davon abweichende letztwillige Verfügung hinterlassen haben dürfte, was mittels Testament als auch Erbvertrag möglich sei.  Ein Erbvertrag läge vor.

Hatte dieser Erbvertrag, wie vom Beklagten zu 1. geltend gemacht, mit der Ehescheidung seine Wirksamkeit verloren ? § 2279 Abs. 1 BGB sähe vor, dass auf vertragsmäßige Zuwendungen in einem Erbvertrag die für die letztwillige Verfügung geltenden Vorschriften anzuwenden seien. Dazu gehöre auch § 2077 BGG, nach der eine letztwillige Verfügung zugunsten des Ehegatten unwirksam würde, würde die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst; gleiches gelte auch in dem Fall, dass der Erblasser zugunsten seines Verlobten eine letztwillige Verfügung getroffen hätte und die Verlobung vor dem Tot des Erblassers aufgelöst würde (OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.02.2016 - 20 W 322/14 -). Ferner würde § 2077 Abs. 1 S. 1 BGB auch dann Anwendung finden, wenn der Erblasser und die bedachte Person zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung verlobt seien und erst danach heiraten würden.

Aber § 2077 BGB sei nicht auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ohne ernstliches Eheversprechen (Verlöbnis) anwendbar (BayObLG, Beschluss vom 06.09.1983 – 1 Z 53/83 -). § 2077 BGB würde nur eine dispositive Auslegungsregel für die in der Norm benannten Fallgruppen enthalten. Ob die Regel in § 2077 BGB entsprechend Anwendung finden könne, wenn die Ehe erst nach Errichtung der letztwilligen Verfügung oder des Erbvertrages geschlossen worden ist, aber vor dem Tod des Erblassers wider geschieden wurde, würde unterschiedlich gesehen. Das OLG vertrat die Auffassung, dass das Zusammenleben ohne Trauschein schon seit Langem zur gesellschaftlichen Normalität gehöre und sich daran nicht als Regelfall eine Eheschließung anschließe. Das Verlöbnis als Vorbereitung der Ehe sei wie diese auf Dauer angelegt, während die nichteheliche Lebensgemeinschaft idR. ohne rechtliche Bindung und ohne bestimmte Dauer eingegangen würde. Von daher könne bei nichtehelichen Lebenspartnern, auch wenn sie späterhin die Ehe schließen, nicht ohne weiteres die Annahme eines besonderen partnerschaftlichen Bindungswillens unterstellt werden.

Vor diesem Hintergrund sei der tatsächliche Wille des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bzw. des Abschlusses des Erbvertrages zu ermitteln, § 2084 BGB, wozu zu ermitteln sei, ob er Erblasser, hätte er eine spätere Trennung in Betracht gezogen, ebenso verfügt hätte.  Ergäben sich keine ausdrücklichen Anhaltspunkte, sei der hypothetische Wille zu erforschen. Es ergäbe sich hier aus dem Wortlaut des Erbvertrages nichts dafür, dass er in Vorbereitung der Ehe geschlossen sei.  Die Beteiligte zu 1. verwies auf die Scheidungsauseinandersetzung, Zugewinnausgleichsvereinbarung, den damit verbundenen Versorgungsausgleich, die Vermögenstrennung sowie das alleine Sorgerecht des Erblassers; dies ließe aber nicht belegen, dass der Erblasser die beteiligte zu 2. im Falle einer kommenden Trennung nicht auch als Erbin eingesetzt hätte, vielmehr würde damit eher das Gegenteil angedeutet. Wenn im Erbvertrag seitens der Parteien ihr Vermögen akribisch trennen und auch sonst ihre nachehelichen Regelungen getroffen haben, läge die Vermutung nahe, dass sie auch den Erbvertrag aufgehoben hätten. Allerdings gäbe die Akte nichts dafür her, dass der Erblasser dazu nicht mehr in der Lage gewesen sei. Daher hielt es das OLG für überwiegend wahrscheinlich, dass der Erblasser, wenn er bei Abschluss des Erbvertrages die Trennung vorhergesehen hätte, auch keine dem § 2007 Abs. 1 BGB nachgebildete Klausel aufgenommen hätte.,

Anmerkung: Dieser Erbenstreit verdeutlicht, dass sich die die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenlebenden Partner bei Errichtung eines Testaments bzw. Abschluss eines Erbvertrages Gedanken für den Fall einer Trennung, auch für den Fall einer möglicherweise anschließenden Heirat und nachfolgender Scheidung , machen sollten und dies mit in das Testament  bzw. den Erbvertrag aufnehmen sollten. Nur so können Folgerungen, wie sie hier das OLG versuchte, ausgeschlossen werden, die evtl. nicht dem Willen des Erblassers entsprechen.

OLG Rostock, Beschluss vom 13.07.2021 -3 W 80/20 -

Donnerstag, 9. Dezember 2021

(Un-) Zulässige Einziehung einer Forderung aus Forderungskauf / Abtretung (Darlegungslast)

Die Klägerin klagte aus abgetretenen Recht einer Bank einen offenen Saldo der beklagten auf einem bei der Bank geführten Kreditkartenkonto ein. Von der Beklagte wurde u.a. die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin eingewandt, da die Abtretung gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoße.

Dem folgte das OLG, anders als zuvor das Landgericht. Die Abtretung des Anspruchs nach §§ 675, 670, 398 BGB verstoße gegen ein gesetzliches Verbot und sei daher nach § 134 BGB nichtig. Die Klägerin würde die Einziehung fremder bzw. zum Zwecke der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen als eigenständiges Geschäft und damit eine Rechtsdienstleistung gem. § 2 Abs. 2 RDG betreibe, ohne die dafür nach § 3 RDG erforderliche Befugnis zu haben.

Unstreitig sei, dass die Klägerin nicht über eine nach § 10 RDG erforderliche Registrierung verfüge. Lediglich ein mit ihr verbundenes Unternehmen habe die Registrierung. Auch wenn die Beklagte für die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot darlegungs- und beweispflichtig sei und damit nachzuweisen habe, dass die Klägerin entgegen deren Behauptung die Forderungen von der Bank nicht im Rahmen eines echten Forderungskaufs erworben sind und damit eine Inkassodienstleistung und keine bloße Inkassozession vorliegt, würde hier eine Ausnahme gelten. Habe die primär darlegungsbelastete Partei (wie hier die Beklagte) Keine nähere Kenntnis von den maßgeblichen Umständen und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung, während der Prozessgegner (wie hier die Klägerin) alle wesentlichen Tatsachen kenne und es ihm unschwer möglich sei, nähere Angaben zu machen, treffe den Prozessgegner die sekundäre Darlegungslast. Im Rahmen dieser habe er auch zumutbare Nachforschungen zu betreiben. Genüge der Prozessgegner (hier die Klägerin) seiner sekundären Darlegungslast nicht, so würde die Behauptung der Gegenpartei (hier der Beklagten) als nach § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden gelten (BGH, Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 367/19 -).

Da damit feststehen würde, dass die Beklagte keine näheren Kenntnisse habe, anders als die Klägerin, müsse die Klägerin als Erwerberin der Forderung den Nachweis ihrer Forderungsinhaberschaft darlegen und damit darlegen, dass die die Forderung vollwirksam und nicht lediglich zu Einziehungszwecken erworben habe. Damit sei der zugrundeliegende Kaufvertrag offenzulegen.

Auf den Hinweis des Senats habe die Klägerin den Forderungskaufvertrag nur unvollständig und teilweise geschwärzt vorgelegt. Damit sei die Klägerin ihrer sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen. Die Beklagte habe darauf hingewiesen, dass die Anlage 1 zu dem Kaufvertrag fast vollständig geschwärzt sei und sie davon ausgehen würde, dass dort abstrakt-generell geregelt sei, wer das wirtschaftliche Risiko trage, wie sich auch aus den Schwärzungen der §§ 11 und 12 der Schluss ergebe, dass es sich nicht um einen echten Forderungskauf handele, sondern um den geschäftsmäßigen Einzug fremder Forderungen. Dem sei die Klägerin nicht hinreichend entgegengetreten und habe insbesondere nicht den ungeschwärzten Vertrag vorgelegt.

Einer Beweisaufnahme durch Einvernahme der von der Klägerin benannten Zeugin habe es nicht bedurft. Die Frage, ob es sich um einen echten Forderungskauf handele sei eine Rechtsfrage und entziehe sich des Zeugenbeweises. Es sei daher davon auszugehen, dass die geschwärzten Passagen erheblich seien und auf das Vorliegen einer Inkassotätigkeit schließen ließen. Erschwerend käme hinzu, dass nach § 2 Abs. 2 des Vertrages die Vertragsparteien davon ausgegangen seien, dass die Klägerin über eine Erlaubnis zum geschäftsmäßigen Einzug von fremden Forderungen verfüge, was tatsächlich nicht der Fall sei.

Folglich sei davon auszugehen, dass die Abtretung gegen ein gesetzliches Verbot verstoße, weshalb die Klage auf die Berufung hin abzuweisen sei.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.08.2021 - 24 U 171/20 -

Montag, 6. Dezember 2021

Schriftformerfordernis (§ 550 BGB) bei wesentlicher Änderung des Mietvertrages ?

Der Rechtsstreit der Mietvertragsparteien erledigte sich im Rahmen des Revisionsverfahrens in der Hauptsache und der BGH hatte nur noch über die Kosten zu entscheiden. Die Kostenentscheidung hat auch im Revisionsverfahren, worauf der BGH hinwies, gem. § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu erfolgen. Danach seien die Kosten des Verfahrens hier der Klägerin aufzuerlegen, da sie mit ihrem Räumungs- und Herausgabeanspruch der Mietsache, der auf einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB gestützt wurde, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durchgedrungen wäre.

Grundlage des Rechtstreits war § 550 BGB, demzufolge ein für einen längeren Zeitraum als einem Jahr abgeschlossener Mietvertrag der Schriftform bedarf. Der Zweck der Norm bestehe darin, einen Erwerber des Grundstücks vor der Gefahr zu schützen, an einen Mietvertrag, dessen Inhalt er nicht zuverlässig kennt, länger als ein Jahr gebunden zu sein (BGH, Urteil vom 12.03.2003 - XII ZR 18/00 -). Ferner würde die Norm auch dazu dienen, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese auch vor einer unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen (BGH, Urteil vom 27.09.2017 - XII ZR 114/16 -). Der Gesetzgeber habe mit der Vorgabe, dass die Schriftform für Verträge über eine Laufzeit von mehr als einem Jahr geltend würde, gleichzeitig postuliert, bis zu welchem Zeitpunkt nicht von einer langfristigen  Bindung auszugehen sei.

Nach dem benannten Zweck der Norm würde das Schriftformerfordernis auch für vertragswesentliche Vereinbarungen (wie z.B. Miethöhe) gelten, wenn diese länger als ein Jahr gelten sollen. Daraus ergäbe sich, dass die Jahresfrist er mit Abschluss einer nicht formgerechten Änderungsvereinbarung zu laufen beginne, die die Schriftform des ursprünglich formwirksamen Vertrages entfallen ließe (BGH, Urteil vom 25.01.2017 - XII 69/16 -), weshalb sich die Vertragsparteien (einschließlich eines evtl. eintretenden Erwerbers) selbst bei einem Schriftformverstoß bei der Änderungsvereinbarung erst nach Ablauf eines Jahres aus der vertraglichen Bindung lösen könnten.

Vorliegend ging es um zwei Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Minderung der Miete infolge eines Minderungsgrundes und der Dauer der möglichen Minderungen. Vorliegend käme es nicht darauf an, ob die Vereinbarung zur Minderung der Schriftform unterliege, wenn die Dauer an das Bestehen des Minderungsgrundes geknüpft sei. Die Minderungen hätten jeweils eine Dauer von unter einem Jahr gehabt. Auch wenn beide Minderungen mit 15 Monaten die Jahresfrist überschritten hätten, käme es darauf nicht an, da die Laufzeit jeweils in Bezug auf die einzelne Abrede betrachtet werden müsse. Der von der Klägerin aus den beiden Vereinbarungen abgeleitete Schriftformverstoß des bis zum 31.08.2020 befristeten und mit zwei je fünfjährigen Verlängerungsoptionen für den Mieter versehene Mietvertrag habe mithin nicht an einem Schriftformverstoß gem. § 550 BGB gelitten, weshalb die darauf beruhende Kündigung und damit das gerichtliche Räumungs- und Herausgabeverlangen unberechtigt seien.

BGH, Beschluss vom 15.09.2021 - XII ZR 60/20 -

Samstag, 4. Dezember 2021

Unzulässige Polizeiklausel in AGB eines Kfz-Vermieters

In den AGB der klagenden gewerblichen Autovermietung hieß es unter der Überschrift „Wesentliche Pflichten des Mieters“

„Der Mieter hat jeden Diebstahl oder Verlust (oder gegebenenfalls jeden Unfall) sofort der Polizei anzuzeigen und den Vermieter unverzüglich in Textform über die Anzeige zu unterrichten.“

Der Beklagte hatte einen Unfall nicht sofort der Polizei angezeigt. Die Kosten der Reparatur, die der Beklagte nur in Höhe der vereinbarten Selbstbeteiligung zahlte, waren Streitgenstand. Nach seiner Ansicht kann sich der Autovermieter nicht auf die benannte Klausel berufen, um die weiteren Reparaturkosten von ihm zu fordern, da diese Klausel AGB-widrig sei.

Das Landgericht schloss sich der Rechtsansicht des Beklagten an.

Der Klägerin stünde zwar wegen Verletzung einer Obhutspflicht ein Schadensersatzanspruch zu, §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 28.02.2018 – VIII ZR 157/17 -). Dieser Anspruch sei hier aber auf die gezahlte Selbstbeteiligung begrenzt. Unabhängig davon, ob die Klausel bereits wegen Mehrdeutigkeit nach § 305c Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB nicht greife, sei sie jedenfalls nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Danach seien Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam, wenn sie den Vertragspartners des Verwenders der AGB entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, wobei sich eine Unangemessenheit auch daraus ergeben könne, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich sei.

Grundsätzlich bestünden keine Bedenken gegen eine sogen. Polizeiklausel (BGH, Urteil vom 01.12.2009 – XII ZR 117/09 -). Vorliegend weiche die Klausel aber von jener, die der BGH zu beurteilen hatte ab.

Schon die in Klammern gesetzte Formulierung „gegebenenfalls jeden Unfall“ sei nicht klar und verständlich. Die Formulierung „gegebenenfalls“ würde vom Kunden dahingehend verstanden werden können, dass die Verpflichtung nur eingeschränkt gilt. Verstärkt würde dies noch dadurch, dass dies in Klammern gesetzt wurde, demgegenüber die beiden weiteren Ereignisse, die sofort der Polizei zu melden seien (Diebstahl oder Verlust) ohne Klammern genannt seien.

Dieser Eindruck des typischerweise angesprochenen Kunden zu einem Stufenverhältnis zwischen Unfall und Diebstahl/Verlust würde sich würde sich auch dadurch verfestigen, dass es in demselben Paragrafen, einen Abschnitt darüber hieß: „Der Mieter hat dem Vermieter den Unfall, Diebstahl oder Verlust unverzüglich – gleich auf welche Weise – anzuzeigen.“ Da dort die Ereignisse gleichberechtigt nebeneinander genannt wurden, vermute der typischerweise angesprochene Mieter einen Unterschied zu der Polizeiklausel. Ansonsten hätte es heißen können: „Der Mieter hat jeden Diebstahl, Verlust oder Unfall sofort der Polizei anzuzeigen und den Vermieter unverzüglich in Textform über die Anzeige zu unterrichten.“

Es sei auch nicht fernliegend, einen Unterschied zwischen Diebstahl/Verlust und Unfall zumachen. Da Diebstahl eine Straftat sei und auch der Verlust eines Fahrzeugs fast immer auf einer Straftat beruht, mithin die Hinzuziehung der Polizei eine natürliche Erstreaktion sei, sei es bei kleineren Unfällen ohne Personenschaden, bei denen auch keine Verkehrsstraftat (z.B. § 142 StGB, § 315b StGB) in Betracht käme, oder – wie wohl vorliegend – kein Dritter beteiligt war, untypisch die Polizei hinzuzuziehen.

Die Konsequenz der Unwirksamkeit sei, dass sich das Verhältnis der Parteien nach den gesetzlichen Vorschriften orientiere, § 306 Abs. 2 BGB. Hier allerdings würde die Obliegenheit für den Mieter eines Fahrzeugs, die Polizei bei einem Unfall sofort zu informieren, nicht bestehen. Anderes könne auch nicht aus § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VVG abgeleitet werden, denn diese Normen setzen eine wirksame und ausdrückliche vertragliche Vereinbarung der Anzeigenobliegenheit voraus, an der es hier in Ansehung der Unwirksamkeit der Polizeiklausel ermangele.

LG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.08.2021 - 2-13 O 333/20 -

Donnerstag, 2. Dezember 2021

Grenzen der Vollstreckung mit elektronisch übermittelten Vollstreckungsbescheiden

Der Gläubiger hatte gegen die Schuldnerin einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Auf dem elektronischen Weg erteilte er bei Amtsgericht einen Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher, bei dem er zugleich die Abnahme der Vermögenauskunft bei der Schuldnerin und, falls die Schuldnerin dem Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleiben würde, den Erlass eines Haftbefehls gegen sie beantragt. Dem Antrag lag der Vollstreckungsbescheid als elektronische Dokument bei und es wurde versichert, dass das Original des Titels nebst Zustellungsbescheinigung vorläge und die Forderung gemäß dem Vollstreckungsauftrag noch bestünde.  Die Schuldnerin erschein zum Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft unentschuldigt nicht. Das Amtsgericht forderte nunmehr vom Gläubiger das Original des Vollstreckungsbescheides zur Prüfung des Erlasses des beantragten Haftbefehls an. Da dem der Gläubiger nicht nachkam, wies es den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zurück. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers wurde zurückgewiesen. Im Verlauf des (vom Beschwerdegericht zugelassenen) Rechtsbeschwerdeverfahrens beglich die Schuldnerin die Forderung und die Hauptsache wurde für erledigt erklärt. Der BGH sah in der Sache die Rechtsbeschwerde nicht als erfolgversprechend an und erlegte dem Gläubiger die Kosten des Verfahrens auf.

Der BGH verwies darauf, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 802g Abs. 1 S. 1 ZP= oder § 802c ZPO zur Erzwingung der Abgabe des Vermögensverzeichnisses ein Haftbefehl erlassen werden könne. Das Vollstreckungsgericht habe dann zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen. Zum Nachweis könne das Vollstreckungsgericht die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels verlangen. Es müsse sich nicht, anders als der Gerichtsvollzieher bei der Abnahme der Vermögensauskunft, nicht mit der Vorlage einer Abschrift des Vollstreckungsbescheides als elektronisches Dokument begnügen. Die Regelung des § 754a ZPO zum elektronischen Vollstreckungsauftrag sei nicht auf das richterliche verfahren zum Erlass eines Haftbefehls anwendbar. Auch der Umstand, dass der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls bereits mit dem elektronisch möglichen Vollstreckungsauftrag möglich sei, beute nicht, dass deshalb § 754a ZPO hier auch anwendbar sei. Der Gesetzgeber habe mit § 754a ZPO eine Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens für geringwertige Forderungen (titulierter Anspruch von max. € 5.000,00 einschl. Nebenforderungen und Kosten) beabsichtigt, keine weiteren – außer dem elektronisch vorgelegten Vollstreckungsbescheid - Urkunden vorgelegt werden müssten. Demgegenüber handele es sich bei einem Haftbefehl, der vollzogen wird, um einen einschneidenden Grundrechtseingriff durch die freiheitsentziehende Maßnahme.

§ 754a Abs. 1 ZPO richte sich ausschließlich an den Gerichtsvollzieher im Hinblick auf dessen Vollstreckungsauftrag, nicht auch an das Vollstreckungsgericht gerichtete Anträge. Das folge bereits aus dem Wortlaut des § 754a Abs. 2 ZPO, der als Vollstreckungsorgan den Gerichtsvollzieher benennt. Ferner spreche die systematische Stellung des § 754a ZPO für dessen Unanwendbarkeit für das Vollstreckungsgericht. Es sei eine Reglung am Ende der Reglungen zur Zuständigkeit von Gerichtsvollziehern. Ferner enthalte § 829a ZPO eine ähnliche Regelung wie § 754a ZPO, allerdings in Bezug auf die elektronische Übermittlung des Vollstreckungsbescheides an das Vollstreckungsgericht zur Erwirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (§§ 829, 835 ZPO). Für den Haftbefehl nach § 802g Abs. 1 ZPO fehle eine solche Regelung.

Sinn und Zweck würden hier auch keine erweiternde Auslegung des § 754a ZPO gebieten. In diesem Zusammenhang wies der BGH auf der - trotz Schutzmechanismen wie in § 754a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ZPO - bestehenden Missbrauchsgefahr hin, weshalb der Gesetzgeber das elektronische Auftragsverfahren auf bestimmte Fälle beschränkt habe.

BGH, Beschluss vom 24.09.2021 - 16 W 28/21 -

Dienstag, 30. November 2021

Haustiere als berücksichtigungsfähiger Haushaltsführungsschaden

Nach einem Unfall besteht häufig Streit über den Schaden des Geschädigten. Neben reinen Sachschäden (so am Fahrzeug) und Schmerzensgeld wegen Verletzungen ist an entgangenen Verdienst/Gewinn aber auch an einen Haushaltsführungsschaden zu denken. Ein solcher Streit liegt der Entscheidung des OLG Koblenz vom 01.03.2021 zu Grunde, bei dem ein Schwerpunkt der Haushaltsführungsschaden unter besonderer Berücksichtigung von Tieren im Haushalt des Geschädigten ist.

Das Landgericht hatte sich auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten gestützt, welches von einer Minder der Haushaltsführungstätigkeit zu verschiedenen Prozentsätzen ab dem Unfall bis zur Ausheilung der unfallbedingten Verletzungen ausging. Die Höhe des Haushaltsschadens, so das OLG, würde sich aus den von der Klägerin darzulegenden und zu beweisenden Umständen ergeben, nämlich die eigenen Lebens- und Wohnverhältnisse (Größe des Hauses/der Wohnung, Anzahl der zu versorgenden Personen, eine evtl. Berufstätigkeit), Umfang der Haushaltstätigkeit vor dem Unfall (was wurde täglich erledigt, was nur wöchentlich oder monatlich. Dem sei der Umfang der noch möglichen Haushaltstätigkeit gegenüberzustellen.

Den vom OLG als „Sonderfall“ eingestuften Umstand, dass auch Haustiere der Klägerin bzw. deren Familie zu versorgen seien, wollte der Senat nicht grundsätzlich die Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen eines Haushaltsführungsschadens versagen. Dabei seien aber Besonderheiten zu berücksichtigen:

Nach Angaben der Klägerin habe diese den Hund vor dem Unfall 90 Minuten/Tag ausgeführt, nach dem Unfall nur 75 Minuten. Hier negierte das OLG einen ersatzfähigen Schaden. Es sei weder dargelegt worden, weshalb es der Klägerin nicht möglich gewesen sei, noch weitere 15 Minuten/Tag mit dem Hund zu gehen, wie auch nicht, weshalb durch die fehlenden 15 Minuten der Hund einen Schaden erleiden sollte. Zudem habe ein Zeuge bekundet, dass er den Hund ebenfalls abends, teilweise nachts ausführe, weshalb eine Kompensation vorläge und einen Ersatzanspruch ausschließe.

Anmerkung:

Sollte der Hund dadurch einen Schaden erleiden, würde es sich nicht um einen Haushaltsführungsschaden handeln, sondern um einen Folgeschaden in Form eines Sachschadens aus dem dem Vorgang zugrunde liegenden Verkehrsunfall; allerdings läge bei einem dadurch bedingten Schaden beim Hund wohl ein Mitverschulden der Klägerin vor, da sie für eine Kompensation (z.B. durch Beauftragung eines Dritten, ggf. gegen Entgelt, diesen hätte abwenden können.

Ein Haushaltsführungsschaden läge allerdings vor, wenn die Klägerin nachweislich nicht 90 Minuten den Hund hätte ausführen könnte, dies aber notwendig wäre, und wenn nun ein Dritter, wenn es auch ein Familienmitglied der Klägerin war, die zeitliche Differenz übernimmt; in diesem Fall wäre der geldwerte Vorteil des Ausführend des Dritten zu bewerten (üblicher Stundensatz) und als Haushaltsführungsschaden zu behandeln. Der Umstand einer Kompensation, wie sie hier nach Ansicht des OLG vorlag, würde mithin nicht den Haushaltsführungsschaden hindern können, da dieser gerade auch dann gilt, wenn Dritte die Tätigkeiten übernehmen, die von dem Geschädigten bisher wahrgenommen wurden. Allenfalls wäre zu prüfen, ob eine Kompensation dadurch erfolgen könnte, dass der Dritte, der die Aufgabe übernimmt, bisher im Haushalt eine andere Tätigkeit ausführte, die dem Geschädigten auf Grund seiner Verletzung noch möglich wäre, so dass durch zumutbare Umorganisation ein Schaden entfällt.

Alleine mit der Begründung einer Kompensation dadurch, dass ein Dritter den Hund (ergänzend) ausführt, kann mithin entgegen der Annahme des OLG der Haushaltsführungsschaden nicht negiert werden. Gleichwohl ist vorliegend die Verneinung eines solchen zutreffend, da die Klägerin nicht dargelegt haben soll, warum sie den Hund nur 75 Minuten und nicht 90 Minuten habe ausführen können, unabhängig davon, dass auch nach den Entscheidungsgründen nicht ersichtlich wäre, weshalb der Hund 90 Minuten hätte ausgeführt werden müssen und nicht (jedenfalls übergangsweise) 75 Minuten ausreichend sein sollen.  

Weiterhin hatte die Klägerin Fische und Hasen gezüchtet und versorgt. Hierbei würde es sich nach Ansicht des OLG um eine reine Liebhaberei der Klägerin bzw. deren Familie handeln. Eine solche führe nicht zu einer Ersatzfähigkeit im Rahmen eines Haushaltsführungsschadens; dieser Umstand sei lediglich im Rahmen des Schmerzensgeldes berücksichtigungsfähig. Zudem sei dem Senat nicht ersichtlich, weshalb nicht der Ehemann oder die im Haushalt lebende Tochter die Hasen und Fische hätte versorgen können.

Anmerkung: Sollte die Klägerin nach der Organisation des Haushalts die Fische und Hasen versorgt haben und unfallbedingt dazu nicht in der Lage gewesen sein (was sie darlegen und beweisen müsste), so würde auch hier bei einer Übernahme durch ein Familienmitglied bzw. einem sonstigen Dritten ein Haushaltsführungsschaden bestehen, der ersatzfähig ist. Es lässt sich aus den Entscheidungsgründen nicht entnehmen, was während des verletzungsbedingten Ausfalls der Klägerin mit den Hasen und Fischen erfolgte; sollten sie weggegeben worden sein oder sogar eingegangen sein ? In diesem Fall läge wohl wieder ein Mitverschulden vor, da eine Ersatzmöglichkeit hätte beschafft werden können (evtl. zeitweise Unterbringung in einem Tierheim oder einer Tierhandlung gegen Entgelt, welches vom Schädiger zu ersetzen wäre, wenn nicht Familienmitglieder einspringen können, deren Tätigkeit auch einen ersatzfähigen Schaden darstellen würden, oder eine Umorganisation möglich sein, die einen Ersatzanspruch ausschließen würde). Nach den Leitsätzen der Entscheidung musste die Klägerin die Zucht aufgeben; dies bedinge eine Berücksichtigung im Rahmen des Schmerzensgeldes.

Die Begründung des Senats zur Versagung der Ersatzfähigkeit ist nicht überzeugend und widerspricht vom Ansatz der Ersatzfähigkeit eines Haushaltsführungsschadens, da es nicht darauf ankommt, ob Tiere aus Liebhaberei gehalten werden. Auch ein im Haushalt lebender Hund wird regelmäßig aus Liebhaberei gehalten. Eine Berücksichtigung im Rahmen des Schmerzensgeldes scheidet grundsätzlich aus. Soweit es mithin um die Versorgung derselben ging, läge ein ersatzfähiger Schaden vor, wenn sich die Klägerin verletzungsbedingt um diese nicht kümmern konnte und ein Dritter dies übernehmen muss, auch dann, wenn es ein im Haushalt lebendes Familienmitglied ist, wenn nicht durch Umorganisation  der Haushaltsführung die Klägerin eine andere Tätigkeit übernehmen könnte. Die Berücksichtigung der entfallenden Zucht aus Liebhaberei im Rahmen des Schmerzensgeldes ist nachvollziehbar.

Die Klägerin hatte zudem ein Pferd. Dieses befand sich nach ihren Angaben in einem Pensionsstall in „Vollpension“ (d.h., die Box wurde vom Betreiber des Pferdehofes gereinigt, mit Heu / Einstreu versorgt, wie auch für Wasser und Futter gesorgt und regelmäßig auch für Auslauf). Darauf basierend negierte der Senat einen Ersatzanspruch der Klägerin für einen Haushaltsführungsschaden.

Anmerkung: Dieser Ansicht des Senats ist zu folgen. Der Haushaltsführungsschaden soll vermehrte Bedürfnisse finanziell abdecken. Wenn sich aber die Klägerin um das Pferd nicht kümmern musste, da es in Vollpension stand, gab es keine Verpflichtungen der Klägerin für das Pferd und konnten auch Aufwendungen dafür (sei es auch fiktiv dadurch, dass andere Personen des Reitstalls nun für die Klägerin tätig wurden) entstehen.

Zutreffend wies der Senat darauf hin, dass gegebenenfalls die Aufwendungen der Klägerin für die Unterstellung des Pferdes einen ersatzfähigen Schaden nach § 249 BGB darstellen könnten. Dies wäre dann der Fall, wenn das Pferd z.B. von der Klägerin gehalten wurde, da sie es ritt. Konnte sie verletzungsbedingt das Pferd nicht nutzen, hatte sie Aufwendungen für das Pferd (durch das an den Reitstell zu zahlende Entgelt, welches sie hier als Schadensposition hätte geltend machen können. Dies wurde aber von der Klägerin nicht geltend gemacht; dazu hätte sie die Kosten darlegen und im Bestreitensfall nachweisen müssen.

Das OLG hatte sich im Übrigen zum weiteren Haushaltsführungsschaden der Ansicht des Landgerichts angeschlosssen, dass die Klägerin täglich vier Stunden im Haushalt tätig war und den für die Entschädigung zugrunde liegenden Stundensatz mit dem im fraglichen Zeitraum mit € 8,50 geltenden Mindestlohnsatz angenommen. Gemäß der prozentualen Höhe des Ausfalls der Klägerin bei den Haushaltsarbeiten hatte es den Entschädigungsbetrag dann für die entsprechende Zeitspanne berechnet.

OLG Koblenz, Urteil vom 01.03.2021 - 12 U 1297/20 -