Der Gläubiger hatte gegen die Schuldnerin einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Auf dem elektronischen Weg erteilte er bei Amtsgericht einen Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher, bei dem er zugleich die Abnahme der Vermögenauskunft bei der Schuldnerin und, falls die Schuldnerin dem Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleiben würde, den Erlass eines Haftbefehls gegen sie beantragt. Dem Antrag lag der Vollstreckungsbescheid als elektronische Dokument bei und es wurde versichert, dass das Original des Titels nebst Zustellungsbescheinigung vorläge und die Forderung gemäß dem Vollstreckungsauftrag noch bestünde. Die Schuldnerin erschein zum Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft unentschuldigt nicht. Das Amtsgericht forderte nunmehr vom Gläubiger das Original des Vollstreckungsbescheides zur Prüfung des Erlasses des beantragten Haftbefehls an. Da dem der Gläubiger nicht nachkam, wies es den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zurück. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers wurde zurückgewiesen. Im Verlauf des (vom Beschwerdegericht zugelassenen) Rechtsbeschwerdeverfahrens beglich die Schuldnerin die Forderung und die Hauptsache wurde für erledigt erklärt. Der BGH sah in der Sache die Rechtsbeschwerde nicht als erfolgversprechend an und erlegte dem Gläubiger die Kosten des Verfahrens auf.
Der BGH verwies darauf, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 802g Abs. 1 S. 1 ZP= oder § 802c ZPO zur Erzwingung der Abgabe des Vermögensverzeichnisses ein Haftbefehl erlassen werden könne. Das Vollstreckungsgericht habe dann zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen. Zum Nachweis könne das Vollstreckungsgericht die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels verlangen. Es müsse sich nicht, anders als der Gerichtsvollzieher bei der Abnahme der Vermögensauskunft, nicht mit der Vorlage einer Abschrift des Vollstreckungsbescheides als elektronisches Dokument begnügen. Die Regelung des § 754a ZPO zum elektronischen Vollstreckungsauftrag sei nicht auf das richterliche verfahren zum Erlass eines Haftbefehls anwendbar. Auch der Umstand, dass der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls bereits mit dem elektronisch möglichen Vollstreckungsauftrag möglich sei, beute nicht, dass deshalb § 754a ZPO hier auch anwendbar sei. Der Gesetzgeber habe mit § 754a ZPO eine Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens für geringwertige Forderungen (titulierter Anspruch von max. € 5.000,00 einschl. Nebenforderungen und Kosten) beabsichtigt, keine weiteren – außer dem elektronisch vorgelegten Vollstreckungsbescheid - Urkunden vorgelegt werden müssten. Demgegenüber handele es sich bei einem Haftbefehl, der vollzogen wird, um einen einschneidenden Grundrechtseingriff durch die freiheitsentziehende Maßnahme.
§ 754a Abs. 1 ZPO richte sich ausschließlich an den Gerichtsvollzieher im Hinblick auf dessen Vollstreckungsauftrag, nicht auch an das Vollstreckungsgericht gerichtete Anträge. Das folge bereits aus dem Wortlaut des § 754a Abs. 2 ZPO, der als Vollstreckungsorgan den Gerichtsvollzieher benennt. Ferner spreche die systematische Stellung des § 754a ZPO für dessen Unanwendbarkeit für das Vollstreckungsgericht. Es sei eine Reglung am Ende der Reglungen zur Zuständigkeit von Gerichtsvollziehern. Ferner enthalte § 829a ZPO eine ähnliche Regelung wie § 754a ZPO, allerdings in Bezug auf die elektronische Übermittlung des Vollstreckungsbescheides an das Vollstreckungsgericht zur Erwirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (§§ 829, 835 ZPO). Für den Haftbefehl nach § 802g Abs. 1 ZPO fehle eine solche Regelung.
Sinn und Zweck würden hier auch keine erweiternde Auslegung des § 754a ZPO gebieten. In diesem Zusammenhang wies der BGH auf der - trotz Schutzmechanismen wie in § 754a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ZPO - bestehenden Missbrauchsgefahr hin, weshalb der Gesetzgeber das elektronische Auftragsverfahren auf bestimmte Fälle beschränkt habe.
BGH, Beschluss vom
24.09.2021 - 16 W 28/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Der Gläubiger
trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
A. Der
Gläubiger hat gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem
Vollstreckungsbescheid wegen einer Geldforderung nebst Zinsen und Kosten in
Höhe von insgesamt 1.404,85 € betrieben. Hierzu hat er beim Amtsgericht auf
elektronischem Weg einen Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher
erteilt. Er hat die Abnahme der Vermögensauskunft und den Erlass eines
Haftbefehls beantragt, falls die Schuldnerin dem Termin zur Abgabe der
Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleiben werde. Dem Vollstreckungsauftrag
hat er eine Abschrift des Vollstreckungsbescheids als elektronisches Dokument
beigefügt und versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Schuldtitels nebst
Zustellungsbescheinigung vorliege und die Forderung in Höhe des
Vollstreckungsauftrags noch bestehe.
Die Schuldnerin
ist in dem von der Gerichtsvollzieherin anberaumten Termin zur Abnahme der
Vermögensauskunft unentschuldigt nicht erschienen. Daraufhin hat die
Gerichtsvollzieherin ihre Sonderakte nebst den darin befindlichen Ausdrucken
des Vollstreckungsbescheids und des Antrags auf Erlass eines Haftbefehls an das
Amtsgericht weitergeleitet.
Das Amtsgericht
hat beim Gläubiger den Vollstreckungsbescheid im Original angefordert. Nachdem
dieser der Aufforderung nicht nachgekommen ist, hat es den Antrag auf Erlass
eines Haftbefehls zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde
des Gläubigers hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen hat der
Gläubiger die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Im
Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Schuldnerin die Forderung
beglichen. Daraufhin hat der Gläubiger den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls
für erledigt erklärt. Der Schuldnerin ist am 22. Mai 2021 die
Erledigungserklärung des Gläubigers mit dem Hinweis zugestellt worden, dass von
ihrer Zustimmung ausgegangen wird, falls sie nicht binnen zwei Wochen ab
Zustellung des Schriftsatzes widerspricht. Die Schuldnerin hat sich hierzu
nicht geäußert.
B. Das
Beschwerdegericht hat angenommen, das Amtsgericht habe im Rahmen der Prüfung
der Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls die Vorlage des
Vollstreckungsbescheids im Original verlangen dürfen. Soweit nach § 754a
ZPO die Übermittlung des Vollstreckungsbescheids als elektronisches Dokument
ausreiche, gelte die Vorschrift lediglich für den Vollstreckungsauftrag beim
Gerichtsvollzieher, aber nicht für das gerichtliche Verfahren auf Erlass eines
Haftbefehls.
C. Der
Senat hat nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung
des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Kosten
des Verfahrens betreffend den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls (§ 802g
Abs. 1 ZPO) zu entscheiden. Danach hat der Gläubiger die Kosten des
Verfahrens zu tragen.
I. Das
Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls (§ 802g Abs. 1
ZPO) ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien in
der Hauptsache erledigt.
1. Im
Streitfall ist von übereinstimmenden Erledigungserklärungen auszugehen.
Aufgrund des fehlenden Widerspruchs der Schuldnerin innerhalb der
Zweiwochenfrist des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO gilt ihre Zustimmung
zur Erledigungserklärung des Gläubigers als erteilt; hierauf ist sie zuvor
hingewiesen worden. Die Rechtsfolge des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO
ist eingetreten, auch wenn die Schuldnerin nicht anwaltlich vertreten ist. Da
gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO die Erledigungserklärungen zu
Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden können, bedarf es insoweit nach
§ 78 Abs. 3 ZPO keiner Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - IX ZR
244/09, NZI 2011, 937 Rn. 6).
2. Die
übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien sind wirksam, weil die
vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig ist (vgl. BGH,
Beschluss vom 27. Mai 1968 - AnwZ (B) 9/67, BGHZ 50, 197, 198 [juris Rn. 4];
Beschluss vom 15. Januar 2004 - IX ZB 197/03, NZI 2004, 216 [juris Rn. 3]; BGH,
NZI 2011, 937 Rn. 7). Der Gläubiger konnte das Rechtsmittel wirksam einlegen,
auch wenn ihm der angefochtene Beschluss entgegen § 329 Abs. 2
Satz 2, § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zugestellt, sondern
formlos übersandt und der Fehler mangels Zustellungsabsicht des
Beschwerdegerichts nicht nach § 189 ZPO geheilt worden ist, so dass die
Rechtsbeschwerdefrist des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht begonnen
hat (vgl. BAG, NJW 2008, 1610 Rn. 9 f.; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2020 - I ZB
83/19, NJW-RR 2020, 1191 Rn. 12).
II. Es
entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands der
Billigkeit, dass der Gläubiger die Kosten des Verfahrens trägt (§ 91a
Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Die
Kosten des Verfahrens sind nicht schon deshalb der Schuldnerin aufzuerlegen,
weil sie sich aufgrund der Begleichung der Forderung freiwillig in die Rolle
der Unterlegenen begeben hätte. Die Zahlung des geforderten Betrags
rechtfertigt unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Kostenentscheidung zulasten
des Leistenden, wenn dieser dadurch zum Ausdruck bringt, dass er den
Rechtsstandpunkt des Gläubigers im Ergebnis hinnehme (vgl. BGH, NZI 2011, 937
Rn. 12; BGH, Beschluss vom 8. Juni 2021 - VI ZR 1232/20, VersR 2021, 1188 Rn.
2; jeweils mwN). Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich
die Schuldnerin aufgrund der Zahlung des zu vollstreckenden Betrags der
Sichtweise des Gläubigers gebeugt hat, das Vollstreckungsgericht sei zum Erlass
eines Erzwingungshaftbefehls verpflichtet gewesen.
2. Für
die Kostenentscheidung ist darauf abzustellen, ob die Rechtsbeschwerde des
Gläubigers Erfolg gehabt hätte, wenn die Hauptsache nicht übereinstimmend für
erledigt erklärt worden wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2010 - I ZR
86/09, GRUR-RR 2011, 291 Rn. 8; Beschluss vom 26. Februar 2014 - I ZR 120/09,
PharmR 2014, 257, 258 [juris Rn. 7]). Das Rechtsmittel wäre bei Fortführung des
Verfahrens unbegründet gewesen, weil das Amtsgericht den Erlass des
Erzwingungshaftbefehls von der Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des
Vollstreckungsbescheids abhängig machen durfte. Danach entspricht es billigem
Ermessen, den Gläubiger mit den Kosten des Verfahrens zu belasten.
a) Gemäß
§ 802g Abs. 1 Satz 1 ZPO erlässt das Gericht auf Antrag des
Gläubigers gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft
unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß
§ 802c ZPO ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen
Haftbefehl. Der Gläubiger kann den Antrag auf Anordnung von Erzwingungshaft mit
dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft verbinden, aber auch im Termin oder
danach schriftlich stellen. Ist der Antrag beim Gerichtsvollzieher gestellt
worden, so leitet dieser ihn zusammen mit seiner Akte an das
Vollstreckungsgericht weiter (Begründung des Bundesratsentwurfs eines Gesetzes
zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, BT-Drucks. 16/10069,
S. 28; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - I ZB 27/14, NJW 2015, 2268
Rn. 11). Das mit dem Haftantrag befasste Vollstreckungsgericht hat zu prüfen,
ob die allgemeinen Verfahrens- und Vollstreckungsvoraussetzungen sowie die
besonderen Haftvoraussetzungen für die Anordnung der Freiheitsentziehung
gegeben sind (BT-Drucks. 16/10069, S. 28; BGH, Beschluss vom 14. August
2008 - I ZB 10/07, NJW 2008, 3504 Rn. 16; MünchKomm.ZPO/Forbriger, 6. Aufl.,
§ 802g Rn. 3). Zum Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen kann das
Vollstreckungsgericht grundsätzlich die Vorlage der vollstreckbaren
Ausfertigung des Schuldtitels verlangen (vgl. BGH, NJW 2008, 3504 Rn. 21; NJW
2015, 2268 Rn. 12).
b) Das
Beschwerdegericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich das
Vollstreckungsgericht für die Anordnung von Erzwingungshaft (§ 802g
Abs. 1 Satz 1 ZPO) - anders als der Gerichtsvollzieher bei der
Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802c Abs. 1 Satz 1 ZPO) - nicht
mit der Vorlage einer Abschrift des Vollstreckungsbescheids als elektronisches
Dokument begnügen muss.
aa) Das
Beschwerdegericht hat angenommen, das Amtsgericht habe sich nicht auf die
elektronisch übersandte und als Ausdruck in der Sonderakte der
Gerichtsvollzieherin befindliche Kopie des Vollstreckungsbescheids verweisen
lassen müssen. Die Regelung in § 754a ZPO zum elektronischen
Vollstreckungsauftrag sei nach ihrem Wortlaut im richterlichen Verfahren auf
Erlass eines Haftbefehls nicht anwendbar. Die Tatsache, dass der an das Vollstreckungsgericht
gerichtete Antrag auf Erlass des Haftbefehls mit dem Vollstreckungsauftrag an
den Gerichtsvollzieher verbunden werden könne, bedeute nicht, dass § 754a
ZPO und die elektronische Übermittlung auch für das Gericht gültig seien. Der
Gesetzgeber habe die mit der Einführung des § 754a ZPO bezweckte
Beschleunigung und Vereinfachung des Zwangsvollstreckungsverfahrens auf vom
Gerichtsvollzieher beizutreibende geringwertige Forderungen aus
Vollstreckungsbescheiden beschränkt. Für den Erlass eines Haftbefehls, dessen
Vollzug wegen der Freiheitsentziehung zu einem einschneidenden
Grundrechtseingriff führe, könne das Gericht daher stets die Vorlage des
Originaltitels verlangen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung
stand.
bb) Nach
§ 754a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist im Fall eines elektronisch
eingereichten Auftrags zur Zwangsvollstreckung aus einem
Vollstreckungsbescheid, der einer Vollstreckungsklausel nicht bedarf, bei der
Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen die Übermittlung der Ausfertigung des
Vollstreckungsbescheids entbehrlich, wenn die sich aus dem
Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung einschließlich
titulierter Nebenforderungen und Kosten nicht mehr als 5.000 Euro beträgt
(Nr. 1), die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des
Vollstreckungsbescheids nicht vorgeschrieben ist (Nr. 2), der Gläubiger
dem Auftrag eine Abschrift des Vollstreckungsbescheids nebst
Zustellungsbescheinigung als elektronisches Dokument beifügt (Nr. 3) und
der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des
Vollstreckungsbescheids und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die
Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht (Nr. 4). Hat der
Gerichtsvollzieher Zweifel an dem Vorliegen einer Ausfertigung des
Vollstreckungsbescheids oder der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen, teilt
er dies dem Gläubiger mit und führt die Zwangsvollstreckung erst durch, nachdem
der Gläubiger die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids übermittelt oder die
übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen nachgewiesen hat (§ 754a Abs. 2
ZPO).
cc) Das
Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass die Regelung in § 754a
Abs. 1 ZPO ausschließlich an den Gerichtsvollzieher gerichtete
Vollstreckungsaufträge und nicht auch einen an das Vollstreckungsgericht
gerichteten Antrag auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls erfasst.
(1) Dies
folgt bereits aus dem Wortlaut des § 754a Abs. 2 ZPO, der als
Vollstreckungsorgan den Gerichtsvollzieher benennt.
(2)
Dafür spricht weiter die systematische Stellung des § 754a ZPO. Die
Bestimmung findet sich im Anschluss an die die Zuständigkeit des
Gerichtsvollziehers regelnden Vorschriften der §§ 753, 754 ZPO. Eine mit
§ 754a ZPO inhaltsgleiche Bestimmung existiert in § 829a ZPO für den
elektronischen Antrag an das Vollstreckungsgericht zur Zwangsvollstreckung aus
einem Vollstreckungsbescheid im Wege der Pfändung und Überweisung einer
Geldforderung (§§ 829, 835 ZPO). Für den Antrag an das
Vollstreckungsgericht auf Erlass eines Haftbefehls (§ 802g Abs. 1
ZPO) ist eine inhaltsgleiche gesetzliche Regelung nicht vorgesehen.
(3) Aus
der Entstehungsgeschichte des § 754a ZPO ergibt sich ebenfalls, dass nach
dieser Regelung die Vorlage einer Abschrift des Vollstreckungsbescheids als
elektronisches Dokument allein für elektronische Vollstreckungsaufträge an den
Gerichtsvollzieher genügt. Mit der Bestimmung des § 754a ZPO wollte der
Gesetzgeber eine Vereinfachung und Beschleunigung des
Zwangsvollstreckungsverfahrens erreichen, soweit die Vollstreckung von Geldforderungen
durch den Gerichtsvollzieher auf der Grundlage von Vollstreckungsbescheiden
betroffen ist. Mit Blick darauf ist der Gesetzgeber von einer beschränkten
Regelung ausgegangen (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur
Durchführung der Verordnung [EU] Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger
zivilprozessualer Vorschriften, BT-Drucks. 18/7560, S. 35). Darauf
aufbauende Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsgerichts hat er nicht
erwähnt.
Die
Rechtsbeschwerde macht erfolglos geltend, die Möglichkeit, beim
Gerichtsvollzieher zusammen mit dem elektronischen Antrag auf Abnahme der
Vermögensauskunft nebst elektronisch beigefügtem Vollstreckungsbescheid einen
elektronischen Haftantrag zu stellen, zeige, dass der Gesetzgeber bei der
Schaffung des § 754a ZPO davon ausgegangen sei, zu der an das
Vollstreckungsgericht weiterzuleitenden elektronischen Akte gehöre auch der
Antrag auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls, ohne dass an das Verfahren auf
Erlass eines Haftbefehls höhere formelle Anforderungen als an das
vorangegangene Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft zu stellen seien.
Aus der Möglichkeit eines erleichterten vorzeitigen Haftantrags folgt nach der
zutreffenden Annahme des Beschwerdegerichts nicht, dass sämtliche
Erleichterungen für das Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft auch für
das Verfahren auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls gelten.
(4) Der
Sinn und Zweck, das Zwangsvollstreckungsverfahren zu vereinfachen und zu
beschleunigen, gebietet keine erweiternde Auslegung des § 754a ZPO dahin,
dass bei einem elektronisch gestellten Haftantrag (§ 802g Abs. 1
Satz 1 ZPO) die Vorlage einer Abschrift des Vollstreckungsbescheids als
elektronisches Dokument genügt. Wegen der bei einem elektronischen Dokument im
Vergleich zur vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungstitels
eingeschränkten Prüfungsmöglichkeit des Vollstreckungsgerichts hinsichtlich der
Vollstreckungsvoraussetzungen und der damit - trotz des Schutzmechanismus in
§ 754a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZPO - verbundenen
Missbrauchsgefahr hat der Gesetzgeber das elektronische Auftragsverfahren auf
bestimmte Fälle beschränkt (zu § 829a ZPO vgl. BT-Drucks. 16/10069,
S. 34; Hergenröder, DGVZ 2019, 69, 71). Das Beschwerdegericht hat zu Recht
angenommen, dass bei dem Erlass eines Haftbefehls wegen der Grundrechtsrelevanz
einer Freiheitsentziehungsmaßnahme (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und 3,
Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG) der Missbrauchsgefahr in besonderem
Maß entgegenzuwirken ist und das Vollstreckungsgericht deshalb die Vorlage der
vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids - ungeachtet der damit
verbundenen Verfahrensverlängerung - verlangen kann.
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