Donnerstag, 2. Dezember 2021

Grenzen der Vollstreckung mit elektronisch übermittelten Vollstreckungsbescheiden

Der Gläubiger hatte gegen die Schuldnerin einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Auf dem elektronischen Weg erteilte er bei Amtsgericht einen Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher, bei dem er zugleich die Abnahme der Vermögenauskunft bei der Schuldnerin und, falls die Schuldnerin dem Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleiben würde, den Erlass eines Haftbefehls gegen sie beantragt. Dem Antrag lag der Vollstreckungsbescheid als elektronische Dokument bei und es wurde versichert, dass das Original des Titels nebst Zustellungsbescheinigung vorläge und die Forderung gemäß dem Vollstreckungsauftrag noch bestünde.  Die Schuldnerin erschein zum Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft unentschuldigt nicht. Das Amtsgericht forderte nunmehr vom Gläubiger das Original des Vollstreckungsbescheides zur Prüfung des Erlasses des beantragten Haftbefehls an. Da dem der Gläubiger nicht nachkam, wies es den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zurück. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers wurde zurückgewiesen. Im Verlauf des (vom Beschwerdegericht zugelassenen) Rechtsbeschwerdeverfahrens beglich die Schuldnerin die Forderung und die Hauptsache wurde für erledigt erklärt. Der BGH sah in der Sache die Rechtsbeschwerde nicht als erfolgversprechend an und erlegte dem Gläubiger die Kosten des Verfahrens auf.

Der BGH verwies darauf, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 802g Abs. 1 S. 1 ZP= oder § 802c ZPO zur Erzwingung der Abgabe des Vermögensverzeichnisses ein Haftbefehl erlassen werden könne. Das Vollstreckungsgericht habe dann zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen. Zum Nachweis könne das Vollstreckungsgericht die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels verlangen. Es müsse sich nicht, anders als der Gerichtsvollzieher bei der Abnahme der Vermögensauskunft, nicht mit der Vorlage einer Abschrift des Vollstreckungsbescheides als elektronisches Dokument begnügen. Die Regelung des § 754a ZPO zum elektronischen Vollstreckungsauftrag sei nicht auf das richterliche verfahren zum Erlass eines Haftbefehls anwendbar. Auch der Umstand, dass der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls bereits mit dem elektronisch möglichen Vollstreckungsauftrag möglich sei, beute nicht, dass deshalb § 754a ZPO hier auch anwendbar sei. Der Gesetzgeber habe mit § 754a ZPO eine Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens für geringwertige Forderungen (titulierter Anspruch von max. € 5.000,00 einschl. Nebenforderungen und Kosten) beabsichtigt, keine weiteren – außer dem elektronisch vorgelegten Vollstreckungsbescheid - Urkunden vorgelegt werden müssten. Demgegenüber handele es sich bei einem Haftbefehl, der vollzogen wird, um einen einschneidenden Grundrechtseingriff durch die freiheitsentziehende Maßnahme.

§ 754a Abs. 1 ZPO richte sich ausschließlich an den Gerichtsvollzieher im Hinblick auf dessen Vollstreckungsauftrag, nicht auch an das Vollstreckungsgericht gerichtete Anträge. Das folge bereits aus dem Wortlaut des § 754a Abs. 2 ZPO, der als Vollstreckungsorgan den Gerichtsvollzieher benennt. Ferner spreche die systematische Stellung des § 754a ZPO für dessen Unanwendbarkeit für das Vollstreckungsgericht. Es sei eine Reglung am Ende der Reglungen zur Zuständigkeit von Gerichtsvollziehern. Ferner enthalte § 829a ZPO eine ähnliche Regelung wie § 754a ZPO, allerdings in Bezug auf die elektronische Übermittlung des Vollstreckungsbescheides an das Vollstreckungsgericht zur Erwirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (§§ 829, 835 ZPO). Für den Haftbefehl nach § 802g Abs. 1 ZPO fehle eine solche Regelung.

Sinn und Zweck würden hier auch keine erweiternde Auslegung des § 754a ZPO gebieten. In diesem Zusammenhang wies der BGH auf der - trotz Schutzmechanismen wie in § 754a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ZPO - bestehenden Missbrauchsgefahr hin, weshalb der Gesetzgeber das elektronische Auftragsverfahren auf bestimmte Fälle beschränkt habe.

BGH, Beschluss vom 24.09.2021 - 16 W 28/21 -


Aus den Gründen:

Tenor

Der Gläubiger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

A. Der Gläubiger hat gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid wegen einer Geldforderung nebst Zinsen und Kosten in Höhe von insgesamt 1.404,85 € betrieben. Hierzu hat er beim Amtsgericht auf elektronischem Weg einen Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher erteilt. Er hat die Abnahme der Vermögensauskunft und den Erlass eines Haftbefehls beantragt, falls die Schuldnerin dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleiben werde. Dem Vollstreckungsauftrag hat er eine Abschrift des Vollstreckungsbescheids als elektronisches Dokument beigefügt und versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Schuldtitels nebst Zustellungsbescheinigung vorliege und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch bestehe.

Die Schuldnerin ist in dem von der Gerichtsvollzieherin anberaumten Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft unentschuldigt nicht erschienen. Daraufhin hat die Gerichtsvollzieherin ihre Sonderakte nebst den darin befindlichen Ausdrucken des Vollstreckungsbescheids und des Antrags auf Erlass eines Haftbefehls an das Amtsgericht weitergeleitet.

Das Amtsgericht hat beim Gläubiger den Vollstreckungsbescheid im Original angefordert. Nachdem dieser der Aufforderung nicht nachgekommen ist, hat es den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen hat der Gläubiger die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Schuldnerin die Forderung beglichen. Daraufhin hat der Gläubiger den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls für erledigt erklärt. Der Schuldnerin ist am 22. Mai 2021 die Erledigungserklärung des Gläubigers mit dem Hinweis zugestellt worden, dass von ihrer Zustimmung ausgegangen wird, falls sie nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schriftsatzes widerspricht. Die Schuldnerin hat sich hierzu nicht geäußert.

B. Das Beschwerdegericht hat angenommen, das Amtsgericht habe im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls die Vorlage des Vollstreckungsbescheids im Original verlangen dürfen. Soweit nach § 754a ZPO die Übermittlung des Vollstreckungsbescheids als elektronisches Dokument ausreiche, gelte die Vorschrift lediglich für den Vollstreckungsauftrag beim Gerichtsvollzieher, aber nicht für das gerichtliche Verfahren auf Erlass eines Haftbefehls.

C. Der Senat hat nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens betreffend den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls (§ 802g Abs. 1 ZPO) zu entscheiden. Danach hat der Gläubiger die Kosten des Verfahrens zu tragen.

I. Das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls (§ 802g Abs. 1 ZPO) ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien in der Hauptsache erledigt.

1. Im Streitfall ist von übereinstimmenden Erledigungserklärungen auszugehen. Aufgrund des fehlenden Widerspruchs der Schuldnerin innerhalb der Zweiwochenfrist des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO gilt ihre Zustimmung zur Erledigungserklärung des Gläubigers als erteilt; hierauf ist sie zuvor hingewiesen worden. Die Rechtsfolge des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO ist eingetreten, auch wenn die Schuldnerin nicht anwaltlich vertreten ist. Da gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO die Erledigungserklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden können, bedarf es insoweit nach § 78 Abs. 3 ZPO keiner Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - IX ZR 244/09, NZI 2011, 937 Rn. 6).

2. Die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien sind wirksam, weil die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1968 - AnwZ (B) 9/67, BGHZ 50, 197, 198 [juris Rn. 4]; Beschluss vom 15. Januar 2004 - IX ZB 197/03, NZI 2004, 216 [juris Rn. 3]; BGH, NZI 2011, 937 Rn. 7). Der Gläubiger konnte das Rechtsmittel wirksam einlegen, auch wenn ihm der angefochtene Beschluss entgegen § 329 Abs. 2 Satz 2, § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zugestellt, sondern formlos übersandt und der Fehler mangels Zustellungsabsicht des Beschwerdegerichts nicht nach § 189 ZPO geheilt worden ist, so dass die Rechtsbeschwerdefrist des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht begonnen hat (vgl. BAG, NJW 2008, 1610 Rn. 9 f.; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2020 - I ZB 83/19, NJW-RR 2020, 1191 Rn. 12).

II. Es entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands der Billigkeit, dass der Gläubiger die Kosten des Verfahrens trägt (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Die Kosten des Verfahrens sind nicht schon deshalb der Schuldnerin aufzuerlegen, weil sie sich aufgrund der Begleichung der Forderung freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben hätte. Die Zahlung des geforderten Betrags rechtfertigt unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Kostenentscheidung zulasten des Leistenden, wenn dieser dadurch zum Ausdruck bringt, dass er den Rechtsstandpunkt des Gläubigers im Ergebnis hinnehme (vgl. BGH, NZI 2011, 937 Rn. 12; BGH, Beschluss vom 8. Juni 2021 - VI ZR 1232/20, VersR 2021, 1188 Rn. 2; jeweils mwN). Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Schuldnerin aufgrund der Zahlung des zu vollstreckenden Betrags der Sichtweise des Gläubigers gebeugt hat, das Vollstreckungsgericht sei zum Erlass eines Erzwingungshaftbefehls verpflichtet gewesen.

2. Für die Kostenentscheidung ist darauf abzustellen, ob die Rechtsbeschwerde des Gläubigers Erfolg gehabt hätte, wenn die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2010 - I ZR 86/09, GRUR-RR 2011, 291 Rn. 8; Beschluss vom 26. Februar 2014 - I ZR 120/09, PharmR 2014, 257, 258 [juris Rn. 7]). Das Rechtsmittel wäre bei Fortführung des Verfahrens unbegründet gewesen, weil das Amtsgericht den Erlass des Erzwingungshaftbefehls von der Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids abhängig machen durfte. Danach entspricht es billigem Ermessen, den Gläubiger mit den Kosten des Verfahrens zu belasten.

a) Gemäß § 802g Abs. 1 Satz 1 ZPO erlässt das Gericht auf Antrag des Gläubigers gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. Der Gläubiger kann den Antrag auf Anordnung von Erzwingungshaft mit dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft verbinden, aber auch im Termin oder danach schriftlich stellen. Ist der Antrag beim Gerichtsvollzieher gestellt worden, so leitet dieser ihn zusammen mit seiner Akte an das Vollstreckungsgericht weiter (Begründung des Bundesratsentwurfs eines Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, BT-Drucks. 16/10069, S. 28; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - I ZB 27/14, NJW 2015, 2268 Rn. 11). Das mit dem Haftantrag befasste Vollstreckungsgericht hat zu prüfen, ob die allgemeinen Verfahrens- und Vollstreckungsvoraussetzungen sowie die besonderen Haftvoraussetzungen für die Anordnung der Freiheitsentziehung gegeben sind (BT-Drucks. 16/10069, S. 28; BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - I ZB 10/07, NJW 2008, 3504 Rn. 16; MünchKomm.ZPO/Forbriger, 6. Aufl., § 802g Rn. 3). Zum Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen kann das Vollstreckungsgericht grundsätzlich die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels verlangen (vgl. BGH, NJW 2008, 3504 Rn. 21; NJW 2015, 2268 Rn. 12).

b) Das Beschwerdegericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Vollstreckungsgericht für die Anordnung von Erzwingungshaft (§ 802g Abs. 1 Satz 1 ZPO) - anders als der Gerichtsvollzieher bei der Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802c Abs. 1 Satz 1 ZPO) - nicht mit der Vorlage einer Abschrift des Vollstreckungsbescheids als elektronisches Dokument begnügen muss.

aa) Das Beschwerdegericht hat angenommen, das Amtsgericht habe sich nicht auf die elektronisch übersandte und als Ausdruck in der Sonderakte der Gerichtsvollzieherin befindliche Kopie des Vollstreckungsbescheids verweisen lassen müssen. Die Regelung in § 754a ZPO zum elektronischen Vollstreckungsauftrag sei nach ihrem Wortlaut im richterlichen Verfahren auf Erlass eines Haftbefehls nicht anwendbar. Die Tatsache, dass der an das Vollstreckungsgericht gerichtete Antrag auf Erlass des Haftbefehls mit dem Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher verbunden werden könne, bedeute nicht, dass § 754a ZPO und die elektronische Übermittlung auch für das Gericht gültig seien. Der Gesetzgeber habe die mit der Einführung des § 754a ZPO bezweckte Beschleunigung und Vereinfachung des Zwangsvollstreckungsverfahrens auf vom Gerichtsvollzieher beizutreibende geringwertige Forderungen aus Vollstreckungsbescheiden beschränkt. Für den Erlass eines Haftbefehls, dessen Vollzug wegen der Freiheitsentziehung zu einem einschneidenden Grundrechtseingriff führe, könne das Gericht daher stets die Vorlage des Originaltitels verlangen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

bb) Nach § 754a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist im Fall eines elektronisch eingereichten Auftrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, der einer Vollstreckungsklausel nicht bedarf, bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids entbehrlich, wenn die sich aus dem Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderungen und Kosten nicht mehr als 5.000 Euro beträgt (Nr. 1), die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids nicht vorgeschrieben ist (Nr. 2), der Gläubiger dem Auftrag eine Abschrift des Vollstreckungsbescheids nebst Zustellungsbescheinigung als elektronisches Dokument beifügt (Nr. 3) und der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht (Nr. 4). Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel an dem Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids oder der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen, teilt er dies dem Gläubiger mit und führt die Zwangsvollstreckung erst durch, nachdem der Gläubiger die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids übermittelt oder die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen nachgewiesen hat (§ 754a Abs. 2 ZPO).

cc) Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass die Regelung in § 754a Abs. 1 ZPO ausschließlich an den Gerichtsvollzieher gerichtete Vollstreckungsaufträge und nicht auch einen an das Vollstreckungsgericht gerichteten Antrag auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls erfasst.

(1) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 754a Abs. 2 ZPO, der als Vollstreckungsorgan den Gerichtsvollzieher benennt.

(2) Dafür spricht weiter die systematische Stellung des § 754a ZPO. Die Bestimmung findet sich im Anschluss an die die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers regelnden Vorschriften der §§ 753, 754 ZPO. Eine mit § 754a ZPO inhaltsgleiche Bestimmung existiert in § 829a ZPO für den elektronischen Antrag an das Vollstreckungsgericht zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid im Wege der Pfändung und Überweisung einer Geldforderung (§§ 829, 835 ZPO). Für den Antrag an das Vollstreckungsgericht auf Erlass eines Haftbefehls (§ 802g Abs. 1 ZPO) ist eine inhaltsgleiche gesetzliche Regelung nicht vorgesehen.

(3) Aus der Entstehungsgeschichte des § 754a ZPO ergibt sich ebenfalls, dass nach dieser Regelung die Vorlage einer Abschrift des Vollstreckungsbescheids als elektronisches Dokument allein für elektronische Vollstreckungsaufträge an den Gerichtsvollzieher genügt. Mit der Bestimmung des § 754a ZPO wollte der Gesetzgeber eine Vereinfachung und Beschleunigung des Zwangsvollstreckungsverfahrens erreichen, soweit die Vollstreckung von Geldforderungen durch den Gerichtsvollzieher auf der Grundlage von Vollstreckungsbescheiden betroffen ist. Mit Blick darauf ist der Gesetzgeber von einer beschränkten Regelung ausgegangen (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung [EU] Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer Vorschriften, BT-Drucks. 18/7560, S. 35). Darauf aufbauende Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsgerichts hat er nicht erwähnt.

Die Rechtsbeschwerde macht erfolglos geltend, die Möglichkeit, beim Gerichtsvollzieher zusammen mit dem elektronischen Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nebst elektronisch beigefügtem Vollstreckungsbescheid einen elektronischen Haftantrag zu stellen, zeige, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 754a ZPO davon ausgegangen sei, zu der an das Vollstreckungsgericht weiterzuleitenden elektronischen Akte gehöre auch der Antrag auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls, ohne dass an das Verfahren auf Erlass eines Haftbefehls höhere formelle Anforderungen als an das vorangegangene Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft zu stellen seien. Aus der Möglichkeit eines erleichterten vorzeitigen Haftantrags folgt nach der zutreffenden Annahme des Beschwerdegerichts nicht, dass sämtliche Erleichterungen für das Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft auch für das Verfahren auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls gelten.

(4) Der Sinn und Zweck, das Zwangsvollstreckungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, gebietet keine erweiternde Auslegung des § 754a ZPO dahin, dass bei einem elektronisch gestellten Haftantrag (§ 802g Abs. 1 Satz 1 ZPO) die Vorlage einer Abschrift des Vollstreckungsbescheids als elektronisches Dokument genügt. Wegen der bei einem elektronischen Dokument im Vergleich zur vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungstitels eingeschränkten Prüfungsmöglichkeit des Vollstreckungsgerichts hinsichtlich der Vollstreckungsvoraussetzungen und der damit - trotz des Schutzmechanismus in § 754a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZPO - verbundenen Missbrauchsgefahr hat der Gesetzgeber das elektronische Auftragsverfahren auf bestimmte Fälle beschränkt (zu § 829a ZPO vgl. BT-Drucks. 16/10069, S. 34; Hergenröder, DGVZ 2019, 69, 71). Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass bei dem Erlass eines Haftbefehls wegen der Grundrechtsrelevanz einer Freiheitsentziehungsmaßnahme (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und 3, Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG) der Missbrauchsgefahr in besonderem Maß entgegenzuwirken ist und das Vollstreckungsgericht deshalb die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids - ungeachtet der damit verbundenen Verfahrensverlängerung - verlangen kann.


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