Sonntag, 22. September 2024

Reparaturanspruch bei Defekt des nicht mitvermieteten Geschirrspülers

Die Klägerin mietete von der Beklagten eine Wohnung an, in der sich u.a. auch in der vorhandenen Einbauküche ein Geschirrspüler befand. Im Mietvertrag war (als Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 BGB [AGB], also nicht individuell vereinbart) eine Klausel aufgenommen, dass die technischen Geräte der Einbauküche „als nicht mitvermietet [gelten]“ (§ 2 Z. 2 Abs. 5 AVB).  Der Klage auf Instandhaltung durch die Beklagte wurde stattgegeben, die dagegen eingelegte Berufung sah das Landgericht in einem Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO als offensichtlich unbegründet an.

Der Beklagte sei gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, den defekten Geschirrspüler zu reparieren oder auszutauschen. Er sei zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses in der Wohnung vorhanden und funktionstüchtig gewesen, weshalb dies den vertraglich geschuldeten Zustand entspräche (BGH, Urteil vom 10.05.2006 - XII ZR 23/04 -). Dem würde auch die Klausel in § 2 Z. 2 Abs. 5 AVB nicht entgegenstehen.

Nach dem Wortlaut der Klausel würde diese keine Beschaffenheitsvereinbarung darstellen. Das verwandte Wort „gelten“ erweise sich als eine Einschränkung. Unklar bliebe, welche Rechtsfolgen sich aus der Klausel „als nicht als mietvermietet [gelten]“ ergeben sollen.

Auf Allgemeine Geschäftsbedingungen fände die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB Anwendung, wonach Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen würden.  Eine Unklarheit läge vor, wenn zwei oder mehr mögliche Bedeutungen in Betracht kämen, wobei bei der Auslegung nur theoretisch denkbare, praktisch aber fernliegende und bei dem fraglichen Geschäft typischerweise nicht ernstlich in Betracht kommende Auslegungen nicht zu berücksichtigen seien (BGH, Urteil vom 05.05.2022 – VII ZR 176/20 -).

Neben der Möglichkeit, dass sich die Beklagte von einer Instandsetzungspflicht freizeichnen wollte, wäre auch dankbar, dass für die benannten Gegenstände neben dem Grundmietzins kein gesonderter Mietzins geschuldet würde, dem Mieter aber die Gewährleistungsrechte nach §§ 535 ff BGB verbleiben sollten. Beide Auslegungsergebnisse seien vertretbar. Da es nicht darauf ankomme, ob die Auslegung  richtig sei, reiche dies zur Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB und zur Auslegung im Wege der sogenannten kundenfreundlichsten Auslegung aus (BGH, Urteil vom 12.05.2016 - VII ZR 171/15 -).

Die Berufung wurde nach dem Hinweisbeschluss zurückgenommen.

Anmerkung: In vielen Mietverträgen lässt sich die Klausel finden, dass für namentlich benannte technische Geräte kein gesonderter Mietzins zu entrichten sei und im Falle eines Defekts der Mieter keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Reparatur oder Austausch habe.

LG Berlin II, Hinweisbeschluss vom 30.06.2024 - 67 S 144/24 -

Freitag, 20. September 2024

Google und der Rechtsstaat: Die Firma im Handelsregister

Gestern habe ich unter dem Titel „Internet-Domain als Firmenname“ einen Beschluss des Kammergericht Berlin vom 13.05.2024 - 22 W 16/14 - dargelegt und im Wortlaut wiedergeben. Das Kammergericht vertritt danach (zutreffend) die Auffassung, dass der Firmenname (§ 18 HGB) nicht nur aus der Internet-Domain bestehen kann, da die Top-Level-Domain keine Unterscheidungskraft habe. Letztlich käme es mithin auf dem Bestandteil der Internet Domain vor der Top-Level-Domain an; handelt es sich dabei auch nur um einen Allerweltsnamen oder -begriff ohne Unterscheidungsmerkmal, kann die Internet-Domain nicht Formenname sein.

 

Was daran – so Goggle – störende „sensible Inhalte“ sein sollen, die die Vorschaltung einer Warnung rechtfertigen,  wird sicherlich ewig das Geheimnis dieses Internetriesen bleiben – der von Recht und Rechtssaat nicht viel weiß und wohl auch nicht viel versteht. Von Meinungsfreiheit scheint Google nichts zu halten: Kamm doch der Warnhinweis im Hinblick auf eine angebliche „Meldung“ bereits Sekunden nach der Einstellung.

 

Der Artikel kann ohne Warnung auf https://www.rechtsprechung-niehus.de/rechtsprechung/gesellschaftsrecht/firmierung-unter-einer-internet-domain/ gelesen werden.


Zwischenzeitlich hat Google die Seite wieder freigegeben. Der Beitrag ist im unten stehenden Post zu lesen.

Mittwoch, 18. September 2024

Internet-Domain als Firmenname

Die bereits im Handelsregister eingetragene beteiligte Aktengesellschaft änderte ihren Firmennamen und meldete (u.a.) die zum Handelsregister an. Das Registergericht beanstandete mit Zwischenverfügung die neu gewählte Firma „XXX.de AG“, da es an einer nach §§ 18,30 HGB notwendigen Individualisierung fehle. Dagegen legte die Beteiligte Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abhalf. Die in der Sache statthafte Beschwerde wies das Kammergericht (KG) als Beschwerdegericht als unbegründet zurück.

Die Regelung des § 18 Abs. 1 HGB gelte nach § 6 HGB iVm. § 3 Abs. 1 AktG auch für die Firmenbildung einer Aktiengesellschaft. § 18 Abs. 1 HGB fordere eine Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft, weshalb erforderlich sei, dass die gewählte Bezeichnung als Name verwandt werden könne und individualisierend wirken müsse; an der Unterscheidungskraft würde es fehlen, wenn ein „Allerweltsname“ genutzt würde als auch dann, wenn die Bezeichnung rein beschreibender Natur sei (wie z.B. bei Gattungsbezeichnungen). Beispielhaft führte das KG aus, dass damit der Bezeichnung Vertrieb.  de die Unterscheidungskraft fehle (was auch für die von der beteiligten verwandte Bezeichnung „XXX“ (die im veröffentlichen Beschluss nicht namentlich benannt wurde).

Vorliegend habe es sich um einen Internet-Domain gehandelt, die nach den Vergaberichtlinien der D. eG nur einmal vergeben würde. Daraus würde teilweise gefolgert, dass die Unterscheidungskraft aufgrund der durch die Top-Level-Domain (hier: de) hervorgerufenen Alleinstellung die Internet-Domain auch Namensfunktion für die Firma haben könne (so OLG Dresden, Beschluss vom 15.11.2010 - 13 W 890/10 -). Das aber greife zu kurz, da es nicht nur um die Verwendung einer Bezeichnung im Internet gehen würde (so auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.10.2010 - 20 W 196/10 -; LG Köln, Beschluss vom 08.02.2008 - 88 T 04/08 -). § 18 Abs. 1 HGB verlange keine Alleinstellung in irgendeiner Richtung, vielmehr eine Kennzeichnungskraft im allgemeinen Geschäftsverkehr. Eine Firma (Anmerkung: Dies ist nach § 17 Abs. 1 HGB der Name des Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt) würde auch auf dem Geschäftspapier ( §§ 80 AktG, 37a HGB), in Verträgen, in der Werbung und zur Kennzeichnung von Geschäftsräumen verwandt. Die Firma solle vor allem eine Verwechslungsgefahr ausschließen, die im Internet (bei der Domain mit Top-Level-Domain) ausgeschlossen sein möge, nicht aber im Übrigen. So wäre eine Verwechslungsgefahr von „XXX.de AG“ zu einer „XXX.com AG“, die aufgrund ihrer Alleinstellung dann ebenfalls zulässig sein müsse, nicht gegeben, da die Top-Level-Domain in der Regel nicht prägend wahrgenommen würde.

Erst aus der notwendigen Kennzeichnungskraft der zulässig gewählten Firma folge die firmenrechtliche Alleinstellung (vgl. § 30 HGB). Hinzu käme das Freihaltungsbedürfnis bezüglich einer allgemein gehaltenen Bezeichnung, die die Bildung anderer Firmen nicht übermäßig beeinträchtigen dürfe. Dass hier die von der Beteiligten verwandte Bezeichnung Verkehrsgeltung habe, sei nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich (Anmerkung: im Falle der Verkehrsgeltung käme es nicht mehr darauf an, ob es sich [auch] um eine Internetdomain handelt, selbst wenn der Bezeichnung die Top-Level-Domain angehangen wird).

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 13.05.2024 - 22 W 16/24 -  

Sonntag, 15. September 2024

Kaskoentschädigung für Oldtimer – Höchstentschädigungsklausel

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Kaskoversicherung für seinen Oldtimer (mit einem Marktwert von € 36.450,00) abgeschlossen, der bei einem Brand in einer Tiefgarage erheblich beschädigt wurde (Totalschaden). Nach einem durch die Beklagte eingeholten Sachverständigengutachten hatte der Oldtimer einen Wiederbeschaffungswert von € 40.095,00.; im Rahmen eines vom Kläger durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens soll sich nach dem dortigen Sachverständigengutachten der Wiederbeschaffungswert auf € 48.900,00 belaufen haben. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Differenz.

Dem Versicherungsverhältnis lagen u.a. die AKB und Sonderbedingungen Oldtimer zugrunde. Im Hinblick darauf wies das Landgericht die Klage ab. Die Beklagte habe bereits die zu zahlende Höchstentschädigung nach den Versicherungsbedingungen ausgeglichen. In den Sonderbedingungen Oldtimer sei unter Ziffer 2. ausgeführt:

„(1) Der Versicherer ersetzt in der Fahrzeugversicherung abweichend von § 13 Abs. 1 und Abs. 3 AKB einen Schaden bis zur Höhe des Marktwerts des Fahrzeugs und seiner Teile am Tag des Schadens.

(2) Die Höchstentschädigung in der Fahrzeugversicherung ist abweichend von § 13 Abs. 3 AKB durch den bei Vertragsschluss vereinbarten Marktwert des Fahrzeugs begrenzt (Versicherungssumme).

(3) Ist der Marktwert zum Schadenszeitpunkt infolge Wertsteigerung höher als die vereinbarte Versicherungssumme, beträgt die Höchstentschädigung bis zu 110 % der vereinbarten Versicherungssumme (beitragsfreie Vorsorgeversicherung)“.

Grundsätzlich sei danach für die zu zahlende Entschädigung der Marktwert des Fahrzeugs am Tag des Schadens zugrunde zu legen. Diese habe sich nach dem gerichtlichen Sachverständigengutachten auf € 48.900,00 belaufen (Wiederbeschaffungswert). Allerdings schränke Z. 2 Abs. 2 der Sonderbedingungen den Wiederbeschaffungswert durch Verweis auf eine Höchstentschädigung ein, die sich an dem Marktwert des Fahrzeugs ausrichte, der zwischen den Parteien (hier mit € 36.450,00) vereinbart worden sei. Nach Ziffer 2 Abs. 3 der Sonderbedingungen belaufe sich die Höchstentschädigung bis zu 110% des als Versicherungswert angenommenen Marktwertes.

Bei einem Marktwert von € 36.450,00 beträgt damit der Versicherungswert maximal € 40.095,00. Das Landgericht konstatierte, dass unabhängig davon, ob der Wert aus dem von der Beklagten eingeholten Gutachten oder aus dem Sachverständigengutachten zugrunde gelegt würde, es zwar zu einer Wertsteigerung des Oldtimers gekommen sei, die nach Z. 2 Abs. 3 der Sonderbedingungen zu berücksichtigen sei, deren Berücksichtigungsfähigkeit allerdings auf 10% über dem vereinbarten Marktwert begrenzt worden sei.

Damit aber habe die Beklagte mit Zahlung von € 40.095,00 die versicherungsvertraglich vereinbarte Leistung erbracht. Es sei eindeutig, dass nach den Versicherungsbedingungen der Wiederbeschaffungswert bzw. vereinbarte Marktwert zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages zugrunde zu legen sei. Bei Wertsteigerungen habe der Versicherungsnehmer darauf zu achten, den Versicherungswert regelmäßig dem gestiegenen Marktpreis anzupassen.

LG Frankenthal, Urteil vom 17.01.2024 - 2 O 230/23 -

Freitag, 13. September 2024

Privatgutachterkosten (auch) für Versicherer notwendige Prozesskosten

Die Beklagte, eine Versicherungsgesellschaft, machte im Rahmen der Kostenfestsetzung nach Abschluss des streitigen Verfahrens auch von ihr aufgewandte Kosten für ein von eingeholtes privates Sachverständigengutachten geltend. Dem wurde vom Gericht entsprochen. Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss legte die Klägerseite, soweit es diese Kosten betraf, sofortige Beschwerde ein, die vom OLG als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Das OLG stelle zutreffend darauf ab, ob die Hinzuziehung eines privaten Sachverständigen für die Versicherungsgesellschaft zur (hier) Rechtverteidigung notwendig war, § 91 Abs. 2 ZPO. Dabei berücksichtigte das OLG den Umstand, dass die Beauftragung des medizinischen Sachverständigen durch die Beklagte nah Klageerhebung eggen sie im Februar 2016 erst im Juni 2018 erfolgt sei, nachdem ein für sie negatives gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten vorgelegen habe.

Dabei stellte das OLG auf die Rechtsprechung des BGH ab, derzufolge darauf abzustellen sei, ob eine verständige und wirtschaftlich denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante betrachtet als sachdienlich angesehen hätte, wobei dies insbesondere bejaht würde, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse ohne die Einholung eines Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage wäre und mithin – liegt wie hier ein negatives Gerichtssachverständigengutachten vor – dieses selbst nicht zu erschüttern vermag (BGH, Beschluss vom 20.12.2011 - VI ZB 17/11 -). Vorliegend habe auch von einem größeren Versicherungsunternehmen nicht erwartet werden können, dass insoweit interne Sachkunde vorgehalten würde (es ging um Fragestellungen im Zusammenhang mit der Schädigung des Sehnervs); der BGH hatte diesbezüglich zu einem Versicherungskonzern entschieden.  

Die Beklagte habe die schriftliche Stellungnahme des privaten Sachverständigen zur Akte gereicht und zur Grundlage ihrer Stellungnahme gemacht. Ob das Gutachten schließlich Eingang in das Urteil findet oder nicht, sich also positiv für die Partei auswirkt oder nicht, sei nicht entscheidend.

Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Rechtspfleger den Stundensatz des privaten Sachverständigen bei der Festsetzung berücksichtigte. Für den privaten Sachverständigen seien nicht die Stundensätze nach dem JVEG maßgeblich, welches auch nicht entsprechend angewandt werden könne. (BGH, Beschluss vom 25.01.2007 - VII ZB 74/06 -). Lediglich bei einer erheblichen Abweichung sei eine besondere Darlegung der Notwendigkeit von Gebühren in dieser Höhe erforderlich (BGH aaO.), was hier nicht vorläge.

OLG Köln, Beschluss vom 02.04.2024 - I-17 W 42/24 -

Montag, 9. September 2024

Unverhältnismäßigkeit von Mängelbeseitigungsaufwand

Unstreitig war, dass der Klägerin ein Restwerklohn der in Höhe von € 13.170,83 zustand. Die Beklagten machten allerdings von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch (§ 641 Abs. 3 BGB), weshalb das OLG eine Verurteilung zur Zahlung lediglich Zug um Zug gegen eine benannte Mängelbeseitigung (Dusche im Kinderbad) tenorierte.

Zwischen den Parteien eines Bauwerkvertrages war streitig, ob die Dusche im Kinderbad im Hinblick auf die geschuldete Breite einen Mangel aufwies. Diese hätte nach einem Sachverständigengutachten ein Rohbaumaß von 90cm haben müssen, welches durch Bekleidungen von Putzen, Klebern und Fliegenbelägen auf eine lichte Breite von 87cm reduziert gewesen wäre. Diese geschuldete Breite sei bei tatsächlich erreichten 79,4 cm nicht gegeben. Mit einer Abweichung von ca. 10% stelle sich diese als so erheblich dar, dass man nicht mehr von bauüblichen Toleranzen sprechen könne. Zudem sei die Breite einer Dusche von erheblicher Bedeutung für die Benutzung, wenn sie – wie hier – in einer Nische läge. Da dieser Mangel bei Abnahme gerügt worden sei und Abhilfe unter Fristsetzung verlangt worden sei, lägen die Voraussetzungen für einen Nacherfüllungsanspruch vor, §§ 640 Abs. 3, 634 Nr. 1,  635 Abs. 1 BGB.

Der Sachverständige habe die Kosten der Mängelbeseitigung mit € 7.500,00 netto beziffert. Dies sei auch im Hinblick auf das Interesse der Beklagten an der besseren Nutzbarkeit auch noch unverhältnismäßig iSv. § 635 Abs. 3 BGB. Das doppelte dieser Kosten (€ 15.200,00) könne als Zurückbehaltungsrecht der Klageforderung entgegengehalten werden.

Ein weiteres beklagtenseits geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht wurde aber vom OLG negiert. Zwar weise der Dachdrempel im Mittel nur eine Höhe von 1,79m (verbunden mit einer reduzierten Wohnfläche von 1,26qm) auf und auch im Übrigen sei die Nutzbarkeit dadurch beeinträchtigt, dass die Räume zur Wand hin niedriger seien. Auch dies stelle einen Mangel dar, der ebenfalls bei Abnahme gerügt worden sei und für den unter Fristsetzung Abhilfe gefordert worden sei. Nach Ansicht des OLG greife hier aber der Unverhältnismäßigkeitseinwand der Klägerin nach § 635 Abs. 3 BGB: Das OLG stellte darauf ab, ob ein nach den Umständen objektiv geringes Interesse des Bestellers an einer Mangelfreiheit einem ganz erheblichen und vergleichsweise unangemessenen Kostenaufwand gegenüberstünde. Dabei sei zu Lasten des Auftragnehmers auch zu berücksichtigen, ob und in welchem Ausmaß ein Verschulden bei ihm vorläge. Das Verlangen einer Vertragserfüllung ohne Rücksicht auf den erforderlichen Aufwand könne sich als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen (BGH, Urteil vom 06.12.2011 - VII ZR 241/00 -).

Vorliegend würde der erforderliche Sanierungsaufwand zur Herstellung des vertragsgerechten Zustandes (Drempelhöhe) netto € 264.000 (brutto € 314.160,00) betragen. Hinzu kämen noch Kosten zur Einlagerung und zum Wiederaufbau von Möbeln und Kosten für Ersatzwohnraum für die Bauzeit (was dann insgesamt brutto € 331,760,00 ergäbe. Der Preis für die Errichtung des Einfamilienhauses ehedem (2019) habe bei € 358.550,00 gelegen. Bereinigt um die Baukostensteigerungen seither (ca. 25%) verblieben immer noch statt € 314.160,00 zumindest Kosten von 234.620,00 zuzüglich der weiteren Kosten (insgesamt dann € 253.220,00).

Je erheblicher der Mangels ei, umso geringer sei die Bedeutung der Kosten.

Vorliegend sah das OLG zwar eine „gewisse Höheneinschränkung“ durch den niedrigeren Drempel, doch könne dort die Dusche „ohne Neigung des Kopfes“ (mit Ausnahme bei mittigen Durchschreiten der Öffnung) betreten werden, lege man die Durchschnittsbreite einer erwachsenen Person zugrunde (625mm). Damit läge nur eine geringe Komforteinschränkung bei der Nutzung der Dusche vor. Ebenso würde sich die um 1,26qm reduzierte Wohnfläche und eine Nutzungseinschränkung dadurch, dass eine größere Person nicht ganz so nahe an die Außenwand treten könne, im Ergebnis nicht als so erheblich darstellen, dass die genannten Kosten der Mängelbeseitigung hierzu nicht außer Verhältnis stehen würden. Dabei stellte das OLG darauf ab, dass die Flächen unter der Schräge zum Abstellen von Gegenständen, für Möbel und zum Sitzen oder Liegen nahezu ohne Einschränkung verwandt werden könnten. Zudem sei in Ansehung eines Ausgangsfehlers des Architekten ein Verschulden der Klägerin als nur gering anzusehen. Hinzu käme weiterhin, dass durch eine Planänderung teilweise Abhilfe geschaffen worden sei, worin zwar kein Verzicht auf weitere Mängelrechte gesehen werden könne, was aber dazu führen würde, dass ein Bestehen auf der vollständigen Vertragserfüllung mit den damit verbundenen Kosten und bei Berücksichtigung aller Umstände als unverhältnismäßig anzusehenden Kosten  treuwidrig wäre.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 03.07.2024 - 12 U 63/22 -

Freitag, 6. September 2024

Einberufung der Gesellschafterversammlung einer PartG mbB durch Nichtberechtigten

Der PartG mbB (Partnerschaftsgesellschaft bestehend aus Rechtsanwälten) gehörten neben dem Kläger die Beklagten zu 1 und 4, zeitweise auch die Beklagten zu 2 und 3 als Partner an. Nach dem Gesellschaftsvertrag war die Partnerversammlung vom Managing Partner einzuberufen. Der Beklagte zu 4 berief zu einer Partnerversammlung ein, deren Tagesordnung den Ausschluss des Klägers vorsah. Der Ausschlussbeschluss wurde mit den Stimmen der Beklagten zu 1 bis 4 in Abwesenheit des Klägers gefasst. Der Kläger erhob Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses. Die Klage wurde ebenso wie die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Auf die vom BGH zugelassene Revision wurde das Urteil aufgehoben und der Rechtstreit an das Berufungsgericht (OLG Frankfurt) zurückverwiesen.

In der Partnerschaftsgesellschaft würden die zum Personengesellschaftsrecht entwickelten Grundsätze zur Behandlung von Beschlussmängeln gelten (BGH, Urteil vom 19.04.2013 - II ZR 3/12 -). Die Einberufung durch einen Unbefugten würde bei der Personengesellschaft zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse führen (BGH, Urteil vom 13.05.2014 - II ZR 250/12 -). Diese Rechtsfolge habe das OLG hier mit der Begründung nicht angenommen, da weder dargetan noch ersichtlich wäre, dass bei Ladung durch den Managing Partner der Beschlussinhalt ein anderer gewesen wäre. Dem wollte der BGH nicht folgen.

Die Rechtsprechung vor der Reform durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (vom 10.08.2021, in Kraft seit dem 01.01.2024) habe eine Nichtigkeit wegen Fehlern bei der Form, Frist und Inhalt einer Einberufung bei Verletzung des Dispositionsschutzes ausgeschlossen, wenn nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das Zustandekommen des Beschlusses durch den Fehler nicht beeinflusst sei. Diese Rechtsprechung sei aber nicht auf die Einberufung durch einen Unbefugten übertragbar. Dessen Einberufung würde nach der ständigen Rechtsprechung rechtsformübergreifend stets die Unwirksamkeit der Einladung und damit die Nichtigkeit der auf der Versammlung gefassten Beschlüsse zur Folge haben (BGH, Urteil vom 16.12.1953 - II ZR 167/52 -). In diesen Fällen läge nicht ein bloßer Formmangel vor, vielmehr fehle ein Mindesterfordernis der Gesellschafterversammlung, weshalb die Ladung durch einen Unbefugten einer Nichtladung gleichkäme. Die Beachtung der Ladungsbefugnis diene der Sicherung eines für jeden Gesellschafter unverzichtbaren Gesellschaftsrechts, seines Teilnahmerechts an der Gesellschafterversammlung und der damit verbundenen Willensbildung der Gesellschaft; auf die Ladung eine Unbefugten müsse er nicht reagieren.

Dass es sich vorliegend um eine personalistisch geprägte Gesellschaft handelte, sah der BGH in Ansehung des Gewichts der drohenden Rechtsbeeinträchtigung nicht als Grund für eine Abweichung von diesen Grundsätzen an. Insoweit verwies der BGH auch auf die Aktiengesellschaften und die GmbH (bei der nach ständiger Rechtsprechung aktienrechtliche Grundsätze übertragen würden), bei denen die Nichtigkeit der Beschlüsse auf einer von einem Unbefugten geladenen Gesellschafterversammlung in § 241 Nr.1, § 121 Abs. 2 AktG ihren Niederschlag gefunden hätten, unabhängig davon, ob es sich um einen kleinen oder großen Gesellschafterkreis handele.     

Da sich der Kläger darauf berufen habe, dass der Beklagte zu 4 nicht Managing Partner gewesen sei, das Berufungsgericht dazu aber keine Feststellungen getroffen hatte (fehlerhaft davon ausgehend, dass es hier darauf nicht ankommen würde), war das Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zurück zu verweisen.

BGH, Urteil vom 16.07.2024 - II ZR 100/23 -