Dienstag, 12. April 2016

Wohnungseigentum: Eigenmächtige Instandsetzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum und Bereicherungsanspruch

einen Anspruch aus bereicherungsrechtlichen Ausgleich hat, wenn er eigenmächtig Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt oder durchführen lässt und wer auf Zahlung zu verklagen ist, ferner, wer Schuldner eines Ausgleichsanspruchs ist. 

Bei Begründung der WEG bestand dringender sanierungsbedarf. Die Eigentümer beschlossen auch einen Sanierungsplan, schlossen dabei aber die Kellersohle aus; hier sollte zunächst (im Hinblick u.a. auf die hohen Kosten) zugewartet werden, ob die Durchfeuchtung der kellerwände auch ohne die Sanierung der Kellersohle möglich ist.

Nach dem Erwerb des Sondereigentums an einer Souterrainwohnung ließ die Klägerin die Kellersohle derselben zu einem Kostenaufwand von über € 14.000,00 sanieren und sodann zu Kosten von knapp € 4.000,00 die Eingangs- und Innentüren der Wohnung, die infolge der Sanierung durch die Gemeinschaft nicht mehr passten, ersetzen.  Im Revisionsverfahren hatte die Klägerin bezüglich der Kosten für die Eingangs- und Innentüren obsiegt; im übrigen wurde ihre Revision und Klage abgewiesen.

Der BGH prüfte die einzelnen Anspruchsgrundlagen und stellte nachfolgende Erwägungen an:

1. Kosten Sanierung Kellersohle

1.1. Ein Anspruch aus Notgeschäftsführung scheide aus. Ein solcher Anspruch ist nur gerechtfertigt, wenn ein sofortiges Handeln geboten ist und ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht (mehr) eingeholt werden kann. Selbst wenn diese Voraussetzung vorliegt, muss zunächst der Verwalter zum Handeln aufgefordert werden (§ 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG); kommt dieser seiner Verpflichtung nicht nach, kann der Eigentümer selbst die Maßnahme vornehmen.

Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Die Wohnungseigentümer hatten sich mit der Kellersohle befasst und e drohte kein unmittelbarer Schaden für das Gemeinschaftseigentum. Die Sanierung durch die Klägerin stellte danach keine Maßnahme der Notgeschäftsführung dar.

1.2. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB bestand auch nicht. Denn hier hatten die Wohnungseigentümer bereits beschlossen, die Sanierung vorerst zurückzutellen. Damit lag die Maßnahme nicht in deren Interesse, was notwendig gewesen wäre.

1.3. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bestand ebenfalls nicht. Zwar wird ein solcher nicht durch Fehlen der Notgeschäftsführung oder Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeschlossen. Allerdings käme ein solcher Anspruch nur in Betracht, wenn die Maßnahme hätte ausgeführt werden müssen..

Wer den Ausgleichsanspruch schuldet richtet sich nach Auffassung des BGH danach, ob die Maßnahme zum Zeitpunkt der Vornahme erst noch beschlossen werden muss dann die Wohnungseigentümer) oder ob sie (wegen eines Beschlusses der Wohnungseigentümer oder wegen Dringlichkeit) durchgeführt werden muss (dann die Gemeinschaft). Dies ergäbe sich auch aus der Parallele zur Haftung: Für Schäden einer verzögerten Beschlussfassung sind die Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner ersatzpflichtig, die entweder schuldhaft untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben (BGHZ 202, 375 Rn. 21). Für Defizite eines gefassten Beschlusses haftet demgegenüber der Verband BGH NJW 2012, 2955 Rn. 17ff). Entsprechendes gilt, wenn der Verband ohne Beschluss handeln kann, §§ 21 Abs. 2, 27 Abs. 1 Nr. 3, 21 Abs. 4 WEG.

Danach scheidet hier ein bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch aus, da die Eigentümer die Sanierung zurückgestellt hatten und die Klägerin keinen neuen Antrag gestellt hatte. Mithin konnte hier insoweit nicht der Verband verklagt werden (wie geschehen). Eine möglicherweise notwendige Änderung des Beschlusses zur Sanierung der Kellersohle sei im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.

1.4. Ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 10 Abs. 6 S. 3 WEG scheide hier auch aus. Dieser besteht, wenn die Aufwendungen zur Erfüllung zur Erfüllung einer gemeinschaftsbezogenen Pflicht erforderlich waren. Der Anspruch begründet aber keine Haftung der Wohnungseigentümer im Außenverhältnis (dann Verband), sondern nur im Innenverhältnis (dann Wohnungseigentümer) untereinander. Zudem hätte hier die Gemeinschaft dann die Kosten zu trage, die sie nach dem Beschluss zur Zurückstellung der Sanierung gerade nicht tragen wollte.

            2. Kosten Erneuerung Eingangs- und Innentüren

  2.1.  Der BGH bejahte hingegen einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Eingangs- und Innentüren. Insoweit kommen sowohl ein Anspruch aus Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag als auch ein Bereicherungsanspruch nach §§ 684 S. 1, 912 BGB in Betracht. Nahc der Angabe der Klägerin (insoweit wurde der Rechtstreit zur neuen Prüfung zurückverwiesen) hätten die Türen wegen der von der Gemeinschaft durchgeführten Sanierung infolge der dicker gewordenen Wände nicht mehr gepasst. Danach wäre der verklagte Verband verpflichtet gewesen, nach Durchführung der beschlossenen Sanierung als deren Begleitmaßnahme auch die Türen auszutauschen. Denn ebenso wie die Beseitigung von Schäden am Sondereigentum (hier: Innentüren) umfasste dies dann auch die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Gemeinschaftseigentums (Eingangstür). Dies entspräche auch dem mutmaßlichen Interesse der Gemeinschaft, die sich hier die entsprechenden Aufwendungen erspart hatte.  
 2.2. Die Aufwendungen sind nicht im Rahmen der Geltendmachung des Anspruchs zu kürzen; eine Umlegung erfolgt erst mit der Jahresabrechnung.


BGH, Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14 -

Sonntag, 10. April 2016

Einkommensteuer: Notrufsystem als haushaltsnahe Dienstleistung

Die Klägerin war in einer Wohnung einer Seniorenresidenz im Rahmen des „Betreuten Wohnens“. U.a. zahlte sie eine monatliche Betreuungspauschale, die auch ein 24-stündiges Notrufsystem beinhaltete. Das beklagte Finanzamt lehnte die Anerkennung der Kosten von € 1357,00 für das Notrufsystem als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ab. Die Klage dagegen hatte Erfolg; die Revision des Finanzamtes wurde vom BFH zurückgewiesen.

Der BFH verweist darauf, dass haushaltsnahe Leistungen solche sind, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung haben bzw. mit ihr im Zusammenhang stehen. Dazu gehören Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte verrichtet werden und in regelmäßigen Abständen anfallen. In diesem Sinne wäre das mit der betreuungspauschale abgegoltene Notrufsystem  eine haushaltsnahe Dienstleistung.


Im Streitfall stelle das Notrufsystem für den Fall, dass sich der Bewohner in seiner Wohnung aufhält, sicher, dass eine Rufbereitschaft vorhanden ist. Damit würde die Leistung „in“ einem Haushalt erbracht.

BFH, Urteil vom 03.09.2015 – VI R 18/14 -

Handelsregister: Zur Zulässigkeit einer c/o-Angabe bei der Gesellschaftsanschrift

Die Gesellschaft hatte zu Zeitpunkt der Anmeldung (noch) keine eigenen Geschäftsräume und gab als Gesellschaftsanschrift diejenige ihres Geschäftsführers mit einem entsprechenden c/o-Zusatz an. Das Handelsregister lehnte die Eintragung ab und führte u.a. aus, es könne am Briefkasten ein entsprechender zusätzlicher Vermerk zur Gesellschaft angebracht werden. Die dagegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.

Das OLG vertrat die Auffassung, ein c/--Zusatz sei dann statthaft, wenn er nicht zur Verschleierung der Zustellmöglichkeit diene. Damit sei die Eintragung hier zulässig, da in der Person des Geschäftsführers, dessen Anschrift gewählt wurde, ersichtlich ein zustellungsbevollmächtigter Vertreter der Gesellschaft benannt wurde. Auch könne nicht auf eine zusätzliche Angabe am Briefkasten verwiesen werden, da die Eintragung einer (neuen) inländischen Anschrift in jedem Fall erforderlich wäre.


OLG Hamm, Beschluss vom 13.01.2016 – 27 W 2/16 -

Samstag, 9. April 2016

Anspruch auf Tariflohnerhöhung durch frühere Zahlungen auch gegen den nicht mehr tarifgebundenen Arbeitgeber ?

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Ist der Arbeitgeber Tarifvertragspartei und gehört der Arbeitnehmer auch einer Tarifvertragspartei an, ergibt sich der Anspruch des Arbeitnehmers automatisch aus dem Tarifvertrag, § 3 TVG. Was aber, wenn der Arbeitgeber keiner Tarifvertragspartei angehört. Für ihn gilt der Tarifvertrag nicht. Allerdings werden die Tariferhöhungen des Tarifvertrages häufig von dem nicht (mehr) tarifgebundenen Arbeitgeber auch an alle Arbeitnehmer weitergegeben. Das BAG musste sich nun mit der Frage auseinandersetzen, ob der Arbeitnehmer in einem solchen Fall, dass der Arbeitgeber in der Vergangenheit den Tarifvertrag bei der Entlohnung auch bei Erhöhungen des Tarifvertrages auf die Arbeitnehmer angewandt hat, einen Rechtsanspruch auf Erhöhung des Tariflohnes bei dessen Erhöhung hat.

Das BAG führt aus, dass grundsätzlich die regelmäßige Erhöhung des Entgelts entsprechend der Tarifentwicklung dem Arbeitnehmer lediglich einen Anspruch auf Weiterzahlung des erhöhten Tariflohnes gewährt, nicht aber eine Verpflichtung des Arbeitgebers begründe, auch künftige Anpassungen des Tariflohnes weiterzugeben.  Der tarifgebundene Arbeitgeber, der die Tariferhöhungen an alle Arbeitnehmer (unabhängig von seiner Mitgliedschaft bei einer Tarifvertragspartei) weitergibt, wolle sich erkennbar im Regelfall nicht über die Zeit seiner Tarifgebundenheit hinaus ohne die Möglichkeit der Kündigung des Tarifvertrages oder seines Verbandsaustritts binden.

Etwas anderes könnte sich nur dann angenommen werden, wenn es dafür konkrete Anhaltspunkte gäbe. Vorliegend war im Arbeitsvertrag zwischen dem bei Vertragsschluss noch tarifgebundenen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer statisch auf den am 31.03.1999 geltenden BAT. Die Bezugnahmeklausel führe nicht zur weiteren Anwendung des BAT nach dem Verbandsaustritt. Ein Vertrauensschutz könne nur gegeben sein, wenn die Bezugnahmeklausel nach dem Verbandsaustritt (und nach der Schulrechtsreform zum 01.01.2002 erneuert worden wäre, was im vorliegenden Rechtsstreit nicht der Fall war. Das BAG weist ausdrücklich darauf hin, dass die geübte Praxis der Erhöhungen entsprechend dem Tarifvertrag in den Jahren nach dem Verbandsautritt des Arbeitgebers selbst keinen Willen des Arbeitgebers darstellen würde, eine unbedingte dynamische Bezugnahme vertraglich zu vereinbaren.


BAG, Urteil vom 24.02.2016 – 4 AZR 990/13

Mittwoch, 6. April 2016

Mietrecht: Was ist in Bezug auf Betriebskosten im Mietvertrag mitzuteilen ?

Der vom BGH entschiedene Ausgangsfall ist einfach gelagert. In dem Formularmietvertrag über Wohnraum, abgeschlossen am 27.04.2007, war geregelt worden, dass der Mieter „Vorauszahlungen auf die übrigen Betriebskosten gemäß Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung“ zu zahlen habe. Das Landgericht hielt die Regelung nicht für hinreichend bestimmt. Das sah der BGH anders.

Der BGH verdeutlicht, dass es für die Umlagefähigkeit von Betriebskosten nicht darauf ankommt, dass diese in einem (Formular-) Vertrag enumerativ aufgezählt werden. Ausreichend sei die (auch formularmäßige) Vereinbarung, dass der Mieter die Betriebskosten zu tragen habe. Der Vertrag sei nach seinem objektiven Inhalt so auszulegen, wie es ein verständiger und redlicher Vertragspartner versteht.  Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Betriebskosten seit Jahrzenten durch Rechtsverordnung (und später auch Gesetz) definiert würden. Dies ergäbe sich aus der am 01.11.1957 in Kraft getretenen Zweiten Berechnungsverordnung und seit dem 01.01.2007 aus § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB selbst, der auf die Aufstellung der Betriebskostenverordnung  vom 25.11.2003 verweist (die die Anlage 3 zu § 37 Zweite Berechnungsverordnung ablöste). Damit sei ohne weiteres bei der Vereinbarung von Betriebskosten zu verstehen, dass es sich hier um die Kosten handelt, die jetzt in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB und in dem auf Grund der darin enthaltenen Ermächtigungen erlassenen Betriebskostenkatalog der Betriebskostenverordnung enthalten sind.

Dies verstößt nach Auffassung des BGH auch nicht gegen das Transparenzgebot. Anderes könnte sich im (hier nicht vorliegenden) Einzelfall nur dann ergeben, wenn aus dem weiteren Inhalt des Mietvertrages unklar würde, ob nur einzelne der umlegbaren Betriebskosten gemeint sind oder alle. Jedenfalls wäre der Vermieter nicht verpflichtet, den Mieter im Einzelnen aufzuklären, was unter die umlegbaren Betriebskosten fällt.

Der Umstand, dass hier im Mietvertrag auf die Zweite Berechnungsverordnung verwiesen wurde, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nicht mehr galt, sei unschädlich. Es ergäbe sich daraus nicht, dass etwas anders gemeint sein könnte als die Abwälzung sämtlicher umlegbarer Betriebskosten, zumal vorliegend auf die „jeweils geltende Fassung“ verwiesen wurde. Es handele sich hier bei der Angabe der Zweiten Berechnungsverordnung anstelle der Betriebskostenverordnung resp. § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB um eine unschädliche Falschbezeichnung.


BGH, Urteil vom 10.02.2016 – VIII ZR 137/15 -

Dienstag, 5. April 2016

Automatisch Generierte E-Mail mit Werbung ist unzulässig

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Es ist zwar schön zu wissen, dass seine Mail beim Empfänger angekommen ist, worauf häufig durch automatisch geneierte E-Mails des Empfängers hingewiesen wird. Doch der Empfänger nutzt diese Gelegenheit auch gerne um für sich zu werben oder ein Produkt zu werben. Diese Werbeplattform darf allerdings nach dem Urteil des BGH grundsätzlich nicht genutzt werden.

Die beklagte Versicherung hatte mit ihrer automatisch generierten Antwortmail u.a. bestimmte Apps beworben. Der Kläger verlangte die Verurteilung der Beklagten auf Unterlassung, mit ihm zum Zwecke der Werbung ohne sein Einverständnis E-Mail-Kontakt wie mit der automatisch generierten Mail mit Werbeanhang geschehen, aufzunehmen. Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben; auf die Berufung hin änderte das Landgericht das Urteil ab und wies die Klage ab. Mit der zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Ziel weiter; die Berufung führte zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.

Der BGH erkennt einen Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB an. Es sieht in den mit Werbung versehenen Mails der beklagten Versicherung einen rechtswidrigen Eingriff in das  allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Dieses gäbe dem Betroffenen das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden (BGHZ 131, 332, 337). Damit könne er seine Privatsphäre von unerwünschten Einflussnahmen anderer freihalten und darüber entscheiden mit wem er in welchem Umfang Kontakt aufnehmen will. Eine bloße, nicht ehrverletzende Kontaktaufnahme durch einen Dritten würde aber nur dann das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigen, wenn dies gegen den eindeutigen Willen des Betroffenen erfolge, da ansonsten die kommunikative Freiheit beeinträchtigt wäre (BGH VersR 2011,544).

Eine solche Entscheidung des Betroffenen ergäbe sich bei Werbeeinwürfen in den Hausbriefkasten durch einen dies untersagenden Aufkleber. Nach Art. 13 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie gehöre das elektronische Postfach mit zur Privatsphäre. Danach ist die die Nutzung des Postfachs nur bei vorheriger Einwilligung des Inhabers für eine Direktwerbung zulässig.

Werbung in diesem Sinne wären alle produktfördernden Maßnahmen. Mit den Hinweisen auf kostenlose Apps bewerbe die Beklagte ihre Produkte. Zwar sei die Eingangsbestätigung selbst keine Werbemaßnahme, was aber nicht zur Folge habe, dass die dort enthaltene Werbung keine (Direkt-) Werbung darstellen könne. Durch die zulässige Nutzung des elektronischen Postfachs des Klägers für die Bestätigungsmail würde die Nutzung nicht insgesamt zulässig.

Der Verstoß der Beklagten sei auch rechtswidrig. Eine Interessensabwägung ergäbe, dass das Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 GG, 8 Abs. 1 EMRK höher wiege als das Interesse der Beklagten ihren Mails werbende Zusätze hinzuzufügen.


BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15 -

Freitag, 1. April 2016

Anwaltsrecht: Übernahme der Verantwortung für Schriftsätze – Welche Unterzeichnung ist erforderlich ?

Gerne wird aus formalen Gründen ein Schriftsatz (hier eine Revisionsbegründung in einer Strafsache) als unzulässig angesehen.  Entscheidend ist, dass der Unterzeichner des Schriftsatzes sich den Inhalt zu eigen macht und für diesen nach eigener Prüfung die Verantwortung übernimmt.

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In dem dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung vorgelegten Fall hatte ein Anwalt, der mit dem Sachbearbeiter in einer Bürogemeinschaft zusammenarbeitete, dessen Revisionsbegründung mit den Zusätzen „i.V.“ (in Vertretung) und „ „für den nach Diktat verreisten Rechtsanwalt …“ unterzeichnet. Die Revision wurde verworfen. Mit den Zusätzen habe der Unterzeichner deutlich gemacht, dass er die Revisionsschrift nicht geprüft und nicht die Verantwortung übernommen habe.

Das sah das BVerfG anders. Alleine der Umstand, der der Unterzeichner vorher nicht tätig wurde, rechtfertige nicht die Annahme, dass er sich nicht mit der Angelegenheit auseinandergesetzt habe. Die Verantwortungsübernahme hänge nicht damit zusammen, wer den Schriftsatz entworfen hat. Mit der Unterzeichnung sei vielmehr davon auszugehen, dass sich der Unterzeichner den Inhalt zu eigen gemacht habe und damit auch die Verantwortung für dessen Inhalt übernehme. Anderes könne nur gelten, wenn in dem Schriftsatz selbst Distanzierungen  enthalten wären.

Der Zusatz „i.V.“ stünde dem nicht im Wege, wie dies eventuell der Zusatz „im Auftrag“ nahelegen könne. Ebenso sei der Zusatz, dass der Sachbearbeiter „nach Diktat verreist“ ist, nicht der Eigenübernahme entgegen.  Dies würde letztlich nur dafür sprechen, dass der Verfasser bei Unterzeichnung nicht anwesend war, nicht aber, dass der Unterzeichner nicht selbst geprüft und den Inhalt als eigenen übernommen hat.


BVerfG, Beschluss vom 07.12.2015 – 2 BvR 767/15 -