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Freitag, 30. Oktober 2020

Modernisierung vor Neuvermietung und Bestimmung der Miethöhe, §§ 556d, 556f S. 2 BGB

 

Die Beklagte wurde verurteilt, teilweise Miete an die Mieterin (geltend gemacht durch die Klägerin als Zessionarin) zurückzuzahlen, da die Miete insoweit über die zulässige Miete gem. § 556d BGB hinausgegangen sei. § 556d BGB lautet:

(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2) höchstens um 10 Prozent übersteigen.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen. Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wen

1.die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,

2.die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,

3.die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder

4.geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Eine Rechtsverordnung nach Satz 1 muss spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft treten. Sie muss begründet werden. Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt. Ferner muss sich aus der Begründung ergeben, welche Maßnahmen die Landesregierung in dem nach Satz 1 durch die Rechtsverordnung jeweils bestimmten Gebiet und Zeitraum ergreifen wird, um Abhilfe zu schaffen. 

Allerdings ist § 556d BGB nach § 556f S. 2 BGB nicht auf Wohnungen anwendbar ist, die erstmals nach umfassender Sanierung vermietet werden. Diese Voraussetzung dieser Ausnahmeregelung soll allerdings hier nicht vorgelegen haben.

Umfassend sei eine Modernisierung dann, wenn sie einen wesentlichen Bauaufwand erfordere und einen solchen Umfang aufweise, der eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheinen ließe. Für Neubauten sei nach § 556f S. 1 BGB nämlich ebenfalls § 556d BGB nicht anwendbar. „Umfassend“ beträfe nicht nur den Investitionsaufwand, sondern auch die qualitativen Auswirkungen auf die Wohnung als solche, weshalb auch zu berücksichtigen sei, ob die Wohnung in mehreren wesentlichen Bereichen (insbesondere Sanität, Heizung, Fenster, Fußboden, Elektroinstallation und energetische Eigenschaften) eine Verbesserung erfahren habe.

Vorliegend seien die Fußböden erneuert worden, Küche und Bad verlegt worden (inkl. Verlegung und Erneuerung der Anschlüsse und der Elektroinstallation), nicht aber Arbeiten in Bereichen Heizung, Fenster und energetische Maßnahmen (Dämmung) vorgenommen worden. Damit sei der Umfang der Arbeiten nicht einem Neubau gleichzustellen. Die Erhöhung der Miete über das in § 556d BGB vorgesehene Maß war damit unzulässig und begründete den Rückforderungsanspruch.  

BGH, Hinweisbeschluss vom 27.05.2020 - VIII ZR 73/19 -

Dienstag, 12. April 2016

Wohnungseigentum: Eigenmächtige Instandsetzung von Gemeinschafts- und Sondereigentum und Bereicherungsanspruch

einen Anspruch aus bereicherungsrechtlichen Ausgleich hat, wenn er eigenmächtig Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt oder durchführen lässt und wer auf Zahlung zu verklagen ist, ferner, wer Schuldner eines Ausgleichsanspruchs ist. 

Bei Begründung der WEG bestand dringender sanierungsbedarf. Die Eigentümer beschlossen auch einen Sanierungsplan, schlossen dabei aber die Kellersohle aus; hier sollte zunächst (im Hinblick u.a. auf die hohen Kosten) zugewartet werden, ob die Durchfeuchtung der kellerwände auch ohne die Sanierung der Kellersohle möglich ist.

Nach dem Erwerb des Sondereigentums an einer Souterrainwohnung ließ die Klägerin die Kellersohle derselben zu einem Kostenaufwand von über € 14.000,00 sanieren und sodann zu Kosten von knapp € 4.000,00 die Eingangs- und Innentüren der Wohnung, die infolge der Sanierung durch die Gemeinschaft nicht mehr passten, ersetzen.  Im Revisionsverfahren hatte die Klägerin bezüglich der Kosten für die Eingangs- und Innentüren obsiegt; im übrigen wurde ihre Revision und Klage abgewiesen.

Der BGH prüfte die einzelnen Anspruchsgrundlagen und stellte nachfolgende Erwägungen an:

1. Kosten Sanierung Kellersohle

1.1. Ein Anspruch aus Notgeschäftsführung scheide aus. Ein solcher Anspruch ist nur gerechtfertigt, wenn ein sofortiges Handeln geboten ist und ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht (mehr) eingeholt werden kann. Selbst wenn diese Voraussetzung vorliegt, muss zunächst der Verwalter zum Handeln aufgefordert werden (§ 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG); kommt dieser seiner Verpflichtung nicht nach, kann der Eigentümer selbst die Maßnahme vornehmen.

Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Die Wohnungseigentümer hatten sich mit der Kellersohle befasst und e drohte kein unmittelbarer Schaden für das Gemeinschaftseigentum. Die Sanierung durch die Klägerin stellte danach keine Maßnahme der Notgeschäftsführung dar.

1.2. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB bestand auch nicht. Denn hier hatten die Wohnungseigentümer bereits beschlossen, die Sanierung vorerst zurückzutellen. Damit lag die Maßnahme nicht in deren Interesse, was notwendig gewesen wäre.

1.3. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bestand ebenfalls nicht. Zwar wird ein solcher nicht durch Fehlen der Notgeschäftsführung oder Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeschlossen. Allerdings käme ein solcher Anspruch nur in Betracht, wenn die Maßnahme hätte ausgeführt werden müssen..

Wer den Ausgleichsanspruch schuldet richtet sich nach Auffassung des BGH danach, ob die Maßnahme zum Zeitpunkt der Vornahme erst noch beschlossen werden muss dann die Wohnungseigentümer) oder ob sie (wegen eines Beschlusses der Wohnungseigentümer oder wegen Dringlichkeit) durchgeführt werden muss (dann die Gemeinschaft). Dies ergäbe sich auch aus der Parallele zur Haftung: Für Schäden einer verzögerten Beschlussfassung sind die Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner ersatzpflichtig, die entweder schuldhaft untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben (BGHZ 202, 375 Rn. 21). Für Defizite eines gefassten Beschlusses haftet demgegenüber der Verband BGH NJW 2012, 2955 Rn. 17ff). Entsprechendes gilt, wenn der Verband ohne Beschluss handeln kann, §§ 21 Abs. 2, 27 Abs. 1 Nr. 3, 21 Abs. 4 WEG.

Danach scheidet hier ein bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch aus, da die Eigentümer die Sanierung zurückgestellt hatten und die Klägerin keinen neuen Antrag gestellt hatte. Mithin konnte hier insoweit nicht der Verband verklagt werden (wie geschehen). Eine möglicherweise notwendige Änderung des Beschlusses zur Sanierung der Kellersohle sei im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.

1.4. Ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 10 Abs. 6 S. 3 WEG scheide hier auch aus. Dieser besteht, wenn die Aufwendungen zur Erfüllung zur Erfüllung einer gemeinschaftsbezogenen Pflicht erforderlich waren. Der Anspruch begründet aber keine Haftung der Wohnungseigentümer im Außenverhältnis (dann Verband), sondern nur im Innenverhältnis (dann Wohnungseigentümer) untereinander. Zudem hätte hier die Gemeinschaft dann die Kosten zu trage, die sie nach dem Beschluss zur Zurückstellung der Sanierung gerade nicht tragen wollte.

            2. Kosten Erneuerung Eingangs- und Innentüren

  2.1.  Der BGH bejahte hingegen einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Eingangs- und Innentüren. Insoweit kommen sowohl ein Anspruch aus Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag als auch ein Bereicherungsanspruch nach §§ 684 S. 1, 912 BGB in Betracht. Nahc der Angabe der Klägerin (insoweit wurde der Rechtstreit zur neuen Prüfung zurückverwiesen) hätten die Türen wegen der von der Gemeinschaft durchgeführten Sanierung infolge der dicker gewordenen Wände nicht mehr gepasst. Danach wäre der verklagte Verband verpflichtet gewesen, nach Durchführung der beschlossenen Sanierung als deren Begleitmaßnahme auch die Türen auszutauschen. Denn ebenso wie die Beseitigung von Schäden am Sondereigentum (hier: Innentüren) umfasste dies dann auch die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Gemeinschaftseigentums (Eingangstür). Dies entspräche auch dem mutmaßlichen Interesse der Gemeinschaft, die sich hier die entsprechenden Aufwendungen erspart hatte.  
 2.2. Die Aufwendungen sind nicht im Rahmen der Geltendmachung des Anspruchs zu kürzen; eine Umlegung erfolgt erst mit der Jahresabrechnung.


BGH, Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14 -