Montag, 7. September 2015

Maklerrecht: Internationale Zuständigkeit für die Maklerlohnklage

Zwischen den Parteien ist streitig, ob zum Zeitpunkt der Auftragserteilung durch die niederländische Beklagte das Internetportal der Klägerin bereits Informationen auf Niederländisch enthielt. Unstreitig kam es zu einem provisionspflichtigen Maklervertrag, in dessen Rahmen die Beklagte auch einen (später rückabgewickelten) notariellen Grundstückskaufvertrag schloss.


Die Zahlungsklage der Maklerin hatte in 1. Instanz Erfolg, wurde aber vom OLG Düsseldorf abgewiesen; die hiergegen von der Klägerin eingelegte Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.
Die Zurückweisung der Klage erfolgte aus prozessualen Gründen. OLG Düsseldorf und ihm folgend haben die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts negiert. Nach ihrer Auffassung hätte die Beklagte durch die Klägerin in den Niederlanden an ihrem dortigen Wohnsitz verklagt werden müssen. Dabei hat sich der BGH von nachfolgenden Erwägungen leiten lassen:
  •          In Verbrauchersachen ist nach Art. 15 I c Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (sogen. Brüssel-I-VO) die ansonsten nach Art. 5 Nr. 1 Brüssel-I-VO gegebene Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht gegeben.
  •     Die Beklagte war Verbraucher, was unstreitig war. D.h., sie hat nicht im Rahmen einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gehandelt.
  •         Die Klägerin muss zudem in dem Mitgliedsstaat, in dem die Beklagte ihren Wohnsitz hatte (hier: Niederlande) ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausüben  oder zumindest ihre Tätigkeit auf diesen Staat ausrichten. Damit soll auch die direkt auf die für den Wohnsitzstaat ausgerichtete Werbung wie auch den elektronischen Vertragsschluss abgestellt werden.

Der letzte Punkt wird vom BGH mit der Begründung bejaht, durch die (klägerseits für das streitbefangene Jahr 2009 bestrittene) Internetinformation auf niederländisch wäre der notwendige Auslandsbezug der Tätigkeit gegeben. Das einfache Bestreiten der Klägerin wäre unbeachtlich, da sie nach der substantiierten Darlegung zu der Internetseite im einzelnen hätte ausführen müssen, wann wer diese Seite aufgenommen habe. Mangels dieser Substantiierung, auf dessen Erfordernis das LG gem. § 139 ZPO hingewiesen habe, wäre der Vortrag der Beklagten zum Vorhandensein der Seite im Jahre 2009 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als gegeben anzusehen und damit die fehlende internationale Zuständigkeit festzustellen.

Anmerkung: Die Entscheidung verdeutlicht die möglichen Risiken im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr. Schon in Ansehung der Kosten ist es ein Unterschied, ob eine Klage in Deutschland oder den Niederlanden zu erheben ist. Ist Deutschland zuständig, ergeben sich die Kostenfolgen aus §§ 91ff ZPO mit der Folge, dass im Falle des vollständigen Obsiegens der Gegner der obsiegenden Partei die gesetzlichen Gebühren umfassend zu erstatten hat. Anders in den Niederlanden, in denen die Gebühren ausgehandelt werden und gerade nicht (umfassend) im Falle eines Obsiegens erstattet werden.

Von daher mag die (auch) in einer Fremdsprache abgefasste Internetseite zwar ein Service für Besucher und damit potentielle Kunden der Seite sein. Doch dieser Service kann sich schnell 8wie hier) zuungunsten des Seitenbestreibers herausstellen, wenn dadurch die Zuständigkeit beeinflusst wird. 

BGH, Urteil vom 15.01.2015 - I ZR 88/14 -

Freitag, 4. September 2015

Steuererklärungen: Zwang zur elektronischen Übermittlung

Elster – nicht gemeint ist der Vogel, sondern die Bezeichnung des elektronischen Programms der Finanzverwaltung zur Übermittlung von Steuererklärungen (www.elster.de).  Immerhin: Im Sommer 2013 kam die Entscheidung, dass bei „Elster“ das sicherheitsanfällige Java nicht mehr zum Einsatz kommt. Aber ist es sicher ? Dies bezweifelte der als selbständiger Fotograf in Rheinland-Pfalz tätige Kläger, der sich weigerte seine Einkommensteuererklärung in elektronischer Form beim Finanzamt einzureichen.


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Das zuständige Finanzamt hatte ihn erstmals in 2011 darauf hingewiesen, dass er als selbständiger Fotograf verpflichtet wäre seine Steuererklärung elektronisch  bei dem Finanzamt einzureichen, da sein Gewinn aus selbständiger Arbeit über € 500,00/Jahr läge. Gestützt wurde dies auf § 25Abs. 4 EStG. Lediglich auf Antrag kann die Finanzverwaltung andernfalls aus Billigkeitsgründen auf die elektronische Übermittlung verzichten.

Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen und hält den Kläger zur Abgabe der Steuererklärung in elektronischer Form für verpflichtet. Es bestünde zwar ein nicht zu verleugnendes Risiko eines Hackerzugriffs auf die übermittelten Daten, doch wäre dies aus Gemeinwohlinteressen nicht zu beanstanden. Es wäre so möglich, die Steuererklärung gleich weiter zu verarbeiten, was neben einer Kostenersparnis und Verwaltungsvereinfachung auch gleichzeitig einer besseren Überprüfungsmöglichkeit diene.

Soweit das Finanzgericht dann darauf hinwies, dass der Kläger selbst zur Erstellung seiner Steuererklärung die Software WISO nutzen würde und er und seine Familie den PC auch im Internetbereich nutzen würden, erscheint dies eher der Versuch einer indirekten Rechtfertigung qua gleichförmigen Verhaltens als eine Begründung. Die Ausführungen lesen sich unter dem Aspekt, wenn Du auch im übrigen die Daten einem Hackerangriff preis gibst kannst Du dies auch für den Staat tun.


FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.07.2015 -  1 K 2204/13 -

Donnerstag, 3. September 2015

Grunderwerbsteuer: Keine Anwendung der Borrutau`schen Formel auf Kauf eines Erbbaugrundstücks durch Erbbauberechtigten

Der BFH hat seine Rechtsprechung zur Grunderwerbsteuer geändert.  Nach der jetzigen Rechtsprechung ist bei Kauf eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks  durch den Erbbauberechtigten lediglich der nach Abzug des Kapitalwerts des Erbbauzinsanspruchs vom Kaufpreis verbleibende Unterschiedsbetrag der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen.


Bisher wurde auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung der Kaufpreis nach der Borrutau`schen Formel aufgeteilt: Er wäre im Verhältnis des ohne Berücksichtigung des Anspruchs auf den Erbbauzins ermittelten gemeinen Werts des belasteten Grundstücks zum Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs aufzuteilen gewesen. Zwar wäre grundsätzlich nach wie vor nach der Borrutau`schen Formel aufzuteilen, wenn im Kaufpreis das Entgelt für das Grundstück als auch für sonstige, nicht der Grunderwerbsteuer unterworfene Gegenstände enthalten sei (z.B. Mitkauf von Mobiliar); allerdings müsse dann keine Verhältnisrechnung aufgestellt werden, wenn Gegenstand des Entgelts das Grundstück und eine Geldforderung ist. Hier kann die Kapitalforderung mit dem Nennwert angesetzt werden.

Ist der Kapitalwert des Erbbauzinses (wie in dem vom BFH entschiedenen Fall) höher als der vereinbarte Kaufpreis, verbleibt mithin kein Teil des Kaufpreises für das belastete Grundstück und ist die Grunderwerbsteuer auf Null Euro festzusetzen.


BFH, Urteil vom 06.05.2015 – II R 8/14 -

Freitag, 28. August 2015

Handelskauf: Zur Rügeobliegenheit des Käufers nach § 377 HGB

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§ 377 HGB wird häufig übersehen: Im kaufmännischen Geschäftsverkehr hat der Käufer die Pflicht, die Ware nach Anlieferung unverzüglich zu prüfen und bei Mängeln dem Verkäufer unverzüglich mitzuteilen. Häufig erfolgt aber heute die Auslieferung nicht vom Hersteller an den kaufenden Händler, sondern auf dessen Weisung an einen Dritten, eventuell auch einem Verbraucher (nicht kaufmännischen Abnehmer). Zwar ist der Käufer nicht verpflichtet, selbst die eingehende Ware zu untersuchen; er kann dies auch durch Dritte (so den Abnehmer) vornehmen lassen; in diesem Fall hat er aber (auch) dafür Sorge zu tragen, dass die Rüge ohne vermeidbare Verzögerungen dem Verkäufer mitgeteilt wird. Kommt es zu (vermeidbaren) Verzögerungen, muss sich der Käufer die fehlende (rechtzeitige) Mängelanzeige des Verkäufers entgegenhalten lassen und kann mithin aus dem Mangel keine Rechte herleiten.



OLG Köln, Beschluss vom 13.04.2015 – 11 U 183/14 -

Mietrecht: Wirtschaftlichkeit bei Anmietung in neuem Einkaufszentrum und Vertragsgrundlage

Einkaufszentren werden weiterhin gebaut, sei in Innenstädten, an Stadträndern oder gar „auf der grünen Wiese“. Ihr Schicksal ist ungewiss: Wird das Einkaufszentrum vom Verbraucher angenommen und – wenn ja – wie lange dauert es ? Damit geht der Mieter ein wirtschaftliches Risiko ein. Für dieses wirtschaftliche Risiko ist aber in der Regel nicht der Vermieter haftbar. In Auseinandersetzung mit der Entscheidung des BGH vom 19.07.2000 – XII ZR 176/98 bestätigt das OLG Koblenz in seiner Entscheidung die Entscheidung des BGH, , wonach der Vermieter für das Ausbleiben des erwarteten Kundentroms verantwortlich sein kann. Der Entscheidung des BGH lag eine Klausel im Mietvertrag zugrunde, derzufolge die Vermieterin die Aufgabe der Organisation eines objektbezogenen Center-Managements übernommen hatte, wodurch „die Voraussetzungen und Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg des Objekts geschaffen und gefördert werden“ sollten. In dem vom OLG Koblenz entschiedenen Fall fehlte es an einer solchen oder ähnlichen Formulierung. Es fehle in dem Vertrag jeder Hinweis auf eine (zugesagte) bestimmte Kundenfrequenz. Auch war nicht eine bestimmte Werbemaßnahme (durch den Vermieter) vorgesehen. Auch aus den Vertragsverhandlungen ließe sich dies nicht entnehmen. Da das Einkaufszentrum neu war, wie der Mieter wusste, sei auch die Behauptung des Mieters lebensfremd, eine bestimmte Kundenfrequenz, für die es schließlich keine Erfahrungswerte geben könne, sei zugesagt worden. Auch soweit der beklagte Mieter auf den Abschluss eines Vertrages mit einem Dritten zur Centerwerbung hinweise, ließe sich daraus nichts herleiten, da der Dritte nicht Erfüllungsgehilfe des klagenden Vermieters sei.



OLG Koblenz, Beschluss vom 14.04.3015 – 5 U 1483/14 -

Datenschutz: Auskunftspflicht zur Adresse eines Mitpatienten

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Wie weit reicht Datenschutz ? Damit musste sich der BGH in seinem Urteil vom 09.07.2015 auseinandersetzen. Hintergrund war das Verlangen eines Patienten an die von ihm verklagte Klinikleitung , ihm die Anschrift eines Mitpatienten zu offenbaren. Zur Begründung behauptete er eine Körperverletzung durch diesen Mitpatienten. Die Klinikleitung verweigerte die Offenlegung der Anschrift und berief sich dafür auf §§ 203 StGB, 32, 35 LKHG M-V.


Der Klage wurde stattgegeben. Weder datenschutzrechtliche Vorschriften noch des Strafnorm des § 203 StGB würden dem Auskunftsbegehren entgegenstehen. Zwar sei der Träger der Klinik zum Schutz der Patientendaten verpflichtet. Doch würde dies nicht gelten, wenn die Weitergabe zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, körperliche Unversehrtheit, persönliche Freiheit des Patienten oder eines Dritten erforderlich ist und diese Rechtsgüter das Geheimhaltungsinteresse des Patienten überwiegen, § 35 Abs. 1 Nr. 3 LKHG M-V. Der BGH sieht darin auch die Möglichkeit des Klägers gewahrt, von dem Mitpatienten Schadensersatz zu begehren; die sprachliche Anpassung an § 34 StGB gebiete die Abwägung der widerstreitenden Interessen. Der Begriff der persönlichen Freiheit sei weit auszulegen. Bei dieser gebotenen Interessensabwägung überwiege das Schadensersatz gegenüber dem Mitpatienten begehrende Interesse des Klägers , auch wenn nicht feststünde, ob der Mitpatient die vom Kläger behauptete Körperverletzung begangen hat. Ohne Bekanntgabe der Anschrift könne der Kläger von Vornherein nicht einmal den angeblich Verantwortlichen haftbar machen. Die besonders sensiblen (und nach §§ 32ff LKHG M-V geschützten Daten (wie Krankheitsverlauf, Vorerkrankungen, Dauerschäden pp wären nicht betroffen; der Datenschutz diene nicht dazu, die Anonymität des Krankenhauses für schädigende Handlungen zu nutzen und damit faktisch den Geschädigten rechtlos zu stellen.

Nach dieser Entscheidung des BGH sind die Anschrift (und wohl auch Name) eines Patienten einem Mitpatienten herauszugeben, wenn dieser eine Schädigung durch den Mitpatienten behauptet.


BGH, Urteil vom 09.07.2015 – III ZR 329/14 -

Freitag, 21. August 2015

Dienstbarkeit für im Handelsregister gelöschte juristische Person

Häufig belasten Dienstbarkeiten Grundbücher. Sie werden eingetragen, um Dritten  - aus welchen Gründen auch immer -  bestimmte Rechte einzuräumen. Ihre Löschung bedarf grundsätzlich der Bewilligung des Berechtigten. Was aber ist, wenn dieser Berechtigte nicht mehr existiert, wie bei einer im Handelsregister gelöschten Gesellschaft ? In dem vom OLG München zu beurteilenden Fall war für die A-AG eine Grunddienstbarkeit eingetragen. Außerhalb des Grundbuchs trat die B-AG die Gesamtrechtsnachfolge der A-AG an und wollte, nachdem die A-AG bereits im Jahr 2010 im Handelsregister gelöscht war, eine Berichtigung auch im Grundbuch bewirken. Demgegenüber wollte der Eigentümer die Löschung mit der Begründung, die A-AG sei nicht mehr existent.

Die Eintragung wurde auf die B-AG umgeschrieben. Der Eigentümer unterlag. Das OLG München wies darauf hin, dass mit Löschung des Berechtigten das Recht nicht untergegangen sei. Es stelle sich unabhängig von der Frage eines Vermögenswertes als eine formale Rechtsposition dar, weshalb es zur Löschung einer solchen in Ansehung der Bewilligung des Berechtigten insoweit einer Nachtragsliquidation bedürfe. Die nachgewiesene Löschung stelle mithin nicht den Nachweis dar, dass die Gesellschaft nicht mehr existiere  und das Recht deshalb untergegangen sei.

Die Dienstbarkeit kann auch (noch) auf den jetzigen Berechtigten (infolge der Gesamtrechtsnachfolge) umgeschrieben werden. Der (hier vom Eigentümer eingewandten) Verjährung unterlägen nur Ansprüche, § 194 BGB. Dabei handelt es sich um das Recht (die Befugnis) von einem anderen ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu verlangen. Die Dienstbarkeit als absolutes dingliches Recht (hier Nutzung des Grundstücks für eine Transformatorenstation) verlangt aber kein Tun oder Unterlassen eines Dritten, sondern sichert nur eine bestehende Rechtsposition, die übertragbar ist und nicht der Verjährung unterliegt. 

OLG München, Beschluss vom 10.03.2015 - 34 Wx 467/14 -