Häufig belasten Dienstbarkeiten
Grundbücher. Sie werden eingetragen, um Dritten
- aus welchen Gründen auch immer -
bestimmte Rechte einzuräumen. Ihre Löschung bedarf grundsätzlich der
Bewilligung des Berechtigten. Was aber ist, wenn dieser Berechtigte nicht mehr
existiert, wie bei einer im Handelsregister gelöschten Gesellschaft ? In dem
vom OLG München zu beurteilenden Fall war für die A-AG eine Grunddienstbarkeit
eingetragen. Außerhalb des Grundbuchs trat die B-AG die Gesamtrechtsnachfolge
der A-AG an und wollte, nachdem die A-AG bereits im Jahr 2010 im Handelsregister
gelöscht war, eine Berichtigung auch im Grundbuch bewirken. Demgegenüber wollte
der Eigentümer die Löschung mit der Begründung, die A-AG sei nicht mehr
existent.
Die Eintragung wurde auf die B-AG
umgeschrieben. Der Eigentümer unterlag. Das OLG München wies darauf hin, dass
mit Löschung des Berechtigten das Recht nicht untergegangen sei. Es stelle sich
unabhängig von der Frage eines Vermögenswertes als eine formale Rechtsposition
dar, weshalb es zur Löschung einer solchen in Ansehung der Bewilligung des
Berechtigten insoweit einer Nachtragsliquidation bedürfe. Die nachgewiesene Löschung
stelle mithin nicht den Nachweis dar, dass die Gesellschaft nicht mehr
existiere und das Recht deshalb
untergegangen sei.
Die Dienstbarkeit kann auch
(noch) auf den jetzigen Berechtigten (infolge der Gesamtrechtsnachfolge)
umgeschrieben werden. Der (hier vom Eigentümer eingewandten) Verjährung
unterlägen nur Ansprüche, § 194 BGB. Dabei handelt es sich um das Recht (die
Befugnis) von einem anderen ein
bestimmtes Tun oder Unterlassen zu verlangen. Die Dienstbarkeit als absolutes
dingliches Recht (hier Nutzung des Grundstücks für eine Transformatorenstation)
verlangt aber kein Tun oder Unterlassen eines Dritten, sondern sichert nur eine
bestehende Rechtsposition, die übertragbar ist und nicht der Verjährung
unterliegt.
OLG München, Beschluss vom 10.03.2015 - 34 Wx 467/14 -
Gründe
- I.
- Dem Beteiligten zu 1 gehört Grundeigentum. Das Grundbuch weist in Abt. II lfde. Nr. 1 das gemäß Bewilligung vom 3.9.1971 am 21.9.1971 eingetragene und am 16.6.1977 übertragene
- Recht wegen einer Transformatorenstation
- aus, ursprünglich für die I.-A. AG, berechtigt aufgrund Gesamtrechtsnachfolge und eingetragen am 21.10.2014 nun für die B. AG.
- Bereits am 3.6.2014 hatte der Beteiligte zu 1 beantragt, die Eintragung dieses Rechts „rückwirkend“ zu löschen, „da es die I.-A. AG als Gesellschaft nicht mehr gibt“, und zwar schon seit 16 1/2 Jahren, weshalb Verjährung eingetreten sei.
- Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 21.10.2014 den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die Berechtigung aus der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sei nachweislich außerhalb des Grundbuchs im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf die B. AG - Beteiligte zu 2 - übergegangen. Die vom Beteiligten zu 1 erwähnte Bestimmung des § 196 BGB sei nicht einschlägig. Demgemäß sei der nun vorliegende Berichtigungsantrag der Beteiligten zu 2 vom 26.6.2014 im Grundbuch zu vollziehen.
- Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seinem Rechtsmittel. Er ist der Ansicht, durch die bis dahin unterbliebene Eintragung der B. AG seien Ansprüche auf Abänderung des Grundbuchs verfallen, weshalb auf seinen Antrag hin die Dienstbarkeit zu löschen sei.
- Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
- II.
- Die nach § 71 Abs. 1, § 73 GBO zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die vom Grundbuchamt verweigerte Löschung des Rechts (Abt. II/1) ist unbegründet.
- 1. Einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 22 GBO hat der Beteiligte zu 1 nicht. Sofern der Anspruch sich nicht - wie hier - auf eine Bewilligung des betroffenen Rechtsinhabers stützt (siehe § 19 GBO), kommt die Berichtigung in Form der Löschung des Rechts (Demharter GBO 29. Aufl. § 22 Rn. 2) nur in Frage, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen ist. Ersichtlich geht der Beteiligte zu 1 davon aus, die ursprünglich zu Recht eingetragene Dienstbarkeit sei nachträglich in Wegfall gekommen, weil es die ursprünglich als Rechtsinhaberin eingetragene I.-A. AG bereits seit mehr als 16 Jahren nicht mehr gebe.
- Damit kann er auch in der Beschwerde keinen Erfolg haben. Denn die Grundbuchunrichtigkeit ist nicht nachgewiesen.
- Ist die I.-A. AG nicht mehr im Handelsregister eingetragen, vielmehr gelöscht - was sich aus dem vom Beteiligten zu 1 vorgelegten HR-Auszug vom 13.5.2014 ergibt -, so hat dies nur rechtsbekundende, nicht aber rechtsgestaltende Wirkung. Das für dieses Unternehmen eingetragene Recht erlischt nicht. Ein eingetragenes Recht stellt unabhängig davon, ob es einen Vermögenswert besitzt, eine formale Rechtsposition dar, deren Beseitigung durch Löschung eine Nachtragsliquidation erfordert (OLG Düsseldorf Rpfleger 2011, 26; LG Hagen Rpfleger 2009, 312; Demharter § 19 Rn. 103 a. E.; siehe auch OLG Schleswig FGPrax 2011, 71). Das bedeutet, dass mit der nachgewiesenen handelsregisterrechtlichen Löschung im Grundbuchverkehr nicht der Nachweis erbracht ist, dass die dort als berechtigt eingetragene juristische Person nicht mehr existent und das Recht deshalb untergegangen ist. Das Erlöschen selbst muss vielmehr, sofern nicht Offenkundigkeit vorliegt, mit den Mitteln des § 29 GBO nachgewiesen sein (OLG Schleswig FGPrax 2011, 71; Demharter § 22 Rn. 42). Daran fehlt es.
- 2. Tatsächlich spricht auch nichts für die Annahme des Beteiligten zu 1, das Transformatorenstationsrecht bestehe nicht mehr. Aus den von der Beteiligten zu 2 vorgelegten, im Grundbuchverkehr nachweistauglichen (vgl. § 32 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GBO) Handelsregisterauszügen ergibt sich, dass es nach Firmenänderung (“E. Bayern AG“) und Sitzverlegung nach Regensburg zu gesellschaftsrechtlichen Umwandlungen kam, in deren Folge die E. Energie AG das Vertriebs- und Verteilernetz im Weg der Abspaltung (vgl. § 123 Abs. 2 UmwG) übernommen und auf die jetzt als Berechtigte eingetragene Beteiligte zu 2 im Weg der Ausgliederung übertragen hat (vgl. § 123 Abs. 3 UmwG); die aktuelle Firma des übernehmenden Rechtsträgers bezeichnet sich nun mit B. AG. Derartige Umwandlungsvorgänge erfassen das Vermögen in seiner Gesamtheit; einer Einzelübertragung bedarf es nicht. Durch den Vermögensübergang außerhalb des Grundbuchs wird dieses unrichtig; berichtigt werden kann auf schriftlichen, im Übrigen formlosen Antrag des (neuen) Berechtigten (§ 13 Abs. 1 GBO; vgl. Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 995a).
- 3. Schließlich geht die Annahme des Beteiligten zu 1 fehl, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) jetzt nicht mehr auf die aktuelle Rechtsinhaberin berichtigt werden könne.
- Der Verjährung unterliegen nach § 194 BGB nur Ansprüche. Darunter versteht das Gesetz (vgl. § 194 Abs. 1 BGB) das Recht (Befugnis), von einem anderen ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu verlangen. Die Dienstbarkeit ist dagegen ein absolutes (dingliches) Recht, z. B. mit dem Inhalt, das fremde Grundstück in der vereinbarten Art (als Transformatorenstation) zu nutzen. Zwar kann auch aus einer Dienstbarkeit ein Anspruch erwachsen, etwa gegen den Eigentümer des Grundstücks, es zu unterlassen, das Nutzungsrecht zu beeinträchtigen oder zu vereiteln. Das dingliche Recht beinhaltet aber mehr, weil es eine auch allen anderen Personen gegenüber wirkende - absolute - Rechtsposition verleiht. Es ist als solches, auch wenn es juristischen Personen zusteht, übertragbar (vgl. § 1092 Abs. 3 BGB) und unterliegt nicht der Verjährung (vgl. § 194 Abs. 1 BGB; Palandt/Ellenberger BGB 74. Aufl. § 194 Rn. 4). Auch die Vorschrift des § 196 BGB betrifft nicht dingliche Rechte, sondern Ansprüche (gegen eine andere Person) auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück. Bei der dem Verfahrensrecht zuzuordnenden Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO geht es hierum nicht, vielmehr nur um die - zutreffende - Verlautbarung des aktuell Berechtigten aufgrund einer in der Vergangenheit vollzogenen Übertragung des Rechts. Zudem bestimmt § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass Ansprüche aus Rechten, die im Grundbuch eingetragen sind, überhaupt nicht der Verjährung unterliegen. Dafür genügt schon die Eintragung des Rechts, nicht auch des aktuell Berechtigten (Staudinger/ Gursky BGB Bearb. Juli 2013 § 902 Rn. 6).
- 4. Soweit der Beteiligte zu 1 der Ansicht sein sollte, die verfahrensrechtliche Berichtigung hinsichtlich des Berechtigten sei „verjährt“, ist anzumerken, dass das Antragsrecht nach § 13 Abs. 1 GBO, von dem die Beteiligte zu 2 erst am 26.6.2014 Gebrauch gemacht hat, weder verjährt noch verwirkt werden kann (BGHZ 48, 351; Demharter § 13 Rn. 56). Sofern der Beschwerdevortrag auch als Rechtsbehelf gegen die am 21.10.2014 vorgenommene Berichtigung zu deuten sein könnte, dürfte es bereits an einer Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1 fehlen; denn ihm stände insoweit kein Berichtigungsanspruch zu. Im Übrigen kommt eine „Rückgängigmachung“ schon wegen § 71 Abs. 2 GBO nicht in Betracht. Für die Eintragung eines Amtswiderspruchs (§ 53 Abs. 1 Satz 2 GBO) lägen die Voraussetzungen nach dem Vorgesagten ersichtlich nicht vor.
- 3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Bereits von Amts wegen ist der Beteiligte zu 1 verpflichtet, die gerichtlichen Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
- Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 79 Abs. 1 sowie § 36 Abs. 3 GNotKG.
- Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.
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