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Montag, 4. November 2019

Rückerwerb von Gesellschaftsanteilen einer grundbesitzhaltenden GmbH und Grunderwerbsteuer


Der Sachverhalt lässt sich wie folgt vereinfacht darstellen: Der Kläger erwarb formgerecht in 2011 die Gesellschaftsanteile von Dritten an einer GmbH, die Grundbesitz hatte, womit er über 95% der Anteile, zuletzt 100% der Anteile an der Gesellschaft hielt. Der Vorgang wurde an die jeweiligen Finanzämter gerichtet, in deren Bezirk der Grundbesitz lag. Mit Bescheid vom 15.03.2013 stellte das für den Sitz der GmbH zuständige Finanzamt (FA) für den Erwerb der Grundstücke aufgrund der Anteilsvereinigung die Besteuerungsgrundlagen gem. § 17 GrEStG gesondert fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, in der er vortrug, am 27.11.2012 habe ein Rückerwerb von Anteilen stattgefunden. Der Einspruch wurde zurückgewiesen, da nach Auffassung des FA § 16 Abs. 2 GrEStG gem. § 16 Abs. 5 GrEStG im Hinblick darauf nicht anwendbar sei, da keine ordnungsgemäße Anzeige des Anteilserwerbs nach § 18 bzw. § 19 GrEStG erfolgt sei. Die Klage hatte Erfolg, Auf die Revision des FA wurde das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der BFH hielt fest, dass der Anteilserwerb die Voraussetzungen der Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt habe. Durch den Erwerb hätte sich (mittelbar oder unmittelbar) mindestens 95% der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Klägers vereinigt. Diese Vereinigung würde grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt, als habe der Käufer der Anteile die Grundstücke selbst von der Gesellschaft erworben. Mit dem Erwerb der restlichen Anteile auf 100% wurde er Alleingesellschafter; die Besteuerungsgrundlagen waren nach § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG festzustellen, und zwar durch das FA am Sitz der Gesellschaft, auch wenn sich die Immobilien außerhalb dessen Zuständigkeitsbereich befinden.

Grundsätzlich lägen hier auch die Voraussetzungen für die Aufhebung der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG vor. Nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG würde auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch den Erwerb die Steuer nicht festgesetzt bzw. die Steuerfestsetzung aufgehoben, erfolgt (wie hier) der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der Steuer. Aus § 16 Abs. 5 GrEStG folge, dass dies auch für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG gelte, was aber die Anwendbarkeit der Begünstigungsnorm des § 16 GrEStG auch auf die Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG voraussetze. Ausreichend sei, wenn durch einen Anteilsrückerwerb das Quantum von 95% (hier in der Hand des Klägers) unterschritten würde. Auch wenn dies vorliegend gegeben sei, würde vorliegend der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG entgegenstehen, dass der Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß iSv. § 16 Abs. 5 GrEStG angezeigt worden sei. § 16 Abs. 5 GrEStG diene der Sicherung der Anzeigepflicht nach §§ 18 und 19 GrEStG und soll so dem Anreiz entgegenwirken, durch Nichtanzeige einer Besteuerung zu entgehen. Es soll auch verhindert werden, den steuerlichen Effekt wieder durch Rückerwerb aufzuheben, nachdem der steuerbare Vorgang bei der Finanzbehörde bekannt wurde.

Die Anzeigepflichten seien binnen zwei Wochen nach Kenntnisahme vom anzeigepflichtigen Vorgang zu erfüllen (§ 18 Abs. 3, 19 Abs. 3 GrEStG). Träfe die Anzeigepflicht sowohl den Steuerpflichtigen nach § 18 GrEStG wie auch den Notar nach § 19 GrEStG reiche aus für § 16 Abs. 5 GrEStG aus, wenn einer der Anzeigepflicht ordnungsgemäß nachkäme.  Ordnungsgemäß wären hier die Anzeigen nach §§ 18 Abs. 4 und 19 Abs. 4 GrEStG an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständige Finanzamt zu richten gewesen oder es müsste bei Übermittlung an das zuständige Finanzamt jedenfalls deutlich ersichtlich sein, dass es sich um einen Vorgang der Grunderwerbsteuer handele. Dabei hätte hier die Übermittlung an das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt gerichtet werden müssen, § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG; diese ergäbe sich aus § 17 Abs. 2 S. 3 des Gesetzes über die Finanzverwaltung und den darauf beruhenden landesgesetzlichen Zuständigkeitsverordnungen.

Vorliegend aber hätten weder der Kläger noch der Notar das danach für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt informiert. Die Anzeige gegenüber den Finanzämtern, in deren jeweiligen Bezirk sich die Grundstücke befanden, reiche nicht aus.

Anmerkung: Die Entscheidung mag formal richtig begründet sein, stellt sie doch auf die Zuständigkeit des Finanzamtes ab, welches zu informieren ist. Geht man von dem Sinn und Zweck der Norm der Information des Finanzamtes aus, wie auch vom BFH dargelegt, erschließt sich aber, dass bei Übermittlung an ein unzuständiges Finanzamt, der Vorgang an das zuständige Finanzamt weitergeleitet wird. Der Zweck, durch Nichtanzeige einer Steuerfestsetzung zu entgehen, wäre also gewahrt, auch wenn die Anzeige an ein formal unzuständiges Finanzamt erfolgte. Der Gesetzgeber hat hier, gebilligt vom BFH, eine Hürde eingebaut, die für rechtlich oder steuerlich nicht bewanderte Laien schwer fassbar ist und letztlich nicht notwendig wäre. Folge der fehlerhaften Zuleitung ist, wie hier, ein Schaden in Höhe der (doppelten) Grunderwerbsteuer (Kauf- und Rückkaufvorgang). Damit wird sich für den Steuerpflichtigen die Frage stellen, ob er den Notar, der (ebenfalls) seiner Verpflichtung nicht korrekt nachkam, haftbar machen kann.

BFH, Urteil vom 22.05.2019 - II R 24/16 -

Freitag, 2. Oktober 2015

Liquidation: Keine Löschung bei nicht beendeten Steuerverfahren

Bild, ausferäumte Regale
Bild : Joe Laang from Reston, USA
Die Liquidation einer Gesellschaft kann sich hinziehen. Denn sie hängt nicht nur von dem Liquidationsbeschluss und der Veröffentlichung ab. Entscheidend ist auch das Verhalten der Steuerverwaltung.

§ 74 GmbHG sieht vor, dass der Schluss der Liquidation zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden ist, wenn die Schlussrechnung gelegt wurde. Das verwertbare Vermögen muss also verteilt worden sein und Abwicklungsmaßnahmen dürfen nicht mehr erforderlich sein. Dies ist dann nicht der Fall, wenn Steuerverfahren noch nicht abgeschlossen sind und der Gesellschaft noch bescheide zugestellt werden (müssen), wobei sogar die Einlegung von Rechtsmitteln geboten sein könnte.

Darauf verweist das OLG Hamm und meint zudem, gegen die Löschung bei noch nicht abgeschlossenen Steuerverfahren spräche auch, dass damit eine ansonsten eventuell notwendige Nachtragsliquidation nicht erforderlich wäre, unabhängig davon ,dass im Einzelnen streitig ist, wenn die Nachtragsliquidation wegen laufender Steuerverfahren geboten ist.

Eine Gesellschaft, die ständig vom Finanzamt geprüft wird (Anschlussprüfungen im Rahmen der Betriebs-/Außenprüfung) muss sich damit auf eine lange Liquidationsphase einstellen und von daher auch auf entsprechende Kosten während der Liquidationsphase, da jedenfalls regelmäßig der Liquidator nicht einen Vergütungsanspruch haben dürfte.


OLG Hamm, Beschluss vom 01.07.2015 - 27 W 71/15 -

Freitag, 4. September 2015

Steuererklärungen: Zwang zur elektronischen Übermittlung

Elster – nicht gemeint ist der Vogel, sondern die Bezeichnung des elektronischen Programms der Finanzverwaltung zur Übermittlung von Steuererklärungen (www.elster.de).  Immerhin: Im Sommer 2013 kam die Entscheidung, dass bei „Elster“ das sicherheitsanfällige Java nicht mehr zum Einsatz kommt. Aber ist es sicher ? Dies bezweifelte der als selbständiger Fotograf in Rheinland-Pfalz tätige Kläger, der sich weigerte seine Einkommensteuererklärung in elektronischer Form beim Finanzamt einzureichen.


Bild: pixabay
Das zuständige Finanzamt hatte ihn erstmals in 2011 darauf hingewiesen, dass er als selbständiger Fotograf verpflichtet wäre seine Steuererklärung elektronisch  bei dem Finanzamt einzureichen, da sein Gewinn aus selbständiger Arbeit über € 500,00/Jahr läge. Gestützt wurde dies auf § 25Abs. 4 EStG. Lediglich auf Antrag kann die Finanzverwaltung andernfalls aus Billigkeitsgründen auf die elektronische Übermittlung verzichten.

Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen und hält den Kläger zur Abgabe der Steuererklärung in elektronischer Form für verpflichtet. Es bestünde zwar ein nicht zu verleugnendes Risiko eines Hackerzugriffs auf die übermittelten Daten, doch wäre dies aus Gemeinwohlinteressen nicht zu beanstanden. Es wäre so möglich, die Steuererklärung gleich weiter zu verarbeiten, was neben einer Kostenersparnis und Verwaltungsvereinfachung auch gleichzeitig einer besseren Überprüfungsmöglichkeit diene.

Soweit das Finanzgericht dann darauf hinwies, dass der Kläger selbst zur Erstellung seiner Steuererklärung die Software WISO nutzen würde und er und seine Familie den PC auch im Internetbereich nutzen würden, erscheint dies eher der Versuch einer indirekten Rechtfertigung qua gleichförmigen Verhaltens als eine Begründung. Die Ausführungen lesen sich unter dem Aspekt, wenn Du auch im übrigen die Daten einem Hackerangriff preis gibst kannst Du dies auch für den Staat tun.


FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.07.2015 -  1 K 2204/13 -