BGH, Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 167/13 -
Samstag, 12. Juli 2014
Wohnungseigentum: Bis zur Feststellung der der Ungültigkeit eines Beschlusses ist dieser bindend
Freitag, 11. Juli 2014
Wohnungseigentum: Teilweise Kostentragung trotz Obsiegens im Prozess
Wie das, werden sich viele
fragen. Nach § 91 ZPO trägt derjenige die Kosten eines Rechtsstreits, der
unterliegt. Klage die
Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Wohnungseigentümer auf Zahlung von Wohnungsgeld
bzw. Schadensersatz und unterliegt, ergeht auch eine der Norm des § 91 ZPO
entsprechende Entscheidung. Aber gleichwohl muss sich, so der BGH, der
obsiegende Wohnungseigentümer an den Kosten des Verfahrens beteiligen. In
seinem Urteil vom 04.04.2014 – V ZR 168/13 – hat er festgehalten, dass nach §
16 Abs. 2 WEG die der Wohnungseigentümergemeinschaft entstehenden Prozesskosten
„von allen Wohnungseigentümern“ zu tragen sind, also auch von dem obsiegenden
Wohnungseigentümer, weshalb dieser im Rahmen der Abrechnung dieser Kosten im
Verhältnis der Wohnungseigentümer nicht freigestellt wird. Durch § 16 Abs. 8
WEG würde nichts anderes bestimmt, da diese Regelung nur für Mehrkosten anwendbar
sei, die darauf beruhen, dass der beauftragte Rechtsanwalt auf Grund einer
Vereinbarung mehr erhalte als nach der gesetzlichen Grundlage des RVG
geschuldet.
Dieser Entscheidung kann nicht
gefolgt werden. Sie verkehrt letztlich das Prinzip des § 91 ZPO. Zwar lässt der
BGH zunächst den obsiegenden Wohnungseigentümer seinen Erstattungsanspruch
gegen die Gemeinschaft, fordert dann aber im Rahmen des Innenausgleichs der
Gemeinschaft (so über die Jahresabrechnung) den obsiegenden Eigentümer zu
Beteiligung an den Kosten des Verfahrens auf, welches hier fehlerhaft (da
abweisend) gegen ihn geführt wurde. Der BGH setzt sich nur mit der Regelung in
§ 16 WEG auseinander, nicht aber mit der Koexistenz des § 91 ZPO, der damit
(teilweise) indirekt unterlaufen wird. Schon deshalb überzeugt nicht die
teleologische Auslegung des BGH zu den Regelungen im WEG, da diese von den
übrigen gesetzlichen Regelungen, hier in § 91 ZPO, getrennt gesehen werden
können.
Wollte man dem BGH folgen, wäre
von dem obsiegenden Eigentümer in Ansehung der teilweisen Kostentragung
eventuell zu prüfen, ob eine Haftung des die Eigentümergemeinschaft vertretenen
Anwalts besteht, da dieser nicht abgeraten hat (resp. der WEG ihm gegenüber,
wenn diese das Verfahren trotz Abratens gegen ihn aufgenommen haben sollte). Besteht
ein Anwaltsverschulden, müsste er den Antrag stellen, den Anwalt auf Regress zu
verklagen und dies gegebenenfalls wiederum klageweise geltend machen. Eine never ending story; aber nur so könnte
es der betroffene und zunächst zu Unrecht in Anspruch genommene Eigentümer vermeiden,
für von ihn nicht schuldhaft verursachten kosten „hängen zu bleiben“.
BGH, Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 168/13 -
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Mittwoch, 2. Juli 2014
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): Haftung der Erben für Gesellschaftsschulden
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Bild: Thorsten Freyer / pixelio.de |
Bei der GbR handelt es sich um
eine Personengesellschaft, die seit der Entscheidung des BGH vom
29.01.2001 –
II ZR 331/00 - grundsätzlich als Außengesellschaft eine eigene Rechtsfähigkeit
besitzt, also klagen kann und verklagt werden kann. Allerdings haften die
Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft als dem Wesen der
Personengesellschaft entsprechend persönlich, also mit ihrem gesamten Vermögen,
§§ 705 BGB, 128 HGB analog; eine Haftungsbeschränkung ist nicht durch Zusätze
wie „mit beschränkter Haftung“ möglich, sondern lediglich durch
Individualvereinbarung mit Vertragspartnern (BGH, Urteil vom 27.09.1999 – II ZR
371/98 -). Vor diesem Hintergrund ist in
der Rechtsprechung anerkannt, dass die Erben eines Gesellschafters anlog § 130
HGB für Altschulden der Gesellschaft haften, worauf der BGH in seinem Beschluss
vom 17.12.2013 – II ZR 121/12 – unter Verweis auf sein Urteil vom 07.04.2003 –
II ZR 56/02 - hinwies.
Streitig ist lediglich, ob für
die GbR auch § 139 HGB für den Erben des GbR-Gesellschafters herangezogen
werden kann. § 139 ZPO bestimmt für die Offene Handelsgesellschaft, dass der
Erbe, der nach dem Gesellschaftsvertrag ein Eintrittsrecht hat, verlangen kann,
dass er als Kommanditist (und damit nicht als Vollhafter) aufgenommen wird, was
eine Umwandlung von der OHG in eine KG (Kommanditgesellschaft) erforderlich
macht. Diese Streitfrage hat der BGH, da nicht entscheidungserheblich, zwar in
seinem Beschluss aufgezeigt, aber nicht beantwortet.
Zu beachten ist, dass der Erbe,
auch wenn er nicht in die Gesellschafterstellung einrückt, sondern z.B. durch
eine qualifizierte Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag die Beteiligung
quasi am Erbe vorbei auf einen anderen Gesellschafter übergeht, nach § 736 BGB
für die bis zum Todeszeitpunkt entstanden Gesellschaftsschulden ebenfalls haftet (anschaulich im Fall LG Köln, Urteil vom 21.06.2013 - 2 O 667/05 -).
BGH, Beschluss vom 17.12.2013 - II ZR 121/12 -
Dienstag, 1. Juli 2014
Impressumspflicht im Netz
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Bild: flown / pixelio.de |
Dass ein Impressum auf der eigenen Homepage, aber auch auf
den Seiten von facebook, google+ und twitter anzugeben ist, wenn die Seite
nicht rein privat genutzt wird, ist zwischenzeitlich allgemein bekannt. Aber
die Pflicht besteht auch darüber hinaus, wie die Entscheidung des LG Stuttgart
vom 24.04.2014 – 11 O 72/14 – zeigt. Wenn jemand auf einem Portal sich selbst
darstellen kann, er also nicht lediglich von Dritten aufgenommen wird und er
selbst keinen Einfluss auf sein Profil nehmen kann, sondern Informationen
selbst online stellen kann, hat er auch ein Impressum für diesen Teil
einzustellen.
Der Entscheidung lag der Eintrag eines Rechtsanwalts auf dem
Internetportal kanzlei-seiten.de zugrunde. Die Veröffentlichung sah das
Landgericht als eigenständiges Informations- und Kommunikationsangebot des
Rechtsanwalts an, der damit für seine anwaltliche Tätigkeit werben wollte.
LG Stuttgart, Urteil vom 24.04.2014 - 11 O 72/14 -
Mietkaution - eine bei Wohnraum nicht jederzeit zugängliche Sicherheit
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Bild: Claudia Hautumm / pixelio.de |
Der Mieter minderte die Miete. Die Berechtigung zur
Minderung war zwischen Mieter und Vermieter streitig. Der Vermieter ließ sich
zur Ausgleichung der offenen Mietforderung, bedingt durch die Minderung, die
Kaution auszahlen. Der Mieter klagte auf Wiedergutschrift der ausgezahlten Kaution
auf das Kautionskonto geklagt, obwohl nach der Regelung im Mietvertrag (§ 7) sich
der Vermieter wegen fälliger Ansprüche aus dem Mietverhältnis aus der Kaution
befriedigen darf und der Mieter zur Aufstockung des Kautionskontos in diesem
Fall verpflichtet wäre.
Amts- und Landgericht Bonn gaben der Klage des Mieters
statt; die zugelassene Revision des Vermieters wurde vom BGH mit Urteil vom
07.05.2014 – VIII ZR 234/13 – zurückgewiesen. Vom BGH wurde darauf hingewiesen,
dass die Kaution nicht dazu diene, dem Vermieter eine Verwertungsmöglichkeit
zur schnellen Befriedigung behaupteter Ansprüche zu eröffnen. Vielmehr wollte
der Gesetzgeber mit der treuhänderischen Absonderung des Kautionsbetrages vom
Vermögen des Vermieters eine Insolvenzfestigkeit für den Fall der Beendigung
des Mietverhältnisses ohne fällige Forderungen des Vermieters erreichen. Dies
würde umgangen, wenn während eines laufenden Mietverhältnisses der Zugriff des
Vermieters auf die Kaution ermöglicht würde, weshalb auch die benannte
Vereinbarung in § 7 des Mietvertrages gem. § 551 Abs. 4 BGB unwirksam sei. Der
mit Urteil vom 12.01.1972 – VIII ZR 26/71 – entschiedene Fall wäre hier nicht
einschlägig, da es sich dort um ein Geschäftsraummietverhältnis gehandelt habe,
auf welches § 551 BGB über die Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten nicht
anwendbar war und ist.
BGH, Urteil vom 07.05.2014 - VIII ZR 234/13 -
Sonntag, 22. Juni 2014
AGB und Aushandeln einer Vereinbarung - kein Beweis für Individualvereinbarung durch entsprechende Klausel
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Bild: Thorben Wengert / pixelio.de |
Um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB iSv. §§
305ff BGB) handelt es sich bei Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von
Verträgen vorformuliert wurden. Sie unterliegen der AGB-Kontrolle nach §§ 305ff
BGB. Inhalt und Gestaltung des Vertrages können für die Annahme sprechen, dass
es sich hier um einen solchen handelt, der für eine Vielzahl von Fällen
vorformuliert wurde. Der Umstand, dass
der Vertragstext späterhin nicht wieder verwandt wurde, ist nicht von Relevanz. Auch soweit in dem
Vertrag der Text aufgenommen wird „dass
es sich bei dem Generalunternehmervertrag um einen Individualvertrag handelt“
(oder ähnliche Formulierungen) ist dies nicht bedeutsam, worauf der BGH in
seinem Urteil vom 20.03.2014 – VII ZR 248/13 – hinwies. Zur Begründung wies der
BGH darauf hin, dass (auch im unternehmerischen) Rechtsverkehr die §§ 305ff BGB
nicht der Disposition der Parteien unterliegen, sondern zwingendes Recht sind.
Individualrechtlich können, so der BGH, diese Zwingenden Bestimmungen nicht
ausgeschlossen werden, da dadurch die Prüfung verhindert wird, ob eine
gleichberechtigte Verhandlungsposition bestand. Die Vertragsfreiheit über Art.
2 Abs. 1 GG steht dem nicht entgegen, da
dies eine freie Selbstbestimmung zur Voraussetzung hat. Ob also eine Klausel im
Vertrag tatsächlich ausgehandelt wurde, lässt sich nicht mit einer dies
bestätigenden Klausel beweisen.
BGH, Urteil vom 20.03.2014 - VII ZR 248/13 -
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Samstag, 14. Juni 2014
Einkommensteuer: Haushaltsnahe Dienstleistung auch außerhalb der Grundstücksgrenze möglich
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Bild: Thomas Max Müller / pxelio.de |
§ 35a EStG sieht eine Steuerbegünstigung für haushaltsnahe
Dienstleistungen vor. Repariert z.B. ein Handwerker den Wasserhahn in einer
Wohnung, können diese Kosten (unter Ausschluss der Materialkosten) in der Steuererklärung
steuermindernd geltend gemacht werden. Die Finanzverwaltung wollte § 35a EStG
allerdings nur für Dienstleistungen außerhalb des Grundstücks und damit des
eigentlichen Haushalts anwenden. In zwei
Entscheidungen des BFH vom 20.03.2014 hat der zuständige 6. Senat allerdings
festgehalten, dass die Definition der haushaltsnahen Dienstleistungen in § 35a
EStG nicht räumlich sondern funktionsbezogen auszulegen ist ((VI R 55/12 und VI
R 56/12).
In dem einen Fall (VI R 55/12)
ging es um Schneeräumung im öffentlichen Bereich. Da hier der Eigentümer qua
Satzung der Kommune zur Schneeräumung verpflichtet ist (und dies qua
Mietvertrag auch auf den Mieter übertragen kann), würde es sich um Arbeiten
handeln, die zum Nutzen des Haushalts erbracht würden und üblicherweise von Familienmitgliedern
erbracht werden. Damit sind die Kosten unabhängig davon nach § 35a EStG
begünstigt, ob die Schneeräumung auf dem eigenen Grundstück oder auf Grund
satzungsgemäßer Zuweisung auch im öffentlichen Bereich erfolgt.
Konsequent hat der BFH dann auch
in der weiteren Entscheidung (VI R 56/12) die Anwendbarkeit des § 35a EStG für
Arbeiten im Bereich außerhalb der Grundstücksgrenze bejaht, bei dem der
Haushalt des Steuerpflichtigen nachträglich an das öffentliche Versorgungsnetz
angeschlossen wurde. Die Kosten für den Haushaltsanschluss sind damit nicht nur
insoweit begünstigt, als dieser auf dem eigenen Grundstück verläuft, sondern
auch, soweit dieser im öffentlichen Bereich (zum Hauptanschluss hin) verlegt
wird. Damit widersprach der BFH ausdrücklich einer von der Finanzverwaltung im
BMF-Schreiben BStBl 2010 I, 140 Tz. 12, 15 und BStBl 2014 I, 75 Tz. 12, 15
vertretenen Auffassung: „Denn über diesen wird der auf dem Grundstück gelegene
Haushalt des Steuerpflichtigen über das öffentliche Versorgungsnetz mit den für
eine Haushaltsführung notwendigen Leistungen der Daseinsfürsorge versorgt. Ein
Hausanschluss stellt sich damit als notwendige Voraussetzung eines Haushalts
dar.“
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