Wie das, werden sich viele
fragen. Nach § 91 ZPO trägt derjenige die Kosten eines Rechtsstreits, der
unterliegt. Klage die
Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Wohnungseigentümer auf Zahlung von Wohnungsgeld
bzw. Schadensersatz und unterliegt, ergeht auch eine der Norm des § 91 ZPO
entsprechende Entscheidung. Aber gleichwohl muss sich, so der BGH, der
obsiegende Wohnungseigentümer an den Kosten des Verfahrens beteiligen. In
seinem Urteil vom 04.04.2014 – V ZR 168/13 – hat er festgehalten, dass nach §
16 Abs. 2 WEG die der Wohnungseigentümergemeinschaft entstehenden Prozesskosten
„von allen Wohnungseigentümern“ zu tragen sind, also auch von dem obsiegenden
Wohnungseigentümer, weshalb dieser im Rahmen der Abrechnung dieser Kosten im
Verhältnis der Wohnungseigentümer nicht freigestellt wird. Durch § 16 Abs. 8
WEG würde nichts anderes bestimmt, da diese Regelung nur für Mehrkosten anwendbar
sei, die darauf beruhen, dass der beauftragte Rechtsanwalt auf Grund einer
Vereinbarung mehr erhalte als nach der gesetzlichen Grundlage des RVG
geschuldet.
Dieser Entscheidung kann nicht
gefolgt werden. Sie verkehrt letztlich das Prinzip des § 91 ZPO. Zwar lässt der
BGH zunächst den obsiegenden Wohnungseigentümer seinen Erstattungsanspruch
gegen die Gemeinschaft, fordert dann aber im Rahmen des Innenausgleichs der
Gemeinschaft (so über die Jahresabrechnung) den obsiegenden Eigentümer zu
Beteiligung an den Kosten des Verfahrens auf, welches hier fehlerhaft (da
abweisend) gegen ihn geführt wurde. Der BGH setzt sich nur mit der Regelung in
§ 16 WEG auseinander, nicht aber mit der Koexistenz des § 91 ZPO, der damit
(teilweise) indirekt unterlaufen wird. Schon deshalb überzeugt nicht die
teleologische Auslegung des BGH zu den Regelungen im WEG, da diese von den
übrigen gesetzlichen Regelungen, hier in § 91 ZPO, getrennt gesehen werden
können.
Wollte man dem BGH folgen, wäre
von dem obsiegenden Eigentümer in Ansehung der teilweisen Kostentragung
eventuell zu prüfen, ob eine Haftung des die Eigentümergemeinschaft vertretenen
Anwalts besteht, da dieser nicht abgeraten hat (resp. der WEG ihm gegenüber,
wenn diese das Verfahren trotz Abratens gegen ihn aufgenommen haben sollte). Besteht
ein Anwaltsverschulden, müsste er den Antrag stellen, den Anwalt auf Regress zu
verklagen und dies gegebenenfalls wiederum klageweise geltend machen. Eine never ending story; aber nur so könnte
es der betroffene und zunächst zu Unrecht in Anspruch genommene Eigentümer vermeiden,
für von ihn nicht schuldhaft verursachten kosten „hängen zu bleiben“.
BGH, Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 168/13 -
Tenor
- Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 31. Mai 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der auf der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 2010 zu TOP 3 gefasste Beschluss für ungültig erklärt und die Nichtigkeit der zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse festgestellt worden ist.
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Niebüll vom 9. Februar 2011 wird zurückgewiesen, soweit sie den auf der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 2010 zu TOP 3 gefassten Beschluss zum Gegenstand hat.
- Im Übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
- Die Anschlussrevision des Klägers wird als unzulässig verworfen.
- Von Rechts wegen
Tatbestand
- Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft, in deren Anlage ein Hotel betrieben wird. In der Eigentümerversammlung vom 5. Mai 2007 wurde beschlossen, eine Sonderumlage für Brandschutzmaßnahmen zu erheben. Am 17. Mai 2008 wurde ein Beschluss über die Erhebung einer weiteren Sonderumlage für die Sanierung der Hotelküche gefasst. Beide Maßnahmen wurden vor dem Jahr 2009 durchgeführt. Alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Klägers zahlten ihren Anteil an den Sonderumlagen. Eine gegen den hiesigen Kläger gerichtete Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung des auf seine Wohneinheit entfallenden Anteils wies das Landgericht in einem Vorprozess mit (rechtskräftigem) Urteil vom 4. Februar 2010 ab, weil es die beiden Beschlüsse über die Erhebung der Sonderumlagen wegen mangelnder Bestimmtheit als nichtig ansah; die Kosten erlegte es der Wohnungseigentümergemeinschaft auf.
- In der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 2010 wurde unter anderem die Jahresabrechnung für das Jahr 2009 beschlossen, in der die Kosten des geschilderten Rechtsstreits auf alle Wohnungseigentümer anteilig verteilt wurden (TOP 3). Ein Antrag des Klägers auf Abberufung des Verwalters wurde abgelehnt (TOP 10). Sodann wurden im Hinblick auf die Entscheidung des Landgerichts vom 4. Februar 2010 erneut Beschlüsse über die Erhebung der Sonderumlagen für die Brandschutzmaßnahmen (TOP 13) und für die Küchensanierung (TOP 14) jeweils auf der Basis der Miteigentumsanteile gefasst.
- Die unter anderem gegen die genannten Beschlüsse gerichtete Anfechtungsklage des Klägers hat das Amtsgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht den zu TOP 3 gefassten Beschluss insoweit für ungültig erklärt, als der Kläger in der Jahreseinzelabrechnung anteilig mit den Kosten des Rechtsstreits belastet worden ist. Die zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse hat es für nichtig erklärt; im Hinblick auf TOP 10 hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihre Schlussanträge zu TOP 3, 13 und 14 weiter. Der Kläger will mit der Anschlussrevision erreichen, dass der zu TOP 10 gefasste Beschluss für nichtig erklärt wird. Beide Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
- A.
- Das Berufungsgericht meint, der Kläger dürfe in der Jahreseinzelabrechnung (TOP 3) nicht anteilig mit den Kosten des Rechtsstreits belastet werden. Als Vorschussleistung seien die Prozesskosten zwar nach § 16 Abs. 2 WEG auf die Wohnungseigentümer zu verteilen. Für die endgültige Kostenverteilung gelte indes der Vorrang der Kostenentscheidung des Gerichts; danach habe die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten zu tragen und dürfe den Kläger nicht anteilig heranziehen. Ein Anspruch auf Abberufung des Verwalters (TOP 10) setze einen wichtigen Grund voraus, den der Kläger nicht ausreichend unter Beweis gestellt habe. Die hinsichtlich der Sonderumlagen gefassten Beschlüsse (TOP 13 und 14) seien nichtig, weil keine Beschlusskompetenz bestehe, für abgerechnete und bereits bezahlte Maßnahmen eine Sonderumlage zu beschließen; insoweit könne eine Zahlungspflicht nur durch die Jahreseinzelabrechnung begründet werden.
- B.
- I. Revision der Beklagten
- 1. Die Revision ist im Hinblick auf die zu TOP 3, 13 und 14 gefassten Beschlüsse statthaft. In den Entscheidungsgründen führt das Berufungsgericht aus, die Fragen der Beteiligung an den Kosten eines Rechtsstreits und der Beschlusskompetenz für Beschlüsse über Sonderumlagen nach Ablauf des Wirtschaftsjahres hätten grundsätzliche Bedeutung, so dass insoweit die Revision zuzulassen sei. Diese Rechtsfragen werfen die zu TOP 3, 13 und 14 gefassten Beschlüsse auf. Die Beschränkung ist wirksam, weil sie sich auf einen abtrennbaren Teil des Prozessstoffs bezieht (vgl. dazu MünchKomm-ZPO/Krüger, 4. Aufl., Rn. 39 mwN). Die Revision ist auch im Übrigen zulässig.
- 2. In der Sache ist das Rechtsmittel vollen Umfangs begründet.
- a) Rechtsfehlerhaft erklärt das Berufungsgericht den zu TOP 3 gefassten Beschluss insoweit für ungültig, als der Kläger in der Jahreseinzelabrechnung mit Prozesskosten belastet worden ist. Die Frage, ob die Kosten eines Rechtsstreits, den die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer führt, als Kosten der Verwaltung auf alle Wohnungseigentümer umzulegen sind oder ob der beklagte Wohnungseigentümer hiervon auszunehmen ist, wird allerdings uneinheitlich beantwortet. Dabei geht es zum einen um die Aufbringung der Mittel zur Erfüllung eines Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Wohnungseigentümers. Zum anderen ist auch die - hier allein relevante - Heranziehung des beklagten Wohnungseigentümers im Hinblick auf die dem Verband selbst entstehenden Prozesskosten umstritten.
- aa) Insoweit wird vertreten, der beklagte Wohnungseigentümer müsse sich an diesen Kosten nicht beteiligen und sei - auch von etwaigen Vorschusszahlungen - in seiner Einzelabrechnung freizustellen (Hügel, ZWE 2008, 265, 267 ff.). Obsiegt der Verband, ist danach die spätere Kostenerstattung durch den beklagten Wohnungseigentümer nur den übrigen (die Kosten verauslagenden) Wohnungseigentümern gutzuschreiben. Obsiegt dagegen der Wohnungseigentümer, bleibt er weiterhin freigestellt.
- bb) Nach Ansicht des Berufungsgerichts sind zwar die Vorschüsse durch alle Wohnungseigentümer aus dem Verwaltungsvermögen aufzubringen und zunächst von allen Wohnungseigentümern zu tragen. Für die endgültige Verteilung der Kosten soll jedoch die gerichtliche Kostenentscheidung maßgeblich sein (so auch LG Bonn, ZMR 2011, 985, 986 f.; Jennißen in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 165 ff.; ders., NZM 2007, 510, 511).
- cc) Nach überwiegender Ansicht handelt es sich dagegen um Kosten der Verwaltung im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG, an denen sich die Wohnungseigentümer ausnahmslos beteiligen müssen. Teils wird dies nur dann angenommen, wenn die Kosten - wie hier - aus der Verfolgung von Beitrags- und Schadensersatzansprüchen herrühren (Spielbauer in Spielbauer, WEG, 2. Aufl., § 16 Rn. 78; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 16 Rn. 87; Bärmann/Seuß/Wanderer, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl., Teil C Rn. 1677). Vertreten wird aber auch, dass Kosten der Rechtsverfolgung durch den Verband gegen einzelne Wohnungseigentümer stets § 16 Abs. 2 WEG unterfallen (LG München I, NJW-RR 2013, 1285 ff.; Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 171; ebenso im Ergebnis Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 318a). Danach kommt eine Freistellung des beklagten Wohnungseigentümers nicht in Betracht. Obsiegt der Verband in dem Prozess, wird die von dem Beklagten geschuldete Kostenerstattung allen Wohnungseigentümern - also auch dem Beklagten - gutgeschrieben. Obsiegt dagegen der Wohnungseigentümer, hat er zwar einen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten; seinen Anteil an den Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft hat er jedoch - wie die übrigen Wohnungseigentümer auch - endgültig zu tragen.
- dd) Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung jedenfalls insoweit, als die Kosten darauf beruhen, dass der Verband gemeinschaftliche Beitrags- oder Schadensersatzansprüche geltend macht; dies entspricht seiner Rechtsprechung zu § 16 Abs. 2 und 5 WEG in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung (Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 25). Die Neufassung von § 16 Abs. 5 WEG - nunmehr in § 16 Abs. 8 WEG - gibt keinen Anlass, hiervon abzurücken.
- (1) Gegen die Einordnung solcher Prozesskosten als Kosten der Verwaltung im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG spricht allerdings der Wortlaut des § 16 Abs. 8 WEG. Danach sind die Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 WEG nur insoweit Kosten der Verwaltung gemäß § 16 Abs. 2 WEG, als sie die durch eine Streitwertvereinbarung verursachten Mehrkosten betreffen. Die Norm bedarf jedoch einer teleologischen Reduktion, weil ihr Anwendungsbereich unbeabsichtigt zu weit gefasst worden ist. Dass die Kosten aller in § 43 WEG aufgeführten Rechtsstreitigkeiten nicht zu den Kosten der Verwaltung zählen sollten, ist auszuschließen. § 43 Nr. 5 WEG erfasst nämlich auch Außenstreitigkeiten, bei denen der Verband durch Dritte verklagt wird; insoweit ist kein Grund dafür ersichtlich, die Kosten nicht als solche der Verwaltung anzusehen. Auch die in § 43 Nr. 2 WEG aufgeführten Streitigkeiten über Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern unterfallen jedenfalls dann nicht § 16 Abs. 8 WEG, wenn der Verband gemeinschaftliche Beitrags- oder Schadensersatzansprüche geltend macht.
- (2) Die Gesetzesbegründung steht dieser Auslegung nicht entgegen. Dort wird lediglich ausgeführt, dass die Neufassung des § 16 Abs. 8 WEG nur hinsichtlich der durch eine Streitwertvereinbarung verursachten Mehrkosten eine Änderung gegenüber dem zuvor geltenden Recht herbeiführen sollte (BT-Drucks. 16/887, 26). Dass auch unter der Geltung von § 16 Abs. 5 WEG aF die bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- und Schadensersatzansprüchen anfallenden Prozesskosten von allen Wohnungseigentümern zu tragen waren, entsprach jedoch schon vor der - zeitlich nach der Gesetzesbegründung ergangenen - Entscheidung des Senats vom 15. März 2007 (V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 ff.) der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BayObLG, ZMR 2004, 763 für Wohngeldverfahren; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rn. 182 mwN).
- (3) Nach Sinn und Zweck erfasst § 16 Abs. 8 WEG jedenfalls nicht Prozesskosten der genannten Art. Denn die Finanzierungsverantwortung für die Gemeinschaft obliegt den Wohnungseigentümern als gemeinschaftliche Aufgabe; insoweit dürfen sie sich des Verwaltungsvermögens bedienen (so zutreffend Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 172). Dagegen bezieht sich § 16 Abs. 8 WEG in erster Linie auf Streitigkeiten, bei denen die Wohnungseigentümer teils auf der Kläger- und teils auf der Beklagtenseite stehen. Die Norm soll - wie zuvor § 16 Abs. 5 WEG aF - verhindern, dass Konflikte innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Kosten aller Wohnungseigentümer ausgetragen werden (so zu § 16 Abs. 5 WEG aF Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 22); sie soll aber nicht dazu führen, dass die mit der gerichtlichen Verfolgung von Beitragsansprüchen verbundenen Risiken nur einzelne Wohnungseigentümer zu tragen haben.
- (4) Die in dem Urteil des Landgerichts vom 4. Februar 2010 enthaltene Kostenentscheidung, auf die sich das Berufungsgericht stützt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie bezieht sich auf das Verhältnis der Parteien untereinander und regelt nicht, wer im Innenverhältnis die Kosten des unterlegenen Verbands tragen muss. Dass dem obsiegenden Wohnungseigentümer die Finanzierungskosten der Gemeinschaft für den Prozess anteilig endgültig zur Last fallen, beruht auf seiner Zugehörigkeit zu dem klagenden Verband.
- (5) Ob die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft allgemein zur Folge hat, dass deren Prozesskosten von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich aufgebracht werden müssen, bedarf keiner Entscheidung; ebenso kann offenbleiben, ob der obsiegende Wohnungseigentümer aufgrund der Kostenentscheidung des Gerichts von der Finanzierung seines Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Kosten ausgenommen werden muss (zu § 16 Abs. 5 WEG aF Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 17).
- b) Auch die zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse erklärt das Berufungsgericht zu Unrecht für ungültig. Die Wohnungseigentümer durften die Erhebung der Sonderumlagen für die Finanzierung der Brandschutzmaßnahmen und die Sanierung der Hotelküche beschließen, nachdem das Landgericht in seinem Urteil vom 4. Februar 2010 die im Jahr 2007 bzw. 2008 gefassten Beschlüsse inzident geprüft und jeweils als ungültig angesehen hatte.
- aa) Richtig ist zwar, dass eine Sonderumlage eine Ergänzung des Wirtschaftsplans für das laufende Wirtschaftsjahr darstellt, die der Deckung besonderer oder unvorhergesehener Ausgaben dient (vgl. nur Senat, Urteil vom 13. Januar 2012 - V ZR 129/11, NJW-RR 2012, 343 Rn. 12, 15). Hier sollte aber jeweils eine wirksame Rechtsgrundlage für die von den übrigen Wohnungseigentümern bereits entrichteten Beiträge und die noch ausstehenden Beiträge des Klägers geschaffen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthält die Jahresabrechnung regelmäßig nicht diese Rechtsgrundlage.
- bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wirkt der Beschluss über die Jahresabrechnung anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze); im Hinblick auf Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, hat er dagegen nur bestätigende und rechtsverstärkende Wirkung. Insbesondere führt der Beschluss über die Jahresabrechnung nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl auf Grund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan als auch auf Grund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären. Bei den in § 28 Abs. 2 WEG geregelten Vorschüssen der Wohnungseigentümer handelt es sich nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen, für die charakteristisch ist, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden können, sobald eine Berechnung der eigentlichen Forderung vorliegt. Die Jahresabrechnung dient nicht der Ermittlung des „eigentlichen“ Beitragsanspruchs, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten (ausführlich Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 171/11, NJW 2012, 2797 Rn. 20 ff. mwN).
- cc) Weil die Jahresabrechnung danach nicht an die Stelle des Wirtschaftsplans tritt, kann dieser nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung in einem folgenden Wirtschaftsjahr durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen (vgl. Jacoby, ZWE 2011, 61, 64; allgemein Senat, Beschlüsse vom 20. Dezember 1990 - V ZB 8/90, BGHZ 113, 197, 200 und vom 23. August 2001 - V ZB 10/01, BGHZ 148, 335, 350). Nichts anderes gilt für den Beschluss über eine Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans. Nachdem das Landgericht die Beschlüsse über die Sonderumlagen bei der Entscheidung über die Zahlungsklage des Verbands inzident als nichtig angesehen hatte, mussten die Wohnungseigentümer davon ausgehen, dass ihre Zahlungen auf die Sonderumlagen ohne Rechtsgrundlage erfolgt waren und es an einem verpflichtenden Schuldgrund fehlte. Dies durften sie beheben, indem sie - wie geschehen - der Sache nach inhaltsgleiche Beschlüsse fassten.
- 3. Die Sache ist nur im Hinblick auf den zu TOP 3 gefassten Beschluss entscheidungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Insoweit ist auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Amtsgerichts wiederherzustellen, mit dem die Klage abgewiesen worden ist.
- Soweit die Revision dagegen TOP 13 und TOP 14 zum Gegenstand hat, ist das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Denn aus dem von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteil des Amtsgerichts ergibt sich, dass die Klage auch auf Anfechtungsgründe gestützt worden ist. Zu diesen hat das Berufungsgericht - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen.
- II. Anschlussrevision des Klägers
- Die Anschlussrevision ist unzulässig.
- 1. Im Hinblick auf den zu TOP 10 gefassten Beschluss ist die Revision nicht zugelassen. Eine Anschlussrevision ist gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO zwar auch dann statthaft, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist, und kann trotz einer beschränkten Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn sie nicht den Streitgegenstand betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, BGHZ 155, 189, 191 f.; Urteil vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174, 3176). Es kann aber kein Streitstoff eingeführt werden, der mit dem Gegenstand der Revision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht (ausführlich BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 40 f.).
- 2. Den erforderlichen Zusammenhang der Streitgegenstände legt die Anschlussrevision nicht dar. Sie hat den Anspruch auf Abberufung des Verwalters zum Gegenstand. Aus dem in Bezug genommenen Klägervortrag aus den Vorinstanzen ergibt sich nicht, dass die geltend gemachten Abberufungsgründe in einem Zusammenhang mit den in der Eigentümerversammlung zu TOP 3, 13 und 14 gefassten Beschlüssen über die Jahresabrechnung und die Erhebung der Sonderumlagen stehen. Dem allgemein gehaltenen Vorwurf, der Verwalter stehe „im Lager der Vertragspartner der Wohnungseigentümergemeinschaft“, lässt sich schon kein konkreter Bezug zu den Maßnahmen entnehmen, deren Finanzierung die Sonderumlagen dienen sollten.
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