Die Beklagte kündigte den auf 23
Monate abgeschlossenen Nutzungsvertrag mit der Klägerin, einer Betreiberin
eines Fitnessstudios, 18 Monate vor dem regulären Kündigungszeitpunkt mit der
Begründung, sie leide unter Depressionen, sozialen Ängsten und Zwangserkrankungen,
welche sich während der Vertragsdauer mit der Klägerin verschlechtert hätten,
da der Therapeut der Beklagten zwischenzeitlich verstarb. Sie vertrat die
Auffassung, mit dem Tod des Therapeuten sei ein neuer Umstand eingetreten, die
ihre psychische Situation verändert habe, ohne dass dies bei Vertragsabschluss
mit der Klägerin vorhersehbar gewesen sei, weshalb dieser Umstand ein
außerordentliches Kündigungsrecht gewähre.
Das Amtsgericht folgte dem nicht
und gab der Klage bezüglich des Zahlungsrückstandes und ferner in Ansehung der
Vorfälligkeitsklausel für den Fall des Zahlungsverzuges voll umfänglich statt.
Es sah weder nach § 620 BGB noch nach §§ 314, 313 BGB einen wichtigen Grund zur
Kündigung. Voraussetzung für eine
entsprechende Kündigung sei, dass die Fortsetzung des Vertrages bis zum
regulären Ende für den Kündigenden unzumutbar wäre. Dies würde aber erfordern,
dass die Erkrankung für den Kündigenden unerwartet während der Vertragslaufzeit
aufgetreten wäre. Schließt der Kunde aber in Kenntnis seiner Erkrankung einen
langfristigen Nutzungsvertrag, übernehme er auch das Risiko, dass er die
angebotenen Leistungen möglicherweise nicht vollständig in Anspruch nehmen
könne.
Die psychische Erkrankung der
Beklagten habe bereits bei Vertragsabschluss bestanden. Nach einem vorgelegten
Attest habe sie bereits ½ Jahr vor Abschluss des Vertrages mit der Klägerin
Angebote eines Fitnessstudios nicht mehr nutzen können. Gleichwohl habe sie
sich zum Abschluss des Vertrages entschlossen.
Sie hätte auch in Ansehung ihrer Erkrankung eine kürzere Vertragslaufzeit
wählen können., sich aber wegen des günstigeren Monatspreises für die längere
Vertragslaufzeit entschieden.
Die Berufung der Beklagten auf
den Tod ihres Therapeuten hielt das Amtsgericht für unbehelflich. Weder ergäbe
sich, wann dies war, noch habe sie erläutert, was sie mit einer „nochmals
enormen Verschlechterung“ nach dessen Tod meine. Eine gewisse Verschlechterung
des Gesundheitszustandes nach der vorgegebenen Ausgangslage läge im
Risikobereich der Beklagten.
AG Frankfurt am Main-Höchst, Urteil vom 02.02.2017 – 385 C 1676/16
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Aus den Gründen:
hat das Amtsgericht Frankfurt am Main- Außenstelle Höchst durch den Richter am Amtsgericht Christmann
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2017 für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt , an die Klägerin 1.011,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus 61,00 € seit dem 02.04. und 02.05.2015 sowie aus € 48,89 seit dem 02.06.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar .
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 %" des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt ein Fitnessstudio in Hofheim am Taunus .
Am 21.03.2014 schloss die Beklagte einen Nutzungsvertrag mit einem Vertragsbeginn zum 01.11.2014 und einer Vertragslaufzeit von 23 Monaten bis zum 30.09.2016 .
Wegen der Einzelheiten des betreffenden Nutzungsvertrages wird auf die Anlage K1 Bezug genommen. Das monatliche Nutzungsentgelt betrug gemäß Vertrag 54,50 € und sollte jeweils zum 1. eines jeden Monats gezahlt werden . Das Nutzungsentgelt sollte sich immer zum 1. Januar eines jeden Jahres um 0,50 € je Monat erhöhen. Weiterhin wurde vereinbart , dass bei einem Widerruf mit der mit Vertragsschluss erteilten Einzugsermächtigung sich das Nutzungsentgelt um 6,00 € im Monat erhöht.
Mit Schreiben vom 24.03.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Vertrages mit sofortiger Wirkung . Dem Kündigungsschreiben beigefügt war eine Ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Versorgungszentrums Krankenhaus Hofheim vom 24.03.2015 . Wegen der Einzelheiten des betreffenden Kündigungsschreibens und des beigefügten Attestes wird auf die Anlagen 81 und B 2, Blatt 31/32 der Akte verwiesen . Das Schreiben vom 24.03.2015 erhielt auch einen Entzug der Einzugsermächtigung bezüglich des Nutzungsentgeltes.
Die Klägerin ist der Ansicht , dass die ausgesprochene Kündigung Wirkung erst zum Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit entfalte und macht nachträgliches Nutzungsentgelt für den Zeitraum 01.04.2015-30 .09.2016 geltend.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht , dass die Kündigung vom 24.03.2015 das Vertragsverhältnis mit der Klägerin mit sofortiger Wirkung wirksam beendet habe. Die Beklagte leite unter Depressionen, sozialen Ängsten und Zwangserkrankungen , welche sich während der Vertrags dauer nochmals enorm verschlechtert hätten, da der damalige Therapeut der Beklagten zwischenzeitlich leider verstorben sei und die Beklagte zwischenzeitlich auch verrentet worden sei. Daher habe sich im März 2015 herausgestellt , dass die Beklagte die Einrichtungen der Klägerin aufgrund ihrer Grunderkrankung nicht mehr würde nutzen können. Mit dem Tod des ehemaligen Therapeuten der Beklagten sei ein neuer Umstand eingetreten, der die psychische Situation der Beklagten sehr verschlechtert habe, was bei Vertragsabschluss nicht absehbar gewesen sei (Beweis: Zeugnis des Ehemannes der Beklagten, Herrn Rene Schneider).
Die Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die gerichtliche Niederschrift vom 13.01.2017 verwiesen .
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat aus § 535 Abs . 2 BGB in Verbindung mit dem abgeschlossenen Fitnessvertrag vom 21.10.2014 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des Nutzungsentgeltes für die Monate April 2015 bis einschließlich September 2016 . Dabei beläuft sich das Nutzungsentgelt aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen und des Widerrufs der mit Vertragsschluss erteilten Einzugsermächtigung für die Monate April 2015 bis einschließlich Dezember 2015 auf 61,00 € je Monat und für die Monate Januar 2016 bis September 2016 auf 61,50 € je Monat, wobei die Klägerin die Gesamtforderung mit 1.011,00 € berechnet und begrenzt hat.
Die Kündigung der Beklagten vom 24.03.2015 ist nicht geeignet , den Vertrag mit Wirkung des Eingangs des Kündigungsschreibens zu beenden. Im Rahmen der außerordentlichen Kündigung, gleich ob sie auf § 620 BGB oder auf §§ 314, 313 BBG gestützt wird, ist ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschriften nur dann anzunehmen , wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles sowie unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragspartner im Zeitpunkt der Kündigungserklärung sich die Fortsetzung des Schuldverhältnisses bis zu dessen regulärer Beendigung für den Kündigenden als unzumutbar darstellt.
Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, stellt die Erkrankung der Beklagten keinen zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden, wichtigen Grund dar. Eine Erkrankung des Kunden aus wichtigem Grund kann für die Kündigung eines Fitnessvertrages nur dann herangezogen werden, wenn diese Erkrankung für den Kunden unerwartet während der Vertragslaufzeit aufgetreten ist. Derjenige Kunde jedoch, der in Kenntnis seiner Erkrankung einen langfristigen Nutzungsvertrag mit einem Fitnessstudio abschließt, übernimmt damit auch das Risiko, dass er die ihm angebotenen Leistungen möglicherweise nicht vollständig in Anspruch nehmen können wird.
Der Beklagten war bei Abschluss des Vertrages im Oktober 2014 bekannt, dass sie unter Depressionen, sozialen Ängsten und Zwangserkrankungen litt. Ausweislich des von ihr selbst vorgelegten Attestes vom 24.03.2015 war sie aufgrund ihrer Grunderkrankung bereits seit mindestens Mai 2014, also bereits 1/2 Jahr vor Abschluss des streitgegenständlichen Fitnessvertrages nicht in der Lage, in ein Fitnessstudio zu gehen bzw. die dortigen Angebote zu nutzen. Die Beklagte hat sich trotzdem zum Abschluss eines Fitnessvertrages entschlossen. Die Beklagte hätte das aufgrund ihrer Erkrankung vorhandene Risiko einer Verschlechterung durch Wahl einer kürzeren Vertragslaufzeit entsprechend minimieren können. Die Beklagte hat sich aber stattdessen für eine längere Vertragslaufzeit mit entsprechend günstigeren Monatsbeiträgen entschieden. Unter diesen Umständen kann sich die Beklagte auch nicht wirksam auf eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes berufen. Nach dem vorgelegten Attest war der Gesundheitszustand bereits bei Abschluss des Vertrages so schlecht, dass eigentlich ein Training gar nicht möglich war.
Soweit sich die Beklagte auf eine weitere Verschlechterung wegen des Todes ihres Therapeuten berufen hat, hat sie dies zeitlich weder näher dargetan noch erläutert, was nochmals enorm verschlechtert" genau gemeint ist. Insoweit hat der Beklagtenvertreter im Termin am 13.01.2017 auf Befragen erklären können, dass der Therapeut nach seinem Kenntnisstand zwischen Vertragsschluss und der ausgesprochenen Kündigung verstorben sei.
Die Beklagte hat also in Ansehung des Risikos den Vertrag abgeschlossen, was alleine bereits eine vorzeitige Beendigung wegen derselben Grunderkrankung ausschließt, als auch die konkrete Verschlechterung weder hinsichtlich der genauen Umstände als auch des genauen Datums hinreichend dargelegt. Die gewisse bedauerliche behauptete Verschlechterung des Gesundheitszustandes liegt unter diesen Umständen allein im Risikobereich des Kündigenden.
Diese Wertung und Risikoverteilung entspricht - auch in Ansehung der wirtschaftlichen zusammenhänge - der ständigen von Klägerseite bereits zitierten Rechtsprechung.
Der Anspruch auf Zinsen und vorgerichtlich Kosten folgt aus §§ 286 Abs .2 Satz 1, 288 Abs.1, 280 BGB.
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