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Montag, 30. Oktober 2023

Haftung bei auffahren eines Radfahrers auf Pkw

Der Kläger nahm mit seinem Rennrad an einem Zeitfahren seines Radsportvereins teil. Die Strecke führte über öffentliche, nicht für den übrigen Verkehr gesperrte Straßen. An der S-Straße schloss der Kläger annähernd zum Zeugen B. auf. Zu dieser Zeit fuhr der Kläger mit seinem Pkw Opel Astra ebenfalls die S-Straße in gleicher Fahrtrichtung mit ca. 30 km/h. Im weiteren verlauf der Straße wurde die Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h beschränkt. Ob der Kläger nach links zu einer Sportanlage abbiegen wollte, war streitig. Der Zeuge B. setzte zum Überholen des Pkw an. Der Kläger befand sich noch einige Meter hinter dem Zeugen B., wollte aber auch überholen. Kurz vor Beendigung des Überholvorgangs kollidierte der Zeuge B. mit der linken vorderen Ecke des Pkw (aus unklaren Grund) und stürzte. Der Beklagte bremste stark ab. Auch der Kläger bremste, wich nach rechts aus, konnte aber eine Kollision mit dem rechten Heck des Pkw nicht mehr verhindern und stürzte ebenfalls, wobei er sich Verletzungen zuzog.

Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen. Auf seine Berufung erließ des Oberlandesgericht (OLG) einen Hinweisbeschluss, demzufolge es beabsichtige, die Berufung wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit zurückzuweisen.

Grundsätzlich würden der Beklagte als Fahrer und Halter gemäß §§ 7, 18 Abs. 1 StVG und der Haftpflichtversicherer nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG eines unfallbeteiligten Fahrzeugs gesamtschuldnerisch für einen Schadensersatzanspruch haften. Die Verletzungen des Klägers seien beim Betrieb eines Fahrzeugs verursacht worden. Es läge keine höhere Gewalt nach § 7 StVG vor. Allerdings würde vorliegend die Gefährdungshaftung des Pkw gegenüber dem Mitverschulden des Klägers nach §§ 9 StVG, 254 BGB zurücktreten. Die Haftungsabwägung würde sich an den zu § 17 Abs. 1 entwickelten Rechtsgrundsätzen orientieren. Dazu seien alle unstreitigen oder erwiesenen Faktoren einzubeziehen, die zur Entstehung des Schadens beigetragen und einem der Beteiligten zuzurechnen seien (BGH, Urteil vom 21.11.2006 – VI ZR 115/05 -). Diese Abwägung könne auch zum vollständigen Ausschluss einer Einstandsverpflichtung führen, wenn das Verschulden des Geschädigten derart überwiege, dass die vom Schädiger ausgehende Ursache völlig zurücktrete (OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.02.2014 – 4 U 59/13 -). Davon sei hier auszugehen.

Das OLG ging davon aus, dass es sich für den Kläger um einen typischen Auffahrunfall handele, der dem Anschein nach dadurch verursacht worden sei, dass er zu dicht aufgefahren sei oder unaufmerksam war; in beiden Fällen hätte er grob gegen seien Verkehrspflichten verstoßen.  Gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 StVO müsse der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug idR. so groß sein, dass auch hinter dem (gefahrlos) gehalten werden kann, wenn dieses plötzlich abgebremst wird. Grundlos dürfe der Vorausfahrende nach § 4 Abs. 1 S. 2 StVO nicht stark abbremsen, doch sei hier das starke Abbremsen durch die vorausgegangene Kollision mit dem weiteren Radfahrer ein zwingender Grund gewesen. Weiterhin berücksichtigte das OLG, dass sich der Kläger auf einer sportlich ambitionierten Zeitfahrt befunden habe, was offenbar Einfluss auf seinen Fahrstil gehabt und die Unfallgefahr erhöht habe. Ohne Bemühen um schnelles Vorankommen habe im Bereich einer Geschwindigkeitsbegrenzung keine Veranlassung zum Überholen [Anm.: Nach dem Beschluss befand sich die Geschwindigkeitsbegrenzung erst im weiteren Verlauf der Straße, nicht an der Unfallstelle] und – wohl in Vorbereitung des Überholmanövers- Unterschreitens des gebotenen Sicherheitsabstandes bestanden.

Es sei nicht erwiesen, dass der Beklagte nach links abbiegen wollte. Insoweit habe der Beklagte seine vorherige Angabe zulässig glaubhaft korrigiert (was vom OLF näher dargelegt wurde). Letztlich käme es für die Beurteilung der Kollision als typischen Auffahrunfall auch nicht darauf an, ob der Beklagte nach links abbiegen wollte. Der Kläger sei nicht auf den Pkw aufgefahren, da dieser plötzlich und unangekündigt nach links habe abbiegen wollen, sondern da der Pkw infolge der Kollision stark abgebremst worden sei. Plötzliche Ereignisse wie ein Unfall oder drohende Gefahren seien typischerweise Anlass für ein abruptes Abbremsen des Vorausfahrenden, weshalb gerade die Abstandsregeln gelten würden. Halte sich ein Verkehrsteilnehmer nicht an diese und kann er deshalb nicht mehr rechtzeitig reagieren, sei er als alleiniger Unfallverursacher des Auffahrunfalls anzusehen.

Ebenso unerheblich sei der Umstand, dass der Kläger nach seiner Sicht den eigenen Überholvorgang bereits eingeleitet habe. Auch dies würde nicht die Unterschreitung des Sicherheitsabstandes rechtfertigen, solange sich das überholende Fahrzeug noch hinter dem zu überholenden Fahrzeug auf dem rechten Fahrstreifenbefände. Nach den eigenen Angaben des Klägers sei er noch nicht auf die linke Fahrspur ausgeschert gewesen, sondern nur Richtung Mittellinie gefahren. Auch dass er „instinktiv“ nach dem Abbremsen nach rechts ausgewichen sei, spreche gegen ein bereits eingeleitetes Überholmanöver.

Die Berufung wurde nach dem Hinweisbeschluss zurückgenommen.

OLG Schleswig, Urteil vom 27.04.2023 - 7 U 214/22 -

Montag, 15. Juni 2020

Haftung bei Unfall im Begegnungsverkehr in Kurve zwischen PKW und Traktorgespann


Der Verkehrsunfall ereignete sich auf einer schmalen Straße in einem Kurvenbereich. Die Kollision ereignete sich etwas über der (gedachten) Mittelinie auf der Fahrbahnseite der Klägerin. Das Landgericht wies die Klage ab. Im Rahmen der Berufung erfolgte ein Hinweisbeschluss durch das OLG Köln, dass dieses beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.

Nach Auffassung des OLG sei eine Verpflichtung der Beklagten (Fahrer, Halter und Versicherer des Traktors mit Anhänger) zur Zahlung von Schadensersatz nach § 17 Abs. 3 StVG nicht gegeben. Es handele sich für die Beklagten um ein unabwendbares Ereignis. Unter unabwendbaren Ereignis sei nicht eine absolute Unvermeidbarkeit zu verstehen, sondern gemeint sei ein Schadensereignis, welches auch bei der äußersten Sorgfalt nicht abgewendet werden könne. Dazu sei ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über den Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt iSv. § 276 BGB erforderlich. Der Schädiger sei nach dem Zweck des § 17 Abs. 3 StVG von Schäden freizustellen, die sich auch bei vorsichtigen Vorgehen nicht vermeiden ließen, ohne dass eine absolute Unvermeidbarkeit gefordert würde. Denn es müsse auch bei dem geforderten „Idealfahrer“ als Maßstab menschliches Vermögen den Erfordernissen des Straßenverkehrs angepasst sein.

Damit sei aber auf der Grundlage des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens der Unfall für den Fahrer des Traktors unabwendbar. Seine Reaktion und sein verhalten hätten demjenigen eines Idealfahrers entsprochen.

Nach der sachverständigen Feststellung habe sich das klägerische Fahrzeug vor dem Unfallereignis mit seiner linken Seite im Bereich der gedachten Fahrbahnmitte befunden. Auch wenn die Klägerin die Fahrbahnmitte nicht überfahren haben sollte, würde die Bremsreaktion des Fahrers des Traktors den Anforderungen an einen Idealfahrer gerecht werden, da sich nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien die Fahrzeuge im Kurvenbereich plötzlich gegenüber befunden hätten  und ein Ausweichen des Traktors nach rechts wegen eines Felsvorsprungs nicht möglich gewesen sei. Dies gilt auch, obwohl durch ABS und Anhängerbremse der Traktor durch das Abbremsen in Richtung Fahrbahnmitte geriet und so die Kollision verursacht worden sei.

Zwar wäre nach den sachverständigen Feststellungen der Verkehrsunfall ohne das Abbremsen des Traktors verhindert worden. Es könne auf sich beruhen, ob dem Fahrer eine falsche Reaktion im ersten Schreck zuzubilligen sei (so BGH, Urteil vom 23.09.1986 - VI ZR 136/85 -), da hier auch der Idealfahrer in der konkreten Gefahrensituation nicht hätte erkennen können, dass ohne sein Abbremsen eine Kollision vermeidbar wäre. Dies würde sich auch daraus ergeben, dass eine Vermeidung nicht nur von der eigenen Reaktion des Traktorführers abhing, sondern auch von der unbekannten Reaktion der Klägerin. In Ansehung auch von zu erwartenden erheblichen Schäden (einschl. Personenschäden) im Falle einer ungebremsten Kollision war damit dem Traktorfahrer auch bei dem größtmöglichen Sorgfaltsmaßstab nicht anzulasten, dass er das von ihm geführte Gespann bei Auftauchen des klägerischen PKW im Bereich der Fahrzeugmitte abbremste.  

Unbehelflich sei der Hinweis der Klägerin auf eine Überbreite des Traktorgespanns, da nach den Feststellungen des Sachverständigen und vorliegenden Fotos der Traktor mit Anhänger sowie der PKW der Klägerin im Kurvenbereich gefahrlos hätten aneinander vorbeifahren können.

Dabei sei ferner zu berücksichtigen, dass das Gespann äußerst rechts geführt wurde und mit einer Geschwindigkeit, mit der die Kurve auch gefahrlos zu passieren war. Die Ausgangsgeschwindigkeit hätte nach dem Sachverständigen in einer Größenordnung von 25km/h gelegen, die Kollisionsgeschwindigkeit im Bereich zwischen 10 und 15 km/h. Eine weitere Geschwindigkeitsreduzierung (unter 25km/h) sei auch für den Idealfahrer hier nicht notwendig gewesen, zumal eine noch langsamere Geschwindigkeit die Gefahren für einen den Traktor nachfolgenden Verkehr sich gerade in dem unübersichtlichen Kurvenbereich erhöht hätten. Der Traktorfahrer, der äußerst vorsichtig und am rechten Fahrbahnrand unter Wahrung der gebotenen Kurven- und Höchstgeschwindigkeit fuhr, hätte mangels erkennbarer vertrauenserschütternder Gründe nicht noch zusätzlich darauf achten müssen, dass ihm in der Kurve plötzlich ein PKW in Fahrbahnmitte entgegen kommt.

Allerdings habe die Klägerin gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, da der Sachverständige festgestellt habe, dass sich die Klägerin jedenfalls mit der linken Seite des PKW im Bereich der Fahrbahnmitte befand. Dass ein Überschreiten der Fahrbahnmitte nicht habe festgestellt werden können, sei für die rechtliche Bewertung des Fehlverhaltens der Klägerin als Verstoß gegen § 2 Abs. 2 StVO unbeachtlich.  

Anmerkung: Da die Berufung nicht zurückgenommen wurde, wies das OLG in der Folge die Berufung mit Beschluss vom 03.06.2020 nach § 522 ZPO zurück.

OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 20.04.2020 - I-12 U 190/19 -

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Einkommensteuer: Versteuerung der privaten Nutzungsmöglichkeit von Dienstwagen


Der BFH hat seine Rechtsprechung zur Versteuerung des lohnsteuerlichen Vorteils eines auch zu privaten Zwecken überlassenen Dienstwagens geändert. Mit seiner Entscheidung vom 21.03.2013 – VI R 31/10 – legte er dar, dass es nicht darauf ankäme, ob das Fahrzeug und gegebenenfalls ab wann oder wann das Fahrzeug tatsächlich privat genutzt wurde. Die Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung führe unabhängig von einer tatsächlichen privaten Nutzung stets zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers. Der geldwerte Vorteil ist zu versteuern; die 1%-Regelung sei eine zwingende, stark typisierende  und pauschalierende Bewertungsregelung.  Die 1%-Regelung kommt nur dann nicht zur Anwendung, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt würde, wozu u.a. gehört, dass nicht nur die jeweils gefahrene Strecke mit der Kilometerangabe zu benennen ist, sondern auch hinreichend bestimmt der Ausgangsort und der Endpunkt sowie der Grund der Fahrt.
BFH, Urteil vom 21.03.2013 - VI R 31/10 -