Der Kläger nahm die beklagte Kaskoversicherung nach einem Unfall vom 02.12.2018 in Anspruch. Das Fahrzeug hatte einen Vorschaden vom 28.03.2018, von dem die ganze rechte Fahrzeugseite betroffen gewesen war, die nun auch im Rahmen des Unfalls betroffen sei, aus dem heraus der Kläger die Versicherung in Anspruch nahm. Der Kläger behauptete, ihm seien Vorschäden nicht bekannt gewesen, er habe den Wagen als Gebrauchtwagen erworben.
Das OLG wies darauf hin, dass bei Vorschäden in dem erneut beschädigten Bereich und bei bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens vom Geschädigten ausgeschlossen werden müsse, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs aus dem Vorunfall noch vorhanden sind (KG, Urteil vom 27.08.2015 – 22 U 152/14; OLG Düsseldorf vom 06.02.2016 – 1 U 158/05; OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2013 – 9 U 238/12 -) . Dazu müsse der Geschädigte zur Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur (welche Reparaturschritte wurden mit welchen Materialien/Ersatzteilen durchgeführt) vortragen.
Dem sei der Kläger nicht ausreichend nachgekommen. Er habe in Bezug auf die im Gutachten vom 28.03.2018 benannten Schäden nicht im Ansatz dargelegt, in welcher Art und Weise die Reparatur erfolgt sei (obwohl er dies exakt hätte darlegen müssen); auch eine aussagekräftige Reparaturrechnung über den Vorschaden sei nicht vorgelegt worden (was dann offenbar und verständlicherweise den Anforderungen entsprochen hätte). Zweifel an der fach- und sachgerechten Reparatur würden sich aus einem Gutachten im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ergeben, da nach den dortigen Angaben die Lackschichtdichten teilweise erheblich voneinander abweichen würden.
Der Umstand, dass dem Kläger die Vorschäden nicht bekannt gewesen seien, würde ihn nicht entlasten. Dies würde nicht in den Verantwortungsbereich eines Schädigers fallen (KG aaO.; OLG Köln, Beschluss vom 08.04.2013 – I-11 U 214/13 -). Der Kläger hätte hier entsprechende Auskünfte vom Vorbesitzer einholen müssen. Dies habe er nicht getan, weshalb seien Klage abzuweisen sei.
Zutreffend habe das Landgericht eine Leistungsfreiheit des verklagten Kaskoversicherers nach § 28 Abs. 2 S. 1 VVG iVm. Teil B Ziffer 2 (2) AKB wegen vorsätzlicher (arglistiger) Verletzung der den Kläger treffenden Aufklärungspflicht ausgehen können. Der Kläger habe den Sachverständigen (eingeschaltet bei dem streitigen Unfall) nur teilweise („verharmlosend) über den Vorschaden informiert und damit die Beklagte nur unzureichend über diesen, den Wert des Fahrzeugs maßgeblich bestimmenden Umstand aufgeklärt und im Ergebnis den Sachverständigen über den Umfang der Vorschäden getäuscht. Dass diese Umstände für den Sachverständigen von erheblicher Bedeutung gewesen seien, hätte sich dem Kläger geradezu aufdrängen müssen. Nach Erhalt des Gutachtens vom 05.12.2018 hätte der Kläger erkennen können, dass der Sachverständige von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei, da in dem Gutachten nur Vorschäden hinten rechts benannt wurden. Dies stelle eine Bagatellisierung der sich aus dem Gutachten vom 28.03.2018 ersichtlichen Schäden dar.
Nach dem Hinweisbeschluss (§ 522 ZPO) nahm der Kläger seien Berufung gegen das klageabweisende Urteil zurück.
OLG Koblenz, Hinweisbeschluss
vom 28.07.2021 - 12 U 353/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Der Senat
beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts
Koblenz vom 11.02.2021, Az.: 5 O 258/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung
offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine
grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu
besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 18.08.2021.
Gründe
Mit seinem am
11.02.2021 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage vollumfänglich
abgewiesen. Der Senat hält diese Entscheidung anhand der von dem Landgericht zu
beurteilenden Sachlage aus folgenden Erwägungen für zutreffend.
Der Pkw hat am
28.03.2018 unstreitig einen massiven Vorschaden erlitten. Der Umfang dieses
Schadens ergibt sich eindrucksvoll aus dem Gutachten des Sachverständigen
...[A] vom 29.03.2018. Der Vorschaden, dessen Beseitigung Reparaturkosten in
Höhe von 48.416,91 € (netto) bedingte bzw. bedingt hätte, betraf auch den bei
dem Unfall vom 02.12.2018 beschädigten Bereich. Sowohl das Gutachten ...[A] vom
29.03.2018, als auch das Gutachten des Sachverständigen ...[B] vom 05.12.2018
weisen als Anstoßbereiche/Schadensbereiche die gesamte rechte Fahrzeugseite auf
(Gutachten ...[B]: vorne rechts, Seite rechts, hinten rechts; Gutachten ...[A]:
Vorderachshälfte rechts beschädigt, Stoßfänger vorne, Kotflügel vorne rechts,
Radhaus vorne rechts, Längsträger vorne rechts, Türe vorne rechts, Seitenwand
hinten rechts, Kühlerpaket vorne rechts).
Nach der
Rechtsprechung (OLG Koblenz in VersR 2010, 234, KG Berlin in DAR 2016, 461; OLG
Düsseldorf, 1 U 148/05, Urteil vom 06.02.2016, juris; OLG Hamm, 9 U 238/12,
Beschluss vom 01.02.2013, juris), muss bei Vorschäden im erneut beschädigten
Bereich und bei bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten
Schadens im Einzelnen von Seiten des Geschädigten ausgeschlossen werden, dass
Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs noch vorhanden waren. Um seiner
Darlegungslast insoweit gerecht zu werden, muss der Geschädigte hierbei im
Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen.
Welche Reparaturschritte wurden also von wem mit welchen
"Materialien" durchgeführt ("Reparaturhistorie")? Der
Kläger ist dieser Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. So hat er auch
nicht ansatzweise dargetan, in welcher Art und Weise die sich aus dem Gutachten
...[A] vom 29.03.2018 ergebenden massiven Vorschäden im einzelnen beseitigt
worden sein sollen. Die Vorlage einer aussagekräftigen Reparaturrechnung ist
ebenfalls unterblieben. Zweifel an einer vollständigen sach- und fachgerechten
Reparatur ergeben sich hierbei durchaus aus den Ausführungen des
Sachverständigen ...[C] in dessen Gutachten vom 24.02.2019 (StA Koblenz 2010 Js
3322/19), insbesondere den dort aufgeführten Lackschichtdicken, die teilweise
erheblich voneinander abweichen.
Soweit der
Kläger vorträgt, ihm seien Einzelheiten bezüglich der durchgeführten
Reparaturmaßnahmen nicht bekannt, entsprechende Unterlagen würden ihm ebenfalls
nicht vorliegen, entlastet ihn dies nicht. Der Umstand, dass der Geschädigte
als Käufer des Gebrauchtwagens ein Vorschaden oder auch der Umfang eines
Vorschadens nicht bekannt gewesen ist, fällt nicht in den Verantwortungsbereich
des Schädigers (KG Berlin, 22 U 152/14, Urteil vom 27.08.2015, juris; OLG
Koblenz, 12 U 473/16, OLG Köln in NZV 2013, 445; KG Berlin in NZV 2009, 345).
Es wäre hier vielmehr an dem Kläger gewesen, entsprechende Auskünfte bei dem
Vorbesitzer des Pkw einzuholen. Dieser Erkundigungspflicht ist der Kläger in
keiner Weise nachgekommen. Die Folge ist, dass die Klage vollständig der
Abweisung unterliegt (OLG Koblenz 10 U 1163/08, Urteil vom 26.032.2009, juris:
KG Berlin 22 U 27.08 2015, juris).
Aufgrund des
von ihm zu beurteilenden Sachverhaltes durfte das Landgericht auch von einer
Leistungsfreiheit der Beklagten im Sinne von § 28 Abs. 2 S. 1
VVG i.V.m. Teil B Ziff. 2 (1) AKB wegen einer vorsätzlichen (arglistigen)
Verletzung der den Kläger treffenden Aufklärungsobliegenheit im Sinne von Teil
A Ziff. 3.2 (3) AKB ausgehen. Das Landgericht führt in diesem Zusammenhang aus,
der Kläger habe den Vorschaden gegenüber dem Sachverständigen ...[B] nur
teilweise ("verharmlosend") angegeben und die Beklagte damit nur
unzureichend über diesen, den Wert des Fahrzeugs maßgeblich bestimmenden
Umstand aufgeklärt. Im Ergebnis habe er den Gutachter ...[B] über den
tatsächlichen Umfang der Vorschäden getäuscht. Der Kläger tritt dem im
Berufungsverfahren mit dem Einwand entgegen, er habe den Gutachter ...[B] sehr
wohl über die weiteren Schäden ("Beifahrerseite betroffen") mündlich
informiert. Der Kläger hat es aber auch im Rahmen des Berufungsverfahrens
unterlassen, substantiiert und in einer der Beweisaufnahme zugänglichen Art
darzutun, wie diese mündliche Information ausgesehen haben soll. Hat der Kläger
also dem Gutachter ...[B] zumindest diejenigen (massiven) Beschädigungen und
(umfangreichen) Reparaturmaßnahmen (Ersatzteile) mitgeteilt, die ihm selbst aus
der verbindlichen Bestellung vom 31.08.2018 bekannt waren? Dass diese Umstände
für den Gutachter ...[B] von höchstem Interesse waren, musste sich dem Kläger
geradezu aufdrängen. In diesem Zusammenhang teilt der Senat auch die Auffassung
des Landgerichts, dass der Kläger auch aus dem ihm übermittelten Gutachten vom
05.12.2018 (...[B]) ersehen musste, dass der Gutachter von völlig falschen
Voraussetzungen ausging. In dem Gutachten ist lediglich ein Vorschaden an der
Seitenwand hinten rechts aufgeführt. Dies stellt geradezu eine Bagatellisierung
der sich aus dem Gutachten vom 29.03.2018 (Gutachten ...[A]) ergebenden
massiven Beschädigungen dar.
Da die Berufung
keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat aus Kostengründen die Rücknahme
des Rechtsmittels nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich
vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222
des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Der Senat
beabsichtigt, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf bis zu 15.000 €
festzusetzen.
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