Häufig wird § 577 BGB bei der Veräußerung
von Wohnungseigentum übersehen, falsch verstanden oder angewandt. Dies kann für
den Verkäufer der Wohnung erhebliche finanzielle Folgen haben, da dem Mieter in
einem solchen Fall ein Schadensersatzanspruch zusteht.
$ 577 BGB regelt den Fall, dass
nach Begründung des Mietverhältnsses Wohnungseigentum gebildet wird und betrifft
den ersten Verkaufsfall des Wohnungseigentums nach dessen Begründung. Diese
Pflicht besteht dann nicht, wenn der Verkauf an einen Angehörigen oder an einen
Angehörigen des Haushalts des Verkäufers erfolgt, § 577 Abs. 1 S. 2 BGB.
Verkaufen heißt, worauf der BGH in seiner Entscheidung vom 21.01.2015
zutreffend hinweist, nicht verschenken. Das Vorkaufsrecht entsteht erst mit
einem dem Kaufrecht unterliegenden Kaufvertrag, weshalb eine zwischenzeitliche
Schenkung an einen Dritten diesen zwar zum neuen Eigentümer und Vermieter
macht, nicht aber dem nachfolgenden Verkauf den Charakter des Erstverkaufs nach
§ 577 BGB. Damit war der (neue) Eigentümer
verpflichtet, dem Mieter den Inhalt des abgeschlossenen Kaufvertrages
unverzüglich mitzuteilen und ihn auf das
Vorkaufsrecht hinzuweisen, § 577 Abs. 2 BGB.
Der BGH weist darauf hin, dass
nicht nur die Mitteilung des Kaufvertrages erforderlich ist, um den Interessen
des Mieters Rechnung zu tragen. Auch die Belehrung über das Bestehen des
Vorkaufsrechts sei daher erforderlich. Ein adäquat auf der unterlassenen
ordnungsgemäßen Mitteilung beruhender Schaden sei daher dem Mieter zu ersetzen.
Der Mieter hat nach ordnungsgemäßer
Mitteilung zwei Monate Zeit, von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, §§
577 Abs. 1 S. 3, 577 Abs. 3, 469 Abs. 1 BGB. Vorliegend kam es bereits vorher
zur Eigentumsübertragung. Zwar hätte der Mieter weiterhin gegen den Verkäufer
auf Erfüllung nach § 577 BGB drängen können, da die Eigentumsübertragung also
solche nicht zwingend bedeutet, daß der Verkäufer die Wohnung zurückerhält um
sie dem Mieter zu gleichen Bedingungen zu überlassen. Allerdings ist der Mieter
nicht verpflichtet, derart vorzugehen mit der Möglichkeit, dass tatsächlich
Unmöglichkeit besteht. Die Rechtsprechung nimmt daher zugunsten des
Geschädigten an, dass die Weiterveräußerung die Unmöglichkeit indiziert. Von daher kann der Mieter in einem solchen
Fall wegen Verletzung mietvertraglicher Nebenpflichten Schadensersatz gem. §
280 BGB verlangen.
Der BGH erkennt, dass hier der
Schadensersatz nicht stets auf das Erfüllungsinteresse gerichtet sein kann. So
in dem Fall, dass der Mieter noch rechtzeitig vor der Übereignung der Kaufsache
von seinem Recht erfährt und durch Ausübung des Vorkaufsrecht einen noch erfüllbaren Kaufvertrag zustande
bringen kann. In einem solchen Fall
hätte der Verkäufer die Wahl, welchen Kaufvertrag er erfüllen will; entscheidet
er sich gegen den Mieter, liegt ein Fall nachträglicher Unmöglichkeit vor,
weshalb dann Schadensersatz statt der Leistung begehrt werden kann.
Im vorliegenden Fall führte
allerdings die Verletzung der Mitteilungspflicht unmittelbar zur Vereitelung
des Vorkaufsrechts. Der Mieter musste nicht erst auf Erfüllung klagen, da es
sich, so der BGH, als sinnloser Zwischenschritt dargestellt hätte. Vor diesem
Hintergrund ist der Schadensersatz unmittelbar auf das Erfüllungsinteresse
gerichtet. Da nach Vorgabe des Klägers
der Kaufpreis € 186,571,00 betragen hätte, der Verkehrswert der Wohnung aber €
266.520,00 betragen haben soll, läge der Schaden in der Differenz.
BGH, Urteil vom 21.01.2015 - VIII ZR 51/14 -