Freitag, 2. Oktober 2015

Kaufrecht: Anforderungen an das Nachbesserungsverlangen vor Rücktritt vom Kaufvertrag

Bild: pixabay
Grundsätzlich hat der Käufer den Verkäufer unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufzufordern. Es scheint ein Dauerbrenner zu werden, die Problematik um das Nachbesserungs- bzw. Nacherfüllungverlangen. Welche Voraussetzungen sind einzuhalten ?


Erforderlich ist hier, dass nicht nur verbal die Nacherfüllung verlangt wird, sondern der Kaufgegenstand ist dem Verkäufer auch zur Überprüfung der erhobenen Mängelrüge zur Verfügung zu stellen. Bereits mit Urteil vom 10.03 2010 – VIII ZR 310/08 - hat der BGH darauf hingewiesen, dass der Verkäufer sich auf ein Nacherfüllungsverlangen nicht einlassen muss, wenn er nicht Gelegenheit zu einer solchen Prüfung erhält. Die Aufforderung in dem der jetzigen Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Anwaltsschreiben, der Beklagte möge sich dem Grund nach zur Nachbesserung bereit erklären, genügt daher nicht.

Eine Fristsetzung ist dann entbehrlich, wenn die Nachbesserung endgültig ernsthaft verweigert wird. Das hatte vorliegend das Berufungsgericht angenommen, da der Beklagte auf das vorgenannte anwaltliche Schreiben hin unter Bezugnahme auf einen DEKRA Bericht das Vorhandensein eines Mangels negierte. Zwar, so der BGH, unterliege es tatrichterlicher Würdigung, ob eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung vorläge. Allerdings wäre revisionsrechtlich zu prüfen, ob der Tatrichter zutreffende rechtliche Maßstäbe anlege und alle Umstände des Falles berücksichtige. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Das Bestreiten eines Mangels nach dem anwaltlichen Schreiben ließe sich noch nicht als „letztes Wort“ des Verkäufers definieren, da die Nacherfüllung nicht ausdrücklich abgelehnt wurde. Lediglich wurde ein Mangel in Abrede gestellt, vorliegend im übrigen auch auf einen Garantieanspruch gegen einen Dritten verwiesen.


Praxishinweis: Mit der Annahme einer endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung sollte vorsichtig umgegangen werden. Wird dies  - wie hier vom BGH -  negiert, geht das gerichtliche Wandlungsbegehren ins Leere, entstehen eventuell erhebliche Kosten und könnte der Gewährleistungsanspruch bis zur rechtskräftigen Feststellung der falschen Vorgehensweise verjährt sein. Von daher sollte lieber unabhängig von einer nicht ganz eindeutigen Erklärung der Kaufgegenstand zur Prüfung unter Fristsetzung für die Nacherfüllung zur Verfügung gestellt werden. 

BGH, Urteil vom 01.07.2015 – VIII ZR 226/14 -

Liquidation: Keine Löschung bei nicht beendeten Steuerverfahren

Bild, ausferäumte Regale
Bild : Joe Laang from Reston, USA
Die Liquidation einer Gesellschaft kann sich hinziehen. Denn sie hängt nicht nur von dem Liquidationsbeschluss und der Veröffentlichung ab. Entscheidend ist auch das Verhalten der Steuerverwaltung.

§ 74 GmbHG sieht vor, dass der Schluss der Liquidation zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden ist, wenn die Schlussrechnung gelegt wurde. Das verwertbare Vermögen muss also verteilt worden sein und Abwicklungsmaßnahmen dürfen nicht mehr erforderlich sein. Dies ist dann nicht der Fall, wenn Steuerverfahren noch nicht abgeschlossen sind und der Gesellschaft noch bescheide zugestellt werden (müssen), wobei sogar die Einlegung von Rechtsmitteln geboten sein könnte.

Darauf verweist das OLG Hamm und meint zudem, gegen die Löschung bei noch nicht abgeschlossenen Steuerverfahren spräche auch, dass damit eine ansonsten eventuell notwendige Nachtragsliquidation nicht erforderlich wäre, unabhängig davon ,dass im Einzelnen streitig ist, wenn die Nachtragsliquidation wegen laufender Steuerverfahren geboten ist.

Eine Gesellschaft, die ständig vom Finanzamt geprüft wird (Anschlussprüfungen im Rahmen der Betriebs-/Außenprüfung) muss sich damit auf eine lange Liquidationsphase einstellen und von daher auch auf entsprechende Kosten während der Liquidationsphase, da jedenfalls regelmäßig der Liquidator nicht einen Vergütungsanspruch haben dürfte.


OLG Hamm, Beschluss vom 01.07.2015 - 27 W 71/15 -

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Zu den Rechten der WEG zur Durchsetzung von Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum gegen Fremdnutzer

Hintergrund des Rechtstreits war der Beschluss einer Eigentümerversammlung, Balkone zu sanieren; gleichzeitig wurde die Verwaltung ermächtigt, gerichtlich gegen Eigentümer vorzugehen, die die Sanierung verweigern oder sonstwie behindern. Die Beklagten, die Nießbraucher einer Eigentumswohnung sind, verweigerten die Vornahme von Maßnahmen auf dem zu ihrer Wohnung gehörigen Balkon. Daraufhin hat der Verwalter für die WEG Klage auf Duldung der näher bezeichneten Sanierungsarbeiten und Zutritt zur Wohnung zum Zwecke der Durchführung der Arbeiten in entsprechender Anwendung des § 14 Nr. 4 WEG erhoben.

§ 14 Nr. 4 WEG verpflichtet den Wohnungseigentümer auf Duldung des Zutritts zu seinem Sonder- oder Teileigentum, wenn dies zu Zwecken der Instandhaltung oder Instandsetzung erfolgt. Damit wäre der Klage stattzugeben gewesen wenn sich ein Eigentümer dem Verlangen widersetzt hätte. Das Verhalten der Beklagten als Fremdnutzer (wenn auch Nießbraucher) konnte aber nicht durch § 14 WEG tangiert werden, da es sich gerade bei dem Fremdnutzer nicht um einen Eigentümer handelt und die Regelung sich ausschließlich an Eigentümer wendet und nicht auf Fremdnutzer entsprechend übertragen werden kann. Auch wenn gerade der Nießbraucher teilweise in dingliche Rechtspositionen des Eigentümers einrückt, wird  er doch nicht Teil des WEG-Verbandes, auf den sich einzig § 14 WEG bezieht. Eine planwidrige Regelungslücke wird vom BGH hier auch nicht gesehen, die eventuell eine Analogie zulassen könnte. Gegebenenfalls wäre hier Grundlage § 1004 BGB 8wozu der Senat neigt, es hier aber offen lässt); vorliegend greife dies deshalb nicht, da nach dem Beschluss der Wohnungseigentümer nur nach § 14 WEG gegen Eigentümer vorgegangen werden sollte, nicht aber  nah § 1004 BGB. Eine Umdeutung war auch nicht möglich, da es sich bei dem Anspruch nach § 1004 BGB um einen Individualanspruch handelt, den die Gemeinschaft zunächst durch Ansichziehen vergemeinschaften müsste, ehe er ausgeübt werden könnte.

Das bedeutet mithin, dass bei Beschlüssen zu Instandhaltungen pp. stets auch darauf zu achten ist, dass der Verwalter die Durchführung auch gegenüber Fremdbesitzern durchsetzen kann, was bedeutet, dass jedenfalls die Rechte nach § 1004 BGB hier von der Gemeinschaft an sich gezogen werden müssten mit dem Auftrag an den Verwalter, diese Rechte gegen sich widersetzende Fremdnutzer durchzusetzen.


BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 194/14 -

Mittwoch, 30. September 2015

Bewertungsplattformen: Wann haftet der Betreiber für unwahre Tatsachenbehauptungen ?

Bild: pixabay
Die Klägerin, die ein Hotel betreibt, klagt wegen (angeblich) falscher Tatsachenbehauptungen auf einem von einem Online-Reisebüro betriebenen Hotel-Bewertungsportal gegen den Betreiber desselben auf Unterlassung der im Einzelnen benannten Behauptungen. Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Zwar geht der BGH davon aus, dass im konkreten Fall die Parteien Mitbewerber wären. Zwar würden nicht gleichartige Dienstleistungen angeboten, doch diene das Portal der Förderung des Wettbewerbs der Beklagten (Online-Reisebüro), wobei die negative Bewertung der Klägerin deren Wettbewerb beeinträchtige.

Jedoch habe die Beklagte auf dem Portal keine eigenen Behauptungen wiedergegeben. Sie hat lediglich ein Bewertungssystem zur Verfügung gestellt, welches eingehende Bewertungen zu einem Durchschnittswert und einer Weiterempfehlungsrate auswerte; die Bewertungen können anonym erfolgen.

Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch wäre nur möglich, wenn die Beklagte eigene Behauptungen aufstellt, die wahrheitswidrig sind, § 4 Nr. 8 UWG. Der Betreiber einer Internetseite macht sich fremde Angaben zu eigen, wenn er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung übernimmt. Ausreichend ist allerdings auch bereits, wenn er den Anschein erweckt, er indentifiziere sich mit diesen Angaben. Alleine der Disclaimer, sich veröffentlichte Inhalte nicht zu eigen zu machen, schließt dies allerdings nach ständiger Rechtsprechung des BGH, auf die in der Entscheidung hingewiesen wird, nicht aus.

Im Hinblick auf die Art des Portals könne auch alleine der Umstand, dass eine fremde Tatsachenbehauptung weitergegeben wird und damit Dritten die Möglichkeit der Kenntnisnahme verschaffen wird, nicht ein sich-zu-eigen-machen begründen. Denn in diesem Fall müsste der Betreiber eine inhaltliche Überprüfung der Angaben vornehmen, wozu er nicht veranlasst ist. Diese Einschränkung des § 4 Nr. 8 UWG ist nach § § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG geboten und kommt im Falle eines Internet-Bewertungsportals nur in Betracht, wenn sich der Betreiber desselben darauf beschränkt, seinen Kunden neutral die technische und automatische Verarbeitung von diesen einegebenen Daten zur Verfügung zu stellen.

Diese neutrale Stellung wird nicht dadurch tangiert, dass eine statistische Auswertung erfolgt und ein automatischer Wortfilter eingesetzt wird, mittels dessen dann Mitarbeiter prüfen, ob gegen Nutzungsbedingungen verstoßen wird. Denn dadurch erfährt der Betreiber noch nicht, ob die Angaben wahr oder unwahr sind. Damit würde § 4 Nr. 8 UWG nur greifen, wenn der Betreiber positiv Kenntnis von der Unwahrheit hätte und gleichwohl die Einstellung zulässt.


BGH, Urteil vom 19.03.2015 – I ZR 94/13 -

Dienstag, 29. September 2015

WEG: Wann kann das Kopfprinzip durch Anteils- oder Objektprinzip ersetzt werden ?

In bestimmten Normen des WEG ist die Abstimmung nach dem Kopfprinzip vorgesehen. D.h., egal wieviel Miteigentumsanteile und/oder Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten ein Wohnungseigentümer hat, es wird nur eine Stimme (ein Kopf) gezählt. Dass kann im Einzelfall dazu führen, dass ein Mehrheitseigentümer nach Miteigentumsanteilen, beschränkt auf eine Stimme, in die Minderheit gerät und sich der „Kopfmehrheit“ beugen muss. 


Damit stellt sich die Frage, ob und wann das Kopfprinzip abgeändert und z.B. durch die Abstimmung nach Miteigentumsanteilen ersetzt werden kann. § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer eine Stimme hat. In § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG ist geregelt, dass die Eigentümer von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen treffen können, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Aus § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG wird abgeleitet, dass grundsätzlich vom Kopfprinzip abgewichen werden könne (was auch regelmäßig in den Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen erfolgt).

Im konkreten Fall war das Kopfprinzip in der Teilungserklärung abbedungen worden. Noch nicht höchstrichterlich wurde entschieden, ob dies im Falle des § 16 Abs. 3 WEG zulässig ist. Nach § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer in Abweichung von § 16 Abs. 2 WEG mit Stimmenmehrheit beschließen, dass die Umlegung von Betriebskosten nach jedem einer ordnungsgemäßen Verwaltung (noch) entsprechenden Maßstab umgelegt werden können. Ob in einem solchen Fall vom Kopfprinzip abgewichen werden kann, wurde höchstrichterlich noch nicht entschieden.

Vom BGH wird ausgeführt, dass in der Regelung des § 16 Abs. 3 lediglich von Stimmenmehrheit die Sprache ist, nicht aber von der Art der Feststellung derselben. Wollte der Gesetzgeber eine zwingende Vorgabe, so würde er dies auch benennen, wie die Regelungen in §§ 16 Abs. 4 und 22 Abs. 2 WEG belegen, in denen er das Kopfprinzips ausdrücklich (und damit nicht änderbar) normierte. 

Zum Gegenargument der Abdingbarkeit des Kopfprinzips, dass dadurch eine Majorisierung  möglich wäre, verwies der BGH zutreffend darauf, dass mit diesem Argument letztlich die Abdingbarkeit desselben überhaupt in Frage gestellt würde. Dies aber würde eine unangemessene Einengung des privatautonomen Entscheidungspielraums darstellen.

Festzuhalten bleibt damit, dass von dem Kopfprinzip auf der Grundlage einer Vereinbarung (Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung) stets abgewichen werden darf, wenn das Gesetz nicht dieses expressis verbis vorsieht.

BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 198/14 -

Montag, 28. September 2015

WEG: Kauf einer gebrauchten Wohnung begründet keine Rechte der Gemeinschaft gegen Verkäufer bei Mängeln des Gemeinschaftseigentums

Bei einem Kauf vom Bauträger sind  mögliche Mängel- und Gewährleistungsanspruch betreffend das Gemeinschaftseigentum von der Gemeinschaft geltend zu machen; jedenfalls wenn diese den Anspruch an sich zieht, steht dem einzelnen Erwerber kein eigener Anspruch mehr gegenüber dem Bauträger zu.  Dies ist allgemein anerkannt (vgl. BGH vom 23.02.2006 – VII ZR 84/05 -).

Wie aber ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn nicht vom Bauträger erworben wird, sondern eine „gebrauchte Wohnung“ von einem Dritten ? Der BGH hatte einen Rechtstreit zu entscheiden, bei dem das vorerkennende KG eine fehlende Passivlegitimation der Kläger (Erwerber) annahm. Zugrunde lag ein Kaufvertrag eines Wohnungseigentums in einem in den 50er Jahren errichteten Gebäudekomplex. Die Kläger warfen der Beklagten arglistige Täuschung zu Sanierung, Standfestigkeit und Durchfeuchtung, jeweils das Gemeinschaftseigentum betreffend, vor.

Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Vom BGH wurde auf den unterschiedlichen meinungsstand verwiesen und ausgeführt, dass jedenfalls bei Kauf einer „gebrauchten Eigentumswohnung“ unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel und fehlender Vereinbarung einer Beschaffenheitsgarantie der allein nach Kaufrecht zu beurteilende Anspruch auf Minderung oder „kleinen“ Schadensersatz nicht in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 WEG fällt. Nur dann, wenn der Anspruch unter dieser Norm zu subsumieren wäre, wäre die Geltendmachung des Anspruch dem einzelnen Wohnungseigentümer (hier Erwerber) versagt,

Zur Begründung verwies der BGH daraus, dass eine nach § 10 WEG notwendige Gemeinschaftsbezogenheit nur angenommen werden könne, wenn schutzwürdige Belange der Wohnungseigentümer oder der Schuldner an einer einheitlichen Rechtsverfolgung die individuellen Interessen des Rechtsinhabers deutlich überwiegen würden. So würden bereits, anders als bei einem Bauträgervertrag, keine gleichgerichteten Interessen mehrerer Erwerber gegen einen einzigen Veräußerer existieren. Auch gebiete hier nicht der Schuldnerschutz eine einheitliche Rechtsverfolgung, da typischerweise die Kaufverträge über „gebrauchte“ Wohnungen durch verschiedene Verkäufer geschlossen würden; der werkvertragliche Schadensersatzanspruch des Erwerbers unterscheidet sich von dem kaufvertraglichen dadurch, dass im Werkvertrag den Bauträger die Erfolgshaftung treffe, demgegenüber im Kaufrecht der individualisierte Marktwert (bei dem sich ein Mangel am Gemeinschaftseigentum im Verhältnis der Anteile an der WEG auf das erworbene Wohnungseigentum niederschlägt) entscheidend ist.


BGH, Urteil vom 24.07.2015 – V ZR 167/14 -

Freitag, 25. September 2015

WEG: Konsequenz aus der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ bei Veräußerung

Wenn ein Bauträger ein Haus als Wohnungseigentumsanlage errichtet, bildet sich die Wohnungseigentümergemeinschaft erst sukzessive. Nicht schon der Abschluss eines Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung oder die Wahrung des Erwerbers mit einer Eigentumsverschaffungsvormerkung im Grundbuch begründet die (rechtlich selbständige) Rechtspersönlichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern erst die Wahrung des ersten Erwerbers mit der Auflassung (also Eigentumsübertragung) im Grundbuch.

Aber was ist bis zu diesem Zeitpunkt ? Mit der Wahrung der Eigentumsverschaffungsvormerkung des ersten Erwerbers und der Überlassung des erworbenen Wohnungseigentums bildet sich die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Entstehungsphase der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, so die einhellige Rechtsprechung, im Innenverhältnis zwischen dem teilenden (und veräußernden) Eigentümer und den Ersterwerbern eine faktisch vorverlagerte Anwendung des WEG geboten, sobald die Käufer eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition besitzen und auch infolge der vertraglich vereinbarten Übertragung von Nutzungen aber auch Lasten ein berechtigtes Interesse daran haben, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung vorzeitig auszuüben.  Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn ein wirksamer Erwerbsvertrag besteht, die Eigentumsverschaffungsvormerkung für den Erwerber eingetragen und ihm der Besitz an der Wohnung (dem Gewerberaum) überlassen wurde, auf welches sich der Übertragungsvertrag sachlich bezieht.

Damit kann dann der Erwerber die Mitwirkungsrechte tragen und hat sich entsprechend § 16 Abs. 2 WEG an den Kosten zu beteiligen (BGHZ 177, 53). Er und der teilende Wohnungseigentümer haften auch nicht gesamtschuldnerisch (BGHZ 193, 219).

Wird bei einer rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft ein Verkauf vorgenommen, kommt es hier allerdings nicht zu einer Vorverlagerung der Anwendung des WEG. Der Unterschied besteht darin, dass im ersten Fall noch nie eine Wohnungseigentümergemeinschaft bestand, diese erst durch die sukzessive Auflassung im Grundbuch an die einzelnen Erwerber  entsteht, mithin hier nur im Hinblick auf die gemeinschaftlichen Interessen der Erwerber etwas vorgezogen wird, besteht dafür nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft und einem Verkauf einer Wohnung durch einen der Wohnungs- und Teileigentümer keinerlei praktisches Bedürfnis mehr. Ging es vorher um Fragen der Gewährleistung gegen den Bauträger auch in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum pp., kommen bei der späteren Veräußerung nur die Verhältnisse zwischen den Kaufvertragsparteien zum Tragen.

Damit stellt sich die Frage, wie der Verkauf durch einen „werdenden Wohnungseigentümer“ einzustufen ist. Es handelt sich hier um den Fall, dass ein Erwerber, der vom Bauträger erwirbt, seine Rechte aus dem Vertrag einschl. auch der Eigentumsverschaffungsvormerkung auf einen Dritten qua Kaufvertrag überträgt, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft mangels Auflassung an einem Erwerber bestand. Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (in BGHZ 44, 43, 45) vertritt der BGH nunmehr die Auffassung, dass der Dritterwerber nicht in die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft eintritt, vielmehr hier der Veräußerer verbleibt.  

Der BGH begründet sein (jetziges) Ergebnis damit, dass die Gründe der besonderen Behandlung des Erwerbs vom Bauträger nicht auf den Nachfolgeerwerb vom Erwerber zutreffen. So könnte auch Erwerber und Zweiterwerber qua Vertrag das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung (der werdenden Eigentümergemeinschaft) übertragen bzw. regeln, wie auch die Kosten und Lasten. Des weiteren würde, so der BGH, der Übergang des Mitgliedschaftsrechts praktische Probleme in Bezug auf die Rechtsicherheit darstellen, da sich der Übergang nicht ohne weiteres feststellen lassen könnte.

Die Änderung der Rechtsprechung durch den BGH hat erhebliche Konsequenzen: Verkauft der Ersterwerber vor Wahrung der Auflassung und Begründung des Wohnungseigentümergemeinschaft sein Recht auf den Zweiterwerber, bleibt er doch gegenüber der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft als auch im Außenverhältnis weiterhin berechtigt als auch verpflichtet.

BGH, Urteil vom 24.07.2015 – V ZR 275/14 -