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Dienstag, 28. September 2021

Mehrvertretungszuschlag des Anwalts bei Vertretung aller Käufer gegen Bauträger ?

Die acht Kläger (Käufer von von dem Beklagten erstellten Eigentumswohnungen) klagten wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum vor dem LG Heilbronn, in dem der Beklagte zur Beseitigung genau bezeichneter Mängel und zur Zahlung von ¾ der Kosten eines Privatgutachtens verurteilt wurden; die Kosten des Verfahrens wurden in der landgerichtlichen Kostenentscheidung im Urteil gequotelt. Die Kläger machten im Rahmen der Kostenausgleichung vor dem LG Heilbronn für die Vertretung der Beklagten eine Erhöhungsgebühr mit 2,0 wegen mehrerer Beklagter geltend, Nr. 1008 VV RVG. Der beklagte wandte sich gegen die Erhöhungsgebühr mit Hinweis darauf, dass die Klage erhoben worden sei, nachdem die WEG parteifähig geworden und die Eigentümergemeinschaft einen Beschluss zur Klageerhebung gefasst habe. Das Landgericht berücksichtigte bei der Kostenausgleichung die Erhöhungsgebühr nicht, weshalb die Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Beschwerde einlegten. Die Beschwerde wurde, nachdem ihr das Landgericht nicht abhalf, vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen.

Das OLG wies darauf hin, dass zwar möglicherweise die Erhöhungsgebühr im Verhältnis der Kläger zu ihrem Prozessbevollmächtigten entstanden sein könne, jedenfalls aber nicht im Verhältnis zu dem Beklagten. Denn im Rahmen der der Kostenausgleichung und -festsetzung könnten nach § 91 ZPO nur notwendige Kosten der Rechtsverfolgung berücksichtigt werden.

Das OLG verwies auf den Beschluss des BGH vom 02.06.2005 - V ZB 32/05 -, demzufolge die Wohnungseigentümergemeinschaft teilrechtsfähig sei. Die bedeute, dass sie im Verfahren hinsichtlich der das Verwaltungsvermögen betreffenden Forderungen und Verbindlichkeiten als solche klagen und verklagt werden könne. Es sei also nicht mehr notwendig, dass alle Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft selbst klagen und einen Rechtsanwalt beauftragen, sondern ausreichend sei die die Mandatierung eines Rechtsanwalts durch die Eigentümergemeinschaft. Damit falle dann auch keine Erhöhungsgebühr an, da die Eigentümergemeinschaft als solche rechtstechnisch nur ein Mandant ist. Der BGH habe weiter mit seiner Entscheidung vom 12.04.2007 - VII ZR 236/06 - in Bezug auf Mängel am Gemeinschaftseigentum klargestellt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als insoweit rechts- und parteifähiger Verband befugt sei, die Rechte der Erwerber wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums geltend zu machen und gerichtlich durchzusetzen.

Das OLG Stuttgart habe bereits, gestützt auf diese Entscheidungen des BGH die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG für die Fälle anerkannt, in denen in der der Zeit zwischen der Entscheidung vom 02.06.2005 und der Veröffentlichung der Entscheidung vom 12.04.2007 anstelle der Wohnungseigentümergemeinschaft deren sämtliche Mitglieder ihre Rechte wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum geltend gemacht hätten. Seit der Veröffentlichung des Urteils vom 12.04.2007 käme aber ein Erstattungsanspruch für einen Mehrvertretungszuschlag nicht mehr in Betracht. In seiner Entscheidung vom 12.04.2007 habe sich der BGH nämlich auch mit den individuellen Mängelgewährleistungsansprüchen von Erwerbern auseinandergesetzt und festgehalten, dass der Anspruch auf Vorschuss auf Mängelbeseitigungskosten (unabhängig davon, ob dieser im Erkenntnisverfahren oder gem. § 887 Abs. 2 ZPO im Zwangsvollstreckungsverfahren tituliert werden soll) gemeinschaftsbezogen sei und die Gemeinschaft mit Mehrheitsbeschluss diese sich aus den einzelnen Verträgen mit dem Veräußerer (Bauträger) an sich ziehen könne.  

Daraus folgt nach Auffassung des OLG (bezogen jedenfalls auf das Wohnungseigentumsgesetz vor der Novellierung zum 01.12.2020), dass zwar den einzelnen Wohnungseigentümern das Recht zustünde, ihre Gewährleistungsansprüche aus dem jeweiligen Erwerbsvertrag selbst geltend zu machen, allerdings dann, wenn dieses Recht von der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtlich geltend gemacht würde, kostenrechtlich nicht mehr um notwendige Kosten iSv. § 91 ZPO handele, da das erstrebte Ziel auch durch die Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft als solcher erreicht werden könne.

Hinweis: Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch dann die Geltendmachung von Ansprüchen an sich ziehen, wenn bis auf den letzten Erwerber Ansprüche der übrigen Erwerber gegen den Bauträger/Veräußerer verjährt sind und die Ansprüche des nicht der Verjährung unterliegenden Erwerbers  geltend machen.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 06.04.2021  - 8 W 435/20 -

Donnerstag, 19. Juli 2018

Kostenlast des Sondereigentümers im Hinblick auf eine Sonderausstattung auch im Hinblick auf Gemeinschaftseigentum in einer Teilungserklärung (hier: Dachterrasse)


In der Teilungserklärung (TE) der Parteien, die eine Wohnungseigentümergemeinschaft bildeten, hieß es in §§ 2 und 6:
„§ 2
1) Gegenstand des Sondereigentums sind
a) die in § 1 bezeichneten Räume,
b) die … innerhalb und außerhalb dieser Räume befindlichen Einrichtungen und Anlagen, soweit sie nicht dem gemeinschaftlichen Gebrauch, sondern nur einem Sondereigentum zu dienen bestimmt sind.
§ 6
Instandhaltung und Versicherung
1) a) Jeder Wohnungseigentümer hat sein Sondereigentum auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen. …
b) Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z. B. Balkon, Loggia) sind von ihm auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen.“
Im Bereich der Dachterrasse, die am der Vorderseite der Wohnung des Klägers lag, traten im Bereich des Gemeinschaftseigentums Schäden auf. Die Wohnungseigentümer beschlossen die Sanierung und ferner, dass die Kosten zu Lasten des Klägers gehen. Der Kläger focht den Beschluss an. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Das Landgericht, welches die Revision zuließ, gab der Klage statt. Der BGH stellte die erstinstanzliche Entscheidung durch Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und Zurückweisung der Berufung wieder her.
 
Grundsätzlich habe sich der Kläger an den Kosten der beschlossenen Sanierung  zu beteiligen, § 16 Abs. 2 WEG. Die Regelung, dass die Dachterrasse zum Gemeinschaftseigentum gehöre, wäre nur insoweit beachtlich, als nicht konstruktive Teile betroffen wären, die zwingend dem Gemeinschaftseigentum zugehörig seien.  Hier allerdings habe der Kläger in Ansehung einer nach §§ 10 Abs. 2 S. 2, 5 Abs. 2 WEG zulässigen Regelung in der TE entgegen § 16 Abs. 2 WEG die Kosten alleine zu tragen. In § 6 Nr. 1 Buchst. b) TE sei geregelt , dass Einrichtungen, Gebäudeteile pp., die nach dem Zweck oder gemäß Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt seien, auf dessen Kosten instandzusetzen und –zuhalten wären. Das würde sich auch auf die der Wohnung zugeordnete Dachterrasse beziehen; die Aufzählung in der TE sei nicht abschließend  sondern beispielhaft („z.B.“) und der Sinn läge darin, die Gemeinschaft von Kosten zu befreien, die letztlich lediglich eine Sonderausstattung der Wohnung (wie Balkone) beträfen und bei einer Bauweise ohne diese Sonderausstattung nicht angefallen wären. Eine entsprechende Sonderausstattung sei auch eine Dachterrasse, die die Möglichkeit biete, im Freien zu sitzen ohne das Haus zu verlassen. Ein solcher Bereich könne im Dach nur geschaffen werden durch einen Einschnitt in die ansonsten geschlossene Dachfläche und die Dachplatte sei dadurch bedingt störungsanfälliger. Im Weiteren käme es darauf  an, wer Zutritt habe. Da die Dachterrasse an der Vorderseite der Wohnung läge und nach § 1 TE Teil seines Sondereigentums sei, stehe sie dem Mitgebrauch durch die übrigen Wohnungseigentümer nicht zur Verfügung.


BGH, Urteil vom 04.05.2018 - V ZR 163/17 -

Montag, 28. September 2015

WEG: Kauf einer gebrauchten Wohnung begründet keine Rechte der Gemeinschaft gegen Verkäufer bei Mängeln des Gemeinschaftseigentums

Bei einem Kauf vom Bauträger sind  mögliche Mängel- und Gewährleistungsanspruch betreffend das Gemeinschaftseigentum von der Gemeinschaft geltend zu machen; jedenfalls wenn diese den Anspruch an sich zieht, steht dem einzelnen Erwerber kein eigener Anspruch mehr gegenüber dem Bauträger zu.  Dies ist allgemein anerkannt (vgl. BGH vom 23.02.2006 – VII ZR 84/05 -).

Wie aber ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn nicht vom Bauträger erworben wird, sondern eine „gebrauchte Wohnung“ von einem Dritten ? Der BGH hatte einen Rechtstreit zu entscheiden, bei dem das vorerkennende KG eine fehlende Passivlegitimation der Kläger (Erwerber) annahm. Zugrunde lag ein Kaufvertrag eines Wohnungseigentums in einem in den 50er Jahren errichteten Gebäudekomplex. Die Kläger warfen der Beklagten arglistige Täuschung zu Sanierung, Standfestigkeit und Durchfeuchtung, jeweils das Gemeinschaftseigentum betreffend, vor.

Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Vom BGH wurde auf den unterschiedlichen meinungsstand verwiesen und ausgeführt, dass jedenfalls bei Kauf einer „gebrauchten Eigentumswohnung“ unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel und fehlender Vereinbarung einer Beschaffenheitsgarantie der allein nach Kaufrecht zu beurteilende Anspruch auf Minderung oder „kleinen“ Schadensersatz nicht in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 WEG fällt. Nur dann, wenn der Anspruch unter dieser Norm zu subsumieren wäre, wäre die Geltendmachung des Anspruch dem einzelnen Wohnungseigentümer (hier Erwerber) versagt,

Zur Begründung verwies der BGH daraus, dass eine nach § 10 WEG notwendige Gemeinschaftsbezogenheit nur angenommen werden könne, wenn schutzwürdige Belange der Wohnungseigentümer oder der Schuldner an einer einheitlichen Rechtsverfolgung die individuellen Interessen des Rechtsinhabers deutlich überwiegen würden. So würden bereits, anders als bei einem Bauträgervertrag, keine gleichgerichteten Interessen mehrerer Erwerber gegen einen einzigen Veräußerer existieren. Auch gebiete hier nicht der Schuldnerschutz eine einheitliche Rechtsverfolgung, da typischerweise die Kaufverträge über „gebrauchte“ Wohnungen durch verschiedene Verkäufer geschlossen würden; der werkvertragliche Schadensersatzanspruch des Erwerbers unterscheidet sich von dem kaufvertraglichen dadurch, dass im Werkvertrag den Bauträger die Erfolgshaftung treffe, demgegenüber im Kaufrecht der individualisierte Marktwert (bei dem sich ein Mangel am Gemeinschaftseigentum im Verhältnis der Anteile an der WEG auf das erworbene Wohnungseigentum niederschlägt) entscheidend ist.


BGH, Urteil vom 24.07.2015 – V ZR 167/14 -