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Dienstag, 10. Oktober 2023

Verkehrssicherungspflicht des Handwerkers gegenüber Mieter

Der Antragsgegner führte im Auftrag des Vermieters der Antragstellerin Renovierungsarbeiten in deren Wohnung durch. Bei den Arbeiten wurde der Boden der Küche bis auf die Rigipsdecke der unteren Wohnung geöffnet, ohne dass in der Wohnung eine Absperrung oder Absicherung erfolgte. Die Antragstellerin betrat die Wohnung währen dieser Zeit, obwohl die im Einvernehmen mit dem Vermieter die Wohnung zur Durchführung der Arbeiten verlassen hatte und nicht betreten sollte, und zog sich infolge der Bodenöffnung Verletzungen zu. Ihr Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgewiesen; die gegen den Ablehnungsbeschluss eingelegte Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen.

Grundlage könnte nur ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung sein, da zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner kein Vertragsverhältnis bestünde du aus dem Werkvertrag zwischen dem Vermieter und dem Antragsgegner sich auch unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages zugunsten Dritter keine vertraglichen Ansprüche im Rahmen einer hier vorliegenden Körperverletzung ergeben würden, da es an der erforderlichen Leistungsnähe deshalb ermangeln würde, das die Antragstellerin nicht anwesend sein und die Wohnung nicht betreten sollte, weshalb sie auch mit dem Handwerker nicht hätte in Berührung kommen können / sollen.

Der Antragsgegner habe nicht damit rechnen müssen, dass die Antragstellerin am Unfalltag die Wohnung doch betreten würde und sich in die Küche begeben würde und dabei auf der Gefahrenquelle nicht Rechnung trug.  Die Bauarbeiten seien offensichtlich gewesen und die Handwerker hätten mit Ortsunkundigen nicht rechnen müssen.

Ein anspruchsausschließendes Mitverschulden (§ 254 BGB) der Antragstellerin, auf welches das Vorgericht die Versagung der Prozesskostenhilfe stützte, vermochte das OLG allerdings nicht zu erkennen. Alleine der Umstand, dass der Geschädigte bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt eine pflichtwidrig bestehende Gefahrenquelle hätte erkennen und umgehen können, ließe sich dies nicht folgern. Es würde dabei der Umstand vernachlässigt, dass der Verkehrssicherungspflichtige die Ursache gesetzt habe. Der Schutzzweck der Verkehrssicherungspflicht soll auch Verkehrsteilnehmer vor Schäden bewahren, die nicht stets ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit und Vorsicht walten ließen. Die Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen würde bei einem Mitverschulden des Geschädigten nur entfallen können, wenn das Handeln des Geschädigten von einer ganz besonderen, schlechthin unverständlichen Sorglosigkeit gekennzeichnet sei (BGH, Urteil vom 20.06.2014 – III ZR 326/12 -). Dafür sah das Oberlandesgericht hier keine Anhaltspunkte, worauf es allerdings nicht ankam, da ohnehin die rechtlichen Voraussetzungen für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung fehlen würden.  

OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2022 - 11 W 15/22 -

Freitag, 21. Mai 2021

Beweiserhebung: Was ist mit eigenen Kosten für die Durchführung des Beweisbeschlusses ?

Im Rahmen einer Werklohnklage kam es zu Ortsterminen, die zu Vor- und Nachbereitungen durch von der Beklagten beauftragte Handwerker führten. Dies kommt z.B. dann vor, wenn der beauftragte Bausachverständige Bauteil e geöffnet haben will, dies nicht selbst durchführt sondern den Parteien überlässt. Dann wird die Partei die entsprechenden Bauteile durch einen vor ihr beauftragten Handwerker öffnen und nach der Besichtigung durch den Sachverständigen wieder schließen lassen. Aber was ist mit den Kosten für diesen Handwerker ?

Das Verfahren kam im konkreten Fall durch einen Vergleich zum Abschluss, bei dem die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben wurden. Vergeblich versuchte die Beklagte die ihr entstandenen Kosten für den Handwerker in Höhe von € 2.293,97 im Rahmen der Ausgleichung der Gerichtskosten mit festsetzen zu lassen. Das Landgericht glich nur die Gerichtskosten einschl. der vom Gericht an den Sachverständigen zu erstattenden Kosten aus, berücksichtigte aber den eigenen Aufwand der Beklagten nicht. Auf die Beschwerde der Beklagten berücksichtigte das OLG 50% der geltend gemachten Aufwendungen der Beklagten und setzte diese gegen die Klägerin fest. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hob der BGH die ergänzende Kostenfestsetzung des OLG wieder auf.

Der BGH stellte darauf ab, dass Grundlage die vereinbarte Kostenaufhebung sei.. Welche Bedeutung dies für die in Streitbefindlichen Kosten habe, sei durch Auslegung festzustellen. Zu berücksichtigen sei dabei, dass es sich bei dem Kostenfestsetzungsverfahren um ein auf die formale Prüfung von Kostentatbeständen ausgerichtetes Verfahren sei, welches auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und daher dem Rechtspfleger übertragen worden sei. Es sei daher eine streng am Wortlaut orientierte Auslegung notwendig, weshalb ein bestimmter Parteiwille zumindest andeutungsweise in dem Wortlaut des Vergleichs zum Ausdruck gekommen sein müsste.  Danach beurteilt würde Kostenaufhebung bedeuten, jede Partei trage ihre Kosen alleine und nur die Gerichtskosten sollen hälftig geteilt werden. Zu den Gerichtskosten würden die Gerichtsgebühren und Auslagen des Gerichts zählen. Zu den Auslagen des Gerichts würden die von dem Sachverständigen nach dem JVEG geltend gemachten Entschädigungsansprüche und Aufwendungen gehören, wobei es sich bei den Aufwendungen des Sachverständigen gem. § 12 JVEG (und Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) auch um Handwerkerkosten handeln könnte, die er als Hilfskraft zur Durchführung des Beweisbeschlusses bezahlt habe. Nicht dazu würden aber Aufwendungen einer Partei gehören, da es sich dabei um deren außergerichtliche Kosten handele. Dies gelte unabhängig davon, welchen Zweck die Partei mit den Aufwendungen bezweckte. Beauftragte nicht der Sachverständige den Handwerker für die Vor- und Nacharbeiten, verbliebe es bei den Handwerkerkosten um außergerichtliche Kosten der Partei und würden diese nicht durch die Zweckbestimmung zu Gerichtskosten werden.

Praxistipp: Hätten die Parteien vorliegend nicht Kostenaufhebung vereinbart, sondern eine Kostenquotelung von 50%  zu 50%, so hätte die Beklagte 50% ihrer eigenen Aufwendungen gegen die Klägerin festsetzen lassen können. An der Verteilung der Gerichtskosten hätte sich nichts geändert. Allerdings ist zu beachten, dass  - unabhängig von den benannten Aufwendungen - die außergerichtlichen Kosten der Parteien schon in Bezug auf Anwaltsgebühren durch möglicherweise anfallende Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder unterschiedlich hoch ausfallen können, weshalb in Höhe der Differenz bei einer Quotelung die zu Lasten der Partei geht, die geringere Kosten hat. 

BGH, Beschluss vom 24.01.2021 - VII ZB 55/18 -

Sonntag, 5. Juli 2015

Grundbucheinsichtsrecht für Bauhandwerkersicherungshypothek

Immer wieder bereitet die Bauhandwerkersicherungshypothek nach § 648 BGB Schwierigkeiten. Dabei geht es häufig um die Frage der rechtlichen Identität zwischen Auftraggeber und Eigentümer (BGH, Urteil vom 22.10.1987 – VII ZR 12/87 -).  Da der Werkunternehmer im Regelfall die tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse an dem Grundstück nicht kennt, muss er sich also vor Beantragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek kundig machen, um nicht eventuell kostenpflichtig mit seinem Antrag auf Wahrung der Sicherung wegen fehlender Identität abgewiesen zu werden. In einem entsprechenden Fall hat allerdings der Rechtspfleger des AG Miesbach den Antrag des Bauhandwerkers, der einen vollständigen, auch die Belastungen am Grundstück ausweisenden beglaubigten Grundbuchauszug beantragte, abgewiesen. Er erteilte lediglich einen Auszug, der das Bestandsverzeichnis und Abt. I umfasste und aus dem ersichtlich war, dass mit Auflassung vom 22.10.2013 (gewahrt am 21.01.2014) Eigentümerin nun eine R KG ist, während zuvor Frau R Eigentümerin war. Die Kopie der Auflassung als auch eine Gesellschaftsvertrages überließ der Rechtspfleger nicht.


Das OLG München hat auf die sofortige Beschwerde des Bauhandwerkers den Beschluss des Amtsgerichts (Rechtspflegers) aufgehoben. Das OLG hebt hervor, dass das Einsichtsrecht in das Grundbuch ein rechtliches Interesse voraussetze, welches darzulegen sei, wobei das Einsichtsrecht sowohl die Urkunden als auch die Grundakte umfasse. Dieses Recht wäre bei einem Gläubiger, der eine Sicherungshypothek nach § 648 BGB begehren könne, zu bejahen.


Allerdings wäre Voraussetzung für die Sicherungshypothek die rechtliche, nicht alleine die eventuelle wirtschaftliche Identität. Nach dem Bauvertrag wären Auftraggeber die Eheleute R gewesen; Eigentümer wäre aber seit dem 21.01.2014 die R KG. Allerdings gäbe es auch Ausnahmen von der Notwendigkeit der rechtlichen Identität. Eine solche Ausnahme habe der BGH (aaO.) im Hinblick auf den Missbrauch der Berufung auf die fehlende rechtliche Identität dann angenommen, wenn sich der Eigentümer selbst wie der Besteller (Auftraggeber) behandeln lassen müsse, § 242 BGB. Die Entscheidung, ob ein solcher Fall hier vorliegt, wäre allerdings nicht im Rahmen des vorliegenden Gesuchs (und der Beschwerde) zu prüfen, sondern obläge dem Bauhandwerker und seinem Anwalt, eventuell einem später in der Sache selbst erkennenden Gericht. Vorliegend wäre lediglich entscheidend ein dargelegtes berechtigtes Interesse, welches nicht glaubhaft zu machen ist. Da die Bauleistungen des beantragenden Bauhandwerkers sowohl vor als auch nach der Eigentumsübertragung lägen, würde ersichtlich der Bauhandwerker von einer wirtschaftlichen Identität ausgehen, die hier eine Haftung des Eigentümers (ausnahmsweise) begründet, weshalb auch seinem Ersuchen statt zugeben sei. 

OLG München, Beschluss vom 09.02.2015 - 34 Wx 43/15 -