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Samstag, 24. Februar 2024

Verjährungsfrist für Vergütungsanspruch des Bauträgers

Am 20.06.2014 führte die Bauträgerin (Klägerin) unter Beteiligung der Beklagten eine Begehung der gekauften Wohnung mit Unterzeichnung eines Abnahmeprotokolls durch, nach dessen Inhalt die Übernahme/Abnahme gemäß Kaufvertrag erfolgt sei. Am 06.11.2014 erklärten die Beklagten die Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Mit Schreiben vom 24.11.2014 forderte die Klägerin die Beklagten zur Zahlung der letzten Kaufpreisrate auf. Am 28.12.2017 beantragte die Klägerin einen Mahnbescheid in Bezug auf diese Rate gegen die Beklagten. Die Beklagte hatten im Verfahren die Einrede der Verjährung erhoben und beriefen sich zudem auf ein Zurückbehaltungsrecht für von ihnen gerügte Mängel. Einen kleinen Betrag davon akzeptierte die Klägerin und reduzierte insoweit ihre klageweise geltend gemachte Forderung. Die Klage und die Berufung gegen das klageabweisende Urteil wurden zurückgewiesen. Von der Klägerin wurde die vom Berufungsgericht (OLG) zugelassene Revision eingelegt. Diese führte zur Aufhebung des Urteils des OLG und zur Zurückverwesung des Rechtstreits an dieses. 

Das OLG ging in seinem Urteil von der Regelverjährung des § 185 BGB aus (3 Jahre). Die Anwendung von § 196 BGB schloss es aus, da zwar die streitgegenständliche Forderung Teil des Entgelts dafür sei,, dass die Klägerin den Beklagten Eigentum an einem Grundstück übertragen habe und die errichtete Wohnung „lediglich“ wesentlicher Bestandteil des Miteigentumsanteils sei, sei § 196 BGB nicht anzuwenden. Es würde sich hier auch um die Gegenleistung für die Erbringung von Bauleistungen handeln. Der Vergütungsanspruch sei nicht aufteilbar zwischen Eigentum und Bauleistung, weshalb die Verjährung einheitlich nach der Leistung zu beurteilen sei, die bei weitem überwiegend das Vertragsverhältnis charakterisiere. Der Charakter über den Kauf würde durch den Bau der Wohnung geprägt, weshalb insoweit der Vergütungsanspruch teilwiese im Werkvertragsrecht (§ 631 BGB) geregelt sie. An der Übertragung des Miteigentumsanteils ohne Bauleistung hätten die Parteien kein Interesse gehabt.  Damit greife die 10-jährie Verjährungsfrist des § 196 BGB nicht. 

Dem folgte der BGH nicht, der vorliegend entgegen dem OLG § 196 BGB anwandte mit der Folge, dass die Forderung noch nicht verjährt sei. 

Richtig sei, dass sich die Bauträgervergütung nicht aufteilen ließe in einen Teil für den Kaufpreis des Grundstücksanteils und einen Teil für die Bauleistungen. Es läge ein einheitlicher Vertrag vor. Bei Bauträgerverträgen sei hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks Werkvertragsrecht, hinsichtlich der Übertragung von Eigentum Kaufrecht anzuwenden. Eine Aufteilung der Bauträgervergütung käme aber nur bei einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien in Betracht, die nicht vorläge. Für den einheitlichen Vergütungsanspruch gelte aber nicht die Verjährungsregelung des § 195 BGB, sondern jene des § 196 BGB.  Dies ergäbe eine Auslegung des § 196 BGB, der als speziellere Regelung § 195 BGB verdränge. 

Nach § 196 BGB würden Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung in 10 Jahren verjähren. Die Annahme, das § 106 BGB für den  Vergütungsanspruch des Bauträgers gelte, lasse sich allerdings nicht aus dem Wortlaut ableiten, das die Vergütung die Gegenleistung sowohl für die Übertragung des Eigentums als auch für die Errichtung des Bauwerks sei. Die Errichtung des Bauwerks sei aber von § 196 BGB im Wortlaut nicht erfasst. Aus systematischen und teleologischen Gesichtspunkten sei es aber gerechtfertigt, § 196 BGB als speziellere Regelung des Vergütungsanspruchs des Bauträgers anzuwenden. Da der Vergütungsanspruch einer einheitlichen Verjährung unterliege, könne er sich nur nach § 195 BGB oder § 196 BGB richten. Nach den Gesetzesmaterialien zu § 196 BGB (BT-Drs. 14/7052 S. 179) ergäbe sich, dass mit der Einbeziehung der Ansprüche auf die Gegenleistung in § 196 BGB über die dieser Vorschrift bereits unterfallenden Ansprüche auf Eigentumsübertragung an einem Grundstück hinaus ein in der Sache nicht gerechtfertigtes Ergebnis vermieden werden sollte, das bestehen könnte, wenn derartige Verträge bei Geltung der Regelverjährung nach § 195 BGB für die Ansprüche auf die Gegenleistung nicht beendet werden könnten. Dies greife auch bei Bauträgerverträgen. Da der einheitliche Vergütungsanspruch auch eine Gegenleistung für die von ihm – neben der Bauwerkserrichtung – geschuldete Übertragung des Eigentums an dem Grundstück und damit eine Gegenleistung iSv. § 196 BGB darstelle, sei es gerechtfertigt, insoweit einheitlich die speziellere Verjährungsregelung des § 196 BGB anzuwenden. 

Dem stünde das Urteil des BGH vom 12.10.1978 – VII ZR 288/77 – schon deswegen nicht entgegen, da es auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 12.10.1978 beruhe. Im Übrigen würde der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr festhalten. 

Damit musste der BGH das Urteil zurückweisen, da das OLG nunmehr neu im Hinblick auf das von den Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht zu entscheiden hat. 

BGH, Urteil vom 07.12.2023 - VII ZR 231/22 -

Mittwoch, 3. August 2022

Ärztlicher Behandlungsfehler und Beginn des Laufs der Verjährung, §§ 195, 199 BGB

Bei dem Antragsteller wurde von Ärzten der Beklagten am 25.01.2017 eine Leistenhernienoperatin durchgeführt. Danach bildeten sich beim ihm eine Sepsis mit Nierenversagen bei 4-Quadranten-Reritonitis. Nach Ansicht des Antragstellers sei dies auf eine unzureichende Reaktion der Ärzte auf die von ihm geäußerten extremen Schmerzen und eine unzureichende Befunderhebung zurückzuführen.

Für seien Klage auf Schadensersatz in Form von Schmerzensgeld, vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren und einer Einstandsverpflichtung der Beklagten für mögliche kausale Zukunftsschäden beantragte der Antragsteller Prozesskostenhilfe, § 114 ZPO. Die Beklagte erhob im Rahmen ihrer Stellungnahme die Einrede der Verjährung. Mit Hinweis auf die eingetretene Verjährung lehnte das Landgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab, da es damit an einer für die Gewährung von Prozesskostenhilfe notwendigen hinreichenden Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Klage ermangele, § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die dagegen von dem Antragsteller eingelegte sofortige Beschwerde war erfolgreich.

Wie auch bereits das Landgericht sah auch das Oberlandesgericht im Rahmen seiner Beschwerdeprüfung den Vortrag des Antragstellers zu einer Haftung der Beklagten als ausreichend an, wobei es darauf verwies, dass zwar der Patient einen Behandlungsfehler darlegen und beweisen müsse, allerdings von ihm im Hinblick auf das bestehende Informationsgefälle zwischen ihm und dem Arzt keine genauen Kenntnisse der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert würden und mithin nur maßvolle Anforderungen an seien Substantiierungslast zu stellen seien, wonach er sich auf einen Vortrag beschränken könne, der die Vermutung eines ärztlichen Fehlverhaltens aufgrund der Folgen für den Patienten gestatte (BGH, Urteil vom 08.06.2004 - VI ZR 199/03 -).

Gegen die nach dem für die Gewährung der Prozesskostenhilfe sprechende Erfolgsaussicht gemäß Vortrag des Antragstellers könnte danach lediglich der Eintritt der Verjährung sprechen. Es gilt hier für die in Betracht kommenden Ansprüche gem. §§ 630a ff, 823ff BGB die regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB von drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umstände und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder aber ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Dies zugrunde legend wies das OLG als Beschwerdegericht darauf hin, die erforderliche Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis sei nicht schon dann zu bejahen, wenn dem Patienten lediglich der negative Ausgang der ärztlichen Behandlung bekannt sei. Vielmehr sei erforderlich, dass er auch auf einen ärztlichen Behandlungsfehler als Ursache hätte schließen können müssen. Erforderlich sei dazu nicht nur die Kenntnis von den Tatsachen, aus denen sich auch für den medizinischen Laien ergäbe, dass der behandelnde Arzt von dem üblichen medizinischen Vorgehen abgewichen sei oder Maßnahmen nicht getroffen hätte, die nach ärztlichem Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich sind. Diese Kenntnis ei aber erst vorhanden, wenn die dem Antragsteller (Patienten) bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Arztes und auf die Ursache des Verhaltens für den Schaden als naheliegend erscheinen würden (BGH, Urteil vom 08.11.2016 - VI ZR 594/215 -). Im Hinblick auf ärztliche Behandlungsfehler sei zudem die Kenntnis des Abweichens vom medizinischen Standard oder des Unterlassens medizinisch gebotener Handlungen erforderlich.  Diese Kenntnis richte sich in Ansehung der Komplexität moderner medizinischer Behandlungsweisen nicht nach wissenschaftlichen Kriterien, sondern der Parallelwertung in der Laiensphäre des Patienten, nach der die Behandlung nicht lege artis durchgeführt worden sei. Er müsse mithin diejenigen Behandlungstatsachen kennen, die in Bezug auf einen Behandlungsfehler ein ärztliches Fehlverhalten und in Bezug auf die Schadenskausalität eine ursächliche Verknüpfung bei objektiver Betrachtung nahelegen. Ob eine Abweichung vom Standard vorläge könne der Laie, mit Ausnahme grundlegender Behandlungsmethoden, erst durch eine ärztliche Begutachtung des Schadens feststellen. Diese Begutachtung sei vorprozessual erst durch ein von der Krankenkasse eingeholtes viszeralchirurgisches MDR-Gutachten vom 18.08.2020, welches der Antragsteller mit Schreiben der Krankenasse vom 24.08.2020 zur Kenntnis erhielt, erfolgt. Ob eine fachgutachterliche Stellungnahme für den Lauf der Verjährungsfrist zwingend sei (so OLG Köln, Urteil vom 05.03.2018 - 5 U 98/16 -) könne auf sich beruhen, da nicht ersichtlich sei, aufgrund welcher sonstiger Umstände der Antragsteller zuvor die nach den benannten Maßstäben gebotene Kenntnis hätte erlangen können.

OLG Dresden, Beschluss vom 04.05.2022 - 4 W 252/22 -