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Montag, 28. Oktober 2024

Kompetenzverlagerung auf Verwalter gem. § 27 Abs. 1 WEG

Streitig war zwischen den Beteiligten ob der Wohnungseigentümerversammlung die Kompetenz hatte, dem Verwalter zu ermächtigen, für die Erneuerung einer Fensteranlage drei Angebote, wobei bei Beauftragung die Kosten nicht über einen bestimmten Betrag liegen dürften und die Fenster der Optik der bisherigen Fensteranlage entspreche müsste. Die Kläger hatten diesen Beschluss gerichtlich angefochten. Nachdem noch das Amtsgericht die Klage abwies, gab ihr das Berufungsgericht statt. Die zugelassene Revision war erfolgreich.

Der BGH führte aus, dass nach dem bis 30.11.2020 geltenden Recht seien Beschlüsse zur Kompetenzverlagerung auf den Verwalter mit Rechtunsicherheiten im Hinblick auf die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung verbunden gewesen. Nach Inkrafttreten des WEMoG zum 01.12.2020 habe der erkennende Senat bereits entschieden, dass die Wohnungseigentümer auf der Grundlage ihres Selbstorganisationsrechts durch Beschluss dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandsetzung und -haltung sowie für die Einschaltung von Sonderfachleuten übertragen könne, wenn diese Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren Risiko führe /Urteil vom 11.06.2021 - V ZR 215/20 -). Nach § 27 Abs. 2 WEG (n.F.) könnten die Wohnungseigentümer nunmehr die gesetzlichen Rechte und Pflichten des Verwalters für das Innenverhältnis nach § 27 Abs. 1 WEG einschränken und erweitern. Soweit sie nach § 19 Abs. 1 WEG in Angelegenheiten der ordnungsgemäßen Verwaltung durch Beschluss entscheiden dürften, könnten sie gem. § 27 Abs. 2 WEG ihre Entscheidungskompetenz auf den Verwalter übertragen.

Daran gemessen halte sich der angefochtene Beschluss, den bereits beschlossenen Austausch der Fensteranlagen in Auftrag zu geben, im Rahmen der ihnen nach § 27 Abs. 2 WEG eingeräumten Beschlusskompetenz. Die Fenster stünden zwingend im Gemeinschaftseigentum (§ 5 WEG, BGH, Urteil vom 14.06.2019 - V ZR 254/17 -) und die Maßnahme diene danach der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums iSv. § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG.

Der Beschluss sei auch hinreichend bestimmt. Ob dem Verwalter inhaltliche Kriterien der Aufgabenerfüllung vorgegeben werden müssten, sei (anders als vom Berufungsgericht angenommen) keine Frage der Bestimmtheit, sondern betreffe die Frage der Reichweite der Delegation ordnungsgemäßer Verwaltung, da je weiter die Delegation reiche, desto weniger bestimmt sei naturgemäß die in dem Beschluss enthaltene Umschreibung der von dem Verwalter zu treffenden Entscheidungen.

Die Beschlussfassung entspreche auch ordnungsgemäßer Verwaltung iSv. § 18 Abs. 2 WEG , was – auch wenn es in § 27 Abs. 2 WEG keinen Ausdruck fände - allgemeiner Auffassung entspreche und sich aus § 19 Abs. 1 WEG für alle Beschlüsse der Wohnungseigentümer ergäbe.  Aus dem Gesetz ergebe sich, dass es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche, wenn die Wohnungseigentümer dem Verwalter über die ihm bereits durch Gesetz (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) eingeräumten Aufgaben und Befugnisse hinaus weitreichender auch die Kompetenz übertragen würden, Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung zu treffen, die übergeordnete Bedeutung hätten oder zu erheblichen Verpflichtungen der GdWE führen würden. Aus einem Umkehrschluss aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG ergäbe sich zudem, dass eine Delegation von Aufgaben auch dann erfolgen dürfe, wenn sie nicht eilig oder zur Abwendung von Nachteilen erforderlich seien, da es andernfalls der Regelung in § 27 Abs. 2 WEG nicht bedürfte. Das Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer lasse bei der Entscheidung, welche Aufgaben sie innerhalb ihrer Beschlusskompetenz gem. § 27 Abs. 2 WEG auf den Verwalter übertrage, einen weiten Ermessenspielraum zu, wobei es vorliegend keiner Erörterung bedürfe, wo die Grenzen dieses Ermessens im Einzelnen verlaufen würden. Bei einer Erhaltungsmaßnahme entspreche die Delegation regelmäßig ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn – wie hier – die Wohnungseigentümer die grundlegende Entscheidung für die Vornahme getroffen hätten und der Verwalter nur über die Ausführung im Einzelnen entscheiden soll, da die Erzteilung von Aufträgen zur Instandsetzung oder Sanierung ohnehin nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würden, wen die Aufbringung der erforderlichen Mittel gesichert sei (BGH, Urteil vom 17.10.2017 – V ZR 184/16 -). Für den weiten Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer bei der Delegation von Aufgaben spreche auch ein praktisches Bedürfnis, da der Aufwand zur Durchführung einer Eigentümerversammlung vermieden und eine effiziente Verwaltung ermöglicht würde (so BT-Drs. 19/18791 S. 75).

Es sei auch nicht erforderlich, dass dem Verwalter in dem Beschluss ausdrücklich ein für ihn verbindlicher Entscheidungsmaßstab vorgegeben würde. Die Umsetzung von Beschlüssen treffe zwar nicht mehr den Verwalter, sondern die GdWE (§ 18 Abs. 1 WEG), die allerdings die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre Organe erfülle und internes Organ für die Ausführung sei der Verwalter, der die Entscheidungen umsetze  (BGH, Urteil vom 16.12.2022 - V ZR 263/21 -). Würden dem Verwalter infolge der Kompetenzverlagerung Entscheidungsbefugnisse verbleiben, übe er die Befugnisse aus, die er auch ohne Delegation hätte. Sowohl bei seiner eigenen Entscheidungskompetenz nach § 27 Abs. 1 WEG als auch bei einer Kompetenzverlagerung nach § 27 Abs. 2 WEG müsse er als Organ der GdWE nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung handeln. Er sei zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, das billigste oder das technisch hochwertigste Angebot anzunehmen, müsse aber unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit nach pflichtgemäßen Ermessen bei mehreren Optionen diejenige wählen, die dem Interesse der Wohnungseigentümer nach billigen Ermessen gerecht würde (§ 18 Abs. 2 WEG).

Wenn es – wie hier – nur um die Durchführung der Maßnahme im Einzelnen gehen würde, gebe infolgedessen das Gesetz den Entscheidungsmaßstab hinreichend konkret vor, weshalb ihm im Beschluss nicht auferlegt werden müsse, dass der nach pflichtgemäßen Ermessen zu handeln habe. Bei seiner Entscheidung, welchen Handwerker er nach Einholung der Angebote beauftragt, habe er das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten und bei der Abwägung müsse er alle für die Entscheidung relevanten Umstände beachten.

Hier sei der Beschluss zum Austausch der Fenster gefasst worden. Dem Verwalter sei vorgegeben worden, drei weitere Angebote einzuholen. Die Kosten seien vorgegeben worden. Damit seien die wesentlichen Entscheidungen über die Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme und der Finanzierung getroffen worden. Die Auftragsvergabe und die Durchführung im Einzelnen habe ohne weiteres auf den Verwalter delegiert werden können. Unschädlich sei, dass in dem Beschluss nicht auf das Leistungsverzeichnis und die Prioritätenliste eines beauftragten Sachverständigen Bezug genommen worden sei, da es ohnehin ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, die Unterlagen, auf denen der Beschluss über die Erneuerung der Fenster beruhe. Bei der Auftragsvergabe in den Blick zu nehmen und nur in begründeten Fällen abzuweichen, was nicht ausschließen würde, dass der Verwalter andere Prioritäten setzen könne, wenn sich die Verhältnisse ändern.

BGH, Urteil vom 05.07.2024 - V ZR 241/23 -