Die sogen. Öffnungsklausel betrifft Änderungen (zulässiger) Vereinbarungen der Wohnungseigentümer (Teilungserklärung / Gemeinschaftsordnung) nach § 10 Abs. 1 S. 2 WEG. Grundsätzlich bedarf die Änderung einer Vereinbarung der Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer. Neben gesetzlichen Öffnungsklauseln, nach denen eine Vereinbarung auch durch Beschluss geändert werden kann (z.B. §§ 16 Abs. 2 S. 2, 12 Abs. 4 und 21 Abs. 5 WEG) kann allerdings auch eine Öffnungsklausel vereinbart werden, also in die Gemeinschaftsordnung aufgenommen werden, nach der die Wohnungseigentümer allgemein oder in bestimmten Fällen nicht nur mittels einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer, sondern im Beschlussweg mit der (qualifizierten) Mehrheit eine Änderung vornehmen können.
Dem Rechtsstreit lag hier eine notariell bei Begründung des Wohnungseigentums 1984 protokollierte und im Grundbuch gewahrte Gemeinschaftsordnung zugrunde, die u.a. besagte, dass das Gebäude zu Wohnzwecken und gewerblichen Zwecken diene (Z. 2 Abs. 1) und der Bestimmungszweck des Gebäudes sowie der einzelnen Sondereigentumsräume „nur mit einer Mehrheit von ¾ aller stimmberechtigten Miteigentümer geändert werden kann“ (Z. 2. Abs. 4). Für die Änderung der Gemeinschaftsordnung sei ggf. zusätzlich die Zustimmung von Hypotheken- und Grundschuldgläubigern erforderlich (Z. 21 Abs. 1). Auf Antrag des Beteiligten wurde in einer Eigentümerversammlung vom 14.06.2022 mit Mehrheit der Beschluss gefasst, dass zum Einen die Vertretungsberechtigung in Bezug auf die Ausübung des Stimmrechts nicht mehr auf Miteigentümer oder den Verwalter beschränkt ist, und die Teileigentumseinheiten 02 und 03 in Wohnungseigentum umgewandelt werden können, wird dies vom jeweiligen Sondereigentümer gewünscht. Der Geschäftsführer der Verwaltung beantragte mit notarieller Urkunde die „Änderung der Teilungserklärung“ zu den benannten Beschlüssen in den Grundbüchern der Gemeinschaft einzutragen. Mit Zwischenverfügung wies das Grundbuchamt darauf hin, dass die Zustimmung der dingliche berechtigten in Abt. III der Grundbücher erforderlich sei und setzte zur Behebung eine Frist. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Beteiligten, der das Grundbuchamt nicht abhalf.
Das Beschwerdegericht hob zwar die Zwischenverfügung auf die Beschwerde hin auf, doch dürfte dies dem Beteiligten nicht weiterhelfen.
Das Beschwerdegericht wies darauf hin, dass dann, wenn der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen stehen würde, den Antrag entweder unter Angabe der Gründe zurückweisen oder (wie hier in der Sache geschehen) dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung des Hindernisses setzen müsse (§ 18 Abs. 1 S. 1 GBO). Eine Zwischenverfügung (Hinweis mit Fristsetzung) käme aber nur dann in Betracht, wenn das Eintragungshindernis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragsstellung bei dem Grundbuchamt behoben werden könne (BGH, Beschluss vom 01.10.2020 - V ZB 51/20 -). Das Hindernis könne hier aber weder durch das vom Grundbuchamt aufgezeigte Abhilfemittel und schon gar nicht auf den Zeitpunkt der Antragsstellung behoben werden.
Dass für die vorgesehene Änderung der Vertretungsberechtigung bei der Stimmabgabe keine Öffnungsklausel für eine Änderung durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss vorläge, sei offenkundig, weshalb der entsprechende Beschluss nicht Grundlage für eine Eintragung im Grundbuch sein könne.
Vorliegend hätten nicht alle Wohnungseigentümer Erklärungen abgegeben noch wären sie übereinstimmend. Streitbefangen seien Beschlüsse seien Beschlüsse die zwar auf eine Änderung der Gemeinschaftsordnung gerichtet seien, aber nicht auf Grund der Gemeinschaftsordnung gefasst worden seien. Es würde eine entsprechende Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung fehlen.
Offen bleiben könne dabei, ob in Ansehung der Regelung unter Z. 2 Abs. 4 die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum und umgekehrt durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss überhaupt geregelt sei oder es dort nur um Zweckbestimmungen gehe, also ob Wohnungseigentum auch gewerblich genutzt werden dürfe, was hier (noch) nicht streitgegenständlich sei.
In der Sache sei der Beschluss auf Umwandlung auf die Schaffung einer Öffnungsklausel gerichtet, aufgrund derer der Beteiligte als derzeitiger Eigentümer der Teileigentumsrechte ohne weitere Beteiligung der anderen Miteigentümer eine Umwandlung in Wohnungseigentum vornehmen könne. Ein entsprechender Änderungsvorbehalt sei in der Gemeinschaftsordnung bisher nicht geregelt, was bedeute, dass zunächst eine entsprechende Vereinbarung der Miteigentümer untereinander erforderlich sei. Diese Vereinbarung läge bisher nicht vor.
Unter Verweis auf § 10 Abs. 3 S. 2 WEG verwies das Beschwerdegericht darauf, dass Beschlüsse zur Wirksamkeit gegenüber Sondernachfolgern, die nicht aufgrund einer Vereinbarung ergehen würden, keiner Eintragung im Grundbuch bedürfen. Daraus folge zugleich deren fehlende Eintragungsfähigkeit (BGH, Beschluss vom 16.09.1994 - V ZB 2/93 -; hier wies der BGH auf die Notwendigkeit einer Anfechtung hin).
An das Grundbuchamt erging durch das Beschwerdegericht der Hinweis, dass nicht eine Zwischenverfügung zur Vorlage einer Vereinbarung ergehen könne, da mittels der Zwischenverfügung nicht auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hingewirkt werden könne, welches Grundlage einer einzutragenden Rechtsänderung werden könne.
Kammergericht Berlin,
Beschluss vom 01.02.2024 - 1 W 378/23 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die
Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die vormaligen
Eigentümer des im Grundbuch von x Blatt x verzeichneten Grundstücks teilten
dieses im Jahr 1984 in fünf Teileigentums- und 22 Wohnungseigentumsrechte auf.
Das Grundbuchamt schloss am 30. Oktober 1984 das Grundstücksgrundbuch und legte
die Teileigentums- und Wohnungseigentumsgrundbücher wie im Beschlusseingang
bezeichnet an. In den Bestandsverzeichnissen wird unter anderem auf die
Bewilligungen der teilenden Eigentümer vom 11. Juli 1984 – UR-Nr. x/1984 des
Notars x in Berlin - Bezug genommen. Dort hatten die teilenden Eigentümer auch
die Eintragung der der Urkunde beigefügten Gemeinschaftsordnung im Grundbuch
bewilligt. In der Gemeinschaftsordnung heißt es unter anderem:
„2.
Zweckbestimmung der Baulichkeiten
(1) Das
Gebäude dient zu Wohnzwecken und für gewerbliche Zwecke. (…)
(2) Der
Bestimmungszweck des Gebäudes und der einzelnen Sondereigentumsräume kann nur
mit einer Mehrheit von 3/4 aller stimmberechtigten Miteigentümer geändert
werden. (…)
(3) Die
Wohnräume können zu freiberuflichen Zwecken, z.B. als Arzt- und Anwaltspraxis
oder in ähnlicher Weise genutzt werden, es sei denn, daß sich im Einzelfall
durch die Nutzung eine unzumutbare Beeinträchtigung der übrigen Bewohner ergibt
(…).
17.
Eigentümerversammlung
(1) (…)
(6) Bei der
Eigentümerversammlung kann sich der Wohnungseigentümer durch einen mit
schriftlicher Vollmacht versehenen Vertreter vertreten lassen. Bevollmächtigter
kann jedoch nur ein anderer Wohnungseigentümer sein. (…)
21. Änderung
der Gemeinschaftsordnung
(1) Während
der Laufzeit der Hypotheken oder Grundschulden, die auf dem gesamten Grundstück
bzw. einzelnen Sondereigentumsrechten lasten, ist zu einer Änderung der
Gemeinschaftsordnung, die sonst mit 3/4-Mehrheit aller Miteigentümer
beschlossen werden kann, auch die Zustimmung der Hypotheken- und
Grundschuldgläubiger erforderlich. Diese darf jedoch nur aus wichtigen, die
berechtigten Interessen der betreffenden Gläubiger gefährdenden Gründen versagt
werden.“
Der Beteiligte
ist seit dem 14. Juni 2005 als Eigentümer im Teileigentumsgrundbuch Blatt x und
seit dem 18. November 2008 im Teileigentumsgrundbuch Blatt x eingetragen.
In der
Eigentümerversammlung vom 17. November 2022 wurden u.a. auf Antrag des
Beteiligten zu TOP 9 und 10 folgende Beschlüsse mehrheitlich gefasst:
TOP 9: „Die
Teilungserklärung wird in Bezug auf die Ausübung des Stimmrechts dahingehend
abgeändert, dass der Kreis der Vollmachtnehmer nicht mehr auf Miteigentümer
oder den Verwalter beschränkt ist.“
TOP 10: „Die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stimmt der Umwandlung der
Teileigentumseinheiten 02 und 03 in Wohnungseigentum unwiderruflich zu, sofern
der jeweilige Sondereigentümer dies wünscht.“
Am 7. September
2023 beantragte der Geschäftsführer der Hausverwaltung zur UVZ-Nr. x/2023 des
Notars x in Berlin die „Änderung der Teilungserklärung“ aufgrund der Beschlüsse
vom 17. November 2022 zu TOP 9 und 10 in den Grundbüchern der Gemeinschaft
einzutragen.
Der Notar hat
den Antrag mit dem Protokoll über die Versammlung vom 17. November 2022 unter
dem 22. September 2023 bei dem Grundbuchamt eingereicht. Das Grundbuchamt hat
mit Verfügung vom 6. Oktober 2023 unter Fristsetzung darauf hingewiesen, dass
die Änderung der Gemeinschaftsordnung „der Zustimmung der dinglich Berechtigten
aus Abt. III der gesamten WEG-Anlage erfordere“. Hiergegen richtet sich die
Beschwerde des Beteiligten vom 23. November 2023, der das Grundbuchamt mit
Beschluss vom 27. November 2023 nicht abgeholfen hat.
II.
1. Die
Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Insbesondere ist der
Beteiligte beschwerdeberechtigt. Im Antragsverfahren deckt sich die
Beschwerdeberechtigung mit dem Antragsrecht. Berechtigt, einen Antrag auf
Eintragung im Grundbuch zu stellen ist jeder, dessen Recht von der Eintragung
betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll, § 13
Abs. 1 S. 2 GBO. Von der hier beantragten Eintragung wird das
Wohnungseigentum des Beteiligten betroffen (vgl Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl.,
§ 10, Rdn. 65). Ein Fall der ausschließlichen Ausübungsbefugnis der
Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 9a Abs. 2 WEG liegt
nicht vor.
2. In
der Sache führt die Beschwerde lediglich zu einem vorläufigen Erfolg.
a) Steht
einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt
entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem
Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen,
§ 18 Abs. 1 S. 1 GBO.
Dabei kommt der
Erlass einer Zwischenverfügung nur in Betracht, wenn ein bestehendes
Eintragungshindernis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei dem
Grundbuchamt behoben werden kann (BGH, WM 2021, 1773, 1774).
Vorliegend
steht der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen. Dieses kann allerdings
nicht durch das von dem Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung
aufgezeigte Abhilfemittel und schon gar nicht auf den Zeitpunkt der
Antragstellung behoben werden. Die Zwischenverfügung war deshalb nicht geboten
und ist aus diesem Grund aufzuheben.
b)
Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und
Beschlüsse aufgrund einer solchen Vereinbarung können nach den Vorschriften der
§§ 10 ff WEG zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden, § 5
Abs. 4 S. 1 WEG. Entsprechende Vereinbarungen, die Abänderung oder
Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer
Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines
Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch
eingetragen sind, § 10 Abs. 3 S. 1 WEG. Im Übrigen bedürfen
Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines
Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch, § 10
Abs. 3 S. 2 WEG.
Vereinbarungen
in diesem Sinne sind die Verträge der Wohnungseigentümer, durch die sie ihr
Verhältnis untereinander regeln. Sie setzen wie jeder andere Vertrag
übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien voraus, §§ 145 ff
BGB (vgl. Hügel/Elzer, a.a.O., § 10, Rdn. 23). Nichts Anderes kann für
Abänderungen oder die Aufhebung von Vereinbarungen gelten.
aa) Der
Antrag vom 7. September 2023 ist nicht auf Eintragung einer solchen
Vereinbarung gerichtet. Weder haben alle Wohnungseigentümer Erklärungen
abgegeben noch waren sie übereinstimmend. Beide Beschlüsse sind nicht
einstimmig angenommen worden.
bb)
Tatsächlich geht es um die Eintragung der beiden zu TOP 9 und 10 getroffenen
Beschlüsse in der Eigentümerversammlung vom 17. November 2022. Aber auch diese
Beschlüsse können in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern der
Gemeinschaft nicht eingetragen werden. Zwar sind beide Beschlüsse auf eine
Änderung der Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet.
Sie ergingen aber nicht aufgrund dieser Gemeinschaftsordnung.
Weder in der
Teilungserklärung vom 11. Juli 1984 – UR-Nr. x/1984 - noch in der dort in Bezug
genommenen Gemeinschaftsordnung ist eine Öffnungsklausel enthalten, die
Grundlage der zu TOP 9 und 10 gefassten Beschlüsse sein könnte. Für den
Beschluss zu TOP 9 bedarf dies keiner weiteren Ausführungen, aber auch für den
Beschluss zu TOP 10 gilt nichts Anderes. Insbesondere enthält Punkt 2
Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung keine entsprechende Ermächtigung.
Dabei muss
nicht entschieden werden, ob auf Grund dieser Klausel eine Umwandlung
einzelner, in der Teilungserklärung als Teileigentum bestimmter
Sondereigentumsrechte in Wohnungseigentum – und umgekehrt – durch
qualifizierten Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung überhaupt
geregelt ist oder es dort nicht vielmehr nur um Zweckbestimmungen im engeren
Sinne geht, ob also etwa Wohnungseigentum auch gewerblich genutzt werden darf.
Darum geht es hier – noch – nicht.
Der Beschluss
zu TOP 10 ist auf die Schaffung einer – weiteren – Öffnungsklausel in der
Gemeinschaftsordnung gerichtet, aufgrund derer der Beteiligte als derzeitiger
Eigentümer seine Teileigentumsrechte ohne weitere Beteiligung der anderen
Miteigentümer in Wohnungseigentum umwandeln können soll (vgl. BGH, NZM 2021,
717, 719). Ein solcher Änderungsvorbehalt ist in der Gemeinschaftsordnung
bislang nicht geregelt mit der Folge, dass seine Schaffung eine Vereinbarung
der Miteigentümer untereinander erfordert. Eine solche Vereinbarung liegt
bislang nicht vor.
c)
Beschlüsse der Gemeinschaft der Miteigentümer, die nicht auf Grund einer
Vereinbarung ergehen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegenüber dem
Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das
Grundbuch, § 10 Abs. 3 S. 2 WEG. Daraus folgt zugleich die
fehlende Eintragungsfähigkeit solcher Beschlüsse (BGH, NJW 1994, 3230, 3231).
Können die Beschlüsse zu TOP 9 und 10 also nicht in den Grundbüchern
eingetragen werden, war auch die angefochtene Zwischenverfügung nicht veranlasst.
Ohne Bindungswirkung für das Grundbuchamt weist der Senat darauf hin, dass auch eine Zwischenverfügung nicht wird ergehen können, um Gelegenheit zur Vorlage einer hier erforderlichen Vereinbarung zu geben. Mittels einer Zwischenverfügung kann nicht auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hingewirkt werden kann, das Grundlage einer einzutragenden Rechtsänderung werden soll (BGH, FGPrax 2014, 192).
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