Die Antragsgeller waren die Kinder des verstorbenen P., der zusammen mit R. Gesellschafter einer GbR war, die Eigentümer von auf einem Grundbuchblatt verzeichneten Grundstücken war und als solche im Grundbuch eingetragen war. Nach dem Erbschein waren sie die einzigen Erben des Verstorbenen und beantragten die Berichtigung des Grundbuchs. Der Gesellschafter R. hatte die Gesellschaft kurz vor dem Tod des P. gekündigt und nach dessen Tod die Grundstücke mit notariellen Vertrag verkauft (wobei dieser Verkauf dinglich noch nicht gewahrt war). Im notariellen Kaufvertrag hatte er eidesstattlich versichert, dass der - von ihm trotz Aufforderung nicht vorgelegten - Gesellschaftsvertrag keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien. Die Erbengemeinschaft hatte den Grundstückskaufvertrag nicht genehmigt.
Das Grundbuchamt wies den Berichtigungsantrag mit der Begründung zurück, mangels Vorlage des Gesellschaftsvertrages sei der Unrichtigkeitsnachweis nicht in der Form des § 29 GBO geführt worden. Das OLG gab der Beschwerde der Erbengemeinschaft gegen den abweisenden Beschluss statt, wobei die Erben notarielle beglaubigte Erklärungen vorlegten, dass nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag bestünde und keine besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.
Der Beschwerde würde nicht § 71 Abs. 2 S. 1 GBO entgegenstehen, da sich die Antragsteller nicht gegen eine von Anfang an unrichtige Eintragungen wenden würden, sondern die Berichtigung wegen nachträglicher Unrichtigkeit beantragen würden. Einer Bewilligung nach § 19 GBO bedürfe es gem. § 22 Abs. 1 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen würde, wobei dieser Nachweis in der Form des § 29 GBO zu führen sei.
Eine Buchposition des Verstorbenen als Gesellschafter sei nicht gesondert vererbbar, vielmehr sei die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung des Maßgabe des Gesellschaftsvertrages materiell-rechtlich zu prüfen (BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20 -). Bei Tod eines Gesellschafters oder Kündigung durch einen Gesellschafter sähe das BGB kein Erlöschen der GbR vor (§§ 723, 727 BGB), sondern eine identitätswahrende Wandlung in eine Abwicklungsgesellschaft, bei der (im Falle des Versterbens eines Gesellschafters) dessen Erben treten würden. Die Anwachsung der Beteiligung des verstorbenen an der Gesellschaft fände nur statt, wenn im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein Eintrittsrecht geregelt sei.
Fehle ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag reiche zum Nachwies der Rechtsnachfolge des Erben in die Gesellschafterstellung des verstorbenen Gesellschafters aus, wenn diese eine Erklärung des verbliebenen Gesellschafters in der Form des § 29 GBO (öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde) beibringen würden, nach deren Inhalt ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht bestünde und besondere Vereinbarung für den Kündigungs- und Todesfall nicht getroffen worden seien und die Erben ebenfalls in der Form des § 29 GBO erklären, dass ihnen ein abweichender Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht bekannt sei (BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20; OLG München, Beschluss vom 07.01.2020 - 34 Wx 420/19 -).
Die Erben hatten die entsprechende Erklärung in der Form des § 29 GBO im Beschwerdeverfahren vorgelegt. Für den verbliebenen Gesellschafter würde sich diese Erklärung aus seiner in dem notariellen Grundstückskaufvertrag abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ergeben, dass für das Gesellschaftsverhältnis keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien (und einen Gesellschaftsvertrag habe er trotz Aufforderung nicht vorgelegt). Damit sei der Unrichtigkeitsnachweis erbracht.
OLG Rostock, Beschluss vom
02.05.2023 - 3 W 13/23 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsteller
wird der Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 10.11.2022, Az. TRNT-10021-6,
aufgehoben.
2. Das Amtsgericht Stralsund - Grundbuchamt - wird angewiesen, als Gesellschafter der im Grundbuch von T., Blatt 10021 als Eigentümerin eingetragenen „GbR T.“ statt des verstorbenen B. P. dessen Erben P. P., O. P., N. P., M. P. und S. C. K. in (ungeteilter) Erbengemeinschaft einzutragen.
3. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, notwendige Auslagen der Beteiligten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die
Antragsteller begehren eine Grundbuchberichtigung aufgrund
Unrichtigkeitsnachweises.
Die GbR T.,
bestehend aus B. P. und M. R., ist aufgrund Auflassung vom 28.08.2013 seit dem
04.11.2015 als Eigentümerin der o.g. Grundstücke im Grundbuch von T. auf Blatt
10021 eingetragen.
Der
Gesellschafter M. R. kündigte am 27.09.2019 die Gesellschaft. Der
Gesellschafter B. P. verstarb am 20.11.2019 und wurde ausweislich des
Erbscheins des Amtsgerichts Schöneberg vom 07.04.2020 von seinen Kindern P. P.,
O. P., N. P., M. B. und S. C. K. beerbt.
Die
Antragsteller haben am 31.03./06.04.2021 eine Berichtigung des Grundbuchs
dahingehend beantragt, dass sie statt des verstorbenen B. P. als Gesellschafter
der T. GbR eingetragen werden. Sie verweisen im Verfahren auf das Urteil des
Landgerichts Potsdam vom 23.10.2020 - 8 O 186/20 - sowie die Beschlüsse des OLG
Brandenburg vom 07.07.2021 - 11 U 249/20 - und des Bundesgerichtshofs vom
30.06.2022 - III ZR 106/21 -, wonach die T. GbR als Abwicklungsgesellschaft fortbestehe
und durch die Erbengemeinschaft vertreten werde. Im lediglich mündlich
abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag der GbR T. seien keine Regelungen für das
Ausscheiden eines Gesellschafters getroffen worden. Die Erbnachfolge im
Gesellschafterbestand unterliege auch nicht der Grunderwerbssteuer.
Der
Gesellschafter M. R. hat die auf Blatt 10021 eingetragenen Grundstücke am
18.05.2021 an eine N. N. und H. Wohnungswirtschaft T. GbR verkauft. Im
notariellen Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 (Notar B., UR-Nr. BU
503/2021) hat er an Eides statt versichert, dass für das
Gesellschaftsverhältnis der GbR T. keine von den gesetzlichen Bestimmungen
abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien. Da im
Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 aber sinngemäß davon ausgegangen wird,
dass der Gesellschaftsanteil des B. P. dem Verkäufer M. R. angewachsen wäre,
prüft das Finanzamt Stralsund ausweislich eines Schreibens vom 05.05.2022 den
Anfall von Grunderwerbssteuer. Die Erbengemeinschaft hat den
Grundstückskaufvertrag nicht genehmigt, so dass dieser nicht vollzogen wird.
Das
Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag mit Beschluss vom 10.11.2022
zurückgewiesen und auf sein vorheriges Schreiben vom 08.07.2022 verwiesen,
wonach der Unrichtigkeitsnachweis mangels Vorlage des Gesellschaftsvertrages
nicht in der Form des § 29 GBO geführt worden sei und eine Berichtigung
ansonsten nur aufgrund Berichtigungsbewilligung erfolgen könne; ferner fehle
die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes.
Die
Antragsteller haben am 02.12.2022 Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt am
20.01.2023 nicht abgeholfen hat.
Im
Beschwerdeverfahren haben die Erben notariell beglaubigte Erklärungen
vorgelegt, dass nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag der
GbR T. geschlossen und keine besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder
Todesfall getroffen worden sei.
II.
Die gem.
§ 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde ist begründet.
Das
Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag vom 31.03.2021 zu Unrecht
zurückgewiesen. Die Antragsteller haben die Unrichtigkeit des Grundbuchs
dahingehend ausreichend nachgewiesen, dass sie statt des verstorbenen Burkhard
Philipp Gesellschafter der GbR T. sind.
Der
Zulässigkeit der Beschwerde steht § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO nicht
entgegen, da die Antragsteller eine Berichtigung aufgrund nachträglicher
Unrichtigkeit beantragen und sich ihre Beschwerde daher nicht gegen eine von
Anfang an unrichtige Eintragung richtet.
Gem. § 22
Abs. 1 GBO bedarf es der Bewilligung nach § 19 GBO nicht, wenn die
Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen wird. Der Nachweis der
Grundbuchunrichtigkeit ist grundsätzlich in der Form des § 29 GBO zu
führen.
Die
Buchposition des verstorbenen B. P. als Gesellschafter der GbR T. ist als
solche nicht gesondert vererbbar, vielmehr ist die Rechtsnachfolge in die
Gesellschafterstellung nach Maßgabe des Gesellschaftervertrages
materiell-rechtlich zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20,
juris Rn. 11).
Nach den
gesetzlichen Regelungen des BGB erlischt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
im Falle der Kündigung (§ 723 BGB) und des Todes eines Gesellschafters
(§ 727 BGB) nicht, sondern wandelt sich zwecks Auflösung identitätswahrend
in eine Abwicklungsgesellschaft um; an die Stelle eines verstorbenen
Gesellschafters treten seine Erben. Eine Anwachsung des Gesellschaftsvermögens
beim verbliebenen Gesellschafter findet nur statt, wenn der
Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein
Eintrittsrecht enthält.
Zum Nachweis
der Rechtsnachfolge des Erben in die Gesellschafterstellung des Erblassers
(bzgl. der Abwicklungsgesellschaft) reicht es bei Fehlen eines schriftlichen
Gesellschaftsvertrages aus, wenn eine Erklärung des verbliebenen
Gesellschafters in der Form des § 29 GBO beigebracht wird, wonach ein
schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht besteht und besondere Vereinbarungen
für den Kündigungs- bzw. Todesfall nicht getroffen wurden, und wenn die Erben
ebenfalls in der Form des § 29 GBO erklären, dass ihnen ein entsprechender
abweichender Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht bekannt sei (vgl. BGH,
Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20 für den gleich zu behandelnden Nachweis
der Bewilligungsbefugnis; OLG München, Beschluss vom 07.01.2020 - 34 Wx 420/19,
DNotZ 2020, 922; BeckOK/GBO-Holzer, § 22 Rn. 67 mwN, Demharter, GBO, 32.
Aufl., § 22 Rn. 41/42).
Hier hat der
Antragsgegner als verbliebener Gesellschafter im notariell beurkundeten
Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 (Notar B., UR-Nr. BU 503/2021) an Eides
statt versichert, dass für das Gesellschaftsverhältnis des GbR T. keine von den
gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden. Einen
schriftlichen Gesellschaftsvertrag hat er trotz Aufforderung nicht eingereicht.
Die Antragsteller als Erben des verstorbenen Gesellschafters B. P. haben in der
Form des § 29 GBO erklärt, dass nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher
Gesellschaftsvertrag der GbR Trent geschlossen und keine besondere Vereinbarung
für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.
Diese
Erklärungen stimmen mit den Feststellungen des Landgerichts Potsdam im Urteil
vom 23.10.2020 - 8 O 186/20 - und des Oberlandesgerichts Brandenburg in den
Beschlüssen vom 12.05.2021 und 07.07.2021 - 11 U 249/20 - überein, wonach die
durch Kündigung und anschließenden Tod eines Gesellschafters aufgelöste GbR T.
als Abwicklungsgesellschaft fortbesteht; die Nichtzulassungsbeschwerde der vom
Antragsgegner vertretenen Klägerin hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom
30.06.2022 - III ZR 106/21 - zurückgewiesen.
Nach allem ist
der Unrichtigkeitsnachweis hier geführt.
Der allein
erbrechtliche Erwerb der Gesellschafterstellung durch die Antragsteller
unterliegt auch nicht der Grunderwerbssteuer.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.
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