Die Berufung des Klägers gegen
ein Urteil eines Arbeitsgerichts wurde vom Landesarbeitsgericht als unzulässig
verworfen. Das Landesarbeitsgericht hatte die Revision nicht zugelassen. Hiergegen
wurde vom Kläger Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72a ArbGG) zum
Bundesarbeitsgericht (BAG) eingelegt. Diese wurde vom BAG nicht angenommen.
Gemäß § 78a ArbGG erhob der Kläger Anhörungsrüge, die vom BAG zurückgewiesen
wurde. Gegen den Zurückweisungsbeschluss erhob der Kläger ebenfalls
Anhörungsrüge; diese wurde vom BAG als unzulässig zurückgewiesen.
Die Anhörungsrüge gem. § 78a ArbGG entspricht der Anhörungsrüge nach § 321a ZPO und nach § 178a SGG, 152a VwGO, 133a FGO. Das BAG zeigte die Grenzen der Anhörungsrüge auf, die sich auch aus Sinn und Zweck der Normen erklärt. Sie kann von dem Rechtssuchenden erhoben werden, wenn gegen eine Entscheidung eines Gerichts kein ordentliches Rechtsmittel mehr möglich ist und r der Ansicht ist, die Entscheidung beruht auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs (so dem Übergehen von Vortrag und/oder Beweisangeboten).
Vom BAG wurde ausgeführt, dass die weitere Anhörungsrüge unzulässig sei, da ein erneuter Rechtsbehelf gegen einen Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge als unzulässig verworfen bzw. als unbegründet zurückgewiesen wurde, unanfechtbar sei und von daher die Unanfechtbarkeit dieses Beschlusses gem. § 78a Abs. 4 S. 4 ArbGG der erneuten Rüge entgegenstehen würde (BAG, Beschluss vom 19.11.2014 - 10 AZN 618/14 (A); entsprechend zu § 321a Abs. 4 S. 4 ZPO BGH Beschluss vom 02.03.2015 - V ZR 219/13 -). Dies sei auch vom Bundesverfassungsgericht so gesehen worden (BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 - 2 BvR 597/11 -).
Das gelte auch dann, wenn die (erste) Anhörungsrüge wegen Fristversäumnis (es gilt hier eine Notfrist von zwei Wochen, die mit Kenntnis [Zustellung] der Entscheidung, zu der die Anhörungsrüge erhoben wird) zurückgewiesen worden sei und damit keine inhaltliche Entscheidung getroffen wurde.
§ 78a ArbGG (und entsprechendes gilt auch für § 321a ZPO) trage dem Rechtsstaatsprinzip Rechnung, demzufolge dem Rechtssuchenden die Möglichkeit gewährt werden müsse, eine behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Gericht (also eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG) einer einmaligen gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Käme dies nicht zum Tragen, da es dem Rechtssuchenden nicht gelinge, die gesetzlich vorgeschriebene Formalien einzuhalten, sei das vom Gesetzgeber eröffnete Mindestmaß an Rechtsschutz gewahrt und trete nunmehr das auch im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot der Rechtssicherheit in den Vordergrund (BVerfG, Beschluss vom 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -).
Der Beschluss des BVerfG vom 30.04.2003 war Auslöser für die Einfügung der §§ 321a ZPO und 78a ArbGG, da das BVerfG - wohl in Ansehung der Flut von Verfassungsbeschwerden wegen Verletzung rechtlichen Gehörs durch die Fachgerichte - darauf verwies, dass das Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs die Möglichkeit fachgerichtlicher Abhilfe im Falle der Verletzung rechtlichen Gehörs fordere und insoweit dem Gesetzgeber eine Frist setzte, dies zu schaffen. Nimmt mithin der Rechtssuchende an, eine Entscheidung eines Gerichts beruhe auf der Verletzung rechtlichen Gehörs, ist nach den nunmehr in den einschlägigen Gesetzen geregelten Gehörsrüge der Rechtssuchende gehalten, eine Anhörungsrüge zu erheben, in der er unter Einhaltung der Frist darlegen muss, worin die Verletzung rechtlichen Gehörs liegt und welche Auswirkungen diese angenommene Verletzung auf den Ausgang des Prozesses hat. Eine Verfassungsbeschwerde wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs ist demgegenüber subsidiär, kann also nur erhoben werden, wenn zuvor (erfolglos) die Anhörungsrüge erhoben wurde. Wird der Anhörungsrüge vom Fachgericht nicht stattgegeben, gleich aus welchen Gründen, ist damit auch dann eine weitere Anhörungsrüge ausgeschlossen, wenn das Fachgericht tatsächlich auch bei dieser das rechtliche Gehör verletzt haben würde (was aber dann nicht der Fall wäre, wenn die Anhörungsrüge nicht Frist- und Formgericht erhoben wurde du deshalb zurückgewiesen wurde). Auch weiterhin ist mithin eine Verfassungsbeschwerde gegen eine nicht rechtmittelfähige Entscheidung eines Fachgerichts möglich (§ 13 Nr. 8a BVerfGG iVm. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG). Wird also im Rahmen der Anhörungsrüge durch das Fachgericht dem Erfordernis des rechtlichen Gehörs nicht entsprochen oder beruht die Zurückweisung der Anhörungsrüge als unbegründet (neuerlich) auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs, ist nunmehr grundsätzlich für den Rechtssuchenden die Verfassungsbeschwerde eröffnet.
BAG, Beschluss vom 21.03.2023 - 6
AZN 56/23 (F) -
Aus den Gründen:
Tenor
Die weitere
Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 12. Januar
2023 - 6 AZN 678/22 (F) - wird auf seine Kosten als
unzulässig verworfen.
Gründe
Die weitere
Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.
I. Die
weitere Anhörungsrüge vom 31. Januar 2023 ist bereits unzulässig, weil ein
erneuter Rechtsbehelf gegen einen Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge als
unzulässig verworfen bzw. als unbegründet zurückgewiesen wurde, wegen der
Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung nach § 78a Abs. 4 Satz 4
ArbGG nicht statthaft ist (vgl. BAG 19. November 2014 - 10 AZN
618/14 (A) - Rn. 2 f.; zum wortgleichen § 321a
Abs. 4 Satz 4 ZPO vgl. BGH 29. März 2022 - I ZR
196/15 - Rn. 1 mwN; 2. März 2015 - V ZR 219/13 -
Rn. 3 mwN; 10. Februar 2012 - V ZR 8/10 -
Rn. 2 f. mwN; zuvor schon BVerfG 26. April 2011
- 2 BvR 597/11 - Rn. 5 mwN; sh. auch BGH 12. Januar
2021 - 2 StR 45/20 - Rn. 2). Das gilt auch, wenn die
Anhörungsrüge wegen Fristversäumung als unzulässig verworfen wird und keine
inhaltliche Prüfung der gerügten Gehörsverletzung erfolgt ist (für § 321a
Abs. 4 Satz 4 ZPO vgl. BGH 16. Februar 2021 - VI ZR
354/19 -; 13. September 2017 - IV ZR 391/16 - Rn. 2).
Das Rechtsstaatsprinzip, dem § 78a ArbGG Rechnung trägt, verlangt nur, dem
Rechtsuchenden die Möglichkeit zu gewähren, eine behauptete Verletzung des
Art. 103 Abs. 1 GG einer einmaligen gerichtlichen Kontrolle zu
unterziehen (vgl. BVerfG 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 -
zu C II 5 der Gründe, BVerfGE 107, 395). Kommt diese Möglichkeit
nicht zum Tragen, weil es dem Rechtsuchenden nicht gelingt, die gesetzlich
vorgegebenen Formalien einzuhalten, ist das verfassungsrechtlich gebotene und
vom Gesetzgeber eröffnete Mindestmaß an Rechtsschutz gewahrt. Darum tritt nunmehr
das Gebot der Rechtssicherheit in den Vordergrund, welches ebenfalls im
Rechtsstaatsprinzip verankert ist (BVerfG 30. April 2003
- 1 PBvU 1/02 - aaO).
Vor dem
Hintergrund dieser eindeutigen Rechtslage durfte der Prozessbevollmächtigte des
Klägers eine weitere Anhörungsrüge nicht mehr ernsthaft für zulässig erachten
(vgl. BVerfG 26. Februar 2008 - 1 BvR 2327/07 -
Rn. 28 f. mwN).
II. Der
Kläger hat die Kosten des Rügeverfahrens nach § 97 Abs. 1 ZPO zu
tragen.
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