Die Klägerin machte Vergütungsansprüche auf Basis von behaupteten aufgewandten Stunden geltend, die sie mit e 38,00/Stunde netto abrechnete. In der Schlussrechnung wurden die in mehreren Rechnungen bereits berechneten Leistungen Rechnungen von ihr zusammengefasst und die Stunden aufgelistet. Die Auftragserteilungen sollen teilweise durch den Geschäftsführer der Beklagten, teilweise dessen Bauleiter erfolgt sein. Das Landgericht wies die Klage ohne Beweisaufnahme ab, das Oberlandesgericht (OLG) die Berufung mit Beschluss nach § 522 ZPO zurück.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin führte zur Aufhebung des Beschlusses des OLG und zur Zurückverweisung an das OLG. Das OLG habe entscheidungserheblich den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, Art. 103 Abs. 1 GG. Nach Art. 103 Abs. 1 GG müsse das Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in seine Erwägungen einbeziehen. Dazu gehöre auch, den Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und, wenn es sich um eine zentrale Frage handele, in den Entscheidungsgründen zu bescheiden. Das rechtliche Gehör sei verletzt, wenn die Begründung nur den Schluss zulasse, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht (BGH, Beschluss vom 17.06.2020 - VII ZR 111/19 -).
Zwar wurde von der Klägerin nicht vorgetragen, dass der Bauleiter von der Beklagten bevollmächtigt gewesen sei. Dies sei aber der unter Beweis gestellte Kern der Angaben der Klägerin, in denen sie behauptete, ab dem 13.05.2016 vom Bauleiter oder dem Geschäftsführer der Klägerin oder beiden gemeinschaftlich mit zusätzliche Malerarbeiten beauftragt worden zu sein und der Geschäftsführer der Beklagten haben von den Arbeiten der Klägerin Kenntnis genommen.
Zu den Stundenlohnarbeiten beruhe die Verletzung rechtlichen Gehörs darin, dass das OLG überspannte Substantiierungsanforderungen gestellt habe und deshalb den Sachvortrag der Parteien nicht zur Kenntnis genommen und die angebotenen Beweise erhoben zu haben (BGH, Beschluss vom 10.08.2022 - VII ZR 243/19 -).
Der nach Zeitaufwand abrechnende Unternehmer müsse im Ausgangspukt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen, wie viele Stunden er für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchem Stundensatz angefallen seien. Nicht erforderlich sei für eine schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrages eine Differenzierung dergestalt, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt würden, auch wenn dies sinnvoll sein mag. Erforderlich sei dies nicht, weil die Bemessung und damit die im Vergütungsprozess angestrebte Rechtsfolge nicht davon abhängig sei, wenn der Unternehmer welche Tätigkeiten ausführte, weshalb eine entsprechende Angabe nur erforderlich sei, wenn die Vertragsparteien eine entsprechende detaillierte Abrechnung vereinbart hätten (BGH, Urteil vom 17.04.2009 - VII ZR 164/07 -). Ohne eine entsprechende Vereinbarung sei es Sache des Bestellers, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Unternehmers ergebe (BGH, Urteil vom 17.04.2009 - VII ZR 164/07 -).
Damit seien die Angaben der Klägerin zur Anspruchshöhe schlüssig gewesen. Sie habe angegeben, dass sie für insgesamt 15 Häuser Malerarbeiten durchgeführt habe, bei den Häusern 1 - 6 und 15 sowohl im Innen- wie auch im Außenbereich, bei den Häusern 7 - 14 nur im Außenbereich. Sie habe auch ausgeführt, wie viele Stunden auf welche Gewerke entfallen wären. Soweit im Streitstünde, ob es sich bei den abgerechneten Stunden um Nachbesserungsarbeiten gehandelt habe, obläge es der Beklagten als Besteller, diese Umstände darzulegen.
BGH, Beschluss vom 01.02.2023 - VII ZR 882/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Der Beschwerde der Klägerin gegen die
Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.
Der Beschluss des 9. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts München vom 18. November 2021 wird gemäß § 544
Abs. 9 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Streitwert: 28.114,77 €
Gründe
I.
Die Klägerin
macht Vergütungsansprüche in Höhe von 28.114,77 € für Malerarbeiten im Rahmen
eines Bauvorhabens geltend, das aus 15 Reihenhäusern bestand.
Die Klägerin
hat über ihre Leistungen mehrere Rechnungen erstellt, die sie in einer
Schlussrechnung vom 12. Oktober 2016 zusammengefasst hat. In der
Schlussrechnung listet sie die Stunden auf, die sie für die einzelnen Arbeiten
an unterschiedlichen Häusern behauptet aufgewendet zu haben. Der abgerechnete
Stundensatz beträgt jeweils 38 € netto. Auf dieser Grundlage gelangt die
Klägerin zu einer Schlussrechnungssumme von 40.899,11 €, von der sie 12.784,34
€ abzieht, die die Beklagte auf die erste Rechnung vom 12. Juni 2016 bezahlte.
Die Klägerin
trägt vor, die Auftragserteilungen seien teilweise durch den Geschäftsführer
der Beklagten und teilweise durch deren Bauleiter, den als Zeugen benannten
Herrn N., erfolgt. Die in Rechnung gestellten Arbeiten seien geleistet, die
Stundensätze seien vereinbart worden, hilfsweise üblich und angemessen. Die
Abnahme der Leistungen sei konkludent durch Bezug der Häuser erfolgt.
Das Landgericht
hat ohne Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Die dagegen von der Klägerin
eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 18. November
2021 nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die
Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie ihren Klageantrag
weiterverfolgt.
II.
Die Beschwerde
der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision führt gemäß § 544 Abs. 9
ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der
Sache an das Berufungsgericht.
1. Das
Berufungsgericht hat ausgeführt:
Eine
Auftragserteilung über die von der Beklagtenseite ursprünglich unstreitig
beauftragten Leistungen hinaus, die Gegenstand der Rechnung vom 12. Juni 2016
sind, habe die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis
gestellt. Die Klägerin hätte konkretisieren müssen, welche der in Rechnungen
gestellten Aufträge der Geschäftsführer der Beklagten direkt beauftragt habe
und welche Leistungen der Bauleiter N. beauftragt haben solle. Das sei nicht
erfolgt. Eine Duldungsvollmacht des Bauleiters N. sei von der Klägerin nicht
nachvollziehbar dargelegt worden.
Unabhängig
davon, ob die Auftragserteilung durch den Bauleiter oder durch den
Geschäftsführer der Klägerin wirksam erfolgt sei, habe die Klägerin trotz
gerichtlicher Hinweise nicht nachvollziehbar und substantiiert die von ihr
geleisteten Arbeiten dargelegt. Zwar sei es ohne Vorlage von Regiezetteln
grundsätzlich möglich, im Gerichtsverfahren unter Zeugenbeweis die Ausführungen
von Arbeiten darzulegen und nachzuweisen. In diesem Fall sei es aber
erforderlich, genau darzulegen, wer welche Arbeiten und wann ausgeführt habe.
Die Klägerin lege jedoch lediglich eine pauschale Aufstellung der behaupteten
ausgeführten Leistungen vor. Sie nenne nicht den Namen der jeweiligen Person,
die die Arbeiten konkret ausgeführt habe, sondern verweise in ihrem
schriftsätzlichen Vortrag lediglich darauf, dass zwei Personen auch unter
Mitwirkung der Klägerin als dritter Person anwesend gewesen seien. Dies reiche
schon nicht als Vortrag, geschweige denn als Nachweis für die Ausführung der
Arbeiten aus. Sowohl die Einholung eines Sachverständigengutachtens als auch
die Erhebung eines Zeugenbeweises würde vor diesem Hintergrund einen
Ausforschungsbeweis darstellen. Soweit die Klägerin in zweiter Instanz erstmals
eine Aufstellung der beiden Mitarbeiter vorgelegt habe, die die Malerarbeiten
ausgeführt haben sollen, sei dieses Angriffsmittel nicht zuzulassen. Die
Klägerin habe nicht vorgetragen, weshalb sie diese Unterlage in erster Instanz
nicht habe vorlegen können.
2. Mit
diesen Begründungen einerseits zum Anspruchsgrund und andererseits zur
Anspruchshöhe verletzt das Berufungsgericht - wie die Klägerin zu Recht rügt -
in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung
rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.
a) Die
Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe eine Auftragserteilung für
sämtliche von ihr durchgeführten Malerarbeiten nicht hinreichend vorgetragen
und unter Beweis gestellt, verkennt den wesentlichen Kern des Vorbringens der
Klägerin.
aa) Das
Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der
Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das
Gericht ist danach unter anderem verpflichtet, den wesentlichen Kern des
Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des
Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden. Von einer Verletzung dieser
Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur
den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber
nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht (BGH,
Beschluss vom 17. Juni 2020 - VII ZR 111/19 Rn. 17, BauR 2020, 1679 = NZBau
2020, 573).
bb) Nach
diesen Maßstäben ist der Zurückweisungsbeschluss des Berufungsgerichts
gehörswidrig ergangen.
Die Klägerin
hat bereits erstinstanzlich vorgetragen, den ersten, mit der Rechnung vom 12.
Juni 2016 abgerechneten Auftrag, im Mai 2016 erhalten zu haben. Ab dem 13. Mai
2016 seien dann zusätzliche Malerarbeiten je nach Baufortschritt beauftragt
worden. Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2020 hat die Klägerin wörtlich
vorgetragen:
"Es waren
entweder der Bauleiter oder der Geschäftsführer oder beide Personen
gleichzeitig auf der Baustelle anwesend und haben der Klägerin eine Vielzahl
kleinerer Arbeiten mündlich aufgetragen.
…
Der
Geschäftsführer der L. GmbH als Bauherr hat, was der Zeuge N. bestätigen kann,
Kenntnis genommen von den Arbeiten, die die Klägerin durchführte. Er ist unter
anderem auch allein mit der Klägerin auf der Baustelle umhergewandert und hat
ihr weitere Aufträge erteilt, insbesondere zu Ausbesserungsarbeiten usw."
Diesen Vortrag
erster Instanz hat die Klägerin durch Zeugnis des Bauleiters N. unter Beweis
gestellt. Sie hat zudem durch das Zeugnis des Herrn N. unter Beweis gestellt,
dass die Beklagte laufend Kenntnis von den Vorgängen auf der Baustelle gehabt
habe.
Dieser Vortrag
der Klägerin ist in seinem Kern dahingehend zu verstehen, worauf die
Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht hinweist, dass der Bauleiter N. der
Beklagten bevollmächtigt gewesen ist, sämtliche Arbeiten an der Baustelle nach
jeweiligem Baufortschritt zu beauftragen. Des Weiteren liegt in dem Vortrag,
der Geschäftsführer der Beklagten sei über alle Maßnahmen zeitnah unterrichtet
worden, die Behauptung einer (konkludenten) Genehmigung eines gegebenenfalls
vollmachtlosen Handelns des Bauleiters.
b) Die
Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe der Vergütung beruhen ebenfalls auf
der Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus
Art. 103 Abs. 1 GG, weil das Berufungsgericht überspannte
Substantiierungsanforderungen gestellt hat.
aa) Das
Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die
Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in
unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der
Parteien haben. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt daher vor,
wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und
es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und
die angebotenen Beweise zu erheben (BGH, Beschluss vom 10. August 2022 - VII ZR
243/19 Rn. 18, BauR 2022, 1812 = NZBau 2023, 17).
Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sachvortrag bereits
dann schlüssig, wenn der Anspruchssteller Tatsachen vorträgt, die in Verbindung
mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in seiner
Person entstanden erscheinen zu lassen (BGH, Beschluss vom 10. August 2022 -
VII ZR 243/19 Rn. 19, BauR 2022, 1812 = NZBau 2023, 17).
bb) Nach
diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die Substantiierungsanforderungen an
den Vortrag zur Höhe für einen auf einer Stundenlohnvereinbarung beruhenden
Vergütungsanspruch offenkundig überspannt und rechtsfehlerhaft die angebotenen
Beweise nicht erhoben.
Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Unternehmer zur schlüssigen
Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs im
Ausgangspunkt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen, wie viele Stunden für
die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen
sind. Demgegenüber setzt die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrags
grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten
Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen
Abschnitten aufgeschlüsselt werden. Solch eine Zuordnung mag sinnvoll sein. Zur
nachprüfbaren Darlegung des vergütungspflichtigen Zeitaufwands erforderlich ist
sie nicht, weil seine Bemessung und damit die im Vergütungsprozess erstrebte
Rechtsfolge nicht davon abhängt, wann der Unternehmer welche Tätigkeit
ausgeführt hat. Sie muss deshalb vom Unternehmer nur in den Fällen vorgenommen
werden, in denen die Vertragsparteien eine dementsprechend detaillierte
Abrechnung rechtsgeschäftlich vereinbart haben (BGH, Urteil vom 17. April 2009
- VII ZR 164/07 Rn. 33 f., BGHZ 180, 235). Auf dieser Grundlage ist es Sache
des Bestellers, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken,
dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der
Betriebsführung des Unternehmers ergibt (BGH, Urteil vom 17. April 2009 - VII
ZR 164/07 Rn. 36, BGHZ 180, 235).
Unter Anwendung
dieses Maßstabs ist der Vortrag der Klägerin zur Anspruchshöhe schlüssig. Die
Klägerin hat dargelegt, dass sie für insgesamt 15 Häuser Malerarbeiten
ausgeführt hat, und zwar bei den Häusern Nr. 1-6 und Nr. 15 sowohl
für den Innen- als auch für den Außenbereich, bei den Häusern 7-14 lediglich
für den Außenbereich. Die Klägerin hat des Weiteren dargelegt, wie viele
Stunden auf welche Gewerke angefallen sind. Soweit in Frage steht, ob es sich
bei den abgerechneten Stunden um Nachbesserungsarbeiten handelt, obliegt es der
Beklagten, diese Umstände darzulegen.
3. Auf
den Verletzungen des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör beruht der
angefochtene Beschluss. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das
Berufungsgericht bei gebotener Berücksichtigung der aufgezeigten Gesichtspunkte
zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis gelangt wäre.
4. Der
angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben und die Sache ist zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wobei
der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO
Gebrauch gemacht hat.
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