Die in Scheidung lebenden
Eheleute wohnten in einem von zwei Einfamlienhäusern auf einem in ihrem
hälftigen Miteigentum stehenden Grundstück. Seit ihrer Trennung bewohnte die
Ehefrau das eine Haus alleine, das andere stand leer. Das Scheidungsverfahren
wurde 1918 anhängig. Im Januar 2020 wurde die Zugewinngemeinschaft der Eheleute
beendet, ohne dass diese sich im Hinblick auf die Beteiligung am Grundstück
einigen konnten. Der Ehemann beantragte im August 2020 die Zwangsversteigerung
des Grundstücks zur Aufhebung der Gemeinschaft. Der Antrag der Ehefrau auf
Einstellung blieb erfolglos. Darauf beantragte sie die Zwangsvollstreckung des
Ehemanns zur Aufhebung der Gemeinschaft für unzulässig zu erklären (Einstellungsverfahren nach § 180 Abs. 3 ZVG). Das
Familiengericht setzte bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag einstweilen
aus, wies aber den Antrag in der Hauptsache (das Zwaagsversteigerungsverfahren
für unzulässig zu erklären) zurück. Das
OLG wies die dagegen eingelegte Beschwerde der Ehefrau zurück, wogegen sich diese
mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wandte.
Allerdings traf der BGH in der
Sache keine Entscheidung, da die Beteiligten währen des
Rechtsbeschwerdeverfahrens rechtskräftig geschieden wurden und daraufhin das
Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärten. Der BGH
hatte also nicht mehr über die Rechtmäßigkeit des Antrages des Ehemanns zu
befinden, sondern nur noch über die Kosten nach § 91a ZPO. Er hob die Kosten gegeneinander
auf. Dies entspräche nach dem Sach- und Streitstand billigen Ermessen.
Es sei nicht Sinn einer reinen
Kostenentscheidung wie im Falle des § 91a ZPO Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung
zu klären oder das materielle Recht fortzubilden. Geboten sei in diesem Fall
nur eine summarische Prüfung, bei der davon abgesehen werden könne, schwierige
bzw. bedeutsame Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 15.07.2020 - IV ZB
11/20 -).
Um eine entsprechende Rechtsfrage
würde es sich vorliegend handeln. Die überwiegende Rechtsprechung würde zwar eine
Teilungsversteigerung eines im Miteigentum der in Scheidung lebenden Ehegatten,
von denen einer das Grundstück als Ehewohnung nutze, als zulässig ansehen (Thüringer
OLG, Beschluss vom 30.08.2018 - 1 UF 38/18 -; OLG Stuttgart, Beschluss vom
29.10.2020 - 15 UF 194/20 -), allerdings würde auch die gegenteilige Ansicht
vertreten (OLG Hamburg, Beschluss vom 28.07.2017 - 12 U 163/16 -). In Ansehung
dieses noch nicht entschiedenen Streits könne daher im Rahmen des § 91a ZPO nur
eine Kostenaufhebung in Betracht kommen.
Anmerkung: Diese
Rechtsprechung des BGH ist allgemein bei einer Kostenentscheidung nach § 91a
ZPO anzuwenden, wenn eine schwierige bzw. bedeutsame Rechtsfrage zu klären ist,
die höchstrichterlich noch nicht entschieden ist und in der instanzgerichtlichen
Rechtsprechung unterschiedlich beurteil wird.
BGH, Beschluss vom
12.10.2022 - XII ZB 555/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Kosten des Verfahrens werden
gegeneinander aufgehoben.
Wert: 5.000 €
Gründe
I.
Die beiden bis
vor Kurzem miteinander verheirateten Beteiligten streiten um die Zulässigkeit
der Teilungsversteigerung des vormalig ehelich genutzten Anwesens.
Nach ihrer Heirat
im Jahre 1993 wohnten die Beteiligten ab November 1994 gemeinsam auf einem mit
zwei Einfamilienhäusern bebauten und in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden
Grundstück. Seit der Trennung im Dezember 2016 und dem Auszug des Ehemanns
(Antragsgegner) bewohnt die Ehefrau (Antragstellerin) eines der beiden Häuser
allein; das andere steht leer. Seit Februar 2018 war das Scheidungsverfahren
rechtshängig und im Januar 2020 wurde die Zugewinngemeinschaft beendet, ohne
dass die Beteiligten sich über die Auseinandersetzung des Miteigentums an dem
Grundstück einigen konnten. Auf den Antrag des Ehemanns ordnete das Amtsgericht
im August 2020 die Zwangsversteigerung des Grundstücks zum Zwecke der Aufhebung
der Gemeinschaft an. Ein Antrag der Ehefrau auf Einstellung des
Zwangsversteigerungsverfahrens blieb ohne Erfolg.
Daraufhin hat
die Ehefrau im September 2020 beantragt, die Zwangsvollstreckung des Ehemanns
zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft für unzulässig zu erklären. Das
Familiengericht hat die Zwangsvollstreckung bis zur rechtskräftigen
Entscheidung über diesen Antrag einstweilen eingestellt und den Antrag in der
Hauptsache zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Ehefrau
zurückgewiesen, wogegen sie sich mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde gewandt
hat.
Während des
Rechtsbeschwerdeverfahrens sind die Beteiligten rechtskräftig geschieden
worden. Daraufhin haben sie das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für
erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.
II.
Nach der - auch
in der Rechtsbeschwerdeinstanz zulässigen - übereinstimmenden
Erledigungserklärung der Parteien ist gemäß § 113 Abs. 1 FamFG,
§ 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes
nach billigem Ermessen über die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu
entscheiden. Nach diesen Maßgaben sind die Kosten gegeneinander aufzuheben.
1. Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es nicht Zweck einer
Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 a ZPO,
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht
fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Grundlage der
Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das
Gericht - auch im Rechtsbeschwerdeverfahren - davon absehen kann, in einer
rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den
hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (vgl. etwa BGH
Beschlüsse vom 15. Juli 2020 - IV ZB 11/20 - NJW-RR 2020, 983 Rn. 7 mwN; vom
30. April 2020 - VII ZB 23/19 - DGVZ 2020, 203 Rn. 7 mwN und vom 8. Oktober
2019 - II ZR 94/17 - AG 2020, 126 Rn. 3 mwN).
2. Der Ausgang des vorliegenden Verfahrens hing von der Entscheidung der - vom Oberlandesgericht als Zulassungsgrund genannten und von der Rechtsbeschwerde allein thematisierten - Rechtsfrage ab, ob die Teilungsversteigerung eines im Miteigentum der Ehegatten stehenden, bis zur Trennung als Ehewohnung genutzten Grundstücks schon vor Rechtskraft der Scheidung zulässig ist. Diese Rechtsfrage ist streitig, auch wenn sie mit dem Oberlandesgericht in Rechtsprechung und Literatur überwiegend bejaht wird (vgl. etwa OLG Jena FamRZ 2019, 515, 516 f.; OLG Stuttgart FamRZ 2021, 663; Giers AnwZert FamR 14/2021 Anm. 1; Johannsen/Henrich/Althammer/Kohlenberg Familienrecht 7. Aufl. § 1353 BGB Rn. 12; jurisPK-BGB/Grandel/Breuers [Stand: 18. August 2022] § 1353 Rn. 52 ff.; Kogel FamRB 2019, 411, 413; Wever FamRZ 2021, 664, 665; aA OLG Hamburg FamRZ 2017, 1829 f.; BeckOGK/Erbarth [Stand: 1. Juni 2022] BGB § 1353 Rn. 459 f.; Erbarth NZFam 2018, 34, 35 f.), und nicht im Rahmen des nach § 91 a ZPO zur Kostenverteilung zu erlassenden Beschlusses vom Senat zu entscheiden. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten des Rechtsstreits daher gegeneinander aufzuheben.
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