Mittwoch, 14. Dezember 2022

Anfechtung der Teilungsversteigerung vor Scheidung und Kostenentscheidung bei Hauptsacheerledigung

Die in Scheidung lebenden Eheleute wohnten in einem von zwei Einfamlienhäusern auf einem in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden Grundstück. Seit ihrer Trennung bewohnte die Ehefrau das eine Haus alleine, das andere stand leer. Das Scheidungsverfahren wurde 1918 anhängig. Im Januar 2020 wurde die Zugewinngemeinschaft der Eheleute beendet, ohne dass diese sich im Hinblick auf die Beteiligung am Grundstück einigen konnten. Der Ehemann beantragte im August 2020 die Zwangsversteigerung des Grundstücks zur Aufhebung der Gemeinschaft. Der Antrag der Ehefrau auf Einstellung blieb erfolglos. Darauf beantragte sie die Zwangsvollstreckung des Ehemanns zur Aufhebung der Gemeinschaft für unzulässig zu erklären (Einstellungsverfahren nach § 180 Abs. 3 ZVG). Das Familiengericht setzte bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag einstweilen aus, wies aber den Antrag in der Hauptsache (das Zwaagsversteigerungsverfahren für unzulässig zu erklären) zurück.  Das OLG wies die dagegen eingelegte Beschwerde der Ehefrau zurück, wogegen sich diese mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wandte.

 

Allerdings traf der BGH in der Sache keine Entscheidung, da die Beteiligten währen des Rechtsbeschwerdeverfahrens rechtskräftig geschieden wurden und daraufhin das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärten. Der BGH hatte also nicht mehr über die Rechtmäßigkeit des Antrages des Ehemanns zu befinden, sondern nur noch über die Kosten nach § 91a ZPO. Er hob die Kosten gegeneinander auf. Dies entspräche nach dem Sach- und Streitstand billigen Ermessen.

 

Es sei nicht Sinn einer reinen Kostenentscheidung wie im Falle des § 91a ZPO Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das materielle Recht fortzubilden. Geboten sei in diesem Fall nur eine summarische Prüfung, bei der davon abgesehen werden könne, schwierige bzw. bedeutsame Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 15.07.2020 - IV ZB 11/20 -).

 

Um eine entsprechende Rechtsfrage würde es sich vorliegend handeln. Die überwiegende Rechtsprechung würde zwar eine Teilungsversteigerung eines im Miteigentum der in Scheidung lebenden Ehegatten, von denen einer das Grundstück als Ehewohnung nutze, als zulässig ansehen (Thüringer OLG, Beschluss vom 30.08.2018 - 1 UF 38/18 -; OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.10.2020 - 15 UF 194/20 -), allerdings würde auch die gegenteilige Ansicht vertreten (OLG Hamburg, Beschluss vom 28.07.2017 - 12 U 163/16 -). In Ansehung dieses noch nicht entschiedenen Streits könne daher im Rahmen des § 91a ZPO nur eine Kostenaufhebung in Betracht kommen.

 

Anmerkung: Diese Rechtsprechung des BGH ist allgemein bei einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO anzuwenden, wenn eine schwierige bzw. bedeutsame Rechtsfrage zu klären ist, die höchstrichterlich noch nicht entschieden ist und in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteil wird.

 

BGH, Beschluss vom 12.10.2022 - XII ZB 555/21 -


Aus den Gründen:

Tenor

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

Die beiden bis vor Kurzem miteinander verheirateten Beteiligten streiten um die Zulässigkeit der Teilungsversteigerung des vormalig ehelich genutzten Anwesens.

Nach ihrer Heirat im Jahre 1993 wohnten die Beteiligten ab November 1994 gemeinsam auf einem mit zwei Einfamilienhäusern bebauten und in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden Grundstück. Seit der Trennung im Dezember 2016 und dem Auszug des Ehemanns (Antragsgegner) bewohnt die Ehefrau (Antragstellerin) eines der beiden Häuser allein; das andere steht leer. Seit Februar 2018 war das Scheidungsverfahren rechtshängig und im Januar 2020 wurde die Zugewinngemeinschaft beendet, ohne dass die Beteiligten sich über die Auseinandersetzung des Miteigentums an dem Grundstück einigen konnten. Auf den Antrag des Ehemanns ordnete das Amtsgericht im August 2020 die Zwangsversteigerung des Grundstücks zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft an. Ein Antrag der Ehefrau auf Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens blieb ohne Erfolg.

Daraufhin hat die Ehefrau im September 2020 beantragt, die Zwangsvollstreckung des Ehemanns zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft für unzulässig zu erklären. Das Familiengericht hat die Zwangsvollstreckung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag einstweilen eingestellt und den Antrag in der Hauptsache zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Ehefrau zurückgewiesen, wogegen sie sich mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde gewandt hat.

Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind die Beteiligten rechtskräftig geschieden worden. Daraufhin haben sie das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

II.

Nach der - auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zulässigen - übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien ist gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Nach diesen Maßgaben sind die Kosten gegeneinander aufzuheben.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht - auch im Rechtsbeschwerdeverfahren - davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (vgl. etwa BGH Beschlüsse vom 15. Juli 2020 - IV ZB 11/20 - NJW-RR 2020, 983 Rn. 7 mwN; vom 30. April 2020 - VII ZB 23/19 - DGVZ 2020, 203 Rn. 7 mwN und vom 8. Oktober 2019 - II ZR 94/17 - AG 2020, 126 Rn. 3 mwN).

2. Der Ausgang des vorliegenden Verfahrens hing von der Entscheidung der - vom Oberlandesgericht als Zulassungsgrund genannten und von der Rechtsbeschwerde allein thematisierten - Rechtsfrage ab, ob die Teilungsversteigerung eines im Miteigentum der Ehegatten stehenden, bis zur Trennung als Ehewohnung genutzten Grundstücks schon vor Rechtskraft der Scheidung zulässig ist. Diese Rechtsfrage ist streitig, auch wenn sie mit dem Oberlandesgericht in Rechtsprechung und Literatur überwiegend bejaht wird (vgl. etwa OLG Jena FamRZ 2019, 515, 516 f.; OLG Stuttgart FamRZ 2021, 663; Giers AnwZert FamR 14/2021 Anm. 1; Johannsen/Henrich/Althammer/Kohlenberg Familienrecht 7. Aufl. § 1353 BGB Rn. 12; jurisPK-BGB/Grandel/Breuers [Stand: 18. August 2022] § 1353 Rn. 52 ff.; Kogel FamRB 2019, 411, 413; Wever FamRZ 2021, 664, 665; aA OLG Hamburg FamRZ 2017, 1829 f.; BeckOGK/Erbarth [Stand: 1. Juni 2022] BGB § 1353 Rn. 459 f.; Erbarth NZFam 2018, 34, 35 f.), und nicht im Rahmen des nach § 91 a ZPO zur Kostenverteilung zu erlassenden Beschlusses vom Senat zu entscheiden. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten des Rechtsstreits daher gegeneinander aufzuheben.

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