Die Klägerin macht restlichen Werklohn geltend. Nachdem es schon im Sommer 2015 zu Differenzen wegen vermeintlich mangelhafter Arbeiten kam, stellte die Klägerin diese endgültig ein und das Bauvorhaben wurde von der Beklagten anderweitig fertiggestellt. Die Klägerin machte restlichen Werklohn geltend; von der Beklagten wurden diverse Mängel gerügt. Alleine wegen der Mängel am Garagenfußboden berief sich die Beklagte auf eine Minderung mindestens in Höhe der Klageforderung.
Das Landgericht (LG) wies die Klage nach Beweisaufnahme ab. Die Klägerin legte Berufung ein, die teilweise erfolgreich war.
Als fehlerhaft sah das OLG als Berufungsgericht die Bewertung eines Minderungsanspruchs der Beklagten für den Garagenboden an. Die Minderung habe das LG dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten entnommen, und zwar nach den dort geschätzten Kosten, unbeschadet des Umstandes, dass die Beklagte vorgetragen habe, dass die Arbeiten zur Mangelbeseitigung bereits ausgeführt worden seien. Entscheidend seien aber für Schadensersatz und Minderung nach der Rechtsprechung des BGH die tatsächlichen Kosten (BGH, Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 -); abzustellen sei daher nur auf die von der Beklagten dargelegten Mängelbeseitigungskosten.
Die Beklagte hatte (zweitinstanzlich) weiterhin eine Rechnung einer angeblich auf den British Virgin Islands registrierten Gesellschaft vorgelegt. Ob eine solche Gesellschaft tatsächlich existierte, ließ das OLG offen, da es davon ausging, dass dieser Rechnung, mit der die Beklagte weitere Sanierungsaufwendungen belegen wollte, ein sogen. Schwarzgeldgeschäft betraf.
Es würde auf der Rechnung der nach § 14 Abs. 4 UStG erforderliche Umsatzsteuerausweis fehlen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe auf Nachfrage auch nicht erklären können, wann konkret wer die Arbeiten durchgeführt habe. Sollten also von diesem Unternehmer überhaupt irgendwelche Arbeiten ausgeführt worden sein, wären diese in Schwarzarbeit ausgeführt worden. Schwarzarbeiten müssten aber nicht vergütet werden (BGH, Urteil vom 10.04.2014 - VII ZR 241/13 -). Erst recht könne dann der Beklagte nicht eine solche Rechnung dem Restwerklohnanspruch der Klägerin im Rahmen der Abrechnung als eigene Aufwendungen für Mängelbeseitigungsarbeiten entgegensetzen.
Soweit sich die Beklagte zum Beweis der Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten auf die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bezog, habe dem das Gericht nicht nachkommen müssen. Zum Einen habe die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen, von wem wann die Arbeiten ausgeführt wurden, und zum Anderen hätte die Beklagte den Verdacht der Schwarzarbeit ausräumen müssen, was auch nicht erfolgt sei. Erst wenn diese Punkte beklagtenseits abgearbeitet worden wären, hätte dem Beweisangebot in Ansehung des klägerischen Bestreitens der Vornahme von Mängelbeseitigungsarbeiten durch die Beklagte nachgekommen werden müssen. Anmerkung: Es konnte nicht darauf ankommen, ob tatsächlich die Beklagte Mängelbeseitigungsarbeiten veranlasst hatte, da sie die von ihr konkret benannten Kosten in Form der Rechnung der auf den British Virgin Islands registrierten Gesellschaft infolge des Umstandes, dass hier konkrete Anhaltspunkte für Schwarzarbeit bestanden, nicht in die Abrechnung hatte einstellen können.
Da unstreitig Mängel am klägerischen Gewerk vorgelegen hätten, sah sich das OLG veranlasst den danach abzuziehenden Minderungsbetrag nach § 287 ZPO zu schätzen und in das Abrechnungswerk nach den vom BGH aaO. entwickelten Grundsätzen einzustellen. Dazu legte es das Angebot der Klägerin für die Betonarbeiten an der Garage zugrunde und zog Positionen ab, die von den Mängelbeseitigungsarbeiten nicht betroffen sein konnten.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen dieses Urteil wurde vom BGH mit Beschluss vom 12.01.2022 - VII ZR 122/19 - zurückgewiesen.
Schleswig-Holsteinisches
OLG, Urteil vom 30.04.2019 - 7 U 152/18 -
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die
Berufung der Klägerin wird das am 04.10.2018 verkündete Urteil des
Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg teilweise geändert
und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die
Klägerin 15.608,68 € sowie 845,-€ vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten,
jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
p. a. seit dem 18.05.2016, zu zahlen.
2. Die weitergehende Klage wird
abgewiesen, die Berufung im Übrigen zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits
erster Instanz tragen die Klägerin 52 % und die Beklagte 48 %. Von den Kosten
des Berufungsrechtszugs tragen die Klägerin 21 % und die Beklagte 79 %.
4. Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar.
Berufungsstreitwert:
19.833,38 €.
Gründe
I.
Die Parteien
streiten um restlichen Werklohn - zweitinstanzlich noch 19.833,38 € - für
Arbeiten der Klägerin an dem Bauvorhaben der Beklagten in N1, dem Neubau eines
Einfamilienhauses mit Garage.
Den Arbeiten
der Klägerin zugrunde lag ein Bauvertrag vom 20. April 2015 (Anlage K1), in den
die VOB/B einbezogen war. Schon im Sommer 2015 kam es zu Differenzen der Parteien
wegen vermeintlich mangelhafter Arbeiten der Klägerin.
Letztlich
stellte die Klägerin ihre Arbeiten ein, das Bauvorhaben wurde anderweitig
fertiggestellt. Die Klägerin hat ursprünglich einen restlichen Werklohnanspruch
inkl. entgangenem Gewinn in Höhe von 32.542,70 € geltend gemacht.
Die Beklagte
hat verschiedene Mängel gerügt. Hinsichtlich Mängeln des Garagenfußbodens hat
sie sich auf ein Minderungsrecht jedenfalls in Höhe der Klagforderung berufen.
Im Übrigen seien ihr Mieteinnahmen in Höhe von 9.600,00 € entgangen, da wegen
Überschreitung des Fertigstellungstermins eine Vermietung an Feriengäste nicht
möglich gewesen sei.
Wegen der
tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil nebst
darin enthaltener Verweisungen Bezug genommen.
Das Landgericht
hat die Klage nach Beweisaufnahme (Einholung eines schriftlichen Gutachtens des
Sachverständigen H1, dessen schriftliche Ergänzung sowie die mündliche
Erläuterung durch den Sachverständigen und Vernehmung von Zeugen) abgewiesen.
Zur Begründung
hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin eine offene restliche
Werklohnforderung in Höhe von 19.833,38 € zustehe. Dem stehe aber ein
Minderungsrecht der Beklagten hinsichtlich des mangelhaften Betonfußbodens in
der Garage in Höhe von 19.956,30 € gegenüber. In dieser Höhe habe der
Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten die Mängelbeseitigungskosten
beziffert. Nachdem die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom
13.09.2018 unbestritten erklärt habe, dass der Fußboden in der Garage erneuert
worden sei, liege auch keine unzulässige Verrechnung mit fiktiven
Mängelbeseitigungskosten vor.
Dagegen wendet
sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
Sie akzeptiert,
dass ihr - entsprechend den Berechnungen des Landgerichts - lediglich noch ein
restlicher Werklohnanspruch in Höhe von 19.833,38 € zusteht.
Allerdings ist
sie der Auffassung, dass gleichwohl eine nach der neueren Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs unzulässige Verrechnung/Aufrechnung mit fiktiven
Mängelbeseitigungskosten vorliege. Die Beklagte habe weder eine entsprechende
Rechnung noch gar eine derartige Zahlung nachgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
1. das angefochtene Urteil abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.833,38 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;
2. an sie
vorgerichtliche Rechtsverfolgskosten in Höhe von netto 984,60 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung
zurückzuweisen.
Sie verteidigt
das angefochtene Urteil und behauptet, die Sanierungsarbeiten des
Garagenfußbodens seien von einer in H2 ansässigen "L1" durchgeführt
worden, und zwar durch Subunternehmer, die die "L1" von G1 aus
engagiert und beauftragt habe, deren Leistungen sie überwacht und bezahlt habe.
Die Beklagte habe dafür den Gegenwert von 27.461,20 € in neuseeländischen
Dollar auf das Konto der "L1" bei der "BNZ" in O1
überwiesen. Dabei handelt es sich um die auf der Rechnung (Original Bl. 667 ff.
d. A.) vom 18.10.2018 angegebene Bankverbindung.
Die Klägerin
bestreitet die Existenz der "L1". Sie bestreitet weiterhin, dass
überhaupt Arbeiten durchgeführt worden sind. Jedenfalls handele es sich um
Schwarzarbeit, da Mehrwertsteuer nicht ausgewiesen sei. Sie bestreitet weiter,
dass die Beklagte Zahlungen auf die angebliche Rechnung der "L1"
geleistet habe.
Wegen der
Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die
zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung
der Klägerin hat teilweisen Erfolg.
Das
angefochtene Urteil erweist sich in einem entscheidenden Punkt als
rechtsfehlerhaft im Sinne von § 513 Abs. 1 ZPO. Nach den Grundsätzen
der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. Februar 2018 (VII ZR 46/17,
BGHZ 218, S. 1 ff.) durfte das Landgericht die Minderung wegen der
(unstreitigen) Mängel des Garagenbodens nicht nach den vom Sachverständigen H1
in seinem Ergänzungsgutachten geschätzten Kosten bemessen, dies unabhängig
davon, dass die Beklagte in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht
hatte vortragen lassen, die Sanierungsarbeiten insoweit seien erfolgt.
In der
zitierten Grundsatzentscheidung führt der Bundesgerichtshof aus, dass - sowohl
für Schadenersatz als auch für Minderung - maßgeblich die tatsächlich
angefallenen Kosten, bei nicht durchgeführter Mängelbeseitigung der
Vermögensschaden bzw. die Minderung in anderer Form zu bemessen sind (BGH
a.a.O., Rn. 39 ff.).
Mit anderen
Worten: Die von der Beklagten geltend gemachte Minderung wegen der Mängel des
Garagenfußbodens durfte nicht - auch bei behaupteter Mängelbeseitigung - nach
den (fiktiven) vom Sachverständigen H1 geschätzten Kosten bemessen werden, dies
schon deshalb nicht, weil die Klägerin erstinstanzlich Sanierungsangebote mit
Kosten von ca. 9.000,00 € vorgelegt hatte.
Ebensowenig
maßgeblich ist aber die zweitinstanzlich von der Beklagten vorgelegte Rechnung
der "L1" über 27.461,20 €.
Dabei kann
letztlich offenbleiben, ob diese vermeintlich auf den British Virgin Islands
registrierte Gesellschaft, die ihren Geschäftssitz in H2 haben soll, zudem über
eine Zweigstelle in G1 verfügen soll, überhaupt existiert, denn die vorgelegte
Rechnung vom 18.10.2018 genügt in keiner Weise den an eine ordnungsgemäße
Berechnung zu stellenden Anforderung. Insbesondere fehlt der unabdingbare Ausweis
der Umsatzsteuer (§ 14 Abs.4 UStG). Sollten von der "L1" bzw.
von ihr beauftragten Subunternehmern tatsächlich irgendwelche Arbeiten
durchgeführt worden sein, handelt es sich ersichtlich um Schwarzarbeit, die von
der Beklagten nicht zu vergüten war, erst recht nicht dem restlichen
Werklohnanspruch der Klägerin entgegengesetzt werden kann, dies zumal die
Beklagte nach der Erklärung ihres Prozessbevollmächtigten weder angeben konnte,
wann oder von wem die behaupteten Arbeiten durchgeführt worden sein sollen
(vgl. dazu insgesamt Röttger, Zur Beurteilung von Bauverträgen bei Verdacht
eines Verstoßes gegen das SchwarzArbG, SchlAnz 2017, S. 127 f.).
Irgendwelche
ordnungsgemäßen Rechnungen der vermeintlichen Subunternehmer der "L1"
über die angeblich ausgeführten Sanierungsarbeiten existieren nicht, was
gleichfalls nur den Rückschluss auf Schwarzarbeit zuließe, dies alles unter der
Prämisse, dass - wie von der Beklagten behauptet - tatsächlich
Sanierungsarbeiten am Garagenfußboden ausgeführt worden sind.
Die insoweit
zur Akte gereichten Lichtbilder der Garage lassen erkennen, dass der
Betonfußboden zumindest mit einer Beschichtung versehen ist. Gleichwohl braucht
der Senat nach dem vorher Gesagten dem Beweisantritt der Beklagten auf
Einholung eines Sachverständigengutachtens dahingehend, dass Sanierungsarbeiten
durchgeführt worden sind, nicht nachzugehen, denn in einem ersten Schritt hätte
die Beklagte substantiiert darlegen müssen, wann und von wem diese Arbeiten
durchgeführt worden sind und zudem den hier sich geradezu aufdrängenden
Verdacht der Schwarzarbeit entkräften müssen. Erst dann wäre es angesichts des
Bestreitens der Klägerin erforderlich gewesen, ein Sachverständigengutachten
dazu einzuholen, dass die Sanierungsarbeiten fachgerecht durchgeführt worden
sind.
Da aber
gleichwohl die Mängel des klägerischen Gewerks unstreitig sind, ist ein in das
Abrechnungsverhältnis einzustellende Minderungsbetrag nach den Grundsätzen der
zitierten BGH-Entscheidung zu schätzen (§ 287 ZPO). Der mangelbedingte
Minderwert des Werkes ist danach ausgehend von der vertraglich vereinbarten
Vergütung als Maximalwert unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles
zu schätzen (BGH a.a.O., Rn. 41/42). Dies gilt sowohl für den BGB - als auch
für den VOB/B - Vertrag.
Ausgehend von
dem korrigierten Angebot der Klägerin vom 11.04.2015 (Anlage K3/Bl. 23 ff. d.
A.) belaufen sich die zu berücksichtigenden Vergütungsanteile für die
Betonarbeiten an der Garage auf insgesamt 4.224,75 € netto (Positionen 0 bis 4
Garage Betonarbeiten, Bl. 28 d.A.). Die Positionen 5 und 6 (Liefern und
Herstellen eines Ringbalkens sowie Liefern und Einbauen einer Halfenschiene im
Ringbalken) sind nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht von etwaigen
Mängelbeseitigungsarbeiten betroffen sind.
Dieser Betrag ist
von der unstreitigen Werklohnforderung der Klägerin in Abzug zu bringen.
Soweit die
Beklagte darüber hinaus die Aufrechnung mit entgangenen Mieten in Höhe von
insgesamt 9.600,00 € erklärt hat, greift diese nicht durch. Es ist noch nicht
einmal dargelegt, dass die Beklagte das Haus überhaupt als Ferienhaus
vermietet, geschweige denn, dass sie monatlich die behaupteten Mieteinnahmen
erzielen würde.
Es verbleibt
damit zugunsten der Klägerin ein restlicher Werklohnanspruch in Höhe von
15.608,68 €.
Die Nebenentscheidungen
beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.
Gründe für eine
Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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