Der Kläger (Mieter) verlangte von der Beklagten (Vermieterin) die Erlaubnis zur Errichtung einer Elektroladestation zum Laden eines Elektro- bzw. Hybridfahrzeugs durch ein bestimmtes von ihm vorgegebenes Unternehmen. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Die dagegen vom Kläger eingelegte Berufung war erfolgreich.
Der grundsätzliche Anspruch des Mieters auf bauliche Veränderungen an der Mietsache, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen, nach § 554 Abs. 1 BGB, ergebe sich aus der Regelung des § 554 Abs. 1 BGB. Allerdings enthalte diese Norm keine Regelung dazu, wer den Unternehmer aussuchen dürfe, der mit der Bauausführung beauftragt würde. Da § 554 Abs. 1 BGB vorwiegend dem Interesse des Mieters dienen würde, sei die Kammer der Ansicht, dass der Mieter jedenfalls dann die Veränderungen vornehmen könne, wenn er einen geeigneten Fachunternehmer habe, was bedeute, dass er diesen Fachunternehmer auch selbst aussuchen dürfe.
Nur dann, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Berücksichtigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden könne, wäre der hier vom klagenden Mieter geltend gemachte Anspruch zu negieren.
Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen und Ausführungen der Beklagten würde die Kapazität für 5 - 10 Ladestationen reichen. Derzeit seien nur drei vorhanden. Damit sei ei vom Kläger begehrte Ladestation machbar. Diese weitere Station sei für die Beklagte auch nicht unzumutbar. Der Umstand, dass künftig noch andere Mieter einen Anschluss für sich begehren würden und die dafür notwendige technische Ausstattung dann eventuell nur seitens der Stadtwerke München installiert werden könne, ändere die derzeit ohne weiteres gegebene Möglichkeit für den Kläger nicht und könne der gegenwärtige Anspruch auch nicht in Ansehung der ungewissen Zukunft ausgeschlossen werden. Damit stelle sich auch derzeit (anders als vom Amtsgericht angenommen) nicht die Frage der Gleichbehandlung, die es im Mietrecht ohnehin nicht gäbe. Es gelte nur über § 242 BGB das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 3 GG. Es sei nicht willkürlich, wenn der Vermieter nach dem Prioritätsprinzip vorgehe mit der Folge, dass später Mieter bei entsprechenden Wunsch darauf angewiesen werden, sich dies von den Stadtwerken München einrichten zu lassen.
Die Beklagte erleide hier keinen Nachteil durch das vom Kläger angegebene Unternehmen, währen dies für den Kläger wirtschaftlich von Vorteil sei.
LG München I., Urteil vom
23.06.2022 - 31 S 12015/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das
Urteil des Amtsgerichts München vom 01.09.2021, Az. 416 C 6002/21, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern
die bauliche Veränderung der angemieteten Garage mit der Nummer ... in der
Tiefgarage zur Wohnung im 2. OG, ... in München, durch die Einrichtung einer
Elektroladestation für das Laden eines Elektro-/Hybridfahrzeugs durch die ...
GmbH & Co. KG gegen Kostenübernahme durch die Kläger zu erlauben.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.000,00 € festgesetzt.
Gründe
A) Mit
der Klage begehren die Kläger die Erlaubnis zur Errichtung einer
Elektroladestation für das Laden eines Elektro-/Hybridfahrzeuges durch ein ganz
bestimmtes Unternehmen.
Die Kläger haben hierzu in erster Instanz beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern die bauliche Veränderung der angemieteten Garage mit der Nummer ... in der Tiefgarage zur Wohnung im 2. OG, ... in München, durch die Einrichtung einer Elektroladestation für das Laden eines Elektro-/Hybridfahrzeugs durch die ... GmbH & Co. KG gegen Kostenübernahme durch die Kläger zu erlauben.
Das Amtsgericht
hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die im Rahmen des § 554
Abs. 1 S. 2 BGB durchzuführende umfassende Interessenabwägung
zwischen den Interessen der Kläger einerseits sowie den Interessen der
Beklagten andererseits fällt zu Gunsten der Beklagten ausfällt. Hierbei hat das
Amtsgericht insbesondere darauf abgestellt, dass die Beklagtenpartei die
jetzigen Antragsteller und weitere potenzielle Antragsteller in nächster Zeit gleichbehandeln
möchte. Es hat zudem insbesondere ausgeführt, dass ein Kontraktionszwang mit
den Stadtwerken München als Vertragspartner für die Installation und den
Betrieb im Hinblick auf die grundsätzliche Realisierungsmöglichkeit einer
Installation der Ladestation den Klägern zumutbar ist. Dabei ist das Gericht
aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass die
technische Einrichtung für mehr als 10 Ladestationen pro Hausanschluss nur
seitens der Stadtwerke München möglich ist.
Die Kläger
beantragen in der Berufung:
1. Das Endurteil des Amtsgerichts München vom 01.09.2021, zugestellt am 01.09.2021 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern die bauliche Veränderung der angemieteten Garage mit der Nr. U. 1. 52 in der Tiefgarage zur Wohnung im 2. OG, ... in München durch die Einrichtung einer Elektroladestation für das Laden eines Elektro-/Hybridfahrzeugs durch die ... gegen Kostenübernahme durch die Kläger zu erlauben
Sie sind der
Ansicht, dass der Vermieter nicht berechtigt ist, hier einen besonderen Vertrag
und nur einen einzigen Vertragspartner vorzugeben. Zudem wird weiter
bestritten, dass nur eine Kapazität für maximal 5 bis 10 Ladestationen besteht.
Abgesehen davon könne eine ausreichende Kapazität an Ladestationen im
streitgegenständlichen Anwesen unschwer geschaffen werden. Im Übrigen sei auch
die Interessenabwägung unzutreffend vorgenommen worden. Weshalb hier die
Interessenabwägung zugunsten der Beklagten ausfallen soll, erschließe sich
nicht. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass auch allgemeinpolitisch die
Verbreitung von Elektrofahrzeugen gewünscht ist und gerade dies Voraussetzung
für die gesetzliche Regelung des § 554 Abs. 1 S. 1 BGB war. Im
Übrigen sei es völlig offen, ob sich überhaupt weitere Mieter dazu
entschließen, Elektrofahrzeuge anzuschaffen.
Die Beklagte
beantragt Zurückweisung der Berufung.
Hierzu trägt
sie insbesondere vor, dass es ihr letztlich darum geht, dass eine technische
Vorrichtung installiert wird, welche es ermöglicht, dass auch später noch eine
Vielzahl weiterer Elektroladestationen installiert werden können.
Auf die
tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (§ 540 Abs. 1
S. 1 Nr. 1 ZPO), auf das Sitzungsprotokoll sowie auf die
eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere auf die
Berufungsbegründung und Berufungserwiderung wird ergänzend Bezug genommen.
Etwaige Änderungen bzw. Ergänzungen sind weder erforderlich noch zulässig.
Von der
Darstellung des Tatbestands wird im Übrigen abgesehen (§§ 540 Abs. 2,
313a Abs. 1 S.1 ZPO).
B) Die
zulässige Berufung ist begründet.
Die Kläger
haben gegenüber der Beklagten den geltend gemachten Anspruch.
Nach § 554
Abs. 1 BGB hat der Mieter grundsätzlich einen Anspruch dahingehend, dass
ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Laden
elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen.
Wer für die
Ausführung jedoch insbesondere das Unternehmen bzw. die Handwerker auswählen
darf, regelt § 554 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich. Rechtsprechung
hierzu ist nicht bekannt. In der einschlägigen Kommentarliteratur wird
lediglich auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts München verwiesen (z.B.
Schepers beck-online.GROSSKOMMENTAR GesamtHrsg: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann
Hrsg: H. Schmidt Stand: 01.04.2022 § 554 BGB Rn.47, Fn.36). Zu § 554a
Abs. 1 BGB a.F. (Barrierefreiheit) wurde vertreten, dass die Auswahl des
konkreten Handwerkers nach der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung dem Mieter
zufällt (Mersson, NZM 2002, 313, 315).
Der vorwiegend
dem Interesse des Mieters dienende Regelung des § 554 Abs. 1 BGB ist
nach Ansicht der Kammer zu entnehmen, dass der Mieter grundsätzlich selbst
diese Veränderungen - jedenfalls mittels eines geeigneten Fachunternehmens -
durchführen darf, was beinhaltet, dass er befugt ist dieses auch auszuwählen
und auch die konkrete Ausgestaltung des Anschlusses zu bestimmen.
Dieser Anspruch
besteht nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nur dann nicht, "wenn die
bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des
Mieters nicht zugemutet werden kann".
Der Einbau des
konkreten Elektroanschlusses seitens des Mieters muss somit dem Vermieter - als
Ausnahme von der Regel - unzumutbar sein. Nur sofern das Fall ist, hat das
Interesse des Mieters zurückzustehen, welches sonst Vorrang hat. Letztlich hat
bereits der Gesetzgeber eine Interessenabwägung getroffen (vgl. BGH, Urteil vom
18.05.1955 - I ZR 8/54: "Jedem Gesetz liegt eine Interessenabwägung
zugrunde, die in bestimmter Weise auf das soziale Leben einwirken soll").
Hierzu ist
zunächst festzustellen, dass nach dem angefochtenen Urteil des AG München und
den Ausführungen der Beklagtenpartei die derzeitige Kapazität für jedenfalls
5-10 Ladestationen ausreicht. Da derzeit nur 3 Ladestationen vorhanden sind,
ist die vom Kläger begehrte Station aus technischer Sicht machbar.
Die Einrichtung
dieser einen weiteren Station für die Klagepartei kann für die Beklagte auch
nicht als unzumutbar angesehen werden.
Dass
möglicherweise noch andere Mieter künftig einen solchen Anschluss für sich
beanspruchen und die hierfür technische Ausstattung dann gegebenenfalls nur
seitens der Stadtwerke München installiert werden kann, ändert nichts daran,
dass jedenfalls derzeit die begehrte Station für die Klagepartei ohne weiteres
eingerichtet werden kann. Aufgrund einer unbestimmten künftigen Entwicklung,
deren Eintritt überhaupt noch nicht sicher ist, kann der gegenwärtige Anspruch
der Klagepartei nicht eingeschränkt werden.
Der seitens des
Amtsgerichts als maßgeblich angesehene Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller
Mieter stellt sich derzeit nicht, wobei es im Wohnraummietrecht - worauf das
Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat - keinen allgemeinen
Gleichbehandlungsgrundsatz gibt. Der Vermieter hat lediglich über § 242
BGB das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG (Eisenschmid in
Schmidt-Futterer, Mietrecht 15. Auflage 2021 § 535 Rn. 104) sowie das
Schikaneverbot im Sinne von § 226 BGB (Zehelein BeckOK BGB, Hau/Poseck 61.
Edition Stand: 01.02.2022 § 535 Rn. 490) zu beachten. Auch wenn - wie das
Amtsgericht ausführt - es dem Vermieter grundsätzlich nicht verwehrt ist, eine
Gleichbehandlung mehrerer Mietparteien anzustreben, stellt sich diese Frage
derzeit eben nicht, sondern allenfalls dann, wenn später auch noch andere
Mieter einen Elektroanschluss wünschen.
Es ist auch
nicht als willkürlich anzusehen, wenn der Vermieter nach dem Prioritätsprinzip
vorgeht und nachfolgenden Mietern ein Elektroanschluss möglicherweise nur
gewährt werden kann, wenn dieser durch die Stadtwerke München eingerichtet wird
(vgl. Eisenschmid aaO. Rn. 105 a.E.; Hubmann, Wertung und Abwägung im Recht,
1977 S. 78: "Ohne Zweifel handelt es sich also beim
Prioritätsgedanken um ein Ordnungsprinzip ersten Ranges im Widerstreit
gleichwertiger Interessen"). Damit wird auch nicht die, in der Berufungserwiderung
angesprochene Gesetzesintention, nämlich möglichst vielen Parteien die Nutzung
von Elektrofahrzeugen zu ermöglichen, verhindert. Dem steht die Errichtung des
seitens der Kläger begehrten Anschlusses durch die ... GmbH Co. KG nicht
entgegen. Damit wird nicht verhindert, dass zu einem späteren Zeitpunkt seitens
der Stadtwerke München die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden,
sofern dies erforderlich sein sollte.
Durch die
Einrichtung der Ladestation durch die ... GmbH Co. KG erleidet die Beklagte auch
keinen Nachteil, während dies für die Kläger wirtschaftlich von Vorteil ist.
Denn die Kosten für den regelmäßigen Betrieb und Unterhalt der von der
Beklagten geforderten Installation durch die Stadtwerke München wäre auf Dauer
gesehen für die Kläger nach den Feststellungen des Amtsgerichts nicht
unwesentlich teurer.
Der seitens des
Amtsgerichts angesprochene Gesichtspunkt, dass der Vermieter die Mietsache
keinesfalls in einer Weise technisch aufrüsten muss "mit entsprechenden
Kosten, dass entsprechende Installationen für die Mieter möglichst
kostengünstig sind", spielt hier keine Rolle, da die Kosten die Kläger
tragen. Schließlich wird weder vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich, dass
das seitens der Klagepartei ausgewählte Unternehmen für die Durchführung der
Installationen fachlich ungeeignet wäre, zumal dieses auch die bestehenden
Elektroinstallationen im Gebäude ausgeführt hat. Da es außerdem im Haus bereits
3 Ladeboxen gibt, die nicht über die Stadtwerke München betrieben werden, kann
auch der Gesichtspunkt der Vermeidung einer Zerstückelung von Anbietern keine
Rolle spielen, sofern man diesen als ein berechtigtes Anliegen des Vermieters
ansehen sollte (BeckOGK/Schepers, 1.4.2022, BGB § 554 Rn. 47).
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; der Ausspruch über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die
Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 3 ZPO; 47, 48 GKG.
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