Im Rahmen der auf § 3a UWG (Rechtsbruch) gestützten, wettbewerbsrechtlichen Klage eines Rechtsanwalts gegen eine Haftpflichtversicherung musste sich letztinstanzlich der BGH mit der Frage auseinandersetzen, ob der Haftpflichtversicherer für seinen Versicherungsnehmer – soweit eine anwaltliche Vertretung nicht zwingend vorgeschrieben ist (z.B. bei Verfahren vor dem Land- und Oberlandesgericht), also im sogenannten Parteiprozess ohne Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung, die Prozessvertretung übernehmen darf, also im . Hintergrund war gewesen, dass der Haftpflichtversicherer für seinen Versicherungsnehmer Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid einlegte.
Das Landgericht hatte der Klage gegen den Haftpflichtversicherer stattgegeben. Die Berufung des Haftpflichtversicherers war erfolgreich. Der Rechtsanwalt hat die (vom Berufungsgericht zugelassene) Revision eingelegt, die zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils des Landgerichts führte.
Eine Vertretungsberechtigung ergäbe sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht aus § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 ZPO, wonach Familienangehörige, Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stünde, diese Vertretung übernehmen könnten. Der Anwendungsbereich der Norm könne nicht überseinen Wortlaut hinaus erweitert werden dahingehend, dass dem dort benannten Streitgenossen ein Versicherungsunternehmen gleichstünde, dem ein Recht zur Nebenintervention (§§ 66, 68 ZPO) zustünde. Die Analogie sei nur bei planwidriger Regelungslücke zulässig, an der es hier fehle. Es lasse sich nicht erkennen, dass es der gesetzgeberischen Regelungsabsicht widerspreche, zwar Streitgenossen der Partei eine Vertretung zu erlaube, nicht aber Personen, denen nach §§ 66, 68 ZPO das Recht zur Nebenintervention zustünde. Der Begriff des Streitgenossen sei in der ZPO an einem anderen Ort als die Bestimmungen über Beteiligung Dritter (so die Nebenintervention) am Verfahren geregelt. Es handele sich um eine eindeutige Begriffswahl.
Zudem läge auch keine vergleichbare Interessenslage zwischen dem Streitgenossen und dem Nebenintervenienten vor. Die Zulassung des Streitgenossen diene der Prozessökonomie, da diese bereits als Partei auf Kläger- oder Beklagtenseite am Rechtsstreit auf gleicher Seite beteiligt seien. Mit dieser der Erleichterung des Verfahrens bezogenen Rechtfertigung sei die Stellung eines zur Nebenintervention Berechtigten nicht vergleichbar. Die prozessökonomische Wirkung entfalte ihre Wirkung erst im Folgeprozess, insoweit er nach § 68 von bestimmten Einwendungen in einem Verfahren mit der Partei, der er beigetreten ist, im Folgeprozess ausgeschlossen ist.
Zudem sei die Vertretung im Rahmen des § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 ZPO bei einer entgeltlichen Tätigkeit ausgeschlossen. Dabei käme es nicht darauf an, ob ein Entgelt für die Prozessvertretung als solche vereinbart sei (BT-Drucks. 16/3655, S. 87); die Prozessvertretung dürfe auch nicht Teil einer entgeltlichen Vertragsbeziehung (wie sie zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestünde) sein. Hier sei der Haftpflichtversicherer im Rahmen des entgeltlichen Versicherungsvertrages verpflichtet, bei von einem Dritten gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachten Ansprüchen diesen freizustellen und unbegründete Ansprüche abzuwehren, § 100 VVG. Die Versicherung umfasse die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, § 101 Abs. 1 S. 1 VVG. Damit sei die Vertretung durch den Haftpflichtversicherer als entgeltlich anzusehen.
Auch Art. 12 Abs. 1 GG, der die Berufsausübungsfreiheit beinhalte, gebiete es nicht, dem Haftpflichtversicherer eine Vertretungsbefugnis nach § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 ZPO zuzubilligen. Zwar würde seine Berufsausübung eingeengt, wenn ihm das Recht zur Prozessvertretung nicht zuerkannt würde, da diese Einschränkung gerechtfertigt und nicht verfassungswidrig sei. Der Eingriff sei durch Gründe des Gemeinwohls begründet. § 79 Abs. 2 ZPO diene dem Schutz der rechtssuchenden Bevölkerung und der funktionierenden Rechtspflege und damit übergeordneten Gemeinwohlzielen (BGH, Urteil vom 20.01.2011 – I ZR 122/09 -; nachfolgend BVerfG, Beschluss vom 20.04.2011 – 1 BvR 624/11 -).
Da es dem Haftpflichtversicherer möglich sei, nach einem Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid (Anm.: den der Versicherungsnehmer selbst einlegen kann) dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin beizutreten bestünde für ihn kein schutzwürdiges Interesse, die Hauptpartei als Prozessbevollmächtigter zu vertreten. Auch der Umstand, dass der Haftpflichtversicherer über vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen im Versicherungsrecht und über qualifiziertes Personal mit der Befähigung zum Richteramt verfüge käme es nicht an.
Anmerkung: Es ist bei vielen Versicherungsgesellschaften üblich, dass sich diese von dem Versicherungsnehmer den Mahn- bzw. Vollstreckungsbescheid zusenden lassen, um dann selbst den Widerspruch bzw. Einspruch einzulegen. So wollen sie sicherstellen, dass das Rechtsmittel korrekt und fristwahrend eingelegt wird. Auch vertreten sie den Versicherungsnehmer in einigen Fällen direkt vor Gericht und Sachbearbeiter der Versicherung nehmen die Termine wahr. Der BGH hat klargestellt, dass dies unzulässig ist. Zur Konsequenz hat dies, dass ein derartiges Verhalten nicht nur (wie hier) eine Abmahnung nach § 3a UWG begründen kann. Vielmehr dürfte die prozessuale Handlung als solche unzulässig sein, dass das Rechtsmittel (Widerspruch oder Einspruch) oder die Klageverteidigung für den Versicherungsnehmer unwirksam ist und als Folge Vollstreckungsbescheide ergehen können bzw. solche nicht rechtzeitig mit dem Rechtsmittel des Einspruchs angefochten wird, bzw. bei einer Klageverteidigung dies nicht beachtet wird (da die unwirksam ist) und Versäumnisurteil ergeht. Die Versicherungen müssen ihre Versicherungsnehmer darauf hinweisen, dass diese - ist ein gerichtliches Verfahren zu erwarten - selbst sofort bei Zugang von Mahn- oder Vollstreckungsbescheid den Rechtsbehelf einlegen und sich im Übrigen, bei einem streitigen Verfahren, überlegen, ob sie gemäß den Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer einen Rechtsanwalt stellen oder, wollen sie die Vertretung vor Gericht selbst übernehmen (soweit nicht anwaltliche Vertretung vorgeschrieben ist) dem Rechtsstreit auf Seiten ihres Versicherungsnehmers durch Nebenintervention beitreten.
BGH, Urteil vom 10.03.2022 -
I ZR 70/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die
Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Naumburg vom 31. März 2021 aufgehoben.
Die Berufung
der Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Halle vom 2. Juni 2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte
trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts
wegen
Tatbestand
Der Kläger ist
Rechtsanwalt in H. Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen.
Der Kläger
erwirkte am 6. Dezember 2018 für einen Mandanten, der von einem Hund gebissen
worden war, einen Vollstreckungsbescheid gegen eine bei der Beklagten
haftpflichtversicherte, in H. wohnhafte Versicherungsnehmerin. Die Beklagte
legte mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 für ihre Versicherungsnehmerin
Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ein.
Der Kläger
sieht darin eine unlautere Handlung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs
gemäß § 3a UWG. Er ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Einlegung des
Einspruchs prozessrechtlich nicht befugt gewesen, weil Haftpflichtversicherer
nicht zu den in § 79 Abs. 2 Satz 2 ZPO enumerativ aufgeführten
Personen gehörten, die in einem Parteiprozess vertretungsbefugt seien.
Der Kläger hat
beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es
im Rahmen geschäftlicher Handlungen zu unterlassen,
in
zivilrechtlichen Parteiprozessen ihrer Versicherungsnehmer oder mitversicherte
Personen zu vertreten, außer wenn sie Streitgenossin des Verfahrens ist und die
Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht.
Das Landgericht
hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat
das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage
abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung
die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des
landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
A. Das
Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch
gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 3a
UWG in Verbindung mit § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO zu. Dazu
hat es ausgeführt:
Zwar sei die
Beklagte aufgrund des formalisierten Parteibegriffs der Zivilprozessordnung
trotz ihres materiellen Interesses an der Abwehr der gegen ihre
Versicherungsnehmerin gerichteten Forderung nicht als Partei des Verfahrens
anzusehen. Auch seien Versicherungsunternehmen nicht in der Aufzählung der als
Bevollmächtigte zugelassenen Personen gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2
ZPO aufgeführt. Die Beklagte sei insbesondere keine Streitgenossin im Sinne von
§ 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Eine strikt nur am Wortlaut
und nicht auch am Sinn orientierte Auslegung der Bestimmung des § 79
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO würde jedoch zu einer nicht
gerechtfertigten Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit der Beklagten
führen. Zwar diene die in § 79 Abs. 2 ZPO geregelte
Vertretungsbeschränkung der Sicherstellung einer sachgerechten Vertretung der
Partei im gerichtlichen Verfahren sowie der Ordnung des Prozesses und damit dem
als übergeordnetes Gemeinwohlziel anerkannten Schutz der rechtssuchenden
Bevölkerung und einer funktionierenden Rechtspflege. Die Beschränkung der
Vertretungsbefugnis im Parteiprozess sei generell auch zur Erreichung dieser
legitimen Ziele geeignet. Allerdings sei nicht ersichtlich, wie durch den
Ausschluss von Versicherungen als Vertreter im Zivilprozess die sachgerechte
Vertretung der Partei im gerichtlichen Verfahren einerseits und andererseits
die Ordnung des Prozesses gefördert werden könne. Versicherungen verfügten -
was allgemein bekannt sein dürfte - über vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen
im Versicherungsrecht und über entsprechend qualifiziertes Personal mit
Befähigung zum Richteramt.
B. Die
hiergegen gerichtete Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung
des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Die Beklagte
hat mit der Einlegung des Einspruchs gegen den gegen ihren Versicherungsnehmer
ergangenen Vollstreckungsbescheid in einem Parteiprozess eine Partei vertreten,
obwohl sie dazu nicht gemäß § 79 Abs. 2 ZPO befugt war. Sie hat damit
die Bestimmung des § 79 Abs. 2 ZPO - eine Marktverhaltensregelung im
Sinne des § 3a UWG - verletzt und ist gemäß § 3 Abs. 1, § 8
Abs. 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet.
I. Der
Anwendung des Rechtsbruchtatbestands gemäß § 3a UWG steht nicht entgegen,
dass nach Art. 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere
Geschäftspraktiken die Mitgliedstaaten den freien Dienstleistungsverkehr und
den freien Warenverkehr nicht aus Gründen einschränken dürfen, die mit dem
durch diese Richtlinie angeglichenen Bereich zusammenhängen. Nach Art. 3
Abs. 8 der Richtlinie 2005/29/EG bleiben alle spezifischen Regelungen für
reglementierte Berufe unberührt, damit die strengen Integritätsstandards
gewährleistet bleiben, die die Mitgliedstaaten den in dem Beruf tätigen
Personen nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts auferlegen können.
Dementsprechend ist die Anwendung des § 3a UWG auf berufsrechtliche
Bestimmungen zulässig, die das Marktverhalten in unionsrechtskonformer Weise regeln
(st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 113/20, GRUR 2021,
1425 [juris Rn. 15] = WRP 2021, 1437 - Vertragsdokumentengenerator, mwN). Die
in § 79 Abs. 2 ZPO geregelte Berechtigung, als Vertreter einer Partei
in einem zivilprozessualen Parteiprozess tätig zu werden, normiert - ebenso wie
die im Rechtsdienstleistungsgesetz für die außergerichtliche Tätigkeit
getroffenen Bestimmungen (vgl. dazu BGH, GRUR 2021, 1425 Rn. 15 -
Vertragsdokumentengenerator) - den Umfang der Betätigung, die den
Rechtsanwälten und damit Angehörigen eines zur Aufrechterhaltung eines strengen
Integritätsstandards reglementierten Berufs vorbehalten ist (vgl.
BeckOK.ZPO/Piekenbrock, 44. Edition [Stand 1. März 2022], § 79 Rn. 2;
Jacoby in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 79 Rn. 4).
II. Die
Bestimmung des § 79 Abs. 2 ZPO ist eine Marktverhaltensregelung im
Sinne von § 3a UWG (zur Vorgängervorschrift des § 4 Nr. 11 UWG
aF vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 122/09, GRUR 2011, 352 [juris
Rn. 17] = WRP 2011, 463 - Makler als Vertreter im
Zwangsversteigerungsverfahren). Sie dient der Sicherstellung einer
sachgerechten Vertretung der Partei im gerichtlichen Verfahren (BGH, GRUR 2011,
352 [juris Rn. 17] - Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren) und
ist daher geeignet, die Interessen der Verbraucher und der Mitbewerber spürbar
zu beeinträchtigen.
III. Die
von der Beklagten für ihren Versicherungsnehmer vorgenommene Einlegung eines
Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid verstößt gegen § 79
Abs. 2 ZPO.
1. Gemäß
§ 79 Abs. 1 Satz 1 ZPO können die Parteien einen Rechtsstreit
selbst führen, wenn - wie im Streitfall - eine Vertretung durch Rechtsanwälte
nicht geboten ist (Parteiprozess). Nach § 79 Abs. 2 Satz 1 ZPO
können sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten
vertreten lassen. Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind darüber
hinaus als Bevollmächtigte nur diejenigen Personen vertretungsbefugt, die in
den Nummern 1 bis 4 dieser Bestimmung aufgeführt sind.
2. Das
Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Bestimmung des
§ 79 ZPO für die hier in Rede stehende Einlegung eines Einspruchs gegen
einen Vollstreckungsbescheid gemäß § 700 ZPO maßgeblich ist. Diese
Vorschrift ist Teil des im Buch 7 der Zivilprozessordnung geregelten Mahnverfahrens,
welches in § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ZPO ausdrücklich
erwähnt ist (vgl. Zöller/Althammer, ZPO, 34. Aufl., § 79 Rn. 2;
Zöller/Seibel aaO § 703 Rn. 1; MünchKomm.ZPO/Toussaint, ZPO, 6. Aufl.,
§ 79 Rn. 3; Smid/Hartmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 79
Rn. 3).
3. Das
Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei nicht als Partei des
Rechtsstreits gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Einlegung des
Einspruchs berechtigt. Selbst wenn man die Abwehr von Forderungen gegen den
Versicherungsnehmer als eigene Angelegenheit seiner Versicherung ansehen
wollte, werde diese mit Blick auf den formalisierten Parteibegriff des
Zivilprozessrechts nicht selbst zur Partei des Rechtsstreits. Diese Beurteilung
lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Abweichendes macht auch die Revisionserwiderung
nicht geltend.
Die Frage, ob
die Beklagte im Haftpflichtprozess zumindest auch eigene Angelegenheiten
besorgt, ist zudem für die Frage unerheblich, ob sie gemäß § 79
Abs. 2 Satz 2 ZPO vertretungsbefugt ist. Allerdings hat der
Bundesgerichtshof unter Anwendung des § 157 ZPO in der Fassung des
Gesetzes vom 20. Juli 1933 (RGBl I 522) einen Haftpflichtversicherer im
Haftpflichtprozess für befugt gehalten, den Versicherten vor dem Amtsgericht zu
vertreten, weil der Haftpflichtversicherer bei einer wirtschaftlichen
Betrachtungsweise im Haftpflichtprozess nicht nur eine fremde, sondern
zumindest auch eine eigene Angelegenheit wahrnimmt (BGH, Urteil vom 28. Juni
1962 - I ZR 32/61, BGHZ 38, 71 [juris Rn. 12 f. und 23 bis 30]). Für die
Beurteilung des Streitfalls lässt sich dieser Entscheidung indessen nichts
entnehmen. Sie beruht auf der geänderten alten Gesetzesfassung, nach der die
Vertretungsbefugnis im Unterschied zur heutigen Bestimmung des § 79
Abs. 2 ZPO von der Frage abhing, ob der Beistand fremde oder eigene
Rechtsangelegenheiten besorgte (dazu BGHZ 38, 71 [juris Rn. 12 bis 30]).
4. Mit
Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die
Beklagte sei als Haftpflichtversicherer ihrer im Mahnverfahren in Anspruch
genommenen Versicherungsnehmerin gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2
Nr. 2 ZPO vertretungsbefugt.
a)
Allerdings ist das Berufungsgericht mit Recht davon ausgegangen, dass die
Beklagte nicht unter den Wortlaut dieser Bestimmung fällt. Nach § 79
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO sind volljährige Familienangehörige
(§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes),
Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen als Bevollmächtigte
der Partei vertretungsbefugt, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer
entgeltlichen Tätigkeit steht. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die
Beklagte diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Seine Beurteilung lässt keinen
Rechtsfehler erkennen und wird von der Revisionserwiderung ebenfalls nicht
beanstandet.
b)
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der Anwendungsbereich des
§ 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht über den Wortlaut der
Bestimmung hinaus dahingehend zu erweitern, dass dem dort aufgeführten
Streitgenossen ein Versicherungsunternehmen gleichsteht, dem in dem durch den
Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingeleiteten Rechtsstreit ein Recht
zur Nebenintervention (§§ 66, 68 ZPO) zusteht. Eine von der
Revisionserwiderung damit in der Sache vertretene Analogie ist nur zulässig,
wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende
Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten
Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre
bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen
hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen
Abwägungsergebnis gekommen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Oktober
2020 - VI ZB 28/10, BauR 2021, 286 [juris Rn. 10]; jeweils mwN). Diese Voraussetzungen
liegen indessen nicht vor.
aa) Eine
analoge Anwendung des Begriffs des Streitgenossen auf den
Nebeninterventionsberechtigten scheidet bereits aus, weil es an einer
planwidrigen Regelungslücke fehlt.
(1) Ob
eine planwidrige Lücke gegeben ist, ist vom Standpunkt der gesetzlichen
Regelung aus zu beurteilen, also anhand der Regelungsabsicht des Gesetzgebers.
Eine lediglich aus richterlicher oder rechtspolitischer Sicht nicht oder nicht
vollständig gelungene Regelung erweist sich deshalb nicht als in dem Sinne
planwidrig, dass eine Schließung der Regelungslücke im Wege der Analogie
gerechtfertigt wäre (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - III ZR 61/14, NJW 2015,
1176 [juris Rn. 12]; Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 42/19, GRUR 2020, 429
[juris Rn. 33] = WRP 2020, 452 - Sportwetten in Gaststätten).
(2) Nach
diesen Maßstäben ist eine entsprechende Anwendung der unmittelbar für
Streitgenossen geltenden Regelung des § 79 Abs. 2 Satz 2
Nr. 2 ZPO nicht möglich. Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für
die Annahme, es widerspreche der Regelungsabsicht des Gesetzgebers, die
Vertretung der Partei im Parteiprozess zwar Streitgenossen der Partei zu
erlauben, nicht aber Personen, denen gemäß §§ 66 und 68 ZPO das Recht zur
Nebenintervention zusteht.
Die Systematik
des Gesetzes lässt keine Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke
erkennen. Der vom Gesetzgeber verwendete Begriff des Streitgenossen ist im Buch
1, Abschnitt 2, Titel 2 der Zivilprozessordnung klar getrennt von der in Titel
3 desselben Buches und Abschnitts bestimmten Beteiligung Dritter am
Rechtsstreit geregelt, zu der auch die Nebenintervention gehört. Darin kommt
der grundlegende Unterschied zum Ausdruck, dass der Streitgenosse bereits als
Partei am Rechtsstreit teilnimmt, während der Nebenintervenient unter
bestimmten Voraussetzungen als Dritter und damit gerade nicht als Partei am
Rechtsstreit beteiligt werden kann. Die eindeutige Begriffswahl des
Gesetzgebers bei der Fassung des Wortlauts von § 79 Abs. 2
Satz 2 Nr. 2 ZPO erscheint danach nicht als planwidrige
Regelungslücke, sondern als an der Art der prozessualen Beteiligung
ausgerichtete gesetzgeberische Auswahlentscheidung. Insgesamt hat sich der
Gesetzgeber gerade nicht an Einzelfällen orientiert, sondern hat der
Gesetzesfassung in sachgerechter Weise eine generalisierende Wertung und
typisierende Betrachtung zugrunde gelegt (BGH, GRUR 2011, 352 [juris Rn. 25] -
Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren).
Die
Gesetzgebungsmaterialien geben ebenfalls keinen Anlass anzunehmen, es bestehe
im Rahmen des enumerativen Katalogs des § 79 Abs. 2 Satz 2 ZPO
insoweit eine planwidrige Regelungslücke, als Nebenintervenienten, also
eventuell erst zukünftig am Rechtsstreit beteiligten Dritten, keine
Vertretungsbefugnis eingeräumt wurde. Die Zulassung der Vertretung durch
Streitgenossen im Katalog der gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2
Nr. 2 vertretungsbefugten Personen dient in erster Linie der
Prozessökonomie; der Gesetzgeber hatte insoweit beispielsweise Fälle im Blick,
in denen Nachbarn oder Anlieger einer Straße auf Kläger- oder Beklagtenseite
verbunden sind und die Prozessführung nur einem Streitgenossen übertragen
wollen (Regierungsentwurf zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks.
16/3655, S. 88). Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, der
Gesetzgeber habe mit Erwähnung der insoweit in Betracht kommenden
Anwendungsfälle (Nachbarn oder Anlieger einer Straße) keine abschließende
Aufzählung vorgenommen, so dass unschädlich sei, dass er die Konstellation von
Versicherer und Versicherungsnehmer nicht explizit genannt habe, lässt sie
unberücksichtigt, dass in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts die Nachbarn und Anlieger einer
Straße nur insoweit aufgeführt sind, als sie auf der Kläger- oder
Beklagtenseite als Streitgenossen verbunden sind, sie also gemeinschaftlich
klagen oder verklagt werden (§§ 59, 60 ZPO). Entgegen der Ansicht der
Revisionserwiderung hat der Gesetzgeber demnach nicht übersehen, dass auch
prozessuale Konstellationen denkbar sind, in denen (zunächst) lediglich der
Versicherungsnehmer verklagt wird. Der Gesetzgeber hat vielmehr im Interesse
der Prozessökonomie den bereits aktuell als Parteien eines Rechtsstreits und
nicht lediglich eventuell zukünftig als Partei oder Dritter an einem
Rechtsstreit beteiligten Personen ermöglichen wollen, die Prozessführung nur
einem von ihnen zu übertragen. Insgesamt kommt nach alledem wegen des
eindeutigen Wortlauts des § 79 Abs. 2 Satz 2 ZPO
("nur") und des klaren gesetzgeberischen Willens, den
Anwendungsbereich dieser Ausnahmevorschrift eng und abschließend zu halten
(vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 87 zu Absatz 2
["abschließend"] und Absatz 2 Satz 2 Nr. 2
["eng"]), die Annahme einer für die analoge Anwendung auf
Haftpflichtversicherer erforderlichen planwidrigen Regelungslücke nicht in
Betracht (vgl. Zschieschack, NJW 2010, 3275, 3276).
bb) Es
liegt zudem keine vergleichbare Interessenlage vor.
(1) Das
Merkmal der vergleichbaren Interessenlage erfordert die Annahme, dass der
Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung nach den Grundsätzen, von denen er
sich bei Erlass der herangezogenen Normen hat leiten lassen, zum gleichen
Abwägungsergebnis gekommen wäre. Auch nach diesem Merkmal muss sich die
Lückenfüllung im Zuge der Analogie innerhalb des Rahmens bewegen, den der
Gesetzgeber mit seiner Regelungsabsicht gezogen hat (vgl. BGH, GRUR 2020, 429
Rn. 34 - Sportwetten in Gaststätten, mwN). Diesen Maßstäben wird die vom
Berufungsgericht angenommene Gleichsetzung von Streitgenossen und einer zur
Nebenintervention berechtigten Versicherung nicht gerecht.
(2) Die
vom Gesetzgeber zugelassene Bevollmächtigung eines Streitgenossen dient
ersichtlich deshalb der Prozessökonomie, weil Streitgenossen, die auf Kläger-
oder Beklagtenseite - etwa als Nachbarn oder Anlieger derselben Straße -
bereits als Partei am in Rede stehenden Rechtsstreit beteiligt sind. Mit dieser
auf Erleichterungen im aktuellen Prozess bezogenen Rechtfertigung der
Bevollmächtigung ist die Stellung eines zur künftigen Nebenintervention
Berechtigten nicht gleichzusetzen. Die Nebenintervention entfaltet ihre
prozessökonomische Wirkung dagegen nicht im aktuellen Prozess, sondern erst in
einem möglichen Folgeprozess (§ 68 ZPO, vgl. Zöller/Althammer aaO
§ 68 Rn. 1).
c) Hinzu
kommt, dass gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO ein
Streitgenosse nur dann zur Vertretung der Partei im Parteiprozess befugt ist,
wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit
steht. Der Begriff der Unentgeltlichkeit ist autonom und grundsätzlich eng
auszulegen. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob gerade für die
Prozessvertretung ein Entgelt vereinbart ist (BT-Drucks. 16/3655, S. 87).
Die Prozessvertretung darf auch nicht Teil einer entgeltlichen
Vertragsbeziehung sein (Zöller/Althammer aaO § 79 Rn. 7). Die Zulassung
unentgeltlicher Vertretung dient vielmehr dazu, altruistische gerichtliche
Rechtsdienstleistung, die schon von Verfassung wegen nicht uneingeschränkt
verboten werden kann, zu ermöglichen (BeckOK.ZPO/Piekenbrock aaO § 79 Rn.
8 mwN).
An diesen
Voraussetzungen einer Unentgeltlichkeit, die für alle in § 79 Abs. 2
Satz 2 Nr. 2 ZPO aufgeführten Personen gilt und damit prägend für
diesen Ausnahmetatbestand ist, fehlt es im Verhältnis des
Haftpflichtversicherers zu seinem Versicherungsnehmer. Der Versicherer ist im
Rahmen des entgeltlichen Versicherungsvertrags verpflichtet, den
Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf
Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit
eintretenden Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche
abzuwehren (§ 100 VVG). Die Versicherung umfasst nach § 101
Abs. 1 Satz 1 VVG zudem die gerichtlichen und außergerichtlichen
Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche
entstehen, soweit die Aufwendungen der Kosten den Umständen nach geboten ist.
Vor diesem Hintergrund ist die Vertretung des Versicherungsnehmers durch den
Haftpflichtversicherer im Parteiprozess Teil einer entgeltlichen Vertragsbeziehung
und unterfällt nicht dem Begriff der Unentgeltlichkeit gemäß § 79
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO (vgl. Zöller/Althammer aaO § 79 Rn.
7; Zschieschack, NJW 2010, 3275). Dass der Versicherungsnehmer keinen Anspruch
auf eine Prozessvertretung hat, steht - anders als die Revisionserwiderung
meint - der Annahme nicht entgegen, dass eine Prozessvertretung im Zusammenhang
mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht.
d)
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts gebietet es auch die durch
Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit nicht, der
Beklagten eine Vertretungsbefugnis gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2
Nr. 2 ZPO zuzubilligen (zur Berufsgruppe der Immobilienmakler vgl. BGH,
GRUR 2011, 352 [juris Rn. 28 bis 40] - Makler als Vertreter im
Zwangsvollstreckungsverfahren, sowie nachfolgend BVerfG, WM 2011, 989 [juris
Rn. 2]).
aa)
Allerdings wird die Beklagte in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1
GG auf freie Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit beschränkt, indem ihr durch
§ 79 Abs. 2 ZPO untersagt wird, als Bevollmächtigte Einspruch gegen
einen Vollstreckungsbescheid einzulegen, der gegen ihre Versicherungsnehmerin
ergangen ist.
bb)
Diese Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit der Beklagten ist jedoch
gerechtfertigt und damit nicht verfassungswidrig.
(1) Ein
Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist mit Art. 12 Abs. 1 GG
vereinbar, wenn er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die durch
ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist. Die Bestimmung des
§ 79 Abs. 2 ZPO dient dem Schutz der rechtssuchenden Bevölkerung und
der funktionierenden Rechtspflege und damit übergeordneten Gemeinwohlzielen
(BGH, GRUR 2011, 352 [juris Rn. 32 f.] - Makler als Vertreter im
Zwangsversteigerungsverfahren, mwN sowie nachfolgend BVerfG, WM 2011, 989
[juris Rn. 2]).
(2) Die
Beschränkung der Vertretungsbefugnis im Parteiprozess ist zur Erreichung der
mit § 79 Abs. 2 ZPO angestrebten legitimen Ziele zudem geeignet und
mangels eines anderen, gleich wirksamen, aber die Berufsausübungsfreiheit
weniger einschränkenden Mittels auch erforderlich (vgl. BGH, GRUR 2011, 352
[juris Rn. 34 bis 37] - Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren).
(3) Die
Beschränkung der Vertretungsbefugnis ist außerdem angemessen, weil eine
Abwägung des Maßes ihrer Belastung mit den durch § 79 Abs. 2 ZPO
geschützten Gemeinwohlbelangen ergibt, dass der Eingriff in die
Berufsausübungsfreiheit der Beklagten verhältnismäßig ist (vgl. BGH, GRUR 2011,
352 [juris Rn. 38] - Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren).
Angesichts des
Rechts der Beklagten, als Haftpflichtversicherer der im Mahnverfahren in
Anspruch genommenen Versicherungsnehmerin dem nach Einspruch gegen den
Vollstreckungsbescheid vor einem Zivilgericht durchzuführenden Rechtsstreit als
Nebenintervenientin beizutreten, besteht mit Blick auf die ihr insoweit
zustehende Rechtsstellung gemäß § 67 ZPO und die Wirkung der
Nebenintervention gemäß § 68 ZPO kein schutzwürdiges Bedürfnis, die
Hauptpartei als Prozessbevollmächtigte zu vertreten (vgl.
BeckOK.ZPO/Piekenbrock aaO § 79 Rn. 12). Demgegenüber sind die mit
§ 79 Abs. 2 ZPO verfolgten Interessen des Gemeinwohls - insbesondere
mit Blick auf den Schutz der rechtssuchenden Bevölkerung - derart gewichtig,
dass sie die Zumutbarkeit der Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit zu begründen
vermögen (vgl. BGH, GRUR 2011, 352 [juris Rn. 40] - Makler als Vertreter im
Zwangsversteigerungsverfahren).
Dem steht nicht
entgegen, dass das Berufungsgericht angenommen hat, Versicherungen verfügten -
was allgemein bekannt sei - über vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen im
Versicherungsrecht und über entsprechend qualifiziertes Personal mit Befähigung
zum Richteramt. Auf diese vom Berufungsgericht offensichtlich als
Erfahrungssatz angenommenen Kenntnisse und Erfahrungen im Versicherungsrecht und
das entsprechend qualifizierte Personal kommt es nicht an.
Wie bereits
ausgeführt, hat sich der Gesetzgeber bei der Fassung des § 79 Abs. 2
Satz 2 ZPO nicht an Einzelfällen orientiert, sondern hat der
Gesetzesfassung eine generalisierende Wertung und typisierende Betrachtung
zugrunde gelegt. Dabei hat er sich in sachgerechter Weise von der allgemeinen
Erfahrung leiten lassen, dass die Wahrung eines rechtsstaatlichen Verfahrens am
besten durch Personen gesichert wird, die - wie es etwa bei Rechtsanwälten der
Fall ist - ganz allgemein nach Ausbildung und Berufserfahrung eine grundlegende
Gewähr für eine sach- und verfahrenskundige Begleitung in einem gerichtlichen
Verfahren bieten und die darüber hinaus verpflichtet sind, sich angemessen
gegen Berufshaftpflichtrisiken zu versichern (BGH, GRUR 2011, 352 [juris Rn.
25] - Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren). Das Vorhandensein
von im Einzelfall möglicherweise für den in Rede stehenden Prozess relevanten
praktischen Kenntnissen und Erfahrungen eines nicht unter die in § 79
Abs. 2 Satz 2 ZPO genannten Personen fallenden Vertreters bedeutet
nicht stets, dass seine Berufsgruppe auch generell die für eine sachgerechte
Wahrnehmung und Vertretung der Partei im Prozess notwendigen materiell-rechtlichen
und verfahrensrechtlichen Kenntnisse hat (vgl. BGH, GRUR 2011, 352 [juris Rn.
35] - Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren).
d) Das
Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig
(§ 561 ZPO).
aa)
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich aus der Bestimmung des
§ 79 Abs. 3 ZPO nicht, dass die dort geregelten Rechtsfolgen einer
gemäß § 79 Abs. 2 ZPO unzulässigen Vertretung abschließend sind und
eine lauterkeitsrechtliche Beurteilung daher ausscheidet.
Allerdings
findet der Rechtsbruchtatbestand gemäß § 3a UWG keine Anwendung, wenn sich
aus der gesetzlichen Primärnorm durch Auslegung, insbesondere aus dem
Regelungszusammenhang ergibt, dass die dortige Rechtsfolgenregelung
abschließend sein soll (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40.
Aufl., § 3a Rn. 1.34; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 3a Rn.
9 f.; Götting/Hetmank in Fezer/Büscher/Obergfell, Lauterkeitsrecht, 3. Aufl.,
§ 3a UWG Rn. 48a f.). So schließt etwa das in sich abgeschlossene Rechtsschutzsystem
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eine Verfolgung von
Rechtsverstößen nach dem Rechtsbruchtatbestand des Gesetzes gegen den
unlauteren Wettbewerb aus (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2006 - KZR 33/04,
BGHZ 166, 154 [juris Rn. 13 ff.] - Probeabonnement; Urteil vom 3. Juli 2008 - I
ZR 145/05, BGHZ 177, 150 [juris Rn. 11] - Kommunalversicherer). Da es im
Lauterkeitsrecht nicht um die Durchsetzung der gesetzlichen Vorschrift um ihrer
selbst willen, sondern allein um die Auswirkungen des Gesetzesverstoßes auf den
Wettbewerb geht, kommt ein Anwendungsausschluss des Lauterkeitsrechts
allerdings nur dann in Betracht, wenn das verletzte Gesetz das Verhalten gerade
im Hinblick auf die Auswirkungen im Wettbewerb abschließend sanktionieren soll
(Götting/Hetmank in Fezer/Büscher/Obergfell aaO § 3a UWG Rn. 48a) und eine
parallele Anwendung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb das
spezifische Sanktionssystem der in Rede stehenden Vorschrift unterlaufen würde
(Büscher/Hohlweck, UWG, 2. Aufl., § 3a Rn. 134).
Der Senat hat
bereits entschieden, dass ein Verstoß gegen die Vertretungsbefugnis aus
§ 79 Abs. 2 ZPO ein unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß
§ 3a UWG verfolgbare unlautere Handlung gemäß § 3 Abs. 1 UWG
darstellt (vgl. BGH, GRUR 2011, 352 [juris Rn. 17 bis 44] - Makler als
Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren). Entgegen der Ansicht der
Revisionserwiderung ergibt sich aus § 79 Abs. 3 ZPO keine den
lauterkeitsrechtlichen Rechtsbruchtatbestand ausschließende Regelung. § 79
Abs. 3 ZPO trifft Regelungen zu den Auswirkungen einer fehlenden
Vertretungsbefugnis im konkreten Verfahren, nicht aber zu deren Auswirkungen im
Wettbewerb und kann daher mit Blick auf den lauterkeitsrechtlichen
Rechtsbruchtatbestand keine abschließende Regelung darstellen.
Soweit die
Revisionserwiderung geltend macht, aus § 79 Abs. 3 ZPO ergebe sich,
dass ausschließlich das im jeweiligen Prozess erkennende Gericht befugt sei,
die materiellen Voraussetzungen zu prüfen, lässt sie das grundlegend
unterschiedliche Regelungsziel der lauterkeitsrechtlichen Behandlung der
Verletzung von Marktverhaltensregelungen und der Behandlungen solcher
Rechtsverletzungen im jeweiligen konkreten Regelungskontext außer Betracht. Wie
dargelegt, stellt § 79 Abs. 2 ZPO zur Verfolgung des übergeordneten
Gemeinwohlziels des Schutzes der rechtssuchenden Bevölkerung und einer
funktionierenden Rechtspflege Anforderungen an eine zulässige Vertretung im
Parteiprozess, die als Marktverhaltensregelung Auswirkungen auf den Wettbewerb
der als Vertreter in Betracht kommenden Personen hat und damit der
wettbewerbsrechtlichen Kontrolle unterliegt. Welche konkreten Auswirkungen eine
nach § 79 Abs. 2 Satz 2 ZPO verbotene Vertretung hat,
insbesondere die in § 79 Abs. 3 ZPO geregelte Frage, unter welchen
Voraussetzungen und zu welchem Zeitpunkt die von dem Vertreter verbotswidrig
vorgenommenen Prozesshandlungen im Prozess unwirksam sind, betrifft dagegen den
Grundsatz der Prozessökonomie und die Interessen der Parteien im Einzelfall
(vgl. Jacoby in Stein/Jonas aaO § 79 Rn. 42).
bb)
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung steht der Zulässigkeit der Klage
auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, nach der das
Rechtsschutzbedürfnis für eine Unterlassungsklage fehlt, mit der Äußerungen,
die in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren oder im Vorfeld einer
gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgen, untersagt werden sollen (vgl. BGH,
Urteil vom 19. Juli 2012 - I ZR 105/11, GRUR 2013, 305 [juris Rn. 19 f.]) = WRP
2013, 327 - Honorarkürzung, mwN). Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung
zugrunde, dass auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht
dadurch Einfluss genommen werden und seinem Ergebnis nicht dadurch vorgegriffen
werden soll, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder
Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird. Ob das
Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung
unterliegenden Ausgangsverfahren geklärt werden (BGH, GRUR 2013, 305 [juris Rn.
18] - Honorarkürzung, mwN). Im Streitfall steht dagegen nicht die
Sicherstellung der Äußerungsfreiheit der Beklagten in einem Prozess in Rede,
sondern ihre Befugnis zur Vertretung ihrer Versicherungsnehmerin und damit die
Frage, in welcher prozessualen Rolle sie mit Blick auf die zum Schutz der
rechtssuchenden Bevölkerung und der funktionierenden Rechtspflege in § 79
Abs. 2 ZPO getroffenen Regelungen am Haftpflichtprozess teilnehmen kann.
IV. Die
weiteren Voraussetzungen des geltend gemachten Unterlassungsantrags gemäß
§ 8 Abs. 1 UWG liegen ebenfalls vor. Die erforderliche
Wiederholungsgefahr ergibt sich aus der Einspruchseinlegung mit Schreiben vom
14. Dezember 2018 durch die Beklagte. Das Landgericht hat zudem den Kläger mit
Recht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aF als Mitbewerber der
Beklagten angesehen, weil die Beklagte durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs
in einem Mahnverfahren eine in H.
wohnhafte Partei in einem Zivilverfahren vertreten hat und damit in Wettbewerb zu dem ebenfalls in H. und Umgebung als Rechtsanwalt tätigen Kläger getreten ist. Dass der Kläger insoweit nur in unerheblichem Maße oder nur gelegentlich tätig ist, ist von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich, so dass auch die ab dem 1. Dezember 2021 gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG nF maßgeblichen weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
C. Das
angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der
Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur
wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten
Sachverhalt erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563
Abs. 3 ZPO). Danach ist die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des
Landgerichts zurückzuweisen.
D. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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