Im Rahmen der Scheidung der Parteien (Antrag vom 08.08.2013) musste das Familiengericht auch über den Versorgungsausgleich entscheiden. Es hat dabei ein Anrecht des Antragstellers, welches dieser als Vorstand einer Sparkasse erlangt hatte, nicht berücksichtigt, da dieser mit einem Änderungsvertrag vom 12.09.2012 auf diese Altersversorgung verzichtete. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Oberlandesgericht zurück. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde die vom BGH zurückgewiesen wurde.
Im ursprünglichen Dienstvertrag des Antragsgegners vom 07.03.2007 waren Anrechte in Form einer Ruhegeldreglung (auch auf den Invaliditätsfall) und Abfindungszusage enthalten gewesen. enthalten gewesen. Beide Anrechte waren aber, nach der vom BGH bestätigten Auffassung des Oberlandesgerichts, nicht ausgleichsreif, da sie zum Zeitpunkt des Ehezeitendes nicht ausreichend verfestigt gewesen wären. Der Ruhegehaltanspruch habe erst ab dem Eintritt in den Vorstand am dem 01.10.207 bestanden, weshalb eine Unverfallbarkeit erst nach fünf Jahren (§ 1b BetrAVG a.F.) am 30.09.2012 hätte eintreten können, der Antragsteller aber darauf (zulässig nach § 3 BetrAVG) vorher auf das Anrecht verzichtet habe. Der Invaliditätsfall sei nicht eingetreten gewesen, und zudem auch untergegangen, nachdem das Dienstverhältnis mit Auflösungsvertrag vom 24.03.2015 zum 30.04.2015 beendet worden sei.
Soweit von der Antragstellerin in der Rechtsbeschwerde geltend gemacht worden sei, das Oberlandesgericht habe die Vereinbarung vom 13.09.2012 fehlerhaft dahingehend ausgelegt, dass die Ruhegeldzusage im Rahmen der Vereinbarungen über die Weiterbeschäftigung über den 30.09.2012 hinaus abbedungen worden sei, folgte dem der BGH nicht. Die Auslegung der Individualvereinbarung nach §§ 133, 157 BGB sei Sache des Tatrichters. Sie sei für das Revisionsgericht bindend, wenn sie rechtsfehlerfrei vorgenommen wurde und zu vertretbaren Ergebnissen führe, auch wenn ein anders Auslegungsergebnis möglich erscheine. Rechtsfehler bei der Auslegung seien hier nicht ersichtlich. Zutreffend sei auf das gemeinsame Motiv der Vertragsparteien für die Abbedingung angestellt worden. Ohne den Verzicht wäre eine Weiterbeschäftigung des Antragsgegners über den 30.09.2012 hinaus in Ansehung einer zum 01.01.2013 vorgesehenen Fusion mit einer anderen Sparkasse nicht möglich gewesen. Von der Antragstellerin geäußerten Zweifeln an der wirtschaftlichen Plausibilität dieses Vorgehens habe das Berufungsgericht nicht zu weiterer Sachverhaltsaufklärung nach § 26 FamFG veranlassen müssen, da zum Einen diese Auslegung sich aus der Vereinbarung vom 13.09.2012 entnehmen ließe, zum Anderen auch in der Jahresbilanz der Sparkasse zum 31.12.2012 die noch in der Bilanz zum 31.12.2011 enthaltene Rückstellung nicht mehr enthalten war.
Da die Antragstellerin ihren Verdacht, die ursprüngliche Ruhegeldzusage sei nur ausgelagert oder abgefunden worden, nicht näher darlegte, der Antragsgegner in seiner Anhörung auch Anrechte ausdrücklich (wie auch in der Versorgungsauskunft) verneinte, habe keine Veranlassung bestanden, weitere Jahresabschlüsse, Prüfungsberichte und Gehaltsabrechnungen und Steuerbescheide des Antragsgegners beizuziehen. Zudem würde es sich bei einer Abfindung für den Ruhegeldanspruch nach § 2 VersAusglG nicht um ein ausgleichsfähiges Recht handeln.
Auch die in der Vereinbarung vom 07.03.2007 enthaltene Abfindung sei nicht auszugleichen. Ausgleichsfähig seien nach § 2 VersAusglG nur Anrechte, die der Absicherung im Alter oder bei Invalidität dienen würden, demgegenüber Ansprüche oder Aussichten auf Leistungen mit anderweitiger Zweckbestimmung (wie Abfindungen und Überbrückungszahlungen) nicht auszugleichen seien. Da sich die Abfindungszusage auf die Beendigung des Dienstverhältnisses bezog und nach dessen Ablauf der (befristeten) Vertragslaufzeit gezahlt werden sollte, handelte es sich nach der Zielsetzung nicht um ein spezifisch der Alters- oder Invaliditätsabsicherung dienendes Anrecht.
BGH, Beschluss vom 30.03.2022 - XII ZB 421/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die
Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12. Senats für Familiensachen des
Oberlandesgerichts Hamm vom 25. August 2021 wird auf Kosten der Antragstellerin
zurückgewiesen.
Wert: 4.400 €
Gründe
I.
Auf den am 8.
August 2013 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 12. Oktober 2001
geschlossene Ehe der Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und des Antragsgegners
(im Folgenden: Ehemann) geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
Während der Ehezeit (1. Oktober 2001 bis 31. Juli 2013; § 3 Abs. 1
VersAusglG) haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen
Rentenversicherung und in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes
erworben, darüber hinaus der Ehemann drei betriebliche Anrechte und ein Anrecht
in der privaten Altersversorgung. Das Familiengericht hat die vorgenannten
Anrechte intern geteilt. Ein weiteres Anrecht, das der Ehemann als Vorstand
einer Sparkasse erlangt hatte, hat das Familiengericht nicht ausgeglichen,
nachdem der Ehemann durch einen Änderungsvertrag vom 13. September 2012 auf
diese Altersversorgung verzichtet hat.
Gegen diese
Entscheidung hat die Ehefrau Beschwerde eingelegt, mit der sie den Ausgleich
auch des als Sparkassenvorstand erworbenen Anrechts verfolgt hat. Das
Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die
zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau.
II.
Die
Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Oberlandesgericht sie zugelassen hat
(§ 70 Abs. 1 FamFG). Der Senat ist an die Zulassung gebunden, auch
wenn der angefochtene Beschluss keine Zulassungsgründe aufzeigt und keine
Rechtsbehelfsbelehrung enthält.
Die auch im
Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet.
1. Das
Oberlandesgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass ausgleichsfähige
Anrechte aus der ehezeitlichen Vorstandstätigkeit bei der Sparkasse nicht
bestünden. Zwar seien solche Anrechte ursprünglich mit Dienstvertrag vom 7.
März 2007 in Form einer Ruhegeldregelung und einer - auch auf den
Invaliditätsfall bezogenen - Abfindungszusage begründet worden. Beiden
Anrechten, die unter das Betriebsrentengesetz fielen, fehle jedoch die
Ausgleichsreife, da sie zum Ehezeitende nicht hinreichend verfestigt gewesen
seien. Die Ruhegeldzusage habe nach der Vereinbarung vom 7. März 2007 erst mit
Eintritt in den Vorstand ab dem 1. Oktober 2007 bestanden, so dass
Unverfallbarkeit erst nach Ablauf einer Fünfjahresfrist gemäß § 1 b
BetrAVG a.F. am 30. September 2012 hätte eintreten können. Noch vor dem
Eintritt der Unverfallbarkeit, nämlich am 13. September 2012, habe der Ehemann
jedoch auf das Anrecht verzichtet, was auch im Hinblick auf die Regelungen des
§ 3 BetrAVG wirksam sei. Unverfallbarkeit sei auch in Bezug auf die
Invaliditätsabsicherung nicht eingetreten, weil der Versicherungsfall nicht
eingetreten sei. Selbst wenn Unverfallbarkeit eingetreten wäre, wären die
Anrechte jedenfalls dadurch untergegangen, dass das Dienstverhältnis mit
Auflösungsvertrag vom 24. März 2015 zum 30. April 2015 beendet worden sei.
2. Diese
Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Ohne
Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, das Oberlandesgericht habe die Vereinbarung
vom 13. September 2012 zu Unrecht dahin ausgelegt, dass die Ruhegeldzusage im
Rahmen der Vereinbarungen über die Weiterbeschäftigung über den 30. September
2012 hinaus abbedungen worden sei.
Die Auslegung
einer Individualvereinbarung gemäß §§ 133, 157 BGB ist grundsätzlich Sache
des Tatrichters. Dessen Auslegung ist für das Revisionsgericht bindend, wenn
sie rechtsfehlerfrei vorgenommen worden ist und zu einem vertretbaren
Auslegungsergebnis führt, selbst wenn ein anderes Auslegungsergebnis möglich
erscheint. Sie kann deshalb vom Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich nur
darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt
worden ist, ob gesetzliche Auslegungsregeln oder allgemein anerkannte
Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder die Denkgesetze verletzt
sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr., vgl. etwa
Senatsurteil vom 8. April 2020 - XII ZR 120/18 - NJW-RR 2020, 656 Rn. 16 mwN).
Rechtsfehler
der vorgenannten Art sind nicht erkennbar. Das Oberlandesgericht hat das
gemeinsame Motiv der Vertragsparteien für die Abbedingung des Ruhegeldanspruchs
darin gesehen, dass andernfalls eine Weiterbeschäftigung des Ehemanns über den
30. September 2012 hinaus in Anbetracht der zum 1. Januar 2013 vorgesehenen
Fusion mit einer anderen Sparkasse nicht möglich gewesen wäre. Die von der
Rechtsbeschwerde vorgebrachten Zweifel an der wirtschaftlichen Plausibilität
dieses Vorgehens mussten das Oberlandesgericht schon deshalb nicht zu weiterer
Sachverhaltsaufklärung gemäß § 26 FamFG veranlassen, weil die Aufhebung
des Ruhegeldanspruchs nicht nur der Auslegung der Vereinbarung vom 13.
September 2012 entnommen werden kann, sondern diese auch bilanziell umgesetzt
wurde, indem die in der Jahresbilanz der Sparkasse zum 31. Dezember 2011 noch
enthaltene Rückstellung für den Ruhegeldanspruch des Ehemanns in dem
nachfolgenden Jahresabschluss nicht mehr bilanziert war.
Hinsichtlich
des von der Ehefrau geäußerten Verdachts, die ursprüngliche Ruhegeldzusage sei
lediglich „ausgelagert“ oder abgefunden worden, zeigt die Rechtsbeschwerde
nicht auf, wie diesem, vom Oberlandesgericht als „ins Blaue hinein“ bewerteten
Vortrag, sachdienlich hätte nachgegangen werden können und müssen. Nachdem die
Ehegatten hierzu persönlich angehört worden und in der Versorgungsauskunft der
Sparkasse bestehende Anrechte ausdrücklich verneint worden sind, bestehen keine
hinreichend konkreten Anhaltspunkte für ein noch existierendes
Versorgungsanrecht bei dieser. Hiernach gehört die von der Rechtsbeschwerde
angeregte Vorlage weiterer Jahresabschlüsse der Sparkasse und diesbezüglicher
Prüfungsberichte sowie Gehaltsabrechnungen und Steuerbescheide des Ehemanns
nicht zu den erforderlichen Ermittlungen, die das Gericht zur Feststellung der
entscheidungserheblichen Tatsachen durchzuführen hat, zumal eine mögliche
Abfindung des Ruhegeldanspruchs, die die Ehefrau in Betracht zieht, kein nach
§ 2 VersAusglG ausgleichsfähiges Recht begründet hätte.
b)
Ebenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Oberlandesgericht von einem Ausgleich
der im Vertrag vom 7. März 2007 enthaltenen Abfindungszusage abgesehen.
Auszugleichen sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG nur
Anrechte, die der Absicherung im Alter oder bei Invalidität dienen, während
Ansprüche oder Aussichten auf Leistungen mit anderer Zweckbestimmung,
namentlich Abfindungen oder Überbrückungszahlungen, hierzu nicht gehören (vgl.
Senatsbeschluss vom 25. Juni 2014 - XII ZB 658/10 - FamRZ 2014, 1529 Rn. 14 mwN).
Im vorliegenden
Fall war die Abfindungszusage an die Beendigung des Anstellungsverhältnisses
geknüpft und sollte unter anderem nach Ablauf der - befristeten -
Vertragslaufzeit gewährt werden. Mit dieser Zielsetzung handelt es sich um kein
spezifisch der Alters- oder Invaliditätsabsicherung dienendes Anrecht.
c) Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
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