Donnerstag, 8. Juni 2017

Witterungsbedingte Bauzeitenverzögerung und zusätzlicher Vergütungsanspruch des Bauunternehmers

Die Klägerin war mit Brückenbauarbeiten beauftragt; dem Vertrag lagen die VOB/B zugrunde. Im Januar und Februar 2010 kam es zu einer langen Periode mit Frost, Eis und Schnee oberhalb der Durchschnittswerte der letzten 30 Jahre. Bereits mit Schreiben vom 04.01.2010 zeigte die Klägerin die witterungsbedingte Einstellung der Arbeiten an. Von der Beklagten wurde die Ausführungsfrist um den Zeitraum der witterungsbedingten Arbeitseinstellung zuzüglich einer Anlaufphase für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten verlängert. Ein Nachtragsangebot der Klägerin mit dem sie Kosten für Bauhilfsmittel, Baustelleneinrichtung, Baustellengemeinkosten, Verkehrssicherung, Personal sowie wegen Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten in Höhe von € 95.438,67 aufgrund der witterungsbedingten Verzögerung der Bauausführung geltend machte, lehnte die Beklagte ab.

Die Klage war in allen Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist zunächst darauf, dass zwar die VOB/B eine Verlängerung der Bauausführungsfristen bei witterungsbedingter Baueinstellung vorsähen, nicht aber eine darauf beruhende Erhöhung des Baupreises. Anderes sei auch zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Da die Beklagte auch keine Anordnung zur Baueinstellung gab, ergäbe sich auch aus § 6 Nr. 5 oder 6 VOB/B kein Zahlungsanspruch der Klägerin.

Insbesondere ergäbe sich auch kein Anspruch aus §§ 6 Nr. 6 S. 2 VOB/B iVm. 642 BGB. § 642 BGB verlange, dass der Auftraggeber eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlässt. Entscheidend sei, dass ohne die Mitwirkungshandlung des Auftraggebers die Leistung durch den Auftragnehmer nicht erbracht werden kann. Art und Umfang der notwendigen Mitwirkungshandlung des Auftraggebers sei durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung festzustellen. Zwar ergäbe sich hier, dass die Beklagte als Auftraggeberin verpflichtet sei, das Baugrundstück in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass die Klägerin die geschuldeten Leistungen erbringen kann. Allerdings bedeute dies nicht, dass die Beklagte hätte Vorkehrungen treffen müssen, dass auch bei äußeren Einwirkungen wie  Schnee, Eis und Frost die Arbeiten durchgeführt werden können. Anderweitiges sei im Vertrag selbst auch nicht vereinbart worden.  Bei den benannten Witterungseinflüssen handele es sich um Umstände, die von keiner Partei zu vertreten wären.

Auch käme keine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, da der Vertrag keine planwidrige Regelungslücke enthalte. Weder haben die Parteien diese Witterungseinflüsse übersehen noch bewusst, in der Annahme nicht notwendiger Regelung, offengehalten. Witterungseinflüsse sind berücksichtigt, wie die Einbeziehung der VOB/B zeige, die in § 6 Nr. 2 eine Verlängerung der Ausführungsfrist vorsähen. Auch sähe § 6 Nr. 7 VOB/B vor, dass bei einer Behinderung von mehr als drei Monaten beide Vertragsparteien kündigen und abrechnen könnten.  Monetäre Auswirkungen, wie hier gefordert, wurden allerdings nicht geregelt.


BGH, Urteil vom 20.04.2017 - VII ZR 194/13 -


Aus den Gründen:

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung in Höhe von 95.438,67 € brutto wegen witterungsbedingter Unterbrechung der Bauausführung bei der Errichtung einer Autobahnbrücke.
Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Zuschlagsschreiben vom 1. September 2009 mit der Errichtung einer Autobahnbrücke für die Autobahn A 13 zwischen Berlin und Dresden einschließlich der Rampen. Als vorläufige Auftragssumme vereinbarten die Parteien einen Betrag von 984.978,60 €. Sie bezogen unter anderem die Besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten und die VOB/B (2006) in den Vertrag ein. Gemäß Ziffer 2.3 der Besonderen Vertragsbedingungen sollte die Bauausführung spätestens am 15. Mai 2010 vollendet sein.
Im Januar und Februar 2010 gab es eine außergewöhnlich lange Periode mit Frost, Eis und Schnee, die deutlich über den Durchschnittswerten der vergangenen 30 Jahre lag.
Mit Schreiben vom 4. Januar 2010 zeigte die Klägerin der Beklagten die witterungsbedingte Einstellung der Bauarbeiten an. Zur Begründung führte sie aus:
"Die unmittelbar betroffene Leistung ist das Einschalen des Widerlagers Achse 20. Die Arbeiten werden durch eine ca. 30 cm starke Schneedecke mit darunterliegende[r] Vereisung der Oberflächen verhindert. Die Temperaturen liegen dauerhaft unter -5° C. Eine Weiterführung der Arbeiten ist auch aus Gründen der Arbeitssicherheit nicht möglich."
Die Beklagte verlängerte die Ausführungsfrist um den Zeitraum des witterungsbedingten Stillstandes zuzüglich der Anlaufphase für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten. Am 8. März 2010 nahm die Klägerin die Bauarbeiten wieder auf. Ein Nachtragsangebot der Klägerin, mit dem sie Kosten für Bauhilfsmittel, Baustelleneinrichtung, Baustellengemeinkosten, Verkehrssicherung, Personal sowie wegen Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten in Höhe von (zuletzt) 95.438,67 € brutto aufgrund der witterungsbedingten Verzögerung der Bauausführung geltend machte, lehnte die Beklagte ab.
Mit der Klage hat die Klägerin Zahlung dieses Betrages verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben sei.
Eine vertragliche Regelung zur Vergütung des Auftragnehmers bei Einstellung der Arbeiten in Fällen unvorhergesehener, besonders ungünstiger Witterungsbedingungen liege nicht vor. Ziffer 10.12 der Besonderen Vertragsbedingungen, wonach Maßnahmen für den Bau bei ungünstigen Witterungsverhältnissen nicht gesondert vergütet werden, betreffe einen anderen Sachverhalt. Ansprüche aus § 2 Nr. 4, 5, 6, 7 oder 8 VOB/B (2006, im Folgenden nur VOB/B) kämen ebenfalls nicht in Betracht.
Ein Anspruch aus § 642 BGB scheide aus. Allerdings sei § 642 BGB über die Verweisung in § 6 Nr. 6 Satz 2 VOB/B anwendbar. Nach der letztgenannten Bestimmung bleibe im Fall einer Behinderung der Anspruch des Auftragnehmers auf angemessene Entschädigung gemäß § 642 BGB unberührt, sofern nach § 6 Nr. 1 VOB/B eine Behinderungsanzeige erfolgt oder Offenkundigkeit der Behinderung gegeben sei. Eine Behinderungsanzeige der Klägerin liege unstreitig vor. In § 642 BGB sei ein Sonderfall einer vom Auftraggeber zu vertretenden Behinderung im Sinne des § 6 Nr. 6 VOB/B geregelt, nämlich der des Unterlassens einer zur Herstellung des Werks erforderlichen Mitwirkungshandlung, mit der er in Annahmeverzug geraten könne. Verschulden sei hierfür nicht erforderlich. Die Voraussetzungen des § 642 BGB seien indes zu verneinen.
§ 642 BGB knüpfe an die Obliegenheit des Auftraggebers an, bei der Herstellung des Werks mitzuwirken. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne aus der Verschuldensunabhängigkeit des Anspruchs nicht abgeleitet werden, dass die erforderliche Mitwirkung des Auftraggebers darin bestehe, das Baugrundstück stets in bebaubarem Zustand zur Verfügung zu stellen, und er für sämtliche Umstände, auch unvorhergesehene Witterungsverhältnisse, einzustehen habe, die zu einer vorübergehenden Einstellung der Bauarbeiten führen. Dies ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Oktober 1999 (VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32). Jener Entscheidung habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, bei dem es um die verzögerte Durchführung von Vorgewerken gegangen sei und damit um einen Umstand, auf den der Auftraggeber grundsätzlich Einfluss nehmen könne. Eine Mitwirkung könne dem Auftraggeber auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen obliegen, etwa wenn - vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen - eine vollgelaufene Baugrube ausgepumpt werden müsse. Anders liege der Fall hier. Ein Annahmeverzug der Beklagten scheide bereits wegen eines fehlenden Leistungsangebots der Klägerin aus. Sei der Auftragnehmer infolge anderer Umstände als der fehlenden Mitwirkung des Auftraggebers nicht bereit und imstande, die Leistung zu erbringen, komme Annahmeverzug nicht in Betracht. Das sei zu bejahen, weil sich die Klägerin angesichts der unvorhergesehenen, außergewöhnlich ungünstigen Witterungsverhältnisse und nicht wegen Verletzung einer der Beklagten obliegenden Mitwirkung zur Erbringung der Leistung nicht in der Lage gesehen habe. Unvorhergesehene Witterungsverhältnisse könnten, wie § 6 Nr. 2 Abs. 2 VOB/B zeige, in den Risikobereich des Auftraggebers fallen und zu einer Verlängerung der Bauzeit führen. Allein deshalb bestehe indes keine Obliegenheit des Auftraggebers, dem Auftragnehmer für die Bauausführung auskömmliches Wetter zur Verfügung zu stellen. Während des schlechten Wetters komme der Auftraggeber nicht in Annahmeverzug, weil der Auftragnehmer vorübergehend nicht leistungsfähig sei. Der Auffassung, dass die Nichtzurverfügungstellung eines baureifen Grundstücks die Behinderung auslöse und demgegenüber die vorübergehende Leistungsunfähigkeit des Auftragnehmers als Zweitursache unerheblich sei, könne nicht gefolgt werden.
II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen im Berufungsurteil gab es während der Bauausführung in den Monaten Januar und Februar 2010 eine außergewöhnlich lange Periode mit Frost, Eis und Schnee, die deutlich über den Durchschnittswerten der vorausgegangenen 30 Jahre lag. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass es sich dabei hinsichtlich Dauer und Intensität um außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse handelte, die als Behinderung des Auftragnehmers einzuordnen sind, weil mit ihnen bei Abgabe des Angebots nicht gerechnet werden musste (vgl. § 6 Nr. 2 Abs. 2 VOB/B). Dies ist daher im Revisionsverfahren zugrunde zu legen.
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend einen vertraglich geregelten Mehrvergütungsanspruch der Klägerin aufgrund der witterungsbedingten Verlängerung der Bauausführung verneint.
Die Parteien haben für den Fall, dass wegen außergewöhnlich ungünstiger Witterungseinflüsse eine Behinderung des Auftragnehmers vorliegt und eine Verlängerung der Ausführungsfristen gemäß § 6 Nr. 2 Abs. 1 c), Nr. 1 VOB/B erfolgt, keine Anpassung des Vergütungsanspruchs vereinbart.
Ein Mehrvergütungsanspruch ergibt sich mangels Anordnung der Beklagten auch nicht aus § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B. Allein der Umstand, dass eine Störung des Vertrags wegen einer witterungsbedingten Behinderung vorliegt, kann nicht als Anordnung gewertet werden und daher nicht zu Ansprüchen nach § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B führen (vgl. Kniffka/Jansen/von Rintelen, Bauvertragsrecht, 2. Aufl., § 631 Rn. 941; Messerschmidt/Voit/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl., § 2 VOB/B Rn. 17; Thode, ZfBR 2004, 214, 225).
3. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage seiner Feststellungen im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf angemessene Entschädigung gemäß § 6 Nr. 6 Satz 2 VOB/B in Verbindung mit § 642 BGB verneint. Es ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen keine dem Auftraggeber obliegende erforderliche Mitwirkungshandlung im Sinne des § 642 BGB, während der Dauer des Herstellungsprozesses außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das Baugrundstück in Form von Frost, Eis und Schnee, mit denen nicht gerechnet werden musste, abzuwehren.
a) § 642 BGB regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch des Auftragnehmers bei Annahmeverzug des Auftraggebers. Der Auftragnehmer kann nach dieser Vorschrift eine angemessene Entschädigung verlangen, wenn der Auftraggeber eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlässt, die bei der Herstellung des Werks erforderlich ist, und hierdurch in Verzug der Annahme gerät. Voraussetzung ist eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Auftraggebers bei der Herstellung des Werks. Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers sind dabei in einem weiten Sinn zu verstehen und können sowohl in einem Tun als auch in einem Unterlassen bestehen. Maßgebend ist, dass ohne die Mitwirkung des Auftraggebers die Herstellung des Werks nicht erfolgen kann. Ob dem Auftraggeber eine erforderliche Mitwirkungshandlung in diesem Sinne obliegt, kann nur anhand des Vertrags der Parteien ermittelt werden. Art und Umfang der dem Auftraggeber obliegenden erforderlichen Mitwirkungshandlung sind danach durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und Beschaffenheit des vom Auftragnehmer herzustellenden Werks und der vom Auftragnehmer übernommenen Leistungspflichten, zu bestimmen; daneben kann auch die Verkehrssitte von Bedeutung sein (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, 2014, BGB, § 642 Rn. 7, 8, 11; BeckOK BGB/Voit, Stand: 1. Februar 2015, § 642 Rn. 2; MünchKommBGB/Busche, 6. Aufl., § 642 Rn. 6, 8).
Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte keine ihr obliegende Mitwirkungshandlung unterlassen. Allerdings ergibt sich aus dem Umstand, dass die Parteien als herzustellendes Werk die Errichtung einer Autobahnbrücke vereinbart haben, im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB, dass die Beklagte als erforderliche Mitwirkungshandlung der Klägerin das betreffende Baugrundstück während des Herstellungsprozesses für die Erbringung der vereinbarten Leistungen zur Verfügung zu stellen hatte. Hieraus ergibt sich ferner, dass die Beklagte grundsätzlich auch gehalten war, das Baugrundstück in einer Weise zur Verfügung zu stellen, dass die Klägerin die von ihr geschuldeten Leistungen erbringen konnte, mithin etwa erforderliche Vorarbeiten, die nicht von der Klägerin zu leisten waren, rechtzeitig durchgeführt wurden. Indes kann dem Vertrag nicht entnommen werden, dass es der Beklagten oblag, für die Dauer des Herstellungsprozesses die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrunde zu legenden äußeren Einwirkungen in Form von Frost, Eis und Schnee auf das zur Verfügung gestellte Baugrundstück abzuwehren. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Verhinderung dieser Einwirkungen für eine Fortführung der Bauausführung erforderlich gewesen wäre. Eine ausdrückliche Regelung zu einer derartigen Mitwirkungshandlung haben die Parteien nicht getroffen. Sie kann dem Vertrag unter Berücksichtigung des Verständnisses einer redlichen Partei auch nicht konkludent entnommen werden. Bei Frost, Eis und Schnee handelt es sich um Umstände, die von keiner Partei beeinflusst werden können. Darüber hinaus ist es auch tatsächlich oder zumindest mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln nicht möglich, diese Einwirkungen auf das Baugrundstück durch Schutzmaßnahmen in einer Weise auszuschließen, dass die Erbringung der anstehenden Leistungen der Klägerin möglich gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, eine hierauf gerichtete Mitwirkungshandlung der Beklagten ergebe sich im Wege der Auslegung auch ohne ausdrückliche Regelung konkludent aus dem Vertrag.
Eine darüber hinausgehende allgemeine Risikozuweisung zu Lasten des Auftraggebers betreffend außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das zur Verfügung zu stellende Baugrundstück, mit denen nicht gerechnet werden musste (vgl. dazu Wilhelm/Götze, NZBau 2010, 721; Diehr, ZfBR 2011, 627), ergibt sich weder aus dem Vertrag noch aus dem Gesetz (im Ergebnis ebenso Staudinger/Peters/Jacoby, 2014, BGB, § 642 Rn. 35 f.; Beck'scher VOB/B-Kommentar/Berger, 3. Aufl., § 6 Abs. 6 Rn. 121; Kapellmann/Messerschmidt/Markus, VOB Teile A und B, 5. Aufl., § 6 VOB/B Rn. 24, 28; Roquette/Viering/Leupertz, Handbuch Bauzeit, 3. Aufl. Rn. 764, 828 f.; Kniffka/Pause/Vogel, Bauvertragsrecht, 2. Aufl., § 642 Rn. 19).
b) Die Entscheidung des Senats vom 21. Oktober 1999 (VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32) steht dem entgegen der Auffassung der Revision nicht entgegen. Ihr lag ein grundlegend anderer Sachverhalt zugrunde. Der Senat hat seinerzeit ausgeführt, dass ein Anspruch des Auftragnehmers auf angemessene Entschädigung gemäß § 642 BGB auch dann in Betracht kommen könne, wenn ein für die Leistungen des Auftragnehmers erforderliches Vorgewerk noch nicht hergestellt worden sei, weil der Auftraggeber die ihm obliegende Mitwirkungshandlung, das Baugrundstück als für die Leistungen des Auftragnehmers aufnahmebereit zur Verfügung zu stellen, nicht rechtzeitig erbracht habe. In jener Entscheidung ergab sich aus dem Umstand, dass das nach dem Vertrag vom Auftragnehmer geschuldete Werk die rechtzeitige Herstellung von Vorgewerken erforderte, eine entsprechende, dem Auftraggeber obliegende Mitwirkungshandlung. Die Unterbrechung der Bauausführung beruhte nicht auf unbeherrschbaren Witterungseinflüssen, mit denen nicht gerechnet werden musste, sondern auf dem Unterlassen der betreffenden Mitwirkungshandlung. Wegen der Verschuldensunabhängigkeit des Anspruchs kam es nicht darauf an, ob der Auftraggeber dieses wegen verzögerter Planung oder unzureichender Koordination zu vertreten hatte.
Auch die Entscheidung des Senats vom 20. Oktober 2005 (VII ZR 190/02, BauR 2006, 371 = NZBau 2006, 108) führt, anders als die Revision meint, zu keiner anderen Beurteilung. Jene Entscheidung befasste sich mit einem Anspruch auf angemessene Entschädigung gemäß § 642 BGB wegen Unterbrechung der Bauausführung aufgrund eines unzureichenden Hochwasserschutzes ("Schürmann-Bau"). Es gab keine Feststellungen, dass mit dem eingetretenen Hochwasser nicht gerechnet werden musste und dagegen keine geeigneten Vorkehrungen getroffen werden konnten. Vielmehr war der von der Bauherrin errichtete Hochwasserschutz aufgrund unzureichender Planung und Ausführung lückenhaft. Die auf dieser Grundlage beruhende Annahme des Senats, die Überflutung der Baustelle habe dazu geführt, dass der Auftraggeber die ihm obliegende Mitwirkungshandlung, das Baugrundstück dem Auftragnehmer aufnahmebereit zur Verfügung zu halten, nicht habe vornehmen können, steht daher nicht in Widerspruch zu der Entscheidung im Streitfall.
Soweit beiden Entscheidungen für außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse, mit denen nicht gerechnet werden musste, etwas anderes entnommen werden könnte, hielte der Senat daran nicht fest.
4. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, da der Vertrag keine planwidrige Regelungslücke aufweist.
a) Eine solche Regelungslücke liegt vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder wenn sie ihn bewusst offen gelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und wenn sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausstellt. Dabei kann von einer planwidrigen Regelungslücke nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 4. Dezember 2014 - VII ZR 4/13, BauR 2015, 527 Rn. 27 = NZBau 2015, 84 und vom 15. November 2012 - VII ZR 99/10, BauR 2013, 236 Rn. 15 m.w.N.). Auch Allgemeine Geschäftsbedingungen können eine planwidrige Regelungslücke enthalten und einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich sein (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 Rn. 34 und vom 8. Februar 1988 - II ZR 210/87, BGHZ 103, 228, 234, juris Rn. 19). Ob eine planwidrige Regelungslücke gegeben ist, bestimmt sich durch Auslegung des Vertrags. Diese Auslegung kann der Senat vorliegend selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.
b) Danach ist im Streitfall eine planwidrige Regelungslücke zu verneinen. Dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag kann unter Berücksichtigung der einbezogenen Regelungen der Besonderen Vertragsbedingungen und der VOB/B sowie der beiderseitigen Interessenlage und der Umstände nicht entnommen werden, dass zur Verwirklichung des ihm zugrunde liegenden Regelungsplans eine ergänzende Vertragsbestimmung zur Vergütungsanpassung bei einer Behinderung durch eine außergewöhnlich lange Periode mit Frost, Eis und Schnee erforderlich gewesen wäre, die Parteien mithin eine dahingehende Vereinbarung getroffen hätten, wenn sie diesen Fall bedacht hätten.
Aus dem Vertrag ergibt sich, dass die Parteien die Problematik ungünstiger Witterungseinflüsse nicht übersehen, sondern hierzu eine Vielzahl von Regelungen in den einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen haben, die die Risikoverteilung betreffen. So sind nach Ziffer 10.12 der Besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten Maßnahmen für den Bau bei ungünstigen Witterungsverhältnissen nicht gesondert zu vergüten. Gemäß § 6 Nr. 2 Abs. 2 der einbezogenen VOB/B gelten Witterungseinflüsse, mit denen bei Abgabe des Angebots normalerweise gerechnet werden musste, nicht als Behinderung des Auftragnehmers. Im Vertrag der Parteien ist des Weiteren berücksichtigt, dass es Witterungseinflüsse geben kann, mit denen nicht gerechnet werden muss. Diese werden als objektiv unabwendbare Umstände von der Klausel des § 6 Nr. 2 Abs. 1 c) VOB/B erfasst. Sie gelten als Behinderung des Auftragnehmers und führen unter den Voraussetzungen des § 6 Nr. 1 VOB/B zu einer Verlängerung der Ausführungsfrist. Das zeitliche Risiko, dass die vereinbarte Ausführungsfrist nicht eingehalten werden kann, wird in diesem Fall mithin dem Auftraggeber zugewiesen. Wird die Ausführung durch derartige Witterungseinflüsse für voraussichtlich längere Dauer unterbrochen, kann der Auftragnehmer gemäß § 6 Nr. 5 VOB/B die ausgeführten Leistungen und bestimmte Kosten abrechnen. Dauert die hierdurch verursachte Unterbrechung länger als drei Monate, ist für beide Seiten in § 6 Nr. 7 VOB/B ein Kündigungsrecht nebst näher geregelter Abrechnungsmöglichkeit vorgesehen. Kommt es aufgrund derartiger Witterungseinflüsse vor Abnahme zu einer Beschädigung oder Zerstörung des ganz oder teilweise hergestellten Werks, ist in § 7 Nr. 1 VOB/B ebenfalls eine Abrechnung nach § 6 Nr. 5 VOB/B für die ausgeführten Teile der Leistung vorgesehen. Monetäre Ansprüche des Auftragnehmers im Hinblick auf diesem entstehende Mehrkosten bei Verlängerung der Ausführungszeit aufgrund witterungsbedingter Behinderung gemäß § 6 Nr. 2 Abs. 1 c), Nr. 1 VOB/B sind im Vertrag dagegen nicht geregelt. Solche Ansprüche sind nur für andere Fälle einer zur Verlängerung der Ausführungszeit führenden Behinderung vorgesehen. So hat der Auftragnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 Satz 1 VOB/B, wenn die hindernden Umstände vom Auftraggeber zu vertreten sind. Darüber hinaus steht ihm gemäß § 6 Nr. 6 Satz 2 VOB/B auch ohne Verschulden des Auftraggebers der gesetzliche Entschädigungsanspruch gemäß § 642 BGB zu, sofern ein Annahmeverzug des Auftraggebers infolge des Unterlassens einer erforderlichen Mitwirkungshandlung zu bejahen ist. Die Parteien haben damit eine komplexe Regelung zur Risikoverteilung bei Witterungseinflüssen vorgenommen und dieses Risiko zum Teil dem Auftraggeber und zum Teil dem Auftragnehmer auferlegt.
Sonstige Anhaltspunkte im Vertragswerk oder besondere Umstände, die zu der Annahme führen könnten, der Vertrag bedürfe zur Verwirklichung des ihm zugrunde liegenden Regelungsplans einer ergänzenden Auslegung zur Vergütungsanpassung, sind nicht erkennbar.
5. Daneben kann ein Anspruch der Klägerin auch nicht auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB gestützt werden (a.A. Pauly, BauR 2014, 1213). Die Parteien haben im Vertrag das aus einer Verlängerung der Ausführungszeit gemäß § 6 Nr. 2 Abs. 1 c), Nr. 1 VOB/B resultierende finanzielle Risiko im Hinblick auf etwa entstehende Mehrkosten der Bauausführung, wie ausgeführt, grundsätzlich dem Auftragnehmer zugewiesen. Besondere Umstände, die neben den mit der Verlängerung der Ausführungszeit üblicherweise verbundenen finanziellen Nachteilen für den Auftragnehmer dazu führen, dass das nach dem Vertrag zugewiesene Risiko überschritten und ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist, sind weder festgestellt noch erkennbar.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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